Читать книгу Vademekum für Erzähler*innen - Martin Ellrodt - Страница 4
In Geschichten spazieren gehen
ОглавлениеDas ist die erste und wichtigste Übung für das Erzählen von Geschichten überhaupt. Und sie ist nicht schwer: wir alle haben eine Art Kino im Kopf eingebaut, das uns, wenn wir mal den Schalter gefunden haben, mit Bildern, Geräuschen, Gerüchen, Gefühlen und Bewegungsempfindungen versorgen kann.
Dieses Kino funktioniert bei jedem von uns ein bisschen anders: die eine sieht alles bunt und detailliert vor dem inneren Auge, ein anderer hört mehr als er sieht, für wieder eine andere sind die Vorstellungen eher abstrakt, aber dennoch klar benennbar.
Entscheide Dich für die Geschichte, in der Du spazieren gehen willst, schließe die Augen und versuche, Dir alles vorzustellen, was dazu gehört: die Orte, an denen sie spielt, die Menschen, Tiere oder Zauberwesen, die in ihr handeln, die Ereignisse, von denen sie erzählt.
Werde nicht ungeduldig, wenn es nicht gleich funktioniert. Manchmal ist der Projektor eingerostet, Tagesform spielt auch eine Rolle.
Stell Dir alles so genau vor wie möglich, wenn die Bilder (oder alles andere) die Reihenfolge der Geschichte nicht einhalten wollen, dann ist das auch in Ordnung.
Wenn Dir jemand zuhören mag, dann beschreibe ihnen, was Du in Deiner Vorstellung wahrnimmst. Je mehr Du siehst, hörst, riechst, fühlst und schmeckst, desto besser kannst Du später die Geschichte erzählen.
Wenn Du mit dem Verfahren schon ein bisschen vertraut geworden bist und Dich wohl damit fühlst, kannst Du vom Spazieren zum Joggen übergehen. Siehe dazu das nächste Kapitel.