Читать книгу Mord im Schlafrock - Martin Cordemann - Страница 6

Zweiter Akt

Оглавление

erste Szene

(Während der Verhöre befinden sich COOPER und die Person, die er verhört vor der Wand zum Cockpit. COOPER lehnt sich meist an die Wand, während die zu verhörende Person in der Sitzreihe davor Platz genommen hat. Der Rest der Passagiere befindet sich „am Heck“ der Maschine, also im hinteren Bereich.)

DR. S: (geht nervös auf und ab) Ich habe die Brüste dieser Frau nicht berührt!

MARIA: Ach, das sagen sie doch alle.

COOPER: Bitte?

MARIA: Niemals hat einer von denen die Brüste berührt. Jedenfalls nie absichtlich. 'Huch, ich bin gestolpert.' 'Tut mir leid, ich bin aus dem Gleichgewicht gekommen.' 'Sind das Ihre Brüste, ich dachte, das wäre der Nachtisch?' Ich habe schon jede dumme Ausrede gehört, die sich Männer so einfallen lassen.

COOPER: Es geht hier nicht um sexuelle Belästigung.

MARIA: Ach nein?

COOPER: Nein. (sieht DR. SEBRETZKI an) Oder vielleicht doch?

DR. S: Nein.

COOPER: Sehen Sie! Hier geht es nur um... schlechte Handarbeit.

MARIA: Wohl eher Kopfarbeit.

COOPER: Sagen wir Brustarbeit.

MARIA: Pff!

COOPER: Und außerdem komme ich zu Ihnen später.

MARIA: Ach ja? Wollen Sie sich ein gutes Zeugnis für Ihre Dienste auf diesem Flug abholen?

COOPER: Das wohl nicht gerade.

MARIA: Schön, dass Sie das auch so sehen. Bisher haben Sie mich nämlich wohl kaum überzeugt.

COOPER: Und an der Leiche bin ich vielleicht auch noch schuld, was?

MARIA: Vielleicht? Liegt vielleicht an Ihren Flugkünsten. Vielleicht wollte sie sich nur ein Brötchen schmieren und dann sind Sie in ein Luftloch geflogen und sie hat sich selbst erstochen?!

COOPER: Und wo wäre dann das Brötchen?

MARIA: Das haben Sie gegessen um die Beweise verschwinden zu lassen.

COOPER: Sie meinen, ich habe einen Unfall gegen einen Mord ausgetauscht?

MARIA: Ich habe nie gesagt, dass Sie logisch gehandelt haben.

COOPER: Müsste es dann nicht noch mehr geben?

MARIA: Noch mehr Tote?

COOPER: Noch mehr Besteck. Einen Teller? Butter? Marmelade?

MARIA: Das wäre sehr nett.

COOPER: Bitte?

MARIA: Und dazu etwas Kaffee bitte.

COOPER: Ich nehme hier nicht Ihre Bestellung auf, ich frage mich, wo diese Dinge in Ihrer Theorie betreffend des Ablebens der Toten wären.

MARIA: Ach, das ist wieder so typisch. Ihr Männer denkt doch immer nur an das Eine!

COOPER: Sie meinen eine Leiche im Flugzeug?

MARIA: Ja, aber mich und meine Bedürfnisse ignorieren. Typisch. Deshalb ziehe ich auch die Gesellschaft von Hunden vor.

COOPER: Und ich nehme an, die hören Ihnen auch immer brav zu.

MARIA: Natürlich tun sie das. Worauf wollen Sie hinaus? Dass ich nichts zu sagen habe, dem sich zuzuhören lohnen würde?

COOPER: Das wäre die höfliche Formulierung.

MARIA: Dann will ich die unhöfliche gar nicht hören.

COOPER: Können wir uns also darauf einigen, dass der Toten für Ihre Theorie die nötigen Utensilien wie das restliche Besteck fehlen?

MARIA: Bitte sehr, meinetwegen. Das wäre aber auch nicht fair gewesen.

COOPER: Was?

MARIA: Na, dass sie Frühstück bekommt und wir nicht.

COOPER: (seufzt) Darf ich mich jetzt wieder diesem Fall zuwenden?

MARIA: Wenn Ihnen das wichtiger ist als meine Zufriedenheit.

COOPER: Das ist es. (wendet sich wieder DR. SEBRETZKI zu) Wo waren wir?

DR. S: Ich habe die Brüste dieser Frau nicht berührt!

COOPER: Den Satz sollten Sie sich merken. Fürs Gericht!

DR. S: Gericht?

COOPER: Ja. Sie sollten verdammt froh sein, dass wir nicht mit Überschall fliegen. Möglicherweise hätte sie uns dann alle umgebracht. (deutet auf LAMOUR) Durch Ihre Arbeit! Was Sie zu einem Mitschuldigen machen würde!

(hat eine Idee – zum Publikum) Moment. Das wäre doch die neue Methode für Terroristen...

ÜBERBLENDE

zweite Szene

(Das Licht verändert sich wie in Erster Akt, dritte Szene. Traumstimmung, d.h. man merkt, dass sich die Szene nur in seinem Kopf abspielt. Aus der Kabine treten nun WALTER WALTHER (WW), STEFFI LAMOUR (SL) und JOSEF KRIST (JK), die aber nicht „sich selbst“ spielen, sondern hier die Rollen von Terrorismus-Vorstandsmitgliedern übernehmen)

JK: Liebe Vorstandsmitglieder, wir sind heute hier zusammengekommen, um über den Terrorismus in der Welt zu sprechen. Es ist erschreckend.

SL: Der Terrorismus ist erschreckend? Dann hatten unsere Marketingstrategen also Recht. Terrorismus erschreckt die Menschen. Nur gut, dass wir damit nicht an die Börse gegangen sind.

WW: Die Börse erschreckt die Menschen auch.

