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7 SEND FOR THE MAN

Gesucht und gefunden

Im August 1974 hatten Malcolm und Angus begonnen, unruhig zu werden. Sie wollten ihren Sänger Dave Evans so bald wie möglich loswerden. Auf der Suche nach einem, der besser zu ihnen passte, hatten sie schon versucht, John Paul Young für sich an Land zu ziehen, der ebenfalls bei Albert Productions war und in Australien ein paar Erfolge gefeiert hatte. Er hatte jedoch abgelehnt und sollte später in Amerika mit „Love Is In The Air“ für kurze Zeit bekannt werden. Schließlich war es dann in Adelaide so weit, am Ende ihrer Konzertreise mit Lou Reed, dass ein passender Mann ins Blickfeld der Young-Brüder rückte.

Vince Lovegrove kannte das Anliegen von AC/DC und hatte George Young seinen Vorschlag unterbreitet: Bon Scott. Malcolm und Angus, die beide um die zwanzig waren, hielten den achtundzwanzigjährigen Bon jedoch für zu alt. Dieser sah das anders. Nachem er auf einem Konzert der Gruppe in Adelaide gewesen war, wusste er, dass AC/DC genau das war, was er brauchte, um seinen liegengebliebenen Kar­rierekarren wieder flott zu machen und ihm nach den erlittenen Rück­schlägen neuen Mut zu geben. Also begann er, sich um die ausgeschriebene Stelle zu bemühen.

Die Gruppe sollte später erzählen, Bon habe zuerst als Fahrer für sie gearbeitet, bis sie seine gesanglichen Fähigkeiten entdeckten, doch das scheint mehr ausschmückende Legendenbildung zu sein, als dass es den tatsächlichen Geschehnissen entspricht. Malcolm und Angus ha­ben sich immer ein recht hohes Maß an künstlerischer Freiheit erlaubt, wenn es darum ging, aus der Geschichte von AC/DC zu erzählen. Dabei wurden unangenehme Stellen meist ausgelassen, die Beiträge ehema­liger Gruppenmitglieder herabgesetzt und, sofern dies zweckmäßig war, die Leistungen früherer Geschäftspartner heruntergespielt.

Bon erzählt in dem AC/DC-Konzertfilm Let There Be Rock von seiner ersten Begegnung mit der Gruppe: „Ich kannte ihren Manager, aber ich hatte sie vorher noch nie gesehen und wusste nicht einmal, dass es eine Band mit Namen AC/DC gab. Und als ich dann den kleinen Kerl mit Schuluniform und einem Ranzen auf dem Rücken sah, wie er auf der Bühne durchdrehte, musste ich einfach lachen.“ In einem anderen Inter­view führte er weiter aus: „Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf und machte ihnen klar, wie viel besser ich war als der Affe, der bei ihnen Sänger war. Sie ließen mich vorsingen, und schon war ich dabei.“

Bon erhielt die Gelegenheit, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, bei einem lockeren Zusammenspiel von einigen nichtsahnen­den Fraternity-Musikem mit Malcolm und Angus, das die beiden mit Bon verabredet hatten. Dieser hinkte zwar noch als Folge seiner Verletzungen, war aber von dem Willen getrieben, bei AC/DC einzusteigen. Er schrie, was seine bei dem Unfall ebenfalls in Mitleidenschaft gezoge­ne Kehle hergab, und bekam den Zuschlag auf der Stelle. Gastgeber Bruce Howe zeigte sich äußerst beeindruckt von dem vollkommenen Zusammenspiel der beiden Brüder, das schon in jenen frühen Tagen so etwas wie einen unsichtbaren Draht zwischen ihnen erkennen ließ.

Die nächsten Wochen, die Bon sich als Bedenkzeit ausgebeten hatte, verbrachten AC/DC auf Tournee in Perth. Nachdem Bon sich nun aber entschieden hatte, kam es schließlich zum erneuten Zusammen­treffen in Adelaide. Für das erste gemeinsame Konzert wurde kaum geprobt. Angus erinnert sich noch gut daran: „Wir saßen nur zusam­men, eine Stunde, bevor es losging, und kramten alles hervor, was wir an Rock’n’Roll-Nummern kannten. Als es dann so weit war, hatte Bon seine zwei Flaschen Bourbon getrunken, und dazu Hasch, Koks und Speed genommen. Er sagte nur: ,Alles klar, ich bin so weit.‘ Und das war er auch. Er war fit wie ein Turnschuh. Er war wie verwandelt; als er so ins Publikum schrie und auf der Bühne herumsprang, konnte er sich wieder jung fühlen. Es war die reinste Zauberei.“

Bon beschrieb die Wende, die der Einstieg bei AC/DC für ihn bedeutete, folgendermaßen: „Immer wenn ich sang, klang es irgendwie gezwungen. Ich hatte nie Gesangsunterricht bekommen, der Whiskey war mein Lehrer gewesen. Ich versuchte, andere Sänger nachzuma­chen, und das gelang mir auch ganz gut. Als ich dann zu AC/DC kam, hieß es, ich solle einfach nur so singen wie ich selbst. So konnte ich endlich tun, was ich schon immer wollte. Ich dachte: ,Du gehst jetzt einfach raus auf die Bühne, und je schmutziger du klingst, desto mehr werden dich die Leute lieben.‘ Also ging ich ans Mikrofon und schrie mir die Seele aus dem Leib. Manchmal bekam ich am nächsten Morgen keinen Ton mehr raus.“

Malcolm und Angus hatten zwar fortwährend Konzerte gegeben und hatten dabei das ganze Land bereist, doch im Vergleich zu ihrem neuen Sänger mit seinem umfangreichen Erfahrungsschatz waren sie noch grüne Jungs. So nannte sie ihn, der sie zudem bei über 1,70 m um einen halben Kopf überragte, liebevoll den „alten Mann“. Er schien mit dem Hauch von Ausschweifung und Unbekümmertheit, der seine Per­son umgab, geradezu die Verkörperung der ungezügelten Ausgelassen­heit zu sein, die Malcolm und Angus mit ihrer Musik zum Ausdruck bringen wollten.

Anders als die zielstrebigen und umsichtigen Young-Brüder, denen es gelang, ihre Wut auf die Gesellschaft in geordnete Bahnen zu lenken, und die letztendlich mit dieser Wut ihren Erfolg vorantrieben, war Bon ein echter Draufgänger, ein erwachsenes Problemkind, einer, der ge­nauso unverschämt lebte, wie er sang, der aber dennoch eine Beschei­denheit und eine Warmherzigkeit an sich hatte, die ihm oft dabei halfen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wenn er wieder einmal über die Stränge geschlagen hatte und es ihm an den Kragen gehen sollte.

Bons Einstieg bei AC/DC ließ in der Gruppe das Feuer höher auf­lodern, was einerseits an seiner schieren Gesangsleistung und Aus­strahlung als Mann der Bühne lag, andererseits aber auch an seinem zupackenden Eifer, der auf die anderen Musiker übersprang. Malcolm und Angus bezogen aus dem Zusammenwirken mit ihrem neuen Sän­ger musikalische Eingebung und eine neue Zuversicht, die sie brauch­ten, um die Band die Stufen des Erfolgs hinaufführen zu können. Auf der anderen Seite war Bon von dem musikalischen Gefühl der Young- Brüder ebenso beeindruckt wie von ihrer Zielstrebigkeit, und war über­zeugt davon, dass AC/DC, im Gegensatz zu seinen früheren Bands, alles besaßen, um sowohl die Seiten sämtlicher Fachzeitschriften als auch die Konzertsäle der Welt füllen zu können. Da konnte es nicht stören, dass viele seiner alten Freunde, die mit der schamlosen Einfachheit von AC/ DC nichts anfangen konnten, dachten, er habe sich unter Wert verkauft.

