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3.2 Planen der Geländearbeit

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Geländearbeit ist erfahrungsgemäss mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie sorgfältige und umfassende Vorbereitungen treffen. Sie müssen sich gut überlegen, welche Daten Sie zu welchem Zweck im Gelände erfassen wollen. Die zu erhebenden Daten sind selbstverständlich von Ihrer Fragestellung abhängig. Die folgenden beiden Beispiele sollen Ihnen zeigen, welche Überlegungen Sie vor der Erhebung der Daten im Gelände machen müssen.

Sie möchten herausfinden, wie sich ein Quartier in Ihrer Stadt in den letzten Jahren oder Jahrzehnten verändert hat. Interessiert Sie vor allem die bauliche Entwicklung (alter Baubestand, Zustand der Häuser, Renovationen, Neubauten)? Oder möchten Sie herausfinden, wie die Gebäude früher und heute genutzt wurden (Wohnen, Restaurant, Gewerbe, Einkaufen)? Vielleicht interessieren Sie sich eher für die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers (Familiengrössen, Altersstruktur, soziale Schicht, Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld und der Infrastruktur)? Oder sogar für alle diese Aspekte?


Abbildung 3.1: Wer wohnt in diesen Häusern in der Lorraine? Wann sind die Häuser gebaut worden, welche Veränderungen haben sie seither erfahren (siehe Abbildung 3.11)?

Aus den abgeleiteten Fragestellungen und Arbeitshypothesen ergeben sich einerseits die Merkmale (Variablen) und deren Ausprägungen (siehe Abschnitt 6.1), die Sie vor Ort erfassen müssen, andererseits die Methoden, mit deren Hilfe Sie die Informationen gewinnen wollen. Machen Sie Beobachtungen, Umfragen oder Zählungen auf der Strasse oder vielleicht Messungen (zum Beispiel zum Lärmpegel)? In jedem Fall lassen sich die erhobenen Daten auf einer Karte oder einem Plan darstellen, und die räumliche Verteilung der Merkmale lässt sich so veranschaulichen.

Ein anderer Untersuchungsraum findet sich im Hochgebirge: Die Gletscher schmelzen und geben ein Gebiet frei, das unter Umständen während mehrerer Jahrhunderte bis Jahrtausende von Eis bedeckt war. Nun möchten Sie herausfinden, wie sich die Vegetation in diesem Gletschervorfeld entwickelt hat. Sie könnten zum Beispiel den Bedeckungsgrad (Prozentanteil des Bodens, der von Vegetation bedeckt ist) abschätzen. Oder Sie könnten versuchen, auf einer bestimmten Fläche die Pflanzen zu zählen und deren Arten zu bestimmen. Oder Sie machen am besten beides. Aus diesen Beobachtungen und Zählungen könnten Sie dann Rückschlüsse auf die Wiederbesiedlung des Gletschervorfelds mit Vegetation – die sogenannte Sukzession – ziehen.


Abbildung 3.2: Das Abschmelzen des Steingletschers legt Moränenwälle und das Gletschervorfeld frei. Wie entwickelt sich die Vegetation auf diesen Flächen?

Wie Sie sicher beim Lesen der Beispiele schon festgestellt haben, braucht es – unabhängig von der genauen Fragestellung und vom konkreten Untersuchungsraum – gute Kenntnisse über die Gegebenheiten im Gelände. Ein wichtiger Schritt bei der Planung einer Datenerhebung im Gelände ist daher immer eine Ortsbegehung. Suchen Sie Ihren geplanten Untersuchungsraum auf, machen Sie sich ein Bild der Verhältnisse vor Ort, überprüfen Sie die Zugänglichkeit: Ist der Innenhof auch für Nicht-Hausbewohnerinnen und Nicht-Hausbewohner offen? Kann ich den Fluss im Gletschervorfeld ohne grossen Umweg überqueren? Halten Sie Ausschau nach günstigen Standorten für Befragungen, Beobachtungen oder Messungen. Tools wie zum Beispiel «Google Street View» sind zwar gute Planungshilfen, ersetzen aber den persönlichen Besuch im Untersuchungsraum nicht.

Das weitere Vorgehen lässt sich in folgende Schritte gliedern:

Beschaffen einