Читать книгу AC/DC - Martin Huxley - Страница 6
Оглавление2 PROBLEM CHILD
Früh übt sich
Man kann den Einfluss der Easybeats auf die australische Musikgeschichte und auf Malcolm und Angus Young gar nicht hoch genug ansetzen. Das Leben in der sie umgebenden gesetzten, konservativen Gesellschaft erzeugte in den Brüdern in zunehmender Weise einen Frust, und der Rock’n’Roll diente ihnen schließlich als eine Art Ventil dafür.
Angus erzählt: „Zu Hause war immer Musik um uns, wahrscheinlich deshalb, weil meine Brüder Musiker waren, jeder in einer anderen Epoche. Musik wurde bei uns nie als etwas Schlechtes angesehen, sondern immer als etwas Gutes. Ständig lief das Radio oder der Plattenspieler, und mein Vater sagte nie: ‚Mach das aus, das ist doch nichts!‘ Es galt immer: Je mehr Musik, desto besser.“
Malcolm und Angus wurden jedoch von ihren Eltern nicht darin unterstützt, nach dem Vorbild ihrer Brüder Alex und George die Musik zu ihrem Beruf zu machen. Angus berichtet über das geringe Ansehen der Rockmusik in ihrer Umwelt: „Natürlich haben uns die Easybeats inspiriert, aber man versuchte, uns von ihnen fernzuhalten. Unsere Lehrer waren mißtrauisch. Sie dachten, unser Bruder würde uns zur Rebellion anstiften. Wir sollten am besten gar nichts damit zu tun haben, und unsere Eltern dachten, es sei besser, wenn wir etwas anderes machen würden.“
Daher waren Mr. und Mrs. Young nicht gerade erfreut, als ihnen ihre beiden Jüngsten eröffneten, dass sie eine Laufbahn als Berufsmusiker anstrebten. „Viel Unterstützung bekamen wir nicht“, bestätigt Malcolm. „Unser Vater fragte George immer noch, wann er denn endlich etwas Anständiges machen würde.“
Der Verlauf von Malcolms und Angus’ Schulkarriere ließ aber auch wenig Raum für andere Berufswünsche. Nachdem die Familie in Australien angekommen war, hatte es nicht lange gedauert, bis Malcolm als Schulhofrabauke berüchtigt wurde. Und obwohl Angus eine künstlerische Begabung erkennen ließ, zeigte er im allgemeinen wenig Interesse an der Schule. Er war häufig das Opfer körperlicher Züchtigung, die in den sechziger Jahren an australischen Schulen noch gang und gäbe war. „Gleich am ersten Tag wurde ich verprügelt“, erinnert er sich. „Der Lehrer sagte: ,Name!‘ – ,Young.‘ – ,Komm nach vorne, ich will den anderen ein Beispiel an dir geben!‘“
„Ich war unglücklich in der Schule und habe oft geschwänzt. Ich war ziemlich schlecht, und das einzige Fach, das ich richtig mochte, war Kunst. Da konnte man machen, was man wollte. Einmal bastelte ich eine zwei Meter große Fliege aus Pappmaché, die den anderen dann im Bus eine Riesenangst machte.“
Angus weiß über das australische Erziehungssystem nicht viel Gutes zu sagen: „Es war wie beim Militär, ich glaube, die waren auch noch stolz darauf, uns im Unklaren darüber zu lassen, was in der übrigen Welt passierte. Als ich aus Australien herauskam, war ich wirklich überrascht davon, wie die Leute woanders leben. Die hatten einfach viel mehr Freiheiten als wir.“
Als die Easybeats groß herauskamen, verlieh Angus’ Schulleiter seiner Abneigung gegen die Rockmusik Ausdruck, indem er ihm befahl, sich die Haare schneiden zu lassen, und ihm sagte, dass sein großer Bruder einen „Beruf für Perverse“ ergriffen habe. Das brachte seine Mutter auf den Plan. Sie nannte den Schulleiter einen Lügner und ließ ihn wissen, dass es an ihr und ihrem Mann sei, Angus zum Haareschneiden zu schicken. Sie mochte überhaupt nicht, wie ihre Kinder von der Obrigkeit gegängelt wurden.
„Ich war eigentlich gar nicht böse.“ Darauf besteht Angus im Rückblick. „Ich konnte durchaus zuhören. Und wenn ich etwas wissen wollte, schickte mich mein Vater in die Bücherei um die Ecke. Und dort war ich auch, wenn ich die Schule schwänzte. Es war toll da. Die hatten ganze Regale voll mit der Zeitschrift Down Beat aus Amerika. Darin las ich gerne Berichte über Muddy Waters. An den Zeitungsständen gab es so etwas nicht.“
Angus hatte, als seine Spielkunst noch in den Kinderschuhen steckte, schon eine Gibson SG, die ihm später zum Markenzeichen werden sollte. Er konnte jedoch noch keine Akkorde, sondern nur Melodieläufe, obwohl er als Elfjähriger ein paar Stunden Gitarrenunterricht genossen hatte und obwohl seine allererste Gitarre eine abgelegte Akustikklampfe von Malcolm gewesen war. Das meiste hatte er sich selbst beigebracht. Und so sieht er heute seine ersten Gehversuche in der Musik: „Ich tat den zweiten Schritt vor dem ersten. Zuerst lernte ich die Soli, dann die Akkorde.“
Doch auch damit konnte er schon früh Anschluss an Gleichgesinnte finden, die bereit waren, es mit ihm zu versuchen. Angus erzählt: „Ich war klein, und ich ging immer gleich nach der Schule in diese Klubs. Die meisten Typen, die da rumhingen, waren viel älter und sahen wirklich hart aus. Irgendwie fanden sie aber Gefallen an mir und ließen mich in ihren Bands spielen, und als sie merkten, dass die Leute tatsächlich wegen mir in ihre Konzerte kamen, machten sie sogar Werbung mit meiner Person.“
Die älteren Musiker kündigten Angus oft als den „Babystar“ an ‒ schließlich war er noch minderjährig. Angus erzählt aus der Zeit: „Die Klubbesitzer fragten: ,Wie alt ist der Kleine?‘ Wir mussten lügen und sagen: ,Ach, das ist doch ein Liliputaner.‘ Damit kam ich immer rein.“
Schon damals wusste Angus, dass es genau das war, was er im Leben anfangen wollte. „Ich steckte voller Energie und Tatendrang. Ich wollte es schaffen, und ich wusste, dass ich es schaffen würde. Ich wollte die Leute einfach nur auf mich aufmerksam machen. Ich ließ nicht locker und blieb immer dran.“
Wie man es an den australischen Schulen üblicherweise mit Kindern aus der Arbeiterklasse machte, so wurde auch Angus angeboten, kurz vor Vollendung seines fünfzehnten Lebensjahres zu gehen. Er nahm an. „Ein schönes Angebot war das!“, schnaubt er. „Wenn man nicht von selbst ging, wurde man rausgeschmissen. Wenn man im Jahr soundso oft gefehlt hatte, war man es einfach nicht wert, weiter unterrichtet zu werden.“
Angus erinnert sich folgendermaßen an seinen Fall: „Ich war vierzehn und neun Monate ‒ mit diesem Alter endete die gesetzliche Schulpflicht. Der Schulleiter ließ uns in einer Reihe antreten und sagte: „Morgen, Jungs. Nun, eure Zeit ist gekommen ‒ ihr wisst schon: Ihr habt das Alter erreicht ... Mr. Young, Sie sind faul, Sie sind ständig abwesend, also schlage ich vor, ...‘ Wenn man damals in Australien aus einer Arbeiterfamilie kam, hatte man im Leben keine große Wahl. Malcolm und ich entschieden uns für die Fabrik.“
Während sich Angus vorübergehend als Hausmeister verdingte und eine Lehre als Schriftsetzer anfing – in der Druckerei wurde unter anderem das Softporno-Magazin Ribald hergestellt –, arbeitete Malcolm als Nähmaschinenmechaniker in einer Büstenhalterfabrik. Während sie tagsüber in ihren unbefriedigenden Jobs schufteten, nutzten sie ihre Freizeit, indem sie nach Feierabend in verschiedenen Sydneyer Bands spielten.
1971 schloss sich der achtzehnjährige Malcolm einer Gruppe an, die sich merkwürdigerweise den Namen Velvet Underground gegeben hatte. Sie hatte nichts mit der gleichnamigen legendären New Yorker Band von Lou Reed und John Cale zu tun, sondern war 1967 in Newcastle 100 Kilometer nördlich von Sydney gegründet worden. Nachdem sie ihr Lager in der Metropole aufgeschlagen hatten, holten sie sich Andy Imlah als Sänger und Malcolm als Gitarristen und nahmen auf dessen ausdrücklichen Wunsch auch mehrere Stücke seines damaligen Idols Marc Bolan ins Programm, das im übrigen aus Material von amerikanischen Westküstenbands wie den Doors oder Jefferson Airplane bestand. Die Gruppe war in den Sydneyer Tanzklubs gern gesehen. Malcolm konnte seinen Job an den Nagel hängen und verdiente seinen Lebensunterhalt fortan durch die Musik.
Er arbeitete nun ununterbrochen an seiner Musikerkarriere. Er war festes Mitglied bei Velvet Underground, spielte aber auch oft am selben Abend noch mit seinen Bandkameraden als Begeitgruppe von Ted Mulry, der ebenfalls bei Albert Productions war. Jedoch war die Musik von Velvet Underground nicht das, was ihm eigentlich vorschwebte, besonders seit er Gefallen an Deep Purple gefunden hatte, und als er ihr einfallsloses Programm überhaupt nicht mehr ertragen konnte, verließ er Ende 1972 die Gruppe mit dem Entschluss, eine eigene Band zu gründen, in der er sich musikalisch besser würde verwirklichen können.
Nach der Auflösung der Easybeats waren George Young und Harry Vanda nach Australien zurückgekehrt, um als Komponisten- und Produzentenduo für Albert Productions zu arbeiten. Das Gespann Vanda/Young sollte schließlich noch durch die Arbeit mit AC/DC und anderen Gruppen wie Rose Tattoo und Angel City eine neue, zeichensetzende Art von rauem australischem Hardrock prägen. Im Jahre 1973 jedoch arbeiteten George und Harry an einer eigenen Schallplatte, Tales Of Old Granddaddy. Sie nannten sich für dieses Projekt Marcus Hook Roll Band. Mehr zum Zeitvertreib hatten sie schon in London, wo sie sich seit ihrer Zeit mit den Easybeats hauptsächlich aufgehalten hatten, ein paar Lieder unter diesem Namen aufgenommen, aber nachdem der amerikanische Zweig von EMI Interesse bekundet hatte, wurde nun in Sydney ernsthafter an einer Langspielplatte gearbeitet. Dafür wurden Georges jüngere Brüder als zusätzliche Gitarristen angeheuert.
„Das war die erste Sache, die Malcolm und Angus vor AC/DC machten“, erzählte George später dem altgedienten australischen Musikjournalisten Glenn A. Baker. „Wir nahmen das Ganze nicht so ernst, und deshalb ließen wir sie mitmachen. So konnten sie mal sehen, wie es in einem Aufnahmestudio so zugeht.“
Die Arbeit mit George und Harry an Tales Of Old Granddaddy, heute übrigens ein begehrtes Sammlerstück, machte Malcolm klar, dass es mit dem Grundgedanken des Rock’n’Roll unvereinbar sei, alle Instrumente getrennt aufzunehmen und die Tonspuren nachträglich zusammenzumischen. Seine eigene Band würde das bestimmt nicht so machen. Malcolm hatte schon recht klare Vorstellungen von der Gruppe, in der er spielen wollte.