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Rosen von der Erde
ОглавлениеSchon vor Jahren hatten die Bewohner des Planeten Gardos mit der Bevölkerung der Erde Kontakt aufgenommen. Die Gardonier waren ein Volk von, mit irdischen Menschen verglichen, kleinen Wesen von blauer Hautfarbe, die der Menschheit an kultureller und wissenschaftlicher Entwicklung voraus waren. Dennoch hatte der Rat des Planeten entschieden, den Kontakt zu der anderen Rasse herzustellen. Man entsandte ein Raumschiff. Es überbrückte die große Distanz, die die beiden Planeten, die in verschiedenen Sonnensystemen ihre Bahnen zogen, voneinander trennte. Und man trat in Verhandlungen. Anders als erwartet erwiesen sich die Menschen als freundlich und kooperativ. Bald schon wurden Botschaften errichtet: eine der Gardonier auf der Erde – und eine irdische auf Gardos.
Der Planet Gardos hatte etwa die gleiche Größe wie die Erde und eine ähnliche Oberflächen- und Atmosphärenzusammensetzung und Temperatur. Es war also eine Umgebung, in der Menschen überleben konnten, ohne einen hinderlichen Raumanzug tragen zu müssen. Die Gardonier hatten sich vor vielen Jahrhunderten von Gewalt, Krieg, Diebstahl und derlei Dingen losgesagt, die der Menschheit noch immer schwer zu schaffen machten. Und neben den sieben Fingern pro Hand und der Tatsache, dass sich ihr Herz auf der rechten Seite der Brust befand, gab es noch einen Unterschied zwischen ihnen und den Menschen – sie lebten nachts, statt am Tage. Etwa wie irdische Eulen. Dass sie Federn anstatt von Haaren hatten, kam dem Vergleich nur zugute.
Es war für alle überraschend, dass sich im Jahre 2051 auf dem Planeten Gardos ein Mord ereignete.
Das Telefon klingelte. Alvy ignorierte es, so gut er konnte und versuchte weiterzuschlafen. Doch das Klingeln hörte nicht auf. Also langte er suchend mit seinem Arm über den Tisch, bis er das Telefon gefunden hatte – es war noch immer dunkel in Los Angeles.
"Ja?", meldete er sich undeutlich.
"Sind Sie es, Alvy?"
"Hätten Sie mich sonst angerufen?"
"Ich habe einen Auftrag für Sie. Sind Sie gerade frei?"
"Das wissen Sie doch. Was für'n Auftrag?"
"Ein Mordfall."
"Wie eindeutig? Ich meine der Täter!"
"Gar nicht eindeutig."
"Das ist schlecht."
"Deshalb haben wir Sie angerufen."
"Vielen Dank für das Vertrauen."
"Übernehmen Sie den Fall?"
Alvy überlegte. Warum nicht, dachte er, er hatte gerade sowieso nichts zu tun. "Okay. Hoffentlich ist es nicht so weit entfernt. Sagen Sie denen, die sollen nichts anfassen, klar?"
"In Ordnung, Alvy."
"Ach, wo ist es denn?"
"In Pendura. Auf Gardos."
"Scheiße!"
Alvy war noch nie mit einem Raumschiff der Gardonier geflogen, ein Privileg, das zur Zeit noch einer kleinen Anzahl Menschen vorbehalten war. Als er den Raumhafen in Los Angeles erreichte, erwartete ihn dort schon ein Gardonier, der eine Art Uniform trug. Mit den Worten: "Sind Sie Alvy Rosen?" trat er auf ihn zu.
"Ja, Rosen, Alvy Rosen. Ähm, ich soll zum Planeten Gardos, äh, gebracht werden."
"Ja, Sir. Folgen Sie mir bitte." Der Gardonier trug eine Sonnenbrille, deren Gläser fast schwarz waren. Es war nicht wirklich sonnig heute. Eigentlich eher diesig. Der Smog über der Stadt ließ nicht soviel Licht durch, wie sich die Leute am Strand gewünscht hätten. Die dunklen Brillengläser blickten Alvy neugierig an und ihm wurde klar, dass er nicht besonders viel über das Volk der Gardonier wusste. Zum Glück hatte er seinen Chef um genauere Angaben darüber gebeten.
Sie gelangten durch einen langen, gebogenen Korridor in das Innere des Raumschiffs. Er merkte erst, dass er sich drinnen befand, als sich eine Tür hinter ihm schloss und der Gardonier ihm sagte, er solle bitte einen Moment warten. Alvy sah sich neugierig um. Er kam sich eher vor wie in einem Hotel; die ganze Einrichtung war dafür gedacht, menschlichen Passagieren den Raumflug so angenehm wie möglich zu gestalten. Nette Burschen, diese Gardonier, auch wenn sie nicht sehr groß sind und Sonnenbrillen tragen.
Alvy nahm in einem der Sessel Platz und öffnete seine Aktentasche; seinen Koffer hatte der Gardonier mitgenommen. Während des Fluges, oder, wie er sich kundig gemacht hatte, unverfänglicher: während der Reise nach Gardos würde er sich mit den Informationen vertraut machen, die die Menschheit über die Gardonier gesammelt hatten, seit diese den Kontakt zu den Menschen aufgenommen hatten. Er würde sie brauchen, um sich auf Gardos zurechtzufinden.
Auf dem Raumhafen in Pendura, der Hauptstadt des Planeten Gardos, wurde Alvy vom irdischen Botschafter und einem gardonischen Regierungsbeamten höheren Ranges erwartet. Die Verständigung zwischen den beiden Rassen, so hatte Alvy festgestellt, wurde durch Übersetzungsgeräte gewährleistet, die die Gardonier bei sich trugen. Er würde sich darum bemühen müssen, ein eigenes Gerät zu bekommen. Zurzeit befanden sich etwa 250 Menschen auf Gardos, davon 52 in der Hauptstadt, ausschließlich Botschaftspersonal. Die Leiche war ein Mann, der Anatole Stavros geheißen hatte, ein griechischer Psychologe, der sich in den letzten Jahren auf dem Gebiet der interplanetarischen Psychologie einen Namen hatte machen wollen. Aus den Akten ging hervor, dass er eng mit gardonischen Ärzten zusammengearbeitet hatte, bevor ihn ein unerwartetes Schicksal abberief. Außerdem wurde die Freundlichkeit und der Friedenswille der Gardonier betont; wenigstens eine Gesellschaft, die über die Jahre vernünftig geworden war. Wie lange würde die Menschheit noch dafür brauchen?
"Mr. Alvy Rosen, vom L.A. Police Department?" fragte der weißhaarige Mann, der Friedensnobelpreisträger war, einer der Gründe, warum er auf Gardos Vertreter der Erde geworden war. Sebastian Newman, 52 Jahre, Engländer, eigentlich Sir Sebastian, Botschafter in Krisengebieten, erfolgreich, auf jeden Fall ein guter Diplomat, den die Gardonier akzeptiert hatten. Die Gardonier hielten es für vernünftig, die Beziehungen zwischen den beiden Gesellschaften langsam aufzubauen. Deshalb befand sich derzeit nur eine kleine Anzahl von irdischen Wissenschaftlern auf Gardos, um von den Gardoniern und auch über sie zu lernen, während eine ähnlich große Gruppe Gardonier mit dem gleichen Anliegen auf der Erde war.
"Ganz recht. Und Sie sind Botschafter Newman, nicht wahr?" Er schüttelte ihm die Hand.
"Und dies ist Psitor Angos, der gardonische Beamte, der für das Austauschprogramm verantwortlich ist."
"Guten Tag." Alvy schüttelte auch ihm die Hand.
"Sie sind also das, was man bei Ihnen einen Polizisten nennt?" fragte Angos. "Ich habe in Ihrer Literatur oft diesen Begriff gefunden. Scheint ein beliebter Stoff für Schriftsteller zu sein."
"Tja, ich dagegen habe gelesen, dass bei Ihnen unsere Zunft seit Jahrtausenden nicht mehr vertreten ist."
"Das ist richtig, Mr. Rosen. Unser Volk hat sich schon vor Jahrtausenden von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Wünschen getrennt, da man festgestellt hat, dass es andere, weit effektivere Wege gibt, zum Ziel zu kommen."
"Na, ich hoffe, Sie werden unserem Planeten ein bisschen in die richtige Richtung helfen, hmm?" Rosen grinste bitter.
"Mache ich Sie damit nicht arbeitslos?" fragte der Gardonier. "Nun, tatsächlich interessieren sich nicht einmal unsere Schriftsteller für Gewalt und solcherlei Dinge. Vielleicht ist diese Art des Interesses bei Ihrem Volk einer der Gründe, warum es sich auch in der Realität einfach nicht davon lösen kann? Wie auch immer, kann ich etwas für Sie tun?"
Alvy überlegte kurz, dann meinte er: "Ja, das können Sie tatsächlich. Als erstes brauche ich so ein Übersetzungsgerät, wie Sie da eins haben." Angos nickte. "Gut, ich glaube, ich wohne in der Botschaft. Also lassen Sie mein Gepäck dorthin bringen und führen Sie mich zum Tatort. Ich möchte eine vollständige Liste der Menschen, die sich gerade in der Hauptstadt befinden und einen Vermerk bei den möglichen Verdächtigen. Herr Botschafter, ich muss jederzeit Verhöre durchführen können. Des weiteren brauche ich eine Liste der Gardonier, mit denen Stavros Kontakt hatte. Wer bearbeitet den Fall im Moment?"
"Der Sicherheitschef der Botschaft hat den Tatort absperren lassen."
"Dann hoffen wir, dass er nicht unser Mörder ist."
"Mr. Rosen", unterbrach der Botschafter. "Ich muss Sie drauf hinweisen, dass Sie in einer offiziellen Mission hier sind. Es ist politisch, verstehen Sie, es ist also absolut erforderlich, dass Sie den Mörder finden!"
"Herr Botschafter, ich werde Ihnen keinen Sündenbock liefern, falls Sie das glauben. Also, gehen wir."
"Ach, Rosen?"
"Ja?"
"Wie sieht es im Moment auf der Erde aus? Ich war lange nicht mehr dort."
Die erste Überraschung war, dass Stavros in einem gardonischen Bungalow gelebt hatte. Angos erklärte, dass der irdische Wissenschaftler eng mit einem gardonischen Wissenschaftler, Prdnak Wellgor, zusammengearbeitet hatte. Er war übrigens auch der einzige Mensch gewesen, dem diese Ehre zuteil wurde. Als sie durch die Straßen fuhren, stellte Alvy fest, dass sich kein einziger Gardonier zeigte. Dann erinnerte er sich daran, gelesen zu haben, dass die Gardonier Nachtwesen seien, also voraussichtlich tagsüber schliefen.
Dementsprechend sah auch der Bungalow aus. Es gab kein Schloss an der Tür, da die Gardonier dergleichen nicht benötigten, keine Fenster und nur wenige Beleuchtungskörper – jetzt wurde der Raum von zwei kräftigen Scheinwerfern ausgeleuchtet. Vier Meter von der Tür entfernt lag der tote Psychologe. Ein Messer steckte rechts zwischen seinen Schulterblättern, eine Blutlache hatte sich über dem Fußboden ausgebreitet.
"Haben wir hier einen Doktor?" wollte Alvy wissen.
Ein Mann trat vor.
"Todesursache?"
"Der Mann ist verblutet. Können wir die Leiche jetzt mitnehmen?"
"Gleich, ich möchte mich hier erst noch umsehen. Wann ist er gefunden worden?"
"Vorgestern Nachmittag. Ich sollte ihn zu einer Routineuntersuchung abholen und in die Botschaft mitnehmen", antwortete der Arzt.
"Dann sind Sie ja potentiell verdächtig", murmelte Alvy. "Todeszeit?"
"Etwa eine Stunde früher. Vorgestern um 15 Uhr."
"Ich hoffe, dass diese Zeit von einem anderen, unabhängigen Arzt bestätigt werden kann."
"Ja, Inspektor", antwortete der Arzt ungehalten. "Und falls Sie darauf hinauswollen, ich habe für diese Zeit ein Alibi."
"Wie schön. Ich werde mich zu gegebener Zeit damit befassen. Sie dürfen jetzt gehen." Alvy kniete sich neben den Toten. Vorsichtig untersuchte er seine Kleidung. Kein Anhaltspunkt. Auch in seinen Händen war nichts zu finden, keine unnatürlichen Hautabschürfungen, nichts. Der Mann war schlicht und einfach von hinten erstochen worden, auch wenn das Messer nicht direkt oben im Schulterblatt steckte, sondern weiter unten und in einem nach oben gerichteten Winkel. Also von unten herauf. Alvy erhob sich und sagte dem Arzt, er könne den Toten jetzt entfernen lassen. Langsam schlenderte er durch den Wohnraum. Eine Tür führte in ein Badezimmer, das für die Bedürfnisse der Gardonier eingerichtet war, die andere in ein Schlafzimmer, in das ein etwas größeres Bett gestellt worden war. In keinem der beiden Räume fand er einen Anhaltspunkt, der ihm irgendwie weitergeholfen hätte. Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, aus dem die Leiche inzwischen entfernt worden war.
"Haben Sie die Räume auf Fingerabdrücke untersucht?" fragte Alvy den Sicherheitsbeamten der Botschaft
"Nein, Sir, wir sind hier für einen solchen Fall nicht ausgerüstet."
"Das kann ich erklären", meinte Angos, der zu ihnen getreten war. "Seit mehr als 4000 Ihrer Jahre ist auf diesem Planeten kein intelligentes Wesen mehr eines gewaltsamen Todes gestorben."
"Ach."
"Und wir haben Ihre Regierung gebeten, sich darauf einzustellen. Deshalb werden Sie auf diesem Planeten auch keine einzige Waffe finden."
"Aha. Gut. Hmm, hat irgendein Angehöriger unserer Botschaft ein Motiv, Stavros zu töten?"
"Ich habe keine Ahnung, Sir."
"Hmm, gut. Stellen Sie fest, wo sich die Botschaftsangehörigen vorgestern zwischen 13 und 17 Uhr aufgehalten haben. Ich brauche Sie dann nicht mehr. Und nehmen Sie diese Scheinwerfer mit." Alvy besah sich die Kreidezeichnung auf dem Boden. Der Körper lag in Richtung der Tür, also musste sich der Mörder tiefer im Raum befunden haben, hinter ihm. Was hatte sich hier abgespielt? Hatte Stavros mit irgendjemandem gesprochen, vielleicht eine Meinungsverschiedenheit? Wollte er dann gehen, wie es erregte Menschen gerne tun, um das Gespräch abzubrechen und wurde auf dem Weg nach draußen von hinten erstochen? Vielleicht. Einer der Scheinwerfer erlosch und wurde hinausgetragen.
Alvy schlenderte zu einem der Sessel und ließ sich hineinfallen. Irgendetwas kam ihm komisch vor. Der Mann war am helllichten Tag ermordet worden. Etwas riskant, am helllichten Tag durch die Gegend zu spazieren und Leute umzubringen. Es sei denn...
"Ähm, wie sieht Ihr Dienst in der Botschaft aus? Sie wirken etwas... übernächtigt!"
"Das stimmt. Eigentlich arbeiten wir hauptsächlich nachts, aber irgendwie hat sich noch keiner so recht dran gewöhnt. Nur zehn Leute haben tagsüber Dienst. Normalerweise!"
"Hmm, vielen Dank." So etwas hatte er erwartet. Nachts spielte sich das Leben auf diesem Planeten ab, also auch die diplomatischen Verhandlungen. Deshalb war das Tagespersonal klein. Demnach war es kein Problem, am Tag ungesehen in ein Haus zu gehen und jemanden zu ermorden. Der zweite Scheinwerfer wurde zur Tür gerollt und dann ausgeschaltet. Sofort war es in dem Bungalow dunkel und als sich die Tür schloss, sah Alvy überhaupt nichts mehr.
"Hmm, sind Sie noch da, Angos?"
"Ja, Mr. Rosen."
"Finden Sie sich hier zurecht?"
"Mr. Rosen, das Licht, das in diesen Raum dringt, reicht mir, um mich zurechtzufinden."
"Aha", murmelte Alvy. Er nahm nichts von dem Licht wahr, das dem Gardonier angeblich reichte, um sich zurechtzufinden. "Hier war doch irgendwo eine Lampe, oder?"
"Ja. Warten Sie, ich werde sie anschalten." Alvy hörte, wie sich der kleinere im Raum bewegte, dann das Knacken eines Schalters. Nichts geschah.
"Ich glaube, das Licht funktioniert nicht."
"Ist die Birne defekt?" fragte Alvy, dem es allmählich zu dunkel wurde.
"Bitte? Eine... äh... Frucht, was hat... ich verstehe nicht ganz!" ließ sich die verwirrte Stimme des Gardoniers aus der Dunkelheit vernehmen.
"Die Glühbirne, die Lampe..."
"Ach so, der Leuchtkörper, den Sie auf der Erde vornehmlich verwenden. Nein, er ist nicht defekt, es muss an der Zentralversorgung liegen. Ich sehe mal nach."
Wieder hörte Alvy, wie sich der Gardonier sicher durch den Raum bewegte. "Sagen Sie mal", fragte er, "Können sich alle Gardonier in der Dunkelheit so gut zurechtfinden wie Sie?"
"Natürlich, die Dunkelheit ist unser Lebensraum, wenn ich mal so sagen darf, so wie der Ihre das Licht ist."
"Sie haben sich viel mit Menschen beschäftigt, was?"
"Ja, ich bin auch eine Art Botschafter. Die Menschheit interessiert mich, ihre Kultur." Das Licht ging wieder an. "Ihre Lebensweise. Sie müssen wissen, ich bin Historiker."
"Aha. Gibt es sonst noch jemanden, der an Menschen großes Interesse hat und mit welchen persönlichen Kontakt pflegt?"
"Nur Prdnak Wellgor, ein, wie sagen Sie, Psychologe, der eng mit dem Verstorbenen zusammengearbeitet hat. Ich glaube, sie wollten die psychologische Ähnlichkeit unserer beiden Rassen untersuchen, um eine leichtere Verständigung oder so etwas zu finden. Ich habe die beiden nur miteinander bekannt gemacht."
"Haben Sie nicht auch zu Beginn mit der Menschheit Kotakt aufgenommen? Ja, ich glaube, Sie und Ihr Vorgesetzter." Der Gardonier nickte. "Sind alle Bungalows nach dem gleichen Prinzip konstruiert wie dieser?"
"Die meisten. Architektur war nie ein Faible der Gardonier! Wieso?“
"Weil Sie den Hauptschalter so schnell gefunden haben.“ Alvy murmelte vor sich hin. „Hmm, ich denke, wenn es einer von der Botschaft gewusst hätte, hätten sie nicht die Scheinwerfer gebraucht. Gut."
"Das war Kombinieren, stimmts?"
"Ja, richtig." Alvy erhob sich. "Sie haben keine Rechtsprechung auf diesem Planeten, oder?"
"Nein." Angos sah den Menschen überrascht an. "Worauf wollen Sie hinaus?"
"Ihre Regierung wird sich sehr wahrscheinlich etwas einfallen lassen müssen, ich glaube nämlich, dass dieser Mord von einem Gardonier begangen worden ist!"
"Ist Ihnen klar, was Sie da für eine ungeheuerliche Anschuldigung aussprechen?" fragte der Botschafter, als Alvy sich zusammen mit Angos in seinem Büro befand. "Das könnte politische Verwicklungen zur Folge haben, die Sie sich nicht einmal vorstellen können!"
"Das glaube ich Ihnen gerne, aber zum einen haben alle Menschen, die in Frage kommen ein wasserdichtes Alibi und zum anderen deuten alle Indizien in diese Richtung!"
"Welche Indizien?"
"Oh, ein paar." Alvy setzte sich in einen Sessel und begann: "Der Winkel, in dem das Messer in seinem Rücken steckte, ist nach oben gerichtet, so, als hätte eine kleine Person zu gestochen, die dabei möglichst groß wirken wollte. Dann ist der Mann nur verblutet, weil das Messer auf der rechten Seite steckte, links wäre das Herz gewesen. Das könnte alles noch Schikane sein, aber dann ist da noch diese Sache mit dem Licht. Es war dunkel in der Hütte, als unsere Leute ankamen. Jemand hatte den Hauptschalter abgedreht, unsere Leute brauchten Scheinwerfer. Gut, könnte auch Tarnung sein, aber ich glaube, es hat sich so abgespielt: Stavros kam in seine Wohnung und versuchte, das Licht anzumachen. Neben der Tür ist dummerweise kein Schalter, also musste er ein paar Meter weiter rein, wo eine kleine Stehlampe ist. Die ging nicht an, weil die Stromversorgung abgeschaltet war. Da sich aber der Hauptschalter weiter innen in einem solchen Bungalow befindet und er sich wohl nicht weitertasten wollte, den Weg zur Lampe kann man sich leicht merken, wenn man länger in einem solchen Bungalow wohnt, ging er zurück, um die Tür zu öffnen. Und unser Mörder hat das vorhergesehen und ihn aus der Welt gepustet. Peng." Alvy lehnte sich zurück. "Wann würden Sie denn jemanden ermorden? Wann kommen Sie ungesehen in seine Wohnung?"
"Nachts... Natürlich, tagsüber! Ich komme damit noch immer nicht richtig klar."
"Ja." Alvy nickte. "Das dachte ich mir. Und keiner unserer Leute kennt sich in einem Bungalow der Gardonier aus."
Bedächtig rieb sich Angos das Kinn. Dieser Fall war sehr seltsam. Konnte der Mensch Recht haben? Was er gesagt hatte, klang überzeugend. Es war nicht schwierig, festzustellen, wer die Botschaft verlassen hatte. "Mr. Rosen, haben Sie einen Verdacht? Wenn ich Sie richtig verstehe, gehöre nun ich zu Ihren Verdächtigen!"
"Hmm", Alvy überlegte. "Eigentlich schon. Haben Sie denn ein Motiv?"
"Ein Motiv?“ Er dachte einen Moment darüber nach. „Nun, ja, ich widme mein Leben dem Kennen lernen neuer Völker. Dabei hänge ich der Denkungsweise an, dass man sich kennen lernen und auf einer vernünftigen Ebene kommunizieren...“
Alvy unterbrach ihn mit einem Lächeln.
„Ich glaube, wovon Sie gerade sprechen ist ein so genannter ‚Leitgedanke‘. Was ich meine ist ein Tatmotiv, ein Grund, warum Sie die Tat begangen haben sollten!“
Angos sah ihn überrascht an.
Dann schüttelte er den Kopf. „Oh. Diese Übersetzungen...“ Nach einem Moment kam er zu dem Schluss: „Ich glaube... ich glaube nicht.“
Er sah Alvy fragend an.
„Und Sie meinen wirklich, dass ein Vertreter meines Volkes... Was sollte ihn dazu bringen?"
"Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, dass ich es bald herausfinden werde." Alvy erhob sich. "Ich sehe mich jetzt etwas um. Kümmern Sie sich inzwischen darum, was passiert, falls der Mörder tatsächlich ein Gardonier ist."
Der Mörder hatte einen Fehler gemacht. Das war ganz natürlich, denn es war nicht nur das erste Mal für ihn, es war das erste Mal seit mehreren Jahrhunderten in seinem Volk. Also war er auf diesem Gebiet bestimmt nicht sehr beschlagen. Deshalb kehrte Alvy in die Wohnung des Toten zurück und durchsuchte sie. Er stieß auf ein Tagebuch – und fand endlich einen klaren Anhaltspunkt. Er machte sich ein paar Notizen in sein Notizbuch und war sehr zufrieden mit sich. Gerade als er die Wohnung verlassen wollte, klopfte es an der Tür. Inzwischen war es Nacht geworden in der Hauptstadt und sie begann sich mit Leben zu füllen.
"Herein", rief er. Manchmal kommen sie an den Schauplatz des Verbrechens zurück. Die Tür öffnete sich und ein kleiner Gardonier trat ein, genau genommen war es ein durchschnittlich großer Gardonier, aber im Vergleich zu einem Menschen war er klein.
"Oh, ist Dr. Stavros nicht da?" fragte der Gardonier.
"Nein, ich habe gehört, er sei abberufen worden. Ich bin der neue Mieter."
"Der neue... was?"
"Ich wohne jetzt hier. Stavros ist im Krankenhaus. Hat sich ein Messer in die Rippen gehauen, wahrscheinlich beim Rasieren. Er ist aber nicht schwer verletzt worden. Wer sind Sie?"
"Ich? Ich bin Prdnak Wellgor, Professor Wellgor. Was ist mit Dr. Stavros?"
"Professor Wellgor, bin ich froh, Sie zu sehen. Ich wusste ja nicht... Ihnen gegenüber kann ich ja offen sein. Wir glauben, dass Dr. Stavros von einem Gardonier erstochen wurde."
"Was? Von einem Gardonier? Das ist doch..."
"Ich weiß, es klingt unglaublich. Sie sind doch Psychologe. Vielleicht können Sie uns helfen, den Fall zu lösen?"
"Ich... ich weiß nicht." Der Gardonier wurde nervös. "Ja, ja, natürlich. Äh, warum sollte ein Gardonier einen Menschen töten? Das ist ein psychisches Problem."
"Wie kann der Mann hereingekommen sein?" fragte Alvy.
"Oh, die Tür ist nie verschlossen."
"Ja, natürlich, bei Gardoniern, aber Dr. Stavros war ein Mensch und Menschen unterscheiden sich von den Gardoniern. Sie müssen ihre Türen abschließen, weil sie gewohnt sind, wenn sie es nicht tun, Angst haben zu müssen."
"Nicht auf Gardos!"
"Selbstverständlich nicht hier. Aber... warum? Ich meine, wer hätte ein Motiv?"
"Ein Motiv?"
„Äh, einen Anlass, einen Grund ihn zu töten“, fügte Alvy erklärend hinzu.
Der Professor sah sich nervös um.
"Ich habe keine Ahnung."
"Wie würde sich wohl ein Wesen verhalten, das zum ersten Mal seit vielen Generationen ein Verbrechen begangen hat? Ich meine, Sie sind doch Psychologe, Sie müssten sich doch mit so etwas auseinandergesetzt haben."
"Ja, äh..."
"Würde ein solches Wesen, da es auf diesem Gebiet nicht die geringste Erfahrung, nicht einmal vom Hörensagen oder aus den Medien hat, nicht vollkommen nervös werden und zum Tatort zurückkehren, um sich zu vergewissern, dass nichts es mit der Tat in Verbindung bringen kann?"
"Schon möglich... absolut denkbar. Denkbar wäre aber auch, dass er, weil ihm diese Erfahrungen fehlen, zu denen auch Schuldgedanken oder Angst vor Entdeckung gehören, sich völlig normal und unauffällig verhält und seinen Pflichten nachgeht, als wäre nichts geschehen!"
Alvy sah Wellgor an.
„Woran haben Sie beiden eigentlich gearbeitet?“
Wellgor seufzte.
„An Ihnen.“
Alvy stutzte.
„An mir?“
„Nein.“ Der Gardonier schüttelte den Kopf. „An Ihrem Volk.“
„Aha.“
Der Gardonier schwieg.
Alvy durfte sich seinen Teil denken.
„Inwiefern?“ hakte er nach.
„Nun, wir wollten etwas über die Ähnlichkeit zwischen unseren beiden Völkern herausfinden. Sie mehr... mehr weiterbringen. Ihre Entwicklung fördern.“
„Unsere Entwicklung?“
„Ja. Wie Sie selber wissen, befindet sich die Menschheit in einem Stadium der Entwicklung, in dem sie noch immer viel Gewalt anwendet. Wir Gardonier sind über diesen Entwicklungsstand hinaus. Wir hatten die Hoffnung, dass sich Ihr Volk auf unser Niveau bringen lassen würde.“
„Gäbe es jemanden, der Interesse daran hätte, das zu verhindern?“
„Nun, vom historischen Standpunkt... wissen Sie, die meisten Völker der Galaxis vertreten den Standpunkt, dass sich jedes Volk selbst entwickeln muss. Ohne Einmischung von außen. Es gibt vielleicht manchen, der einer solchen Einmischung, wie sie Dr. Stavros und ich vorgehabt haben, nicht sehr positiv gegenüberstehen würde.“
„Und der sie verhindern würde?!“
Der Psychologe nickte.
„Schon möglich.“
Alvy dachte darüber nach.
„Waren Sie erfolgreich?“
Der Gardonier nickte.
„Ja, wir haben durchaus Erfolge erzielt. Leider eher einseitig... und leider nicht ganz in dem Maße, in dem ich es mir erhofft hätte. Aber wenn wir mehr Zeit gehabt hätten... vielleicht wären wir dann zum Ziel gekommen!“
Alvy nickte langsam und sah Wellgor zuversichtlich an.
"Naja, wir werden den Mörder bald haben."
„Was macht Sie so optimistisch?“
Alvy hielt Wellgor ein kleines Büchlein unter die Nase.
"Weil ich etwas gefunden habe. Und zwar sieht es sehr nach Stavros Tagebuch aus. Wenn irgendjemand versucht hat, seine Untersuchungen zu sabotieren oder ihm Steine in den Weg zu legen, dann wird er das sicherlich vermerkt haben.“
Alvy klopfte lächelnd auf das Buch.
„Ich denke, hier drin finden wir einen Hinweis auf den Mörder. Wir müssen es nur genau untersuchen. Im Moment werde ich aus den Notizen noch nicht schlau, aber ich glaube, in ein paar Tagen weiß ich mehr.“
Alvy ließ das Buch wieder in seiner Tasche verschwinden.
Er lächelte den Gardonier an.
„Was glauben Sie, was der Mörder dafür geben würde, zu wissen, dass ich dieses Buch habe? Kommen Sie doch mit zum Büro von Mr. Angos!"
"Ich, ja..."
"Sie können uns bei der Aufklärung des Falles helfen."
Alvy ließ sich von Wellgor in die Botschaft bringen. Dort trafen sie auf Angos, der schon auf ihn gewartet hatte und ihn nun neugierig ansah.
„Und?“ wollte der Historiker wissen. „Haben Sie etwas herausgefunden?“
Alvy seufzte.
„Sagen wir mal, dafür, dass es auf diesem Planeten seit Jahrtausenden kein Verbrechen mehr gegeben hat, gibt es überraschend viele Verdächtige. Und das Überraschendste daran ist, dass es nicht mal Menschen sind.“
Er ließ sich auf einen Sessel fallen.
