Читать книгу Walther Rauff – In deutschen Diensten - Martin Cüppers - Страница 11
Kindheit und Jugend
ОглавлениеErst ein halbes Jahr nach seiner Geburt wurde der Junge im Dezember 1906 in der protestantischen Berliner Neuen Kirche am Gendarmenmarkt getauft. Der späte Termin deutet an, dass der christliche Glaube innerhalb der Familie keine herausragende Rolle spielte. Zudem lässt der Ort der Zeremonie darauf schließen, dass die Eltern noch immer enge verwandtschaftliche und soziale Beziehungen mit der Reichshauptstadt verbanden.23 Paten des Kindes wurden das Köthener Ehepaar Gustav und Liese Patzke, die in der Geburtsstadt des Säuglings ein Bekleidungsgeschäft besaßen und sich mit den Rauffs angefreundet hatten. Als Ladeninhaber wird Gustav Patzke außerdem ein guter Kunde der von Otto Rauff geleiteten Bankfiliale gewesen sein.24 Seine Paten sah der Junge schon bald nach der Taufe allerdings nicht mehr so oft, denn Familie Rauff zog recht überraschend von Köthen nach Magdeburg. In der Domstadt an der Elbe hatte der Arbeitgeber des Vaters gerade eine Beteiligung an der Firma „Dingel & Co“. erworben, und Rauff als verdienter Mitarbeiter des neuen Inhabers übernahm dort eine Anstellung als Prokurist. Wegen des neuen Arbeitsplatzes ließ sich die Familie nun dauerhaft in Magdeburg nieder, während das Geburtshaus des kleinen Walther in Köthen vom Vater im März 1907 mit einem Gewinn von immerhin 3000 Mark wieder veräußert werden konnte.25
Die ersten Lebensjahre verliefen für den kleinen Walther weitgehend ungetrübt. Als „Nesthäkchen“ wird der Jüngste von seinen Geschwistern zwar öfters geärgert worden sein, die Position wird ihm auf der anderen Seite aber auch die unvermeidlichen Privilegien des Jüngsten eingebracht haben. Der Beruf des Vaters ermöglichte dem Kind eine finanziell abgesicherte Existenz, und es deuten keinerlei Hinweise darauf, dass der Junge in seinen ersten Lebensjahren irgendwelche einschneidenden Erfahrungen machen musste, die nicht dem normalen Erlebnishorizont eines Kindes in seinem Alter und seiner sozialen Schicht entsprochen hätten. Neben verwandtschaftlichen Kontakten nach Berlin erwies sich das Verhältnis zu seinen Paten trotz der Entfernung nach Köthen als konstant und verlässlich. Die kinderlosen Patzkes machten dem Patenkind zu seinen Geburtstagen und zu Weihnachten jeweils ansehnliche Geldgeschenke von immerhin 50 Mark. Zweimal im Jahr besserte der Betrag das Taschengeld des Jungen somit erheblich auf.26
Nach entsprechender Einladung für die Sommerferien durfte Walther die Paten in Köthen außerdem regelmäßig allein besuchen. Dazu wurde er in Magdeburg von den Eltern in den Zug gesetzt und nach kurzer Fahrt am Bahnhof Köthen von Patzkes begrüßt. Das alternde Ehepaar verwöhnte den Jungen bei diesen Gelegenheiten ausgiebig. Offenbar legten die Paten nicht den allergrößten Wert auf eine strenge Erziehung, womit Walther bei solchen Ferienaufenthalten genau dem nachgehen konnte, wonach ihm gerade der Sinn stand. Mit Freunden aus der Kleinstadt machte er tagsüber den Laden der Patzkes unsicher, spielte im Freien oder besuchte bei gutem Wetter auch das nahe städtische Freibad. Gegen Ende des Ferienaufenthalts durfte der Junge sich zum Abschied dann noch etwas aus dem Geschäft der freundlichen Paten aussuchen. Walther entschied sich einmal für einen Strohhut, der zu der Zeit auch unter der Bezeichnung „Kreissäge“ als Kopfbedeckung für Männer in Mode war. Äußerst stolz trug der Junge den Hut bei der Heimfahrt und freute sich, als nicht einmal die wartenden Eltern am Magdeburger Bahnhof den jungen Reisenden mit Hut erkannten. Seine Ferienaufenthalte in Köthen muss er in vollen Zügen genossen haben, erlaubte ihm die unbeschwerte Zeit doch Freiheiten, die ihm bei den strengen Eltern sonst versagt blieben.27
Zu Hause in Magdeburg herrschten klare Erziehungsvorstellungen. Die uneingeschränkte Autorität von Vater und Mutter war zu der Zeit im Bürgertum unbestritten, Gehorsam für die Kinder eine alltägliche Pflicht. Die Umschreibung, er sei „in nationalem und soldatischem Sinne“ von den Eltern erzogen worden, die Rauff Jahre später in einem Lebenslauf formulieren sollte, wird tatsächlich dem entsprochen haben, was der junge Walther in seinen Kindheitstagen zu Hause als Erziehungsmuster erlebte.28 Der Vater war zu Beginn des letzten Jahrhunderts in aller Regel unhinterfragtes Familienoberhaupt. Die Ehefrau hatte ihm beizustehen und sich zu Hause um den Haushalt und die Kindeserziehung zu kümmern. Entsprechend übte Luise Rauff auch keinen Beruf aus. Die gesamte elterliche Erziehung im wilhelminischen Deutschland war autoritär ausgerichtet. Schläge, die physische Misshandlung von Kindern, bildeten keinesfalls die Ausnahme, sondern stellten eine weitverbreitete Regel dar.29 Aufgrund der Art und Weise, wie Walther Rauff sich als Erwachsener über Schläge als normale „Erziehungsmethode“ bei Kindern äußerte, ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er selbst in seiner Kindheit zumindest vom Vater regelmäßig geschlagen worden ist.
Verwandten berichtete er Jahrzehnte später, das Betragen seiner Enkel sei „manierlich, da sie nicht nach modernen Erziehungsmethoden, sondern nach altväterlichen Methoden erzogen werden: wenn erforderlich, bekommen sie den Hintern versohlt und das wirkt besser als jede psychologische Erziehung“.30 Ganz ähnlich hieß es Jahre später, die Kinder seien „auf Vordermann und wenn nicht, gibt es welche hinten vor. Das mag nicht im Einklang mit moderner Jugenderziehung sein, aber hat doch immer noch eine gute Wirkung.“31 Ein anderes Mal bemerkte er über die Enkel, sie seien „gut in Schuss und nach alter Sitte auf Vordermann“ gebracht: „ein Griff zur Gürtelschnalle genügt und es wird gehorcht, da sie bereits schmerzhafte Erfahrungen mit dem Gürtel selbst gemacht haben. Sicher entspricht das nicht dem neuen Erziehungssystem, aber [es] ist wirksam.“32 Mit Formulierungen wie den „altväterlichen Methoden“ oder „nach alter Sitte“ und dem betont abschätzigen Urteil gegenüber zeitgemäßen Erziehungskonzepten gibt Rauff faktisch Aufschluss über die physischen Misshandlungen, die er selbst in der Kindheit erlebt haben muss.
Ein derartiges Umfeld rigider Erziehungsmethoden, wie es Rauff in seiner Kindheit offenbar erlebte, ist von der Autoritarismusforschung als wichtige Vorbedingung für die Ausprägung autoritärer Persönlichkeitsmuster festgestellt worden. Demnach führt eine von Machtanspruch und Verboten geprägte elterliche Erziehung bei Kindern häufig zu Problemen, sich autonom zu entwickeln und sich als junge Erwachsene aus dem elterlichen Autoritätsverhältnis zu lösen. Abgesehen davon wird die unterbewusst empfundene Schwäche häufig auf gesellschaftliche Minderheiten projiziert, die ohne Not als bedrohlich wahrgenommen werden.33 In der bürgerlichen Mittelschicht der Kaiserzeit waren die angedeuteten, auf strikten Gehorsam ausgerichteten Erziehungskonzepte gängige Praxis und der junge Walther scheint viele der Vorurteilsmuster, die er noch im Alter teilte, unter dem Einfluss der Eltern bereits in seiner Kindheit und Jugend herausgebildet zu haben.34
Eines der im frühen 20. Jahrhundert im Deutschen Reich wohl am weitesten verbreiteten Vorurteile war der Antisemitismus. Vor dem Hintergrund der Judenemanzipation entstand vor allem im Anschluss an die ökonomische Krise des „Gründerkrachs“ von 1873 und mit der antiliberalen innenpolitischen Wende ab 1878 ein vielschichtiges und teilweise pseudowissenschaftlich verbrämtes Denken, welches die jüdische Minderheit stigmatisierte und zu Schuldigen für manche Schattenseiten der Moderne erklärte.35 Parteien wie die „Christlich-soziale Partei“ des Berliner Hofpredigers Adolf Stoecker oder die in Sachsen und Hessen aktive „Deutsche Antisemitische Vereinigung“ des Bibliothekars Otto Böckel machten den Kampf gegen Juden zu ihrem zentralen politischen Anliegen. Bei Wahlen errangen solche Gruppierungen zusammengenommen zwar jeweils nur wenige Prozentpunkte und Mandate, deren Inhalte wurden aber von weit mehr Bürgern geteilt.36
Akademiker wie der Philosoph und Nationalökonom Eugen Dühring, der Orientalist Paul de Lagarde oder der überaus prominente Berliner Historiker Heinrich von Treitschke vertraten explizit antisemitische Positionen und bekannten sich öffentlich dazu.37 Gleichzeitig erlangten entsprechende Bücher wie „Die Grundlagen des XIX. Jahrhunderts“ von Houston Stewart Chamberlain, Schwiegersohn des Komponisten Richard Wagner, Kultstatus und Massenauflagen.38 Unter deutschen Studierenden fand judenfeindliches Gedankengut begeisterte Anhänger. Forderungen nach Einwanderungsbeschränkungen, dem Ausschluss von Juden aus bestimmten Berufsfeldern und einem begrenzten universitären Zugang wurden 1880 in der so genannten Antisemitenpetition gebündelt und an manchen Hochschulen von fast der Hälfte der Studierendenschaft unterzeichnet.39 Antisemitisch eingestellt waren außerdem mitgliederstarke Berufsverbände wie der „Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband“ oder der „Bund der Landwirte“. Nachdem 1908 der Justizrat Heinrich Claß Vorsitzender des einflussreichen „Alldeutschen Verbandes“ geworden war, setzten sich in der nationalistischen und völkischen Interessenvereinigung ebenfalls extrem antisemitische Positionen durch, die lautstark in die Öffentlichkeit getragen wurden. In seinem 1912 erschienenen Buch „Wenn ich der Kaiser wär’“ vertrat Claß ebensolche Positionen vehement.40 So war in den vier Jahrzehnten nach der Reichsgründung von 1871 in Deutschland ein breitgefächertes antisemitisches Potential entstanden, das von unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen getragen wurde und eine bedrohliche Hypothek für die Zukunft bildete.
Innerhalb der Familie Rauff dürfte das Vorhandensein judenfeindlicher Vorurteile in etwa dem gesellschaftlichen Durchschnitt entsprochen haben. Keinesfalls scheint Antisemitismus eine derart dominierende Rolle gespielt zu haben, dass dadurch jeder soziale Kontakt zu der Minderheit unterbunden worden wäre. Juden gehörten auch zum Freundeskreis des jungen Walther, allerdings belegt dessen Darstellung, einen Spielgefährten noch nach Jahrzehnten als Kind jüdischer Konfession in Erinnerung zu haben, wie sehr gerade dieses Merkmal auffiel und im Elternhaus wohl entsprechend thematisiert worden sein muss. Als der Junge etwa in den Schulferien von Magdeburg aus die Pateneltern in Köthen besuchte, will er sich dort mit dem Sohn eines jüdischen Kaufhausbesitzers angefreundet haben. Beide verbrachten viel Zeit miteinander, gingen schwimmen oder spielten in der Kleinstadt. Wie Rauff Jahrzehnte später schreibt, soll der jüdische Glaube des Jungen dabei keinerlei Makel bedeutet haben. Wohl aber ist ihm als älterem Mann und NS-Täter eben dieser konfessionelle Unterschied doch in lebhafter Erinnerung geblieben.41
Während der Antisemitismus dazu diente, persönliche Verunsicherung angesichts der verstörenden Begleiterscheinungen der Moderne auf Kosten einer Minderheit abzureagieren, bot die kaiserliche Kriegsflotte als nationales Symbol von Stärke und weltpolitischem Geltungsanspruch eine ganz anders besetzte Projektionsfläche, mit der sich breite Teile der deutschen Gesellschaft positiv identifizieren konnten. „Deutschlands Zukunft liegt auf dem Meer“, lautete ab 1896 das Credo des jungen Kaisers Wilhelm II. Unter dem 1897 zum Staatssekretär im Marineamt ernannten Vizeadmiral Alfred von Tirpitz wurde ein gigantisches Flottenrüstungsprogramm begonnen, das die kaiserliche Marine in absehbarer Zeit zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der britischen „Grand Fleet“ aufsteigen lassen sollte. Auf diese Weise gedachte der Kaiser nicht nur deutsche Machtansprüche in Übersee zu wahren, sondern das Reich gegenüber der Weltmacht England auch in eine machtpolitisch günstige Position zu manövrieren.42 1906 beabsichtigte Wilhelm II., mittelfristig 58 Schlachtschiffe und Schwere Kreuzer zu unterhalten, was einem Kräfteverhältnis von etwa zwei Dritteln der englischen Schlachtschiffflotte entsprach. Allein zwischen 1905 und 1914 stieg dabei die Wasserverdrängung eines derartigen Großkampfschiffes von 18.000 auf 30.000 Tonnen, gleichzeitig vergrößerte sich das Kaliber der schweren Geschütze von 28 auf 40 Zentimeter.43 Der Rüstungswettlauf um immer größere, stärker bewaffnete und gepanzerte Schlachtschiffe verschlang enorme Summen. So verdreifachte sich der Marineetat zwischen 1899 und 1912 von 153 auf fast 463 Millionen Reichsmark.44
Auf der anderen Seite profitierten Schwerindustrie und Werften von der gestiegenen Auftragslage, die sich auch für Teile der Arbeiterschaft als existenzsichernd erwies. Das Bürgertum sah in einer Unterstützung des mittels der Schlachtschiffe formulierten Machtanspruchs eine Möglichkeit, die eigene innenpolitische Entmündigung zu kompensieren. Von der Reichspolitik waren diese Begleiteffekte gewollt. „Nur eine erfolgreiche äußere Politik kann helfen, versöhnen, beruhigen, sammeln, einigen“, bemerkte Reichskanzler Bernhard von Bülow mit Blick auf die Klassengegensätze und die weiterhin fehlende politische Partizipation breiter Bevölkerungsteile.45 Tatsächlich entfaltete die Schlachtflotte über Jahre in Deutschland eine klassenübergreifende, integrative Wirkung und ist damit auch ein wichtiger Beleg für die militaristische Ausrichtung der Gesellschaft. Der „Deutsche Flottenverein“, ein Interessensverband zur Stärkung der Marine und ihres Ansehens in der Gesellschaft, wies bereits wenige Monate nach seiner Gründung 70.000 Mitglieder auf. Nur zehn Jahre später war die Mitgliederzahl auf über eine Million geschnellt, womit der Verband zur größten nationalistischen Vereinigung des Reiches wurde.46 Selbst im Alltag auf deutschen Straßen war die Begeisterung für die Kriegsmarine deutlich sichtbar. Der Matrosenanzug stellte die omnipräsente Bekleidung eines Jungen im frühen 20. Jahrhundert dar, und der junge Walther wird in Magdeburg mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls in einer solchen Montur herumgelaufen sein.47 Im Hause Rauff muss schon allein wegen des früheren Berufswunsches des Vaters die Begeisterung für die kaiserliche Flotte uneingeschränkt geteilt worden sein. Gespräche über den Bau der neuesten Schlachtschiffe und deren Vergleich mit potentiellen englischen Gegnern dürften den jungen Walther von früher Kindheit an begleitet haben. Vater Otto Rauff muss dabei noch oft wehmütig daran gedacht haben, dass er seine eigentliche Wunschperspektive als Offizier der kaiserlichen Kriegsmarine seinerzeit aus Rücksicht auf das väterliche Bankhaus eben nicht realisieren durfte.48
Im Sommer 1912 wurde Walther Rauff in Magdeburg eingeschult. Insgesamt drei Jahre besuchte er von da an die Vorbereitungsschule, in der den Kindern die Grundfertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen vermittelt wurden.49 Gerade acht Jahre alt war der Junge, als im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach. Jene Tage und Wochen des Sommers werden für ihn ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein.50 Ein damals etwa Gleichaltriger beschrieb später pointiert seine persönlichen Erinnerungen an den Kriegsausbruch, die viele seiner Altersgenossen ganz ähnlich empfunden haben müssen: „Der Ausbruch des vorigen Weltkrieges, mit dem mein bewusstes Leben wie mit einem Paukenschlag einsetzt, traf mich, wie er die meisten Europäer traf: in den Sommerferien.“51 In seinen kindlichen Reflektionen zum Krieg wird sich Sebastian Haffner, der später eine diametral entgegengesetzte biographische Entwicklung nahm, damals nicht wesentlich von Walther Rauff unterschieden haben. Seine anfängliche Enttäuschung über das abrupte Ende des Sommerurlaubs wich Anfang August schnell der Faszination angesichts des in der Presse genau zu verfolgenden Kriegsgeschehens: „In den nächsten Tagen lernte ich unglaublich viel in unglaublich kurzer Zeit. Ich, ein siebenjähriger Junge, der noch vor kurzem kaum gewusst hatte, was ein Krieg, geschweige was ‚Ultimatum‘, ‚Mobilisierung‘ und ‚Kavalleriereserve‘ ist, wusste alsbald, als hätte ich es immer gewusst, ganz genau nicht nur das Was, Wie und Wo des Krieges, sondern sogar das Warum: Ich wusste, dass am Kriege Frankreichs Revanchelüsternheit, Englands Handelsneid und Russlands Barbarei schuld waren – ganz geläufig konnte ich alle diese Worte alsbald aussprechen. […] Ich lernte – und zwar, wie gesagt, so schnell, als hätte ich es immer gewusst – die Namen von Heerführern, die Stärke von Armeen, die Bewaffnung und Wasserverdrängung von Schiffen, die Lage der wichtigsten Festungen, den Verlauf der Fronten – und ich kam alsbald dahinter, dass hier ein Spiel im Gange war, geeignet, das Leben spannend und aufregend zu machen wie nichts zuvor. Meine Begeisterung und mein Interesse für dieses Spiel erlahmten nicht bis zum bitteren Ende.“52
In ganz ähnlicher Weise wird auch der achtjährige Walther die Atmosphäre des August 1914 empfunden haben. Der gesamte Alltag selbst der Kinder richtete sich von da an stark am Kriegsgeschehen aus. Als nach den Ferien die Schule wieder begann, blieben die Kinder auch dort nicht von einer ständigen Konfrontation mit den Ereignissen verschont. In den Klassenzimmern wurden Karten aufgehängt, auf denen der Frontverlauf im Osten und Westen täglich neu abgesteckt wurde und selbst der Unterrichtsstoff orientierte sich zunehmend am Krieg. Gleich ganz aus fiel der Unterricht bei Erfolgen auf dem Schlachtfeld; dann gab es „siegfrei“, was mit zunehmender Kriegsdauer allerdings immer seltener vorkam.53 Nachhaltige Spuren hinterließ der Weltkrieg auch in der Familie Rauff. Der Vater rückte noch 1914 als Reserveoffizier zum Frontdienst ein. Walthers Onkel, der ältere Bruder des Vaters, ging ebenfalls mit Kriegsausbruch als Reserveoffizier an die Front und kam noch im August bei Kämpfen ums Leben. Im dritten Kriegsjahr 1916 meldete sich auch Walthers älterer Bruder freiwillig zum Dienst an der Waffe. Ernst-August Rauff griff dann mit dem in Kiel stationierten I. Seebataillon der Marineinfanterie in die Kämpfe im Westen ein. Während damit Vater und älterer Bruder an der Front standen, blieb der Junge zu Hause bei Mutter und Schwester.54
Im Sommer 1915 wechselte Walther von der Vorbereitungsschule auf das Gymnasium. Die Eltern hatten das Kind an der Magdeburger Bismarckschule angemeldet. Das so genannte Reform-Realgymnasium war 1907 als Ergänzung zu der bereits existierenden Guerickeschule als zweite Magdeburger Oberschule für Jungen gegründet worden. Bis dahin hatte in ganz Preußen nur ein einziges Reform-Realgymnasium existiert. Im Unterschied zu den bisherigen, humanistisch ausgerichteten Schulen war Altgriechisch an den neuen Oberschulen aus den Lehrplänen verbannt und auch das Fach Latein hatte an Bedeutung verloren. Stattdessen lag der Schwerpunkt auf der Vermittlung naturwissenschaftlicher Fächer und moderner Sprachen.55 Mit Beginn des Unterrichts 1907 hatte die Schulleitung um den Direktor Professor Kuhfuß eine neue Schulordnung veröffentlicht, die auch dabei helfen sollte, die anfängliche Skepsis von Magdeburger Eltern gegenüber der neuen Bildungseinrichtung zu überwinden. Das gewünschte Verhalten der Schüler war darin ausführlich notiert. Unter Punkt zwei wurde den Schülern etwa aufgetragen: „Sie sollen allen Lehrern der Anstalt Gehorsam und Ehrerbietung erweisen und gegen ihre Mitschüler freundlich, gefällig und verträglich sein. Sie sollen stets mit vollster Hingabe ihrer Kräfte danach trachten, sich die Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, welche die Schule von Klasse zu Klasse als Zielstellung fordert.“56 Die Programmatik wurde den Eltern zukünftiger Schüler an verschiedenen „Tagen der offenen Tür“ anschaulich präsentiert. Tausende von Magdeburgern besuchten bei solchen Gelegenheiten die moderne Schule. So verlief das Werben in eigener Sache erfolgreich. Die Schülerzahlen stiegen schnell an und erreichten bereits in den ersten Jahren die Werte anderer höherer Schulen des Reiches.57
Die von Beginn an als reine Knabenschule geführte Einrichtung erhielt seitens der preußischen Behörden Ende 1909 schließlich noch die Genehmigung für den gewünschten Schulnamen. Fortan trug die Einrichtung, die der junge Rauff sechs Jahre später besuchen sollte, offiziell die Bezeichnung Bismarckschule. Begründet hatte der Schulleiter die Wahl des einstigen Reichskanzlers als Namenspatron folgendermaßen: „Wir denken und hoffen daher, dass der Name Bismarck im Namen unserer Anstalt die Jugend stets daran erinnern wird, dass es ihre Pflicht ist, das zu erhalten, was der eiserne Kanzler in schwerer Arbeit einst geschaffen, einzutreten für Deutschlands Ehre und Macht.“58 Das Ehepaar Rauff bewies gewisse fortschrittliche Einstellungen, indem es den jüngsten Sohn nicht in der klassischen Guerickeschule, sondern eben im modernen Reform-Realgymnasium einschulte. Mit dem nationalkonservativen Wertekanon der Schule gingen die Eltern sicherlich vollkommen konform. Die von der Schulleitung formulierten Erziehungsideale Gehorsam, Ehrerbietung gegenüber Autoritäten und Pflichterfüllung gegenüber der Nation nahmen im Elternhaus Rauff ebenfalls einen zentralen Raum ein.
Als Walther Rauff im Sommer 1915 an der Bismarckschule zum ersten Schultag erschien, war die Einrichtung etabliert und erfreute sich eines regen Zulaufs. Das vom Namenspatron der Schule geeinte Deutschland befand sich zu der Zeit jedoch in einem Krieg, der auch den Alltag fern der Fronten maßgeblich beeinflusste. Von den 48 ausschließlich männlichen Lehrern der Bismarckschule waren 18 und damit fast ein Drittel des Kollegiums zum Kriegsdienst eingezogen worden oder hatten sich in der Euphorie des Sommers 1914 freiwillig gemeldet. Die Ausdünnung der Lehrkräfte konnte nur mit erheblichen Einschränkungen im laufenden Betrieb erkauft werden. So wurden an der Bismarckschule notgedrungen einige Klassen zusammengelegt, und der Gymnasiast Rauff erlebte mit Beginn seines ersten Schuljahres die vergrößerten Klassen im Alltag.59 Dem Unterrichtsstoff konnte der Schüler offenbar ohne Probleme folgen; es existieren keinerlei Hinweise darauf, dass Rauff jemals versetzungsgefährdet gewesen wäre oder in bestimmten Schulfächern mit Lernschwierigkeiten zu kämpfen gehabt hätte. Seine Leistungen waren allerdings auch nicht überragend, sondern allenfalls durchschnittlich. Bessere Noten erzielte er im Sportunterricht sowie in den Fächern Biologie und Mathematik, was immerhin die elterliche Wahl der naturwissenschaftlichen Ausrichtung der Bismarckschule für den Jüngsten rechtfertigte. In der Klasse scheint sich der Junge gut eingefügt zu haben. Sein Benehmen war keineswegs besonders rüpelhaft oder aufsässig, vielmehr zeigte er seinen Lehrern gegenüber den geforderten Gehorsam und versuchte seinem Abiturzeugnis zufolge durchaus fleißig zu lernen.60
Abgesehen von dem allgemeinen Lehrermangel wurde der Unterricht an der Bismarckschule für Rauff und seine Mitschüler auch inhaltlich in hohem Maße vom Krieg beeinflusst. Der preußische Minister für Unterrichtsangelegenheiten hatte die Schulen angewiesen, die „Lehraufgabe zu den großen kriegerischen Ereignissen in lebendige Beziehung zu setzen“.61 Im zweiten Kriegsjahr war im Deutschen Reich die anfängliche Begeisterung jedoch schon verbreiteter Ernüchterung gewichen. Im Februar 1915 mussten erstmals Brotkarten eingeführt werden, die allgemeine Versorgungslage verschärfte sich bis Jahresende weiter, und in Berlin kam es im Herbst erstmals zu Lebensmittelunruhen. Fortan konnte Walther auch in Magdeburg lange Warteschlangen vor Geschäften und Markständen beobachten. Hinzu kam Ende 1916 ein äußerst harter Winter. Die Versorgungssituation im Reich verschlechterte sich weiter, abgesehen von der desolaten Ernährungslage wurden Heizmittel zunehmend knapp.62 Wie viele andere Bildungseinrichtungen in Deutschland begann die Magdeburger Bismarckschule in der Notlage, ihre Brennstoffvorräte an frierende Privathaushalte abzugeben. Um die fehlenden Heizmittel zu kompensieren, konnten jedoch die Aula, die Turnhalle und sämtliche Zeichensäle nicht mehr beheizt werden. Im darauffolgenden Winter sah sich die Schulleitung zusätzlich gezwungen, auch die regulären Schulstunden zu verkürzen. Anfangs sank die Unterrichtseinheit von 45 auf 40 Minuten, dann sogar auf bis zu 30 Minuten. Ergänzend wurden die Weihnachtsferien verlängert und so genannte Heizferien eingeführt. In jenem Jahr 1917 dauerten allein die Winterferien vom 11. November bis zum 19. Dezember und damit unmittelbar bis vor die Weihnachtsfeiertage, an denen die Schule natürlich wiederum geschlossen war.63
Ein sinnvoller Lehrbetrieb ließ sich unter derartigen Bedingungen kaum aufrechterhalten. Um dennoch einen halbwegs regulären Unterricht in den kalten Räumen zu ermöglichen, wurde den Schülern verstärkte Bewegung empfohlen. Täglich mussten von Rauff und den anderen Jungen in den Fluren Aufwärmübungen absolviert werden und öfters ging es auch zu Bewegungsspielen oder Schulwanderungen ins Freie. Anfang 1917 spitzte sich die Heizsituation derart zu, dass öffentliche Einrichtungen wie Kinos, Theater oder Museen in Magdeburg und zahlreichen anderen Städten schließen mussten. Der auf diese Weise eingesparte Brennstoff wurde dann wiederum den Schulen zur Verfügung gestellt. Solche Maßnahmen brachten aber nur graduelle Besserung. In der Bismarckschule fiel für Rauff der Unterricht bis in den April immer wieder aus.64
Für die Gymnasiasten wurde ihr schulischer Alltag neben den kalten Klassenräumen und dem verbreiteten Unterrichtsausfall auch noch durch die Einbindung der Kinder und Jugendlichen in die Kriegswirtschaft geprägt. Freiwillig arbeiteten Schüler beim Post- oder Telegraphenamt, bei städtischen Behörden, Industriebetrieben, dem Roten Kreuz oder in der Landwirtschaft und ermöglichten damit der zivilen Infrastruktur, die durch die Frontverwendung ihrer Arbeiter und Angestellten größere personelle Lücken aufwies, den unerlässlichen Weiterbetrieb.65 Immer wieder hatten sich die Schüler auch an so genannten Kriegssammlungen zu beteiligen. Dazu schwärmten sie ins gesamte Magdeburger Stadtgebiet aus, klingelten an Privathäusern oder fragten in Geschäften und Betrieben nach kriegswichtigen Rohstoffen. Gesammelt wurden einerseits sämtliche Metalle, die dann zur Waffenproduktion verwendet wurden. Begehrt waren aber auch andere Rohstoffe wie Glas oder Papier. Rauff und die anderen Jungen der Bismarckschule erwiesen sich bei solchen Aktionen als überdurchschnittlich erfolgreich. Schon 1916 wurden 70 Zentner Papier, 1,5 Zentner Edelmetalle sowie 3400 Bücher für die Front gesammelt. Allein die Goldsammlungen der Schüler erbrachten einen bemerkenswerten Erlös von 276.865 Goldmark. Die Magdeburger Schule war damit die erfolgreichste im Reich und erhielt prompt eine entsprechende Belobigung vom Kaiser sowie vom populären Feldmarschall Paul von Hindenburg.66
Die Einschränkungen, die der Krieg für ein Kind im Alltag fern der Front mit sich brachte, wird der junge Walther Rauff wohl tapfer ertragen haben, denn den Kindern wurde vermittelt, dass auch ihr wohlfeiles Verhalten den Sieg der Soldaten im Felde zu garantieren half. Zu Hause hatte auch Walther somit „seinen Mann zu stehen“, wo doch sowohl der Vater als auch der ältere Bruder an der Front kämpften. Abgesehen davon wird bei dem Kind die Faszination für das Kriegsgeschehen noch längere Zeit kaum den Widerspruch zugelassen haben, dass ein militärischer Sieg Deutschlands ganz im Gegensatz zu den Versprechungen des Kaiserhauses und der Öffentlichkeit auf sich warten ließ und sich der Krieg stattdessen immer weiter in die Länge zog. Zwar registrierte der Junge, dass sich die Versorgung immer schwieriger gestaltete, dennoch wird er unbeirrt an seinem Glauben an den deutschen Sieg im Felde festgehalten haben. Wie der junge Sebastian Haffner mag Rauff auch diesbezüglich empfunden haben: „Ich verlor während der vier Kriegsjahre allmählich das Gefühl dafür, wie und was der Frieden sein könnte. Meine Erinnerung an die Zeit vor dem Krieg verblasste allmählich. Ich konnte mir einen Tag ohne Heeresbericht nicht mehr vorstellen. Ein solcher Tag hätte auch seinen Hauptreiz entbehrt. Was bot denn der Tag sonst schon? Man ging zur Schule, man lernte Schreiben und Rechnen und später Latein und Geschichte, man spielte mit Freunden, man ging mit seinen Eltern spazieren, aber war das ein Lebensinhalt? Was dem Leben Spannung und dem Tag seine Farbe gab, waren die jeweiligen militärischen Ereignisse. War eine große Offensive im Gange, mit fünfstelligen Gefangenenzahlen und gefallenen Festungen und ‚unermesslicher Ausbeute an Kriegsmaterial‘, dann war Festzeit, man hatte unendlichen Stoff für die Phantasie und das Leben ging hoch, ganz ähnlich, wie später, wenn man verliebt war. Waren nur langweilige Abwehrkämpfe, ‚im Westen nichts Neues‘, oder gar ‚planmäßig durchgeführter strategischer Rückzug‘, dann war das ganze Leben angegraut, die Kriegsspiele mit den Kameraden ohne Reiz und die Schularbeiten doppelt langweilig. […] Unüberhörbar wurde es zwar mir auch in dieser Zeit, dass viele, sehr viele, ja fast alle Leute sich mit der Zeit eine andere Ansicht vom Kriege gebildet hatten als ich, obwohl meine Ansicht doch ursprünglich diejenige aller gewesen war – sie war doch erst meine geworden, eben weil sie die allgemeine war! Überaus ärgerlich, dass gerade jetzt fast alle die Lust am Kriege verloren zu haben schienen – gerade jetzt, wo eine kleine Sonderanstrengung nötig gewesen wäre, um die Heeresberichte aus der trüben Depression ‚vereitelter Ausrollungsversuche‘ und ‚planmäßiger Zurücknahme in vorbereitete Riegelstellungen‘ wieder in die strahlende Schön-Wetter-Sphäre von ‚Vorstoß bis zu 30 Kilometer Tiefe‘, ‚das feindliche Stellungssystem zertrümmert‘, ‚30.000 Gefangene‘ zu bringen!“67
An der Front überlebten Rauffs Vater und der Bruder die schweren Kämpfe des letzten Kriegsjahres nur mit Glück. Die Einheit von Bruder Ernst-August war im so genannten Marinekorps Flandern unter Admiral Ludwig von Schröder immer wieder an neuralgischen Kriegsschauplätzen eingesetzt gewesen und wurde noch 1918 zu den letzten Offensiven im Westen herangezogen. Dabei erlitt der junge Fahnenjunker im Sommer eine schwere Verwundung am Oberschenkel, von der er sich nie mehr richtig erholen sollte.68 Vater Otto wurde ebenfalls im letzten Kriegsjahr bei den Kämpfen im Westen schwer verletzt. Nach dem fälligen Lazarettaufenthalt offenbar nicht mehr für einen erneuten Frontdienst verwendungsfähig, wurde er fortan mit einer Ausbildungstätigkeit betraut. Dazu wurde er als Kompanieführer an seinen Heimatstandort nach Magdeburg versetzt und konnte dort nach Dienstschluss zu Hause zumindest wieder die Rolle des Familienoberhaupts einnehmen.69
Bald darauf erlebte der damals zwölfjährige Walther die Novembertage des Jahres 1918. In allen Zeitungen konnte er ungläubig die Überschrift „Waffenstillstand unterzeichnet“ lesen. Der ein Jahr jüngere Haffner schrieb dazu: „Womit soll ich meine Empfindungen vergleichen – die Empfindungen eines elfjährigen Jungen, dem eine ganze Phantasiewelt zusammenbricht? Soviel ich nachdenke, es ist schwer, im normalen, wirklichen Leben ein Äquivalent dafür zu finden. […] Ich las die Bedingungen wieder und wieder, den Kopf im Nacken, wie ich vier Jahre lang die Heeresberichte gelesen hatte. […] Ich glaube nicht, dass die deutsche Niederlage irgendjemand einen tieferen Schock versetzt haben kann“.70 Ganz ähnlich dürfte in Magdeburg auch Walther Rauff die Ereignisse miterlebt haben.
Begleitet wurde die militärische Niederlage von der Revolte der kaiserlichen Flotte in Kiel, die sich zu einer Revolution im ganzen Land ausweitete und binnen Tagen sogar den Kaiser auf Druck seiner höchsten Militärs zur Abdankung zwang.71 Das Ende monarchischer Ordnung in Deutschland, der völlig überraschende Abschied der Hohenzollern-Dynastie aus der Spitze der Macht in Preußen und dem Reich und nicht zuletzt eben die Fahrt des Kaisers ins niederländische Exil müssen bei Rauff einen ungeheuren Eindruck hinterlassen haben. Noch Jahrzehnte später sprach er als mittlerweile alter Mann von „Wilhelm, dem Randsiedler“, spielte damit auf die Flucht des Monarchen an und unterstrich damit, wie das damalige Ende des Kaiserreiches ihn wie Millionen Andere in Deutschland prägte.72
Während der Wirren der Novemberrevolution ging der Schulbetrieb in Magdeburg weiter. Eigens war im Berliner Schulministerium ein Erlass herausgegeben worden, der darauf abzielte, die Schüler von der Straße fernzuhalten. „Zur Aufrechterhaltung der Ordnung unter der Jugend ist der Schulunterricht mit allen geeigneten Mitteln zu führen, soweit die Schuljugend nicht wirtschaftlich arbeitet“, heißt es darin.73 Mit der Unterzeichnung des Waffenstillstands am 11. November 1918 im Wald von Compiègne bei Paris endete dann der Erste Weltkrieg. 17 Millionen Tote hatte der Krieg in Europa gekostet. Von Rauffs Magdeburger Bismarckschule hatten sechs Lehrer und 95 Schüler die Frontkämpfe nicht überlebt.74 Im heimischen Elternhaus und der gewohnten schulischen Umgebung wurde der Heranwachsende Walther Zeuge eines ersten politischen Systemwechsels, der für die Heimat ganz weitreichende Veränderungen mit sich brachte und seine politische Sozialisation maßgeblich mitbestimmte.
Mit der Ausrufung der Republik durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann am 9. November in Berlin, der anschließenden Bildung des Rates der Volksbeauftragten und den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 gehörte die monarchische Ordnung im Deutschen Reich der Vergangenheit an.75 Von Beginn an entfalteten antidemokratische Kräfte in der Öffentlichkeit jedoch eine verhängnisvolle Breitenwirkung. Der Friedensvertrag, den die Delegation des republikanischen Deutschlands am 28. Juni 1919 unterzeichnete, stellte für die nationalistische, politische Rechte ein Fanal dar und diese Argumentation gegen das „Diktat der Entente“ oder den „Schmachfrieden“ wurde zum entscheidenden Ausgangspunkt staatsgefährdender Agitation, die bis ans Ende der Republik andauern sollte. Ein Vergleich des Versailler Vertrages mit dem der russischen Seite von den deutschen Siegern aufgezwungenen Frieden von Brest-Litowsk ein Jahr zuvor führt eingedenk der deutschen Verantwortung für den Kriegsausbruch allerdings zu dem Schluss, ersteren als durchaus angemessen bewerten zu müssen.76 Nichtsdestotrotz erwiesen sich die Friedensbestimmungen für das Deutsche Reich als folgenreich. Ein Gebietsverlust von immerhin 13 Prozent ging mit einem Bevölkerungsverlust von etwa zehn Prozent einher. Abgesehen davon verlor die deutsche Ökonomie 80 Prozent ihrer Eisenerzsowie 26 Prozent ihrer Steinkohlevorkommen. Zu den materiellen Verlusten zählten außerdem 40 Prozent der Hochöfen, 15 Prozent der industriellen Produktionsanlagen und der landwirtschaftlichen Nutzfläche, zwölf Prozent des Viehbestandes sowie ein Großteil der Handelsflotte.77
In der Magdeburger Schule des zwölfjährigen Walther Rauff machten sich der Systemwechsel und die Friedensbestimmungen natürlich ebenfalls bemerkbar. Die bislang allgegenwärtigen Bilder des Kaisers und des Kronprinzen verschwanden aus den Klassenzimmern. Die Lehrer wurden auf die neue Verfassung vereidigt und waren nunmehr verpflichtet, deutlich veränderte Unterrichtsinhalte zu vermitteln. So erreichte bereits Mitte November 1918 eine Berliner Anweisung das Magdeburger Realgymnasium, nach der alle den Krieg verherrlichenden Bücher aus der Schulbibliothek entfernt werden mussten. Außerdem wurde darin idealistisch angeordnet: „Wo bisher der Geschichtsunterricht mit anderen Lehrfächern dazu missbraucht wurde, Volksverhetzung zu betreiben, hat solches in Zukunft unbedingt zu unterbleiben, vielmehr einer sachgemäßen kulturhistorischen Belehrung Platz zu machen. Alle tendenziösen und falschen Belehrungen über den Weltkrieg und dessen Ursachen sind zu vermeiden.“78
Ob derartige Anweisungen an Rauffs Schule ohne weiteres umgesetzt wurden, kann bezweifelt werden. Immerhin war ein Großteil des Lehrerkollegiums, das noch vor Wochen treu zum Reich und seinem Kaiser gestanden hatte, das gleiche geblieben. Und so werden die Lehrer auch Rauff eher das gleiche an Gehorsam und Pflichterfüllung orientierte Wertesystem vermittelt haben, wie in den Jahren zuvor. Allein eine solche personelle Kontinuität lässt zudem erahnen, mit welchen schweren Widerständen die Republik von Anfang an zu kämpfen hatte. Den neuen Verantwortlichen in Deutschland waren derartige Zusammenhänge wohl bewusst. So formulierten Berliner Verwaltungsbeamte in unverkennbarem Misstrauen gegenüber den Lehrkräften des Reiches in die bereits zitierte Anordnung: „In keinem Unterrichtsfache sind seitens der Lehrkräfte abfällige oder entstellende Bemerkungen über die Ursachen und Folgen der Revolution sowie der gegenwärtigen Regierung zu äußern, welche geeignet sind, bei der Schuljugend das Ansehen und die Errungenschaften dieser Volksbefreiung herabzuwürdigen.“79 Auch ein solches Reglement wird entsprechend eingestellte Lehrer aber kaum daran gehindert haben, die Schüler mit republikfeindlicher Propaganda zu indoktrinieren.
Trotz vielfältiger Probleme gab es in diesen ersten Nachkriegsjahren hoffnungsvolle Anzeichen, die darauf hinwiesen, dass es wieder aufwärts ging. Der während des Krieges oft zu kurz gekommene Unterricht konnte intensiviert werden. Um den Schülern erfolgreiche Abschlüsse zu garantieren, wurden zusätzliche Förderkurse eingerichtet, die Defizite beispielsweise bei den Fremdsprachen ausgleichen sollten. Begleitend zur Vermittlung der Lerninhalte bekamen die Schüler freien Eintritt in Museen, um auf diese Weise ergänzende Bildungsangebote zu schaffen. Und trotz aller finanziellen Not konnte Anfang Januar im Turm der Bismarckschule sogar eine Sternwarte eröffnet werden, die bei den Schülern auf reges Interesse stieß. Ganz langsam zeichneten sich außerdem Anzeichen dafür ab, dass sich mit dem Ende des Kaiserreichs die autoritäre schulische Erziehung zu verändern begann und zeitgemäßeren Standards Platz machte. So wurde im Jahr 1920 die bislang nominell noch gültige Prügelstrafe in Deutschland offiziell abgeschafft.80 Ob der heranwachsende Walther von der Anweisung unmittelbar profitierte, lässt sich nicht nachweisen. Zuhause wird der mittlerweile 14-jährige im Zuge väterlicher „Erziehungsmaßnahmen“ weiterhin geschlagen worden sein und die autoritäre Ausrichtung sowohl der elterlichen als auch der schulischen Erziehung wird von solchen positiven Anzeichen noch kaum wesentlich beeinflusst gewesen sein.
Als Folge des verlorenen Krieges war der Alltag in den frühen Jahren der Weimarer Republik von weit verbreiteter materieller Not gekennzeichnet. Verglichen mit dem Vorkriegsniveau fiel die Industrieproduktion im Jahr 1920 auf fast die Hälfte, während die Getreideproduktion gerade noch 70 Prozent des Vorkriegsstandes erreichte. Die weitere Industrialisierung des Landes verlangsamte sich massiv, gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit, die seit der Reichsgründung überhaupt noch nicht als volkswirtschaftliches Problem hatte wahrgenommen werden müssen.81 Als weitere ökonomische Belastung kam die Frage der Reparationen hinzu. Nach langen Verhandlungen hatte sich die alliierte Kommission im Mai 1921 auf eine Gesamtsumme von 132 Milliarden Goldmark geeinigt, die in den kommenden Jahrzehnten von der deutschen Seite als Schuldenzahlung geleistet werden sollte. Die in der Gesellschaft vehement abgelehnten Zahlungen mussten die deutsche Wirtschaft massiv belasten. Hinzu kam ab 1919 eine Inflation, die in den frühen 1920er Jahren noch durchaus sinnvolle ökonomische Auswirkungen hatte, indem sie unter anderem dabei half, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und erste Reparationszahlungen zu ermöglichen. Ab dem Sommer 1922 eskalierte der Währungsverfall jedoch in einer Hyperinflation, die schnell einen gegenteiligen Effekt auf die Wirtschaftsentwicklung hatte und den Lebensalltag in Deutschland massiv prägte. Während ein Roggenbrot im September 1923 drei und ein Pfund Butter sogar 168 Millionen Mark kostete, waren die Reallöhne von Facharbeitern um die Hälfte und die von höheren Reichsbeamten um zwei Drittel gesunken. Das Schulgeld, das die Rauffs für ihren Jüngsten ausgeben mussten, betrug im April des Jahres 4000 Mark und stieg bis Oktober noch auf unfassbare acht Millionen an.82
Erneut mussten in dieser wirtschaftlichen Lage der frühen Nachkriegsjahre der junge Walther Rauff und andere Schüler der Bismarckschule ausschwärmen, um in der Stadt Sachspenden zu erbitten. Nun ging es nicht mehr um Kriegsanleihen und Rohstoffe für die Produktion von Waffen, sondern um alle erdenklichen Güter, die eine ausreichende Ernährung und das Überleben sicherstellen sollten. Von Kornähren, Kürbis- oder Sonnenblumenkernen über Kartoffel- und Eierschalen bis zu Kleidungsresten und Lumpen wurde von den Kindern und Jugendlichen alles gesammelt.83 Die frühen Nachkriegsjahre werden auch für die Familie Rauff eine Zeit erheblicher ökonomischer Unsicherheiten gewesen sein. Dennoch dürfte der Vater, der nach dem Krieg wieder seine frühere Tätigkeit als leitender Angestellter beim Bankhaus „Dingel & Co“ aufgenommen hatte, vor den schlimmsten Verlusten gefeit gewesen sein, die Staatsbedienstete und besonders das beamtete Bildungsbürgertum in dieser Zeit oft genug in den finanziellen Ruin getrieben hatten. Letztlich scheint die Familie Rauff die Krisenjahre dann auch glimpflich überstanden zu haben.84
Für Walther begannen ab dem Spätsommer 1922 seine beiden letzten Schuljahre. An der Bismarckschule hatte der Unterprimaner die Möglichkeit, sich für diese Zeit zwischen einem sprachlichen oder einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Schwerpunkt zu entscheiden, wobei er Letzteren wählte. Bis März 1924 standen für ihn dann im Rahmen der Abiturprüfungen noch vier schriftliche Klausuren an.85 Den Schulabschluss meisterte er schließlich mit durchschnittlichen Leistungen. Während etliche seiner Mitschüler ihre Fächer mit guten oder sehr guten Bewertungen abschließen konnten, dominierte auf Rauffs Abiturzeugnis die Note „genügend“. Deutsch, Latein, Französisch, Englisch und damit sämtliche Sprachfächer schloss der Abiturient mit dieser Bewertung ab. Aber auch in Geschichte, Erdkunde, Religionslehre sowie in den naturwissenschaftlichen Fächern Physik und Chemie lautete seine Endnote „genügend“. Nur in den Fächern Turnen, Mathematik und Biologie schloss Rauff mit „gut“ ab. Auch sein allgemeines Verhalten, sein „Betragen und Fleiß“, wurden als gut bewertet.86 Nachdem ihm so mit Datum vom 11. März 1924 offiziell das „Zeugnis der Reife zuerkannt“ worden war, wurde der Abiturient Walther Rauff mit der gutgemeinten Abschiedsformel „mit den besten Segenswünschen für seinen ferneren Lebensgang und in der Hoffnung, er werde in Wandel und Beruf allzeit als tüchtig sich bewähren“ aus der Schule entlassen.87
Für den jungen Mann stand nunmehr die Frage der Berufswahl auf der Tagesordnung. Neigungen, die Familientradition fortzusetzen, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und durch eine entsprechende Ausbildung den Beruf des Bankiers anzustreben, scheint er nie ernsthaft verspürt zu haben. Auch gibt es keinen Hinweis darauf, dass er jemals erwogen hätte, sich an einer deutschen Universität einzuschreiben und eine wie auch immer geartete akademische Karriere zu beginnen. Während seine Mitschüler die Schule verließen, um beispielsweise Fächer wie Medizin, Nationalökonomie, Geschichte oder Chemie zu studieren, oder aber einen Beruf als Ingenieur, Kaufmann oder Landwirt anzustreben, entschied Rauff sich in eine ganz andere Richtung.88
17 Jahre alt und mit dem Abitur in der Tasche hatte er längst nicht nur das erlebt, was heutzutage eine ruhige Kindheit und Jugend genannt wird. Schon als Junge war er zu Hause Zeuge eines mehr als vierjährigen Krieges geworden, der der Welt eine neue Dimension von Brutalität und Menschenverlusten aufgezeigt hatte. Deutliche Auswirkungen des Weltkriegs waren selbst in der Heimat zu spüren gewesen und schließlich waren der Vater sowie der Bruder schwerverletzt von den Schlachtfeldern heimgekehrt. Am Ende war Deutschland besiegt und die bis dahin im Reich annähernd 50 Jahre herrschende Monarchie hatte sich gezwungen gesehen, abzutreten. Die neue, republikanische Ordnung startete jedoch mit so vielen politischen Hemmnissen und Komplikationen, dass deren demokratische Struktur von Beginn an schwerwiegenden Belastungen unterworfen war. Seinen Sprung ins Berufsleben musste Rauff somit in politisch äußerst bewegten Zeiten wagen. In Europa war gerade die Epoche des Faschismus angebrochen. Der einstige Sozialist Benito Mussolini hatte 1921 in Italien die „Partito Nazionale Fascista“, gegründet und im Oktober des folgenden Jahres mit seinem „Marsch auf Rom“ die staatliche Macht an sich gerissen.89 In Deutschland war zu Beginn der 1920er Jahre ein noch radikaleres Pendant zu Mussolinis faschistischer Partei in Erscheinung getreten. Adolf Hitler, ein gebürtiger Österreicher aus ärmlichen Verhältnissen und Gefreiter im Ersten Weltkrieg, war seit 1921 Vorsitzender der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“, einer radikalen Splitterpartei, die in Preußen am 11. November 1922 verboten wurde. Inspiriert von der Machtergreifung der italienischen Faschisten wagten Hitlers Nationalsozialisten Anfang November 1923 in München den Staatsstreich, der jedoch kläglich scheiterte. Anschließend wurde die NSDAP reichsweit verboten, Parteichef Hitler wanderte ins Gefängnis und wurde 1924 wegen Hochverrats zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt.90
Von solchen Entwicklungen war Rauff offensichtlich wenig beeindruckt. Zwar wird er sich mit vielen anderen, eher antidemokratisch orientierten jungen Deutschen seiner Zeit einig in der Ablehnung der Weimarer Republik gewesen sein, doch war der Abiturient deswegen noch lange nicht bereit, sich einer der zahlreichen neuen, rechtsradikalen Organisationen anzuschließen. Viele seiner Altersgenossen politisierten sich in diesen unruhigen Anfangsjahren in einem der paramilitärischen Freikorps. Damit zeigten sie sich bestrebt, wenn schon seinerzeit zu jung, um im Kriege in den Schützengräben zu kämpfen, danach doch wenigstens Deutschland und den Reichsgedanken gegen territoriale Angriffe an den Ostgrenzen oder gegen die politische Bedrohung durch Kommunisten im Inneren zu verteidigen.91 Während auf diese Weise Tausende junger Männer seiner Generation in rechtsradikalen Organisationen, in Freikorps und im Straßenkampf mit ihren linksgerichteten Gegnern entscheidend geprägt wurden und so auch die Zukunft Deutschlands verhängnisvoll mitbestimmen sollten, interpretierte Rauff Schlussfolgerungen aus seiner Erziehung und Wunschvorstellungen für sein Leben deutlich anders. Er entschied, sein Glück bei der noch jungen Reichsmarine zu suchen und eine Laufbahn als Seeoffizier anzustreben.92
1 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH; Rauff an Barbara W. v. 11.1.1981, PBE.
2 Kühn/Hoppe, Köthen, S. 11–16, 51–58.
3 Adressbuch Köthen 1904/05, Stadtarchiv Köthen; Eigentums-Veränderungsliste 1903–1909, ebd., 9/118/B 13.
4 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH; Lebenslauf Rauff (undat./Anfang 1938), BAB, SSO dess.
5 Ahnenliste, BAB, RS Walther Rauff.
6 Ebd.; Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
7 Rauff an Barbara W. v. 11.1.1981, PBE; Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
8 Ullrich, Großmacht, S. 38–45.
9 Glagau, Börsen- und Gründerschwindel, S. 57, 146, 261.
10 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
11 Ebd.; R.u.S.-Fragebogen v. 23.4.1938, BAB, RS Walther Rauff.
12 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
13 Genealogisches Familienverzeichnis, PBE; vgl. Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
14 Ullrich, Großmacht, S. 130; vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 99, 625f.
15 Ullrich, Großmacht, S. 127f.; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 613–618.
16 Ullrich, Großmacht, S. 128f.
17 Vgl. ebd., S. 135.
18 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 493–592, 512–516; Ullrich, Großmacht, S. 135–138.
19 Ebd., S. 139ff.
20 Zum Problem der fehlenden politischen Repräsentation vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 198ff.; Ullrich, Großmacht, S. 161–181.
21 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 702–712, 762–772.
22 Zit. nach Mommsen, Weber, S. 151.
23 Zur Taufe vgl. Memoirenfragment Walther Rauff, Bl. 150, PBH.
24 Ebd.
25 Ebd.; Eigentums-Veränderungsliste 1903–1909, Stadtarchiv Köthen, 9/118/B 13; Auskunft LHA Sachsen-Anhalt an den Verfasser v. 8.4.2009.
26 Memoirenfragment Walther Rauff, Bl. 151f., PBH.
27 Ebd.
28 Lebenslauf Rauff v. 23.4.1938, BAB, RS dess.
29 Zu Erziehungsstandards und Jugendbewegung vgl. Blom, Kontinent, S. 192–196; Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd. 3, S. 396–405, 1097–1104.
30 Rauff an Hans-Jochen Emsmann v. 21.5.1977, PBE
31 Dto. 21.11.1980, ebd.
32 Dto. v. 5.3.1977, ebd.
33 Oesterreich, Persönlichkeit, S. 76–89; Feldman, Konzeptualisierung, S. 249–259, damit werden auch ursprüngliche Annahmen der Autoritarismusforschung, die von geradezu pathologisch geprägten Erziehungsmustern ausgingen, in Frage gestellt.
34 Zahlreiche Beispiele solcher Vorurteile Rauffs finden sich in Kap. 14.1 dieser Studie.
35 Zur Judenemanzipation und frühen antijüdischen Ausschreitungen vgl. Rürup, Judenemanzipation, S. 117–158; Berding, Antisemitismus, S. 20–78; Rohrbacher, Protest, S. 159–170; zum Aufkommen des modernen Antisemitismus Jochmann, Struktur, S. 177–217; Berding, Antisemitismus, S. 110–151; Wistrich, Hitler, S. 41–44.
36 Ebd., S. 99–108; Jochmann, Struktur, S. 182–188; Weiss, Weg, S. 132–135, 143–150.
37 Ebd., S. 196–200; Jochmann, Struktur, S. 184ff.; Berding, Antisemitismus, S. 146ff.; vgl. zum „Berliner Antisemitismusstreit“ um die Thesen Treitschkes ebd., S. 113ff.; Weiss, Weg, S. 127ff., 189–192; Hoffmann, Geschichte, S. 219–251.
38 Berding, Antisemitismus, S. 149f.; Weiss, Weg, S. 195f.
39 Kampe, Studenten, S. 23–51, 125–151; Jochmann, Struktur, S. 190ff.; Berding, Antisemitismus, S. 111–120; Ullrich, Großmacht, S. 389ff.
40 Berding, Antisemitismus, S. 127–140; Jochmann, Struktur, S. 198–201; Weiss, Weg, S. 216f.
41 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
42 Vgl. Epkenhans, Flottenrüstung, S. 15–24; Petter, Systemkrise, S. 44–48; Schulze-Wegener, Deutschland, S. 72–75; Blom, Kontinent, S. 180–189.
43 Petter, Systemkrise, S. 47–50; Epkenhans, Flottenrüstung, S. 73–77.
44 Vgl. ebd., S. 465.
45 Zit. nach Wehler; Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 1139; zu den Interessen von Stahl- und Werftindustrie vgl. Epkenhans, Flottenrüstung, S. 153–156, 182–218.
46 Ebd., S. 16–20; Wehler; Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 1134–1141; Schulze Wegener, Deutschland, S. 75f.
47 Kuhn/Kreutz, Matrosenanzug, S. 59–71, 86–91; Hävernick, Matrosenanzug, S. 11, 21.
48 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH.
49 Ebd.; Lebenslauf Rauff (undat./Anfang 1938), BAB, SSO dess.
50 Zum Kriegsausbruch vgl. Loth, Kaiserreich, S. 146–148; Ullrich, Großmacht, S. 250–269; zur öffentlichen Meinung und begeisterten Massenansammlungen Verhey, Geist, S. 28–82; zu Protesten gegen den Krieg vgl. ebd., S. 94–105.
51 Zit. nach Haffner, Geschichte, S. 14.
52 Zit. nach ebd., S. 20.
53 Ullrich, Großmacht, S. 473; vgl. Flemming/Saul/Witt, Lebenswelten, S. 222–232.
54 Lebenslauf Rauff (undat./Anfang 1938), BAB, SSO dess.
55 Mühler, Bismarckschule, S. 2ff.; Potratz/Windelband, Bismarckschule, S. 4–8.
56 Zit. nach Mühler, Bismarckschule, S. 6.
57 Ebd., S. 3–8; Potratz/Windelband, Bismarckschule, S. 10–13, 31f. Zum Bau und zur Einweihung des 1912 fertiggestellten neuen Schulgebäudes ebd., S. 15–30.
58 Zit. nach Mühler, Bismarckschule, S. 9; vgl. Potratz/Windelband, Bismarckschule, S. 12.
59 Ebd., S. 53ff.; Mühler, Bismarckschule, S. 18ff.
60 Vgl. dazu das Abiturzeugnis Rauff v. 11.3.1924, Stadtarchiv Magdeburg, Rep. 18.3, Abt. 15.3.132.
61 Zit. nach Mühler, Bismarckschule, S. 22.
62 Ullrich, Großmacht, S. 475–479; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 60–63; ausführlich zu den Lebensbedingungen auch Davis, Home.
63 Mühler, Bismarckschule, S. 20f.; vgl. Ullrich, Großmacht, S. 273f.
64 Mühler, Bismarckschule, S. 20f.; Potratz/Windelband, Bismarckschule, S. 54ff.
65 Ebd., S. 55f.
66 Ebd.; Mühler, Bismarckschule, S. 22.
67 Zit. nach Haffner, Geschichte, S. 28–31.
68 Zehn Jahre später sollte der Bruder an den Spätfolgen dieser Kriegsverletzung sterben, vgl. Lebenslauf Rauff (undat./Anfang 1938), BAB, SSO dess.
69 Ebd.
70 Zit. nach Haffner, Geschichte, S. 36f.
71 Zu den Ereignissen und Entscheidungsprozessen, die zur Abdankung des Kaisers führten vgl. die Darstellung bei Pyta, Hindenburg, S. 354–379; außerdem Loth, Kaiserreich, S. 163–166; zur Revolution Büttner, Weimar, S. 33–64.
72 Memoirenfragment Rauff, PBH.
73 Mühler, Bismarckschule, S. 22.
74 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 232f.; Mühler, Bismarckschule, S. 22; Potratz/Windelband, Bismarckschule, S. 56.
75 Peukert, Republik, S. 37–45; Winkler, Weimar, S. 31–72; Pyta, Hindenburg, S. 381–397; Büttner, Weimar, S. 105–120.
76 Ullrich, Großmacht, S. 587–590; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 241ff.; Peukert, Republik, S. 52–56.
77 Vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 241; Winkler, Weimar, S. 87–97.
78 Zit. nach Mühler, Bismarckschule, S. 22.
79 Zit. nach ebd.
80 Ebd., S. 23ff.
81 Vgl. Peukert, Republik, S. 71–76; ausführlich Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 241–252; andere Industrienationen waren zu Beginn der 1920er Jahre ebenfalls von einer Wirtschaftskrise getroffen, vgl. Winkler, Weimar, S. 143–146.
82 Büttner, Weimar, S. 153–179; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 247.
83 Mühler, Bismarckschule, S. 22f.
84 Adressbuch Magdeburg 1918 und 1922, Stadtarchiv Magdeburg; Lebenslauf Rauff (undat./Anfang 1938), BAB, SSO dess.; R.u.S.-Fragebogen v. 23.4.1938, BAB, RS dess.
85 Potratz/Windelband, Bismarckschule, S. 53, 56; Abiturzeugnis Rauff v. 11.3.1924, Stadtarchiv Magdeburg, Rep. 18.3, Abt. 15.3.132.
86 Ebd.
87 Ebd.
88 Vgl. die Abiturzeugnisse von Rauffs Mitschülern, auf denen jeweils der angestrebte Beruf vermerkt ist, ebd.
89 Zu den Anfängen des italienischen Faschismus und Mussolinis „Marsch auf Rom“ vgl. Schieder, Faschismus, S 28–33; Thamer, Marsch, S. 245–260.
90 Kershaw, Hitler, Bd. 1, S. 224–276; Thamer, Verführung, S. 64–70, 92–109, 114–130; Benz, Geschichte, S. 11–15; Wistrich, Hitler, S. 64f.
91 Wildt, Generation, S. 49–89; Herbert, Best, S. 42–69; zur kommunistischen Bewegung in der Weimarer Republik vgl. ausführlich die Studie von Mallmann, Kommunisten.
92 Memoirenfragment Walther Rauff, PBH; Lebenslauf Rauff (undat./Anfang 1938), BAB, SSO dess.