Bon hatte sich der Gruppe zu einem entscheidenden Zeitpunkt angeschlossen. Eine mehrwöchige Konzertreise durch Australien sollte AC/DC direkt ins Tonstudio führen. Die Tournee diente als Aufwärmübung für die Studioarbeit. Gelegentliche Unsicherheiten vor den Auf­tritten waren rasch verflogen, sobald die Gruppe die Bühne betrat, und man konnte sehen, dass die Musiker an etwas Besonderem arbeiteten. Im November 1974, sechs Wochen nach Bon Scotts Einstieg, nahmen AC/DC in den Sydneyer Albert-Studios ihre erste Langspielplatte auf.

Die Umbesetzung am Mikrofon war die erste von mehreren perso­nellen Veränderungen, aus denen die Band schließlich mit einer neuen Stabilität hervorgehen sollte, die eine Voraussetzung des dauerhaften Erfolgs war. Bald stieg Dennis Laughlin aus. Der Schmalspurmanager, den Bon noch aus seiner Zeit mit Fraternity kannte, hatte gelegentlich auch für AC/DC gesungen, wenn Dave Evans ausgefallen war, aber nun betrat mit Michael Browning ein fähiger Mann aus Melbourne das Feld, der der Inhaber des dortigen Hardrock Café war und sich neben vielen anderen Aktivitäten als Manager von Billy Thorpe und seinen Aztecs einen Namen gemacht hatte. Browning sah in AC/DC eine eigene Mischung aus Gewissenhaftigkeit und nüchternem Ehrgeiz wirken, die andere australische Gruppen nicht besaßen.

George Young traf sich mit Browning und fand heraus, dass dessen Ziel, eine australische Gruppe zu Weltstars zu machen, für eine Zusam­menarbeit mit AC/DC sprach, die er ‒ George ‒ so bald wie möglich ins Ausland schicken wollte. Sie waren sich darin einig, dass AC/DC die erste Gruppe nach den Easybeats war, die es außerhalb Australiens schaffen könnte. George gab sein Einverständnis, und Michael Browning war der neue Manager der Band.

Die Mittsiebziger waren genau die richtige Zeit für eine australische Hardrock-Gruppe, sich auf dem Weltmarkt zu versuchen. Die blu­mengeschmückten Kiffbrüder der Woodstock-Ära waren im Nebel ver­schwunden, und die Wegbereiter des Heavy Metal wie Led Zeppelin, Deep Purple oder Black Sabbath waren zwar anerkannte Größen, doch konnten sie mit ihrer Aufgeblasenheit und ihren grandiosen Inszenie­rungen den einfachen Großstadtjungen keinerlei Glaubwüdigkeit bie­ten. Angus erzählt: „Immer, wenn ich eine Band sah, waren die so unberührbar, irgendwie unecht. So wollten wir es auf keinen Fall ma­chen. Auch als wir noch in den kleinen Klubs in Australien spielten, wussten wir, dass wir genauso gut wie die Großen waren. Wir wollten nie gegen die kleinen Bands um uns herum antreten. Wir wollten die Welt erobern.“

Bevor AC/DC dazu ansetzen konnten, mussten sie jedoch zunächst einmal ihre Heimat einnehmen. Dieses Ziel verfolgten sie, indem sie weiterhin unermüdlich durch die Klubs des Landes tingelten, was, bedingt durch die geographischen Gegebenheiten des fünften Kontinents, besonderer Kraftanstrengungen bedurfte; die wenigen städti­schen Zentren Australiens entlang der Küsten sind durch kaum befah­rene Landstraßen, die oft genug durch schier endlose lebensfeindliche Ödnis führen, voneinander getrennt. Nur die Zähesten im Geschäft können die Entbehrungen, die solche Dauertourneen mit sich bringen, auf sich nehmen. Zweifelsohne gehörten AC/DC zu dieser Sorte von Musikern.

AC/DC

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