„Bevor ich hier angekommen bin, hätte ich gewettet, wenn es auf einem Planeten ein Verbrechen gibt und dort findet sich mindestens ein Mensch, dann hätten wir zwangsläufig unseren Täter gefunden. Aber offensichtlich schein ich mich geirrt zu haben!“
„Sind Sie auf eine... wie sagt man?“
„Auf eine heiße Spur gestoßen?“ half Alvy nach.
Angos sah ihn verwirrt an, während sein Übersetzungsgerät fieberhaft zu arbeiten schien.
„Ob ich etwas herausgefunden habe, meinen Sie?“
Der Gardonier nickte lächelnd.
Alvy war sich nicht sicher.
„Tja, möglicherweise. Es gibt da... gewisse Möglichkeiten. Und ich würde gerne noch mal mit diesem... Wellgor war glaub ich sein Name. Mit dem würde ich gerne noch mal sprechen. Ich glaube nämlich, er kann uns helfen, unseren Täter zu finden.“
Neugierde sprach aus Angos Blick.
„Wie das?“
„Nun, es ging... um die Arbeit der beiden.“
Alvy gähnte müde.
„Tschuldigung“, murmelte er. „Was passiert eigentlich, wenn jemand versuchen würde... sich in die Entwicklung eines Volkes einzumischen?“
„Sich in die Entwicklung...“
„Ja.“
Alvy tat betont unschuldig.
„Ich hab ein bisschen gelesen. Ich glaube, es gibt die Möglichkeit, die Entwicklung eines Volkes zu beeinflussen. Genetisch zum Beispiel.“
„So etwas muss unbedingt verhindert werden! Es gibt Beispiele dafür, was passieren kann. Man glaubt zwar, dass man ein Volk auf eine höhere Ebene der Entwicklung bringen kann, aber die Folgen davon sind oft fatal!“
Angos regte sich auf und fuchtelte wild in der Luft herum.
„Auch wenn sich die Gehirne des manipulierten Volkes vielleicht weiterentwickeln“, fuhr er fort, „so ist es doch nicht in der Lage damit umzugehen. Da es keine natürliche Entwicklung gegeben hat, sind sie mit einer hohen Intelligenz ausgestattet und mit der alten wilden Natur. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass das Wilde sich durchsetzt... und das Volk sich meist selbst vernichtet. Deshalb darf eine solche Manipulation niemals erlaubt werden!“
„Aha“, murmelte Alvy. „So etwas muss also auf jeden Fall verhindert werden.“
„Auf jeden Fall!“
„Und wenn man die Sache von der psychologischen Seite angehen würde, um die psychischen Folgen, die eine solche Veränderung mit sich bringt, aufzufangen...“
„Eine solche Manipulation darf einfach nicht sein! Sie ist zu gefährlich! Und das nicht nur für das manipulierte Volk, sondern auch für das, das die Manipulation ausführt. Denn es kann sein, dass das Wissen dieses Volkes auf die manipulierten Wesen übergeht...“
„Also würde man doch wahrscheinlich versuchen, selbst mehr über das zu manipulierende Volk herauszufinden...“ dachte Alvy laut. „So eine Art... Gedankenaustausch?!“
„Ja. Möglich. Ich verstehe nicht...“
Alvy lächelte.
„Nein. Aber ich glaube, ich verstehe es jetzt!“
Er erhob sich und zog ein kleines Buch aus seiner Tasche.
„Das hier hab ich in der Wohnung des Toten gefunden. Ich hatte aber noch keine Zeit es zu lesen...“ Er gähnte ausgiebig. „Entschuldigung.“ Alvy wedelte mit dem Buch in der Luft herum. "Ich glaube, er hat etwas über seine Experimente aufgeschrieben... seine verbotenen Experimente. Ein Tagebuch. Und wenn es da etwas... Ungewöhnliches gegeben hat, wird er es sicher notiert haben. Ich nehme an, das hier wird uns einen Hinweis auf den Mörder geben.“ Er gähnte noch einmal. „Verzeihung. Naja, ich denke jedenfalls, dass uns das weiterhelfen wird!"
"Gut, Mr. Rosen. Ich vertraue Ihnen."
"Vielen Dank. Kann ich die Sachen hier lassen?"
Alvy kramte in seinen Taschen legte ein paar Dinge aus der Wohnung des toten Doktors auf den Tisch.
"Ja, natürlich."
Als ihn der Historiker am nächsten Abend fragte, ob er weitergekommen wäre, musste Alvy verneinen. Ihm sei während der Nacht oder vielmehr während des Tages auch keine neue Idee gekommen. Er erkundigte sich nach Professor Wellgor.
"Er müsste jeden Moment kommen", meinte Angos.
"Gut. Könnten Sie auch den Botschafter rufen."
Alvy prüfte die Gegenstände, die auf dem Schreibtisch lagen. Alles war so, wie er es erwartet hatte.
Kurze Zeit später tauchten der Botschafter und Professor Wellgor auf. Beide waren unruhig.
"Meine Herren, ich weiß jetzt, wer der Mörder ist", stellte Alvy fest.
Die zwei Gardonier und der Mensch sahen ihn mit Erstaunen an.
„Aber wie... wer?“
„Nun, das ist doch ganz einfach. Wer keine Erfahrung mit Verbrechen hat, macht Fehler. Und hier wurden welche gemacht. Es geht um ein kleines Buch. Ich hatte gesagt, dass sich in ihm die Aufzeichnungen des Toten befunden haben – und dass uns diese Aufzeichnungen zu seinem Mörder führen würden. Das... stimmt... zur Hälfte. Denn genau genommen hat uns das Buch zum Täter geführt.“
Der Botschafter schüttelte den Kopf.
„Ich verstehe kein Wort.“
„Oh, es ist ganz einfach. Herr Professor, vielleicht können Sie uns weiterhelfen?!“
Wellgor sah Alvy überrascht an.
"Ich? Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Mit einem Geständnis! Oh, den Begriff kennen Sie sicher nicht. Es bedeutet, dass man es zugibt, wenn man einen Mord begangen hat...“
„Ich weiß was ein Geständnis ist“, zischte Wellgor angesäuert. „Aber wie kommen Sie darauf, dass ich etwas mit dieser schändlichen Tat zu tun haben könnte?"
"Naja, die Chancen standen eigentlich 50:50. Entweder Sie oder Mr. Angos. Aber die Fehlerquote spricht für Sie. Sie kannten sich im Bungalow des nunmehr Toten aus. Sie können ihn in seinen Bungalow gerufen haben. Und Sie wussten, wie er reagieren würde, wenn das Licht nicht funktionieren würde."
"Ich..."
"Aber Sie hätten das Buch nicht nehmen sollen. Das war denn wohl der gröbste und auch entscheidendste Fehler!"
"Meinen Sie? Ich habe in der Botschaft gehört, wie Sie Angos von dem Buch und seiner Bedeutung erzählt haben. Er kann es genommen haben!"
"Jahmmm, eigentlich stimmt das schon."
Der Botschafter sah ihn erschrocken an.
"Ich habe ihm tatsächlich ein Buch gezeigt, das rote Buch, das Tagebuch des Doktors, in dem er alle seine Eintragungen gemacht hat, seit er auf Gardos ist, kaum mehr als wissenschaftliche Notizen, die für jemanden außerhalb der Psychologie kaum von Interesse sein könnten. Und wie Sie sich selbst überzeugen können, ist dieses rote Notizbuch noch da. Es liegt hier auf dem Schreibtisch."
Alvy deutete auf den Tisch.
"Nur das weiße, mein Notizbuch, das ich Ihnen gezeigt habe als geheimes Tagebuch, das fehlt!"
Wellgors Mund öffnete sich.
"Ich nehme nicht an, dass Sie meine Notizen irgendwie hätten belasten können. Ihr Verschwinden kann es.“
Alvy sah Wellgor an.
„Möchten Sie jetzt ein Geständnis ablegen?"
"Sie können..."
"Das Motiv war Enttäuschung! Sie wurden enttäuscht, Sie haben versucht, in Ihren Experimenten den Geist von Dr. Stavros auf Ihr Niveau zu bringen, während bei Ihnen kurzzeitig der gegenteilige Effekt bewirkt werden sollte, um so ein besseres Verständnis für die Kultur und die Psyche des anderen entwickeln zu können. Aber was lief schief? Ließ sich der Geist des Menschen nicht besänftigen, ihm Vernunft predigen?"
Alvys Stimme war voll Bitterkeit.
"Schade, das Experiment hätte unserem Planeten vielleicht helfen können, wenn es ein beiderseitiger Erfolg gewesen wäre. Aber es hat nicht funktioniert. Und aus Ärger über diesen Fehlschlag, über die Unmöglichkeit, die Evolution, die geistige Evolution der Menschheit voranzutreiben, haben Sie, der Sie einige menschliche Wesenszüge angenommen hatten, in einem Anfall von Wut ihr Problem auf menschliche Weise aus dem Weg geräumt. Stimmt das in etwa?"
Der Professor sank in sich zusammen. "Es war... ich war... unüberlegt... unbeherrscht. Es war..."
"Menschlich!" meinte Alvy trocken. "Mr. Angos wird Ihr Geständnis aufnehmen. Was mich angeht, ist der Fall abgeschlossen."
"Mr. Rosen, Menschen können Bestien sein!"
Alvy sah dem Professor in die Augen. "Wem sagen Sie das?"
Am kommenden Abend traf Alvy in der irdischen Botschaft Psitor Angos, der freundlich lächelnd auf ihn zukam.
"Mr. Rosen, ich danke Ihnen."
"Ach", Alvy winkte ab. "Nennen Sie mich doch Alvy."
"Danke. Mein Name ist Psitor."
"Hmm, leicht zu merken", meinte der Mensch trocken. "Wie lange kann ich noch bleiben?"
"Oh, so lange Sie wollen. Ich muss gestehen, dass ich mich sehr für Ihre Arbeit interessiere und gern mehr darüber erfahren würde. Ich würde gerne von Ihnen... lernen! Wie Sie vielleicht wissen, stehen wir auch mit vielen anderen Völkern dieser Galaxie in Kontakt." Der Gardonier lächelte. "Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet."
"Naja, ich habe noch nie mit einem Außerirdischen zusammengearbeitet. Wie wäre es, wenn wir beide ein interplanetares Büro aufmachen, hm?" Alvy lächelte. "Angos von Gardos und Rosen von der Erde!"