SL: Aber hat sie genau so viele Menschen getötet wie der Terrorismus?

WW: In den Ruin getrieben vielleicht…

SL: Aber nicht getötet. Damit liegt der Terrorismus in seinem Kompetenzbereich noch immer an erster Stelle.

WW: An zweiter Stelle.

SL: Wieso, was liegt denn an erster?

WW: Krieg.

SL: Ach Krieg, den vergess ich immer. Sind wir damit schon an die Börse gegangen?

JK: Ich glaube, das ist heute nicht unser Thema. Herr Kollege, Sie wollten uns über die Probleme mit dem Terrorismus unterrichten.

WW: Das ist richtig. Wir haben ein Problem. Terrorismus stößt weltweit auf wenig Akzeptanz.

SL: Außer... in gewissen Kreisen.

WW: Und selbst da gibt es keine guten Neuigkeiten.

SL: Was ist mit den Hasspredigern? Die leisten doch sehr gute Arbeit.

WW: Das reicht leider noch nicht. Wir steuern auf eine weltweite Krise zu.

JK: Inwiefern?

WW: Die Zahlen im Bereich Terrorismus sind rückläufig.

JK: Aber... das kann doch nicht sein! Wir bekommen doch immer wieder Zulauf…

WW: ...den wir direkt wieder verlieren. Selbstmordattentate, gut für die Unmoral, schlecht für den Nachwuchs.

JK: Meine Güte, in dieser Branche ist es mit dem Wegsterben der Kundschaft ja noch schlimmer als in der Tabakindustrie.

SL: Lässt sich nichts dagegen machen?

JK: Ich fürchte nein. Das Selbstmordattentat hat sich inzwischen als Standard in vielen Bereichen durchgesetzt. Es ist zu einer Art Markenzeichen geworden…

SL: …und ein gutes Markenzeichen verändert man nicht.

WW: Ja, doch das ist nur eins unserer Probleme. Was noch schlimmer ist, die Attentate werden immer einfallsloser. Auch dadurch lässt sich die mangelnde Begeisterung der Bevölkerung für Terroristische Aktionen erklären.

SL: Das stimmt leider. Von Autobomben haben die Leute die Nase inzwischen gestrichen voll.

JK: Wie unangenehm. Haben wir irgendwelche neuen Ideen in diesem Bereich? Irgendwas, das den Terrorismus wieder ankurbeln könnte?

WW: Ja, die haben wir. Und zwar: Explodierende Brustimplantate.

SL: Bitte?

WW: Stellen Sie es sich vor: Sie sind unauffällig, sehen gut aus und werden trotzdem nicht entdeckt. Und dann, wenn die Maschine in der Luft ist: Bumm!

JK: Ja, ich verstehe, was Sie meinen. Vielversprechend.

WW: Aber nicht nur in Flugzeugen. Das gesamte Konzept hat ungeahntes Potential. Warum denn nicht die Ungläubigen da treffen, wo es ihnen besonders weh tut.

SL: In der Kirche?

WW: In Stripclubs!

JK: Stripclubs?

WW: Ganz genau. Gibt es denn einen Ort, der noch mehr besudelt ist, der noch mehr für die Unreinheit und Dekadenz der Feinde steht? Hier kann man sie kalt erwischen. Oder vielmehr: heiß! Als heiße Stripperin getarnt macht die Attentäterin ihre Opfer scharf und dann – sprengt sie die Show.

JK: Und alle anderen mit ihr. Genial!

WW: Der Nachteil ist natürlich, dass man für diese Art Anschläge Frauen braucht, denn eine Horde bärtiger Männer mit Brustimplantaten würde hier einfach nicht funktionieren, so sehr sie auch an ihre Sache glauben.

SL: Frauen? Das ist schlecht. Wenn wir jetzt auch noch Frauenarbeit in den Terrorismus einbringen, dann bekommen wir direkt Ärger mit den Frauenrechtlerinnen.

WW: Die sind doch immer für Gleichberechtigung. Warum nicht auch im Terrorismus?

JK: Genau. Wenn Männer so dumm sind, sich selbst in die Luft zu jagen, warum sollten Frauen nicht das Recht haben, genau so dumm zu sein?

SL: Haben Sie sich mal das Schönheitsideal angesehen, das in Zeitschriften propagiert wird? Da steht explodiert ganz weit unten auf der Liste.

JK: Und wenn wir es denen als eine Art Diät verkaufen? Abnehmen... auf einen Schlag?

WW: Schöne Idee, aber das ist ja leider nur die Spitze des Eisbergs. Fangen wir mit Frauenarbeit an, dann wird man als nächstes die billige Kinderarbeit in den Terrorismus einführen...

SL: Statt für den Westen Klamotten nähen sich für den nahen Osten in die Luft jagen.

WW: Ganz genau, das gibt nur böses Blut...

JK: Was der Sache ja gut tut.

WW: Aber nicht in dem Zusammenhang. Fehlt nur noch, dass sich irgendwelche Umweltschützer aufregen, weil all die Bomben den CO2-Gehalt erhöhen...

SL: ...oder Tierschützer, falls auch mal unschuldige Tiere bei einem Anschlag ums Leben kommen...

JK: ...und dann werden sich die Terroristen irgendwann in Gewerkschaften zusammenschließen und das ist doch das Ende des Abendlandes.

WW: Also genau das, was sie erreichen wollen!

BLACKOUT

dritte Szene

(Das Licht verändert sich wieder, die Kabine wird beleuchtet wie zuvor.)

COOPER: Also?

DR. S: Mein Interesse an der Toten war rein beruflich.

COOPER: Was soviel heißt wie: Sie wollten sie operieren, aber Sie wollten sie nicht töten?

DR. S: Nur, wenn es ein Kunstfehler wäre. Nein, ich meine, ich wollte sagen... ich wollte sie nicht töten. Sie alle nicht. Ich wollte sie nur... verbessern!

COOPER: Wie das?

DR. S: Meine Güte, sehen Sie sich die Frau doch mal an. Wenn es eine Frau wirklich nötig gehabt hat, operiert zu werden, dann sie. In Würde altern, das ist doch Blödsinn. In was für einer Zeit leben wir denn? Niemand altert mehr mit Würde. Jeder lässt sich verschönern. Da kann so eine Frau doch nicht einfach daherkommen und meinen Beruf lächerlich machen.

COOPER: Sie hat sich also über Sie lustig gemacht?

DR. S: Ja. Belastet mich das?

COOPER: Nur im Zusammenhang mit dem, was Sie davor gesagt haben.

DR. S: Heißt das, ja?

COOPER: Das heißt sogar 'ja mit Sternchen'! Kannten Sie sie persönlich?

DR. S: Wir sind uns nie persönlich begegnet. Nur per... Bildschirm. In einer Talkshow.

COOPER: Worum ging es in dieser Talkshow?

DR. S: Ist Schönheit käuflich?

COOPER: Und, ist sie das?

DR. S: Natürlich ist sie das. Ich habe jeder der Frauen in der Show gezeigt, was sich an ihr verbessern lassen würde. Sie wissen, das Gesicht straffen, die Brüste vergrößern, das Fett absaugen, die Augenbrauen zupfen... gut, bei manchen hätte man den Kopf komplett überarbeiten müssen, aber so kann sich die Frau immer in dem Gedanken sonnen, dass sie ein entstehendes Kunstwerk ist.

COOPER: Ja, das stimmt, Frauen mit vielen Operationen sehen sehr... künstlich aus!

DR. S: Künstlerisch!

COOPER: Nein, künstlich! Wie kam die Tote ins Spiel?

DR. S: Sie wurde zugeschaltet. Per Videoübertragung. Von irgendsoeinem Pudelkongress oder sowas. Sie hat gesagt, sie würde die Arbeit von uns Schönheitsheinis verabscheuen und mich im Besonderen.

COOPER: Sie hat Sie also persönlich angegriffen?!

DR. S: Ja, das hat sie.

COOPER: Unprovoziert? Oder hatten Sie vielleicht kurz zuvor gesagt, dass sie Operationen dringend nötig habe?

DR. S: Sie haben die Show gesehen?

COOPER: Ja, das habe ich. Hatte ihre Antwort irgendwelche Konsequenzen?

DR. S: Die Hälfte der anwesenden Frauen, die bereits eingewilligt hatten, sich verbessern zu lassen, hat eine Behandlung bei mir anschließend abgelehnt.

COOPER: Und die andere Hälfte?

DR. S: Die ist noch immer in Behandlung. Langwierige Fälle. Viel Nachbearbeitung.

COOPER: Heißt das, die Aussage der Ermordeten in dieser besagten Talkshow hat Ihnen Nachteile gebracht.

DR. S: Oh ja, das kann man sagen.

COOPER: Was Sie eher verdächtiger als unverdächtiger macht.

DR. S: Oh!

COOPER: Aber so muss es nicht enden.

DR. S: Muss es nicht?

COOPER: Nein.

DR. S: Das beruhigt mich sehr.

COOPER: Sie könnten immer noch ein Geständnis ablegen.

DR. S: Das beruhigt mich weniger.

COOPER: Es würde uns allen helfen.

DR. S: Mir auch?

COOPER: Nein, Ihnen nicht.

DR. S: Dann verzichte ich vielleicht lieber.

COOPER: Das ist sehr schade.

DR. S: Aber das lernt man in meiner Branche. Niemals etwas zugeben, niemals etwas gestehen. Wissen Sie, wir alle machen Fehler, aber niemand will sie zugeben. Und wissen Sie, was die Leute von jemandem halten, der seine Fehler zugibt?

COOPER: Dass er ein ehrlicher Mensch ist?

DR. S: Dass er ein schlechter Arzt ist. Sie verstehen also, ich kann es mir nicht leisten, ehrlich zu sein. Zu viel hängt davon ab. Man könnte mir meine Lizenz entziehen. Ich könnte meine Kunden verlieren. Man könnte… man würde mich verklagen.

COOPER: Und man würde gewinnen.

DR. S: Mit Sicherheit! Sie verstehen also, selbst wenn ich diesen Mord begangen hätte, könnte ich ihn nicht zugeben, aus rein beruflichen Gründen.

COOPER: Weil man Sie ins Gefängnis stecken würde.

DR. S: Weil es schlecht fürs Geschäft wäre. Glauben Sie mir, ob Sie jemanden auf dem Operationstisch umgebracht haben, macht für meine Kundschaft keinen Unterschied, solange sie nach meiner Behandlung gut aussieht. Aber sobald ich gestehe, dass ich jemanden umgebracht habe, wird niemand mehr…

COOPER: …kommen?

DR. S: …bezahlen!

COOPER: Ich verstehe. Okay, ich denke das war es erstmal.

DR. S: Gut. Als Schönheitschirurg hat man es nicht leicht, wissen Sie? (geht geknickt zu den anderen Passagieren)

COOPER: (zum Publikum) Kein schlechtes Motiv, oder? Und was für ein Zufall, dass sie ausgerechnet auf diesem Flug aufeinander treffen. Ich finde, Dr. Alf Sebretzki ist ein hervorragender Verdächtiger. Aber wir haben ja die anderen Geschichten noch nicht gehört!

BLACKOUT

vierte Szene

(Im Heck der Maschine. JOSEF KRIST macht sich über die Bar her. STEFFI LAMOUR kommt dazu und sieht nicht glücklich aus.)

JOSEF: Was zu trinken?

LAMOUR: Sollte ich? In meinem Zustand?

JOSEF: Ja, vielleicht lieber nicht. (trinkt selbst) Ihr „Zustand“… war er das? (deutet auf DR. S)

LAMOUR: (nickt)

JOSEF: Was n Dreckskerl. So was gehört aufgeknüpft.

LAMOUR: Finden Sie?

JOSEF: Na klar. Tut nem armen Mädchen so was an.

LAMOUR: Er hat das in mich reingetan.

JOSEF: Weiß ich, Liebes.

LAMOUR: Und jetzt will er mir nicht helfen.

JOSEF: Der Drecksack! (kippt den Drink runter)

LAMOUR: Er hat mich einfach allein gelassen damit… (schluchzt) und will nichts unternehmen.

JOSEF: Was n Schwein! Wo ich herkomme hat man für so was gerade zu stehen.

LAMOUR: Das wär doch nur gerecht, oder?

JOSEF: Aber klar. Sie einfach zu schwängern und Sie dann sitzen zu lassen…

LAMOUR: Ja. Was?

JOSEF: Na, das hat der Dreckskerl doch gemacht. Hat sie geschwängert…

LAMOUR: Hat er?

JOSEF: Ja. Hat er nich?

LAMOUR: Hat er! Sie haben es doch eben gesagt!

JOSEF: Ja. Was?

LAMOUR: Sie haben es doch gesagt, was er getan hat.

JOSEF: Ich? Nein, Moment, Sie haben gesagt, dass Sie schwanger sind…

LAMOUR: Meine Güte, ich bin schwanger? Aber… Jetzt wird mir erst bewusst, was Sie mir da gerade klar machen. Meine Güte, schwanger! Davon wusste ich ja gar nichts. Und er hat mich geschwängert? Ohne, dass ich es gewusst habe? Dieses miese…

JOSEF: Moment, Moment, Moment! (hebt beschwichtigend die Hände)

LAMOUR: (beruhigt sich)

JOSEF: (sieht sie an, überlegt es sich, nimmt einen Schluck, sieht sie an) Das sind schwere Anschuldigungen…

LAMOUR: Das sind sie!

JOSEF: …und ich glaube nich, dass Sie sie meinen.

LAMOUR: Glauben Sie nicht?

JOSEF: Nein.

LAMOUR: Mein ich nicht?

JOSEF: Nein.

LAMOUR: Aber Sie sagten doch, er hätte mich geschwängert.

JOSEF: Missverständnis.

LAMOUR: Es war nur ein Missverständnis, dass er mich geschwängert hat?

JOSEF: Es war n Missverständnis, dass ich das verstanden hab.

LAMOUR: Aber Sie haben mir doch die Augen darüber geöffnet, mit was für einem Verbrecher wir es hier zu tun haben. Ein Doktor, der hinter ihrem Rücken und ohne ihr Wissen eine arme Patientin ausnutzt und schwängert… das ist Vergewaltigung!

JOSEF: Nein, das ist nur n Missverständnis. Ich dachte, Sie wären schwanger, weil ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie wären schwanger!

LAMOUR: Wann soll ich das denn gesagt haben?

JOSEF: Vorhin, als ich gefragt habe, ob Sie was trinken wollen.

LAMOUR: Nicht in meinem Zustand.

JOSEF: Eben! Für gewöhnlich bedeutet der Satz, dass jemand schwanger is.

LAMOUR: Oh, wirklich?

JOSEF: Ja. Deshalb dacht ich, Sie wären es. Mein Fehler.

LAMOUR: Das bedeutet… ich bin gar nicht schwanger?

JOSEF: Wahrscheinlich nich. Es sei denn, Sie hatten ungeschützten Geschlechtsverkehr.

LAMOUR: Oh. Tja, dann vielleicht doch.

JOSEF: Aber das dürfte ihn dann wahrscheinlich ausschließen.

LAMOUR: Ja, das tut es.

JOSEF: Na also, war doch gar nicht so schwierig. Was hat er Ihnen denn dann angetan?

LAMOUR: Das hier. (deutet auf ihre Brüste)

JOSEF: Moderne Kunst?

LAMOUR: Das sind meine inneren Werte... meine Schauwerte.

JOSEF: Und die waren so nich gedacht?

LAMOUR: Nein, das waren sie nicht. Sie sollten meine innere Schönheit zeigen… und meine Intelligenz.

JOSEF: Aha. Naja, vielleicht isses so treffender?! (sieht sie an) Wissen Sie, bis vor kurzem hätt ich Sie glatt geheiratet.

LAMOUR: Ach? Aber jetzt bin ich Ihnen nicht mehr attraktiv genug? (deutet auf ihre Brüste)

JOSEF: Nee, aber ich kann’s mir nicht mehr leisten. Wegen der Alimente. Hab schon genug Exfrauen angehäuft. Wär lieber Witwer, spart einem die Zahlungen.

LAMOUR: (strahlt) Sie könnten mein Witwer werden!

JOSEF: Du weißt nich, was n Witwer ist, oder, Kindchen?

LAMOUR: Nein. (schüttelt den Kopf)

JOSEF: Mach dir nichts draus, manche haben’s im Kopf und andere in der… (sieht ihre Brüste, trinkt) Ach, wär ich doch Witwer. Das wär n Leben. Und dann ständ uns beiden nix im Weg.

LAMOUR: (klopft ihm aufmunternd auf den Arm) Man darf nie aufhören zu hoffen. (ihr Blick fällt auf ihre Brüste) Es sei denn, es gibt keine Hoffnung mehr. (sie schnieft und läuft zu ihrem Platz)

JOSEF: (seufzt und trinkt)

fünfte Szene

(Vorderteil des Flugzeugs. WALTHER erhebt sich von seinem Platz und geht zu COOPER.)

WALTHER: Ich weiß, dies ist eine schwierige Situation, für jeden von uns, auch ganz besonders für Sie als Piloten und damit Verantwortlichen an Bord dieser Maschine und gerade das bringt mich dazu, Ihnen an dieser Stelle eine Frage zu stellen, die für Sie, aber möglicherweise auch für die anderen Passagiere hier von großer Bedeutung sein könnte, obwohl ich zugeben muss, dass sie eine persönliche Note hat und in gewisser Weise auch mich betrifft...

COOPER: In Ordnung, Herr Walther, Sie können als nächster drankommen.

WALTHER: Als nächster? Aber wer ist denn vor mir und vor allen Dingen warum, das heißt, gibt es überhaupt jemanden, der vor mir, der also gerade jetzt, der in diesem Moment, also jemand anderen, der genau zu diesem Zeitpunkt...

COOPER: Wenn ich sage, ich verhöre Sie als nächsten, meinte ich natürlich jetzt.

WALTHER: Verhören? Aber ich habe lediglich fragen wollen, ob ich die Toilette benutzen darf!

COOPER: Oh. Ja, äh, natürlich. Das, das dürfen Sie natürlich.

WALTHER: Danke. (geht auf das Heck der Maschine zu)

COOPER: Aber nicht durchs Fenster abhauen!

JOSEF: Es gibt ein Fenster?

COOPER: War nur Spaß. Das ist wohl einer der Vorteile, wenn ein Mord an Bord eines Flugzeugs passiert: Niemand kann einfach abhauen.

JOSEF: Und was sind die anderen Vorteile?

COOPER: Die, äh, gibt es nicht!

JOSEF: Was is, wenn er nen Fallschirm dabei hat?

COOPER: Wenn er die Tür öffnet, würde die Kabine dekomprimieren…

JOSEF: Was?

COOPER: Die Luft geht raus, die Maschine würde abstürzen und alle an Bord würden sterben.

JOSEF: Is doch n großartiger Plan, um Zeugen loszuwerden.

COOPER: Aber warum hätte er dann erst eine Person so umbringen sollen? Wenn er eh vorhatte, alle zu töten, dann hätte er auch direkt aus dem Flugzeug springen können. Nein, wenn man mal genau darüber nachdenkt, scheint da im Moment keine große Gefahr zu bestehen.

JOSEF: Da wär ich mir nich so sicher.

COOPER: Wie meinen Sie das?

JOSEF: Na da hinten sind wichtige Dinge. Was is, wenn er sich daran zu schaffen macht?

COOPER: Sie meinen, er könnte eine Bombe ins Gepäck geschmuggelt haben?

JOSEF: Nee. Aber er könnte sich über die Bar hermachen.

COOPER: Das wäre in der Tat ein Problem!

JOSEF: Hey, so ne Leber zerstört sich nich von allein. (hält ihm sein Glas entgegen) Sie wären wohl nich so freundlich, oder?

COOPER: Wär ich nicht.

MARIA: Ich hab ja gesagt, der Service auf diesem Flug ist eine Zumutung.

JOSEF: Macht ja nix. Hauptsache, Sie versauen die Landung nich. (begibt sich zur Bar)

WALTHER: (kommt vom Klo zurück) Sie wollten und wenn ich sage wollten, dann möchte ich Ihnen nicht zu nahe treten...

COOPER: Ja, ich wollte mit Ihnen sprechen. Bitte setzen Sie sich doch.

WALTHER: (nimmt Platz)

COOPER: Sie sind?

WALTHER: Professor Walter Walther...

COOPER: Ich weiß.

WALTHER: ...ich leite an meiner Universität den Fachbereich Langeweile...

COOPER: Ja...

WALTHER: ...habe über die Langeweile in der Literatur an sich und in der deutschen Literatur im Besonderen promoviert...

COOPER: Also...

WALTHER: ...schreibe eine wöchentliche Kolumne über die Langeweile in den Medien...

COOPER: Ähm...

WALTHER: ...halte Seminare über die Langeweile in der Architektur, die Langeweile in der Philosophie sowie über die Langeweile der Langeweile...

COOPER: Nun...

WALTHER: ...und beschäftige mich in meiner Freizeit viel mit Dingen wie Angeln, Gartenarbeit und Wäsche waschen.

COOPER: Also das Hobby zum Beruf gemacht. Gut, Sie sind Professor für Langeweile...

WALTHER: Langweiligkeit, ich bin Professor für Langweiligkeit. Das ist ein eigenständiger Fachbereich.

COOPER: Wie dem auch sei, ich wollte Sie eigentlich nur fragen, ob Sie die Ermordete gekannt haben.

WALTHER: Nun, mein Verhältnis zu der Ermordeten...

COOPER: Und ich möchte Sie bitten, in kurzen Sätzen zu antworten. Wenn möglich nur ja oder nein.

WALTHER: Nein.

COOPER: Nein... was?

WALTHER: Sie haben mich gefragt, ob ich, auch wenn ich den Begriff „kennen“ ein wenig zu diffus finde, denn wirklich jemanden kennen oder ihm einfach auf einem Flug das erste Mal zu begegnen ist ja nun...

COOPER: Sie sind der Ermordeten also auf diesem Flug das erste Mal begegnet?

WALTHER: Das ist, wenn ich es mal so formulieren darf...

COOPER: (sieht ihn scharf an)

WALTHER: Ja.

COOPER: Sehr schön. Haben Sie sie vorher schon mal getroffen?

WALTHER: Nein.

COOPER: Auch nicht auf dem Rollfeld? Oder im Terminal?

WALTHER: Nein.

COOPER: Wie genau ist Ihr erstes Treffen abgelaufen?

WALTHER: (scheint nicht zu wissen, was er darauf sagen soll)

COOPER: Hmm, Ihr Verhalten wirkt ein bisschen verdächtig. Hat es etwa einen Streit gegeben? Eine Auseinandersetzung, die vielleicht sogar dazu geführt hat, einen so ruhigen Menschen wie Sie wütend zu machen? Verbirgt sich hinter Ihrem Schweigen vielleicht ein Tatmotiv? Ganz ehrlich: Haben Sie etwas zu verbergen? Fühlen Sie sich vielleicht schuldig? (hat eine Idee) Oder sagen Sie deshalb nichts, weil Sie nicht wissen, wie Sie die Frage mit ja oder nein beantworten sollen?

WALTHER: (nickt)

COOPER: Okay, ausnahmsweise.

WALTHER: (holt Luft)

COOPER: Aber fassen Sie sich kurz!

WALTHER: Ich habe die Dame, zu dem Zeitpunkt lebte sie noch, und ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich eine Dame war, sie wirkte zwar auf den ersten Blick vielleicht so, aber bei näherer Betrachtungsweise glaube ich schon, dass in diesem Fall Zweifel durchaus angebracht sein mögen, nun, ich habe sie hier in der Maschine getroffen, als ich gerade auf dem Weg zu meinem Platz war, ich sitze weiter hinten, müssen Sie wissen, in der Nähe der Toilette, was hilfreich ist, wenn man wie ich das Fliegen nicht so verträgt, da bin ich an ihr vorbeigegangen und da hat sie mich angesprochen und in eine Diskussion verwickelt.

COOPER: Was genau hat sie gesagt?

WALTHER: 'Guten Tag'.

COOPER: Und was sagten Sie?

WALTHER: Nun, ich war mir nicht sicher, ob ich sie zunächst darauf hinweisen sollte, dass es schon Abend war und das Wünschen eines guten Tages vielleicht zugunsten des Wünschens eines guten Abends angebrachter wäre und dann war ich mir natürlich nicht sicher, ob es überhaupt ein guter Tag gewesen ist, jedenfalls für jeden von uns und ob diese Anrede damit nicht völlig unangebracht sei, ganz besonders bei Mitreisenden, die vielleicht keinen so guten Tag gehabt hatten und eigentlich war ich in der Tat der Ansicht...

COOPER: Was haben Sie ihr geantwortet?

WALTHER: Ich kam gar nicht dazu, weil sich dieser Herr da an mir vorbeigedrängt hat (deutet auf JOSEF KRIST) und so kam diese Diskussion zu einem vorzeitigen Ende.

COOPER: Welche Diskussion?

WALTHER: Nun, nachdem Sie 'Guten Tag' gesagt hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich sie zunächst darauf hinweisen sollte, dass es schon Abend war...

COOPER: Oh, die Diskussion! Gab es ein weiteres derartig brisantes Zusammentreffen zwischen Ihnen beiden oder war das schon der Höhepunkt Ihrer aggressiven verbalen Auseinandersetzungen?

WALTHER: Das war erst der Anfang und natürlich konnte ich nicht auf mir sitzen lassen, dass wir so abrupt unterbrochen worden waren, bevor ich ihr eine ihrer Behauptung angemessene Antwort gegeben hatte...

COOPER: Mit dieser Behauptung meinen Sie das Guten Tag?!

WALTHER: Selbstverständlich, denn je länger ich darüber nachdachte, umso ungehaltener wurde ich darüber, dass mir hier von einer Frau, die vielleicht etwas von Pudeln oder anderen niederen Kreaturen versteht, mit Sicherheit aber nichts von Philosophie oder der Bedeutung des richtigen Wortes am richtigen Ort, eine solche Phrase an den Kopf geschleudert worden war, also ging ich nach dem Start zu ihr hin, um sie, in der mir eigenen höflichen...

COOPER: Und langatmigen!

WALTHER: ...Weise zur Rede zu stellen.

COOPER: Gab es Zeugen dafür?

WALTHER: Natürlich gab es die, denn als ich zu ihrem Platz ging und sie aufforderte, noch einmal zu überdenken, was sie gesagt und welche Meinung sie mir hier so einfach und unaufgefordert aufgedrängt, ja, mit welcher Lebenseinstellung sie mich konfrontiert hatte, da reagierte sie auf infame Weise, indem sie mich anschrie und anschrie und immer wieder anschrie.

COOPER: (sieht in die Runde) Hat irgendjemand von Ihnen gehört, was sie geschrieen hat? Als er sich mit ihr angelegt hat.

DR. S: Ja. Sie hat geschrieen: Halt die Klappe du Perverser!

COOPER: Das war alles?

(Die Passagiere nicken einstimmig)

WALTHER: Man hat mich ja schon als vieles bezeichnet...

COOPER: Kann ich mir vorstellen.

WALTHER: ...aber pervers war noch nicht dabei, um ehrlich zu sein, ich wusste gar nicht, was ich darauf erwidern, ja, wie ich darauf reagieren sollte, denn immerhin war es das zweite mal, dass mich diese wildfremde Frau in infamster Weise beleidigt hat und deshalb...

COOPER: ...haben Sie sie kurzerhand umgebracht?! (zum Publikum) Noch bevor ich den Satz zu ende gesprochen hatte, wurde mir klar, dass man dem Professor vieles unterstellen konnte, aber dass er „kurzerhand“ etwas tat, war wohl eher unwahrscheinlich.

WALTHER: Wenn ich doch nur so spontan wäre. Ach, wenn ich doch nur so spontan wäre!

COOPER: Haben Sie danach noch mal mit ihr gesprochen?

WALTHER: (schüttelt den Kopf)

COOPER: Gut, das war es fürs erste.

WALTHER: (geht wieder auf seinen Platz)

COOPER: (zum Publikum) Tja, wieder mal ein Gespräch, das mir nicht viel gebracht hat. Und wenn ich ehrlich bin: Von dem nächsten erwartete ich auch nicht viel mehr. (zu MARIA) Frau Krist, ich freue mich schon auf unsere Unterhaltung!

sechste Szene

MARIA: Ich warte immer noch auf das Frühstück!

COOPER: Vielleicht haben Sie bemerkt, dass ich im Moment andere Probleme habe.

MARIA: Ach ja, dieser dumme Mord. Pff. Das ist doch Ihre Ausrede für alles. Haben Sie da denn noch immer keine heiße Spur?

COOPER: Ich habe die Tatverdächtigen auf sieben Leute eingrenzen können.

MARIA: Sehr löblich. (rechnet nach) Sie meinen, alle, die hier an Bord sind. (rechnet noch mal nach) Da sind Sie dann ja auch dabei.

COOPER: Ich dachte, es wäre höflich, mich auch mitzuzählen. Rein... statistisch gesehen.

MARIA: Und wer verhört Sie?

COOPER: Warum machen Sie das nicht, wo wir schon mal dabei sind?

MARIA: Gute Idee. (setzt sich auf ihrem Platz zurecht) Nun, wo befanden Sie sich, als die Ermordete auf der Toilette war?

COOPER: Sie war auf der Toilette?

MARIA: Dreimal seit wir gestartet sind.

COOPER: Davon wusste ich nichts. Ich nehme an, ich befand mich zu der Zeit im Cockpit.

MARIA: Aha. Ich erinnere mich, dass die Ermordete sich während des Startvorgangs darüber beklagt hat, dass man ihr etwas angetan habe. Das könnte man als einen ersten Versuch eines Anschlags auf ihr Leben verstehen. Wo befanden Sie sich zu dieser Zeit?

COOPER: Sie meinen, während des Startvorgangs?!

MARIA: Ja.

COOPER: Definitiv im Cockpit.

MARIA: Gibt es dafür Zeugen?

COOPER: Ist die Maschine gestartet oder befinden wir uns noch auf dem Rollfeld?

MARIA: Pff! Haben Sie sich während des Fluges mit ihr unterhalten?

COOPER: Frau Krist, Sie haben bemerkt, dass die Ermordete dreimal auf Toilette war. Haben Sie während des Fluges Ihren Platz verlassen?

MARIA: Nein. Ich habe eine gut trainierte Blase.

COOPER: Dann wissen Sie doch wahrscheinlich sehr gut, ob ich mich während des Fluges mit ihr unterhalten habe oder nicht.

MARIA: Sehr clever, die Person, die Sie verhört als Ihr Alibi zu verwenden.

COOPER: Also?

MARIA: Nein, haben Sie nicht. (ihr fällt etwas ein) Jedenfalls nicht, bevor das Licht ausgeschaltet wurde. (denkt einen Moment darüber nach) Das erscheint mir ein wenig verdächtig. Warum wurde das Licht ausgeschaltet?

COOPER: Weil zwei Passagiere lauthals geschrieen haben: 'Machen Sie das verdammte Licht aus, wir wollen schlafen!'.

MARIA: Aha. Da haben wir doch schon mal zwei Verdächtige. Leute, die wollten, dass es dunkel ist. Die die Dunkelheit brauchten, um ihr grausames Verbrechen zu begehen. Nun, Herr Cooper, wer waren die beiden Passagiere?

COOPER: Einer war die Ermordete...

MARIA: Das hilft uns nicht weiter, es sei denn, sie war suizidgefährdet. Wissen Sie noch, wer die andere Person war?

COOPER: Das waren Sie!

MARIA: Oh.

COOPER: Das macht Sie natürlich verdächtig. Es legt nahe, dass Sie möglicherweise die Dunkelheit brauchten, um Ihr grausames Verbrechen...

MARIA: Machen Sie sich lustig über mich?

COOPER: Nur ein ganz kleines bisschen! So, ich glaube, ich bin an der Reihe. Also Sie haben die Ermordete beobachtet?

MARIA: Bis das Licht ausging. Danach habe ich geschlafen. Bis das Geschrei begann.

COOPER: Sie haben geschlafen? Die ganze Zeit?

MARIA: Nein, nicht die ganze Zeit. Aber viel zu sehen gab es ja nicht. Außer Sir Pudelwohl.

COOPER: Sir Pudelwohl?

MARIA: Ja, Sir Pudelwohl!

COOPER: (versteht nicht, wen oder was sie meinen könnte)

MARIA: (deutet auf den überdimensionalen Stoffpudel)

COOPER: Was? Der heißt Sir Pudelwohl? Und den konnten Sie sehen?

MARIA: Ja. Aber ich habe ihn extra dorthin gesetzt, damit ich ihn sehen konnte. Obwohl ich nicht gedacht hätte, dass das funktioniert, weil es dafür eigentlich zu dunkel war. Sehr merkwürdig.

COOPER: Das heißt, das Vieh gehört Ihnen?

MARIA: Das Vieh, wie Sie es nennen, ist die größte Ehre, die 'Ein Herz für vier Pfoten' zu verleihen hat.

COOPER: Ein Herz...

MARIA: ...für vier Pfoten, ja, die Zeitschrift, die ich herausgebe. Wie Sie möglicherweise wissen, bin ich die Herausgeberin der bedeutendsten Hundezeitschrift der Welt.

COOPER: Aha.

MARIA: Diesen selbstgefälligen Ton können Sie sich sparen. Wir sind ein bedeutendes Magazin und wir leisten eine wichtige Arbeit.

COOPER: Gehört da das Umbringen von Pudelzüchterinnen dazu?

MARIA: Darauf wollen Sie also hinaus. Welchen Grund ich haben könnte, Gloria Wunder zu ermorden. (lacht kühl) Ich hätte jeden Grund der Welt. Sie war eine furchtbare Frau. Und sie hatte ein furchtbares Ziel. Haben Sie sich mal mit ihrer Arbeit auseinandergesetzt?

COOPER: Pudelzüchtung fällt nicht unbedingt in meinen Fachbereich!

MARIA: Sie war ein Monster. Sie hat den kleinen Dingern ihre Seele genommen. Züchter sind das Letzte! Ein Hund ist ein natürliches Wesen, so wie Sie und ich (deutet auf JOSEF KRIST), wie er (ihr Finger landet bei STEFFI LAMOUR), nein, sie nicht, aber (sieht COOPER an) Sie verstehen, was ich meine. Ein Hund soll so aufwachsen, wie Gott ihn geschaffen hat – und nicht so, wie ihn so ein Miststück in ihrem Labor gezüchtet hat!

COOPER: Sie haben sie gekannt?

MARIA: Nicht persönlich. Ich habe Artikel über sie geschrieben in meiner Zeitung.

COOPER: Sicherlich nichts Schmeichelhaftes.

MARIA: Sie hat mehrfach angedroht, mich zu verklagen.

COOPER: Warum hat sie das nicht gemacht?

MARIA: Sie hat es gemacht. Und sie war kurz davor, so einen gerichtlichen Erlass zu erwirken, dass ich mich ihr nicht näher als 30 Meter nähern darf. (sieht über ihre Schulter zu der Toten hinüber) Ich denke dafür ist es jetzt zu spät, oder?

COOPER: Nur, wenn sie in ihrem Testament festgelegt hat, dass Sie auch an der Beerdigung nicht teilnehmen dürfen. Und Sie sind sich heute das erste Mal begegnet?

MARIA: Das erste und wie ich vermute auch letzte Mal! Und Sie? Haben Sie eine gemeinsame Vergangenheit?

COOPER: Oh, natürlich. Ich fliege nur Leute, mit denen ich eine gemeinsame Vergangenheit habe.

MARIA: Mit mir haben Sie keine!

COOPER: Ich glaube, Sie waren noch nicht geboren, als die Ironie erfunden wurde.

MARIA: Danke für das Kompliment.

COOPER: Nun, wie Sie wissen, habe ich mal beim Geheimdienst gearbeitet.

MARIA: Wie aufregend.

COOPER: Ja, sehr aufregend! Jede Menge geheime Missionen, Sie wissen wie das ist. Leute in Krisengebiete hineinfliegen, Geiseln befreien, demokratisch gewählte Staatsoberhäupter in Bananenrepubliken ermorden, damit Amerika dort eine diktatorische Marionettenregierung einsetzen kann, all sowas. Und dann war da natürlich dieser eine Auftrag. Der Präsident sollte ermordet werden und ich sollte es verhindern. Es gab das Gerücht, jemand wollte bei einer Pudelschau eine Bombe in einem der kleinen Hunde verstecken!

MARIA: Oh nein!

COOPER: Oh doch! Ein tödlicher Pudel, der auf den Präsidenten angesetzt war. Ich war rechtzeitig vor Ort, um mir alle Pudel anzusehen. Die natürlichen erwiesen sich sofort als unverdächtig!

MARIA: (seufzt erleichtert)

COOPER: Aber da waren ja noch die gezüchteten. War es möglich, einen Pudel zu einer Bombe zu züchten? Stellen Sie es sich vor: Ein harmlos wirkendes, süßes kleines Tier, das jeder streicheln will. Der einfachste Weg, um ganz nah an seine Zielperson heranzukommen. Wenn es einem Züchter gelingen würde, einen Pudel so zu züchten, dass er selbst die Bombe wäre, dass er auf Knopfdruck explodieren würde, dann hätte er die perfekte Waffe für ein Attentat geschaffen. Jeder dieser preisgekrönten Hunde konnte die Bombe sein. Jeder!

MARIA: Und... was haben Sie getan?

COOPER: Ich hab die Hunde aus dem Verkehr gezogen!

MARIA: Ermordet?

COOPER: Nein. Aber der Präsident hätte einem der Hunde einen Preis verleihen sollen. Deshalb hab ich sie alle noch vor seiner Ankunft von der Pudelschau wegbringen lassen.

MARIA: Und... war einer von ihnen eine Bombe?

COOPER: Nein.

MARIA: Dann war alles ganz harmlos.

COOPER: Nein. Denn sie alle gehörten... (macht eine dramatische Pause)

MARIA: (sieht ihn unverwandt an, versteht den Hinweis nicht)

COOPER: (deutet auf die Ermordete) ...der berühmten Pudelzüchterin Gloria Wunder!

MARIA: (bleibt der Mund offen stehen)

COOPER: Das hatte natürlich Konsequenzen. Denn ich hatte ihr ihren großen Traum zerstört. Dass einer ihrer künstlichen Pudel durch die Hand des Präsidenten geadelt wurde. Stattdessen gab es einen Skandal, weil ihre Hunde angeblich in ein Attentat verwickelt sein sollten. Hat ihr nicht gefallen, ganz und gar nicht. Und da sie mit der Familie des Verteidigungsministers befreundet war, hat sie dafür gesorgt, dass ich gefeuert wurde.

MARIA: Ist das wahr?

COOPER: (seufzt) Sie meinen, dass ich Geheimagent bin? Und meine gefährlichen Missionen?

MARIA: Oh. (denkt darüber nach und wechselt schnell zu schnippisch) Wenn Sie die Ermordete noch nie vorher gesehen haben, dann hätten Sie das auch gleich sagen können! (erhebt sich und geht zurück zu ihrem Platz)

COOPER: (zum Publikum) Bevor ich den nächsten Verdächtigen verhöre, machen wir am besten eine kleine Pause. In dieser Zeit werden für Sie alle an der der Bar Getränke serviert. Machen Sie es sich gemütlich, wir setzen den Flug in ein paar Minuten fort.

AUSBLENDE

- PAUSE -

Mord im Schlafrock

Подняться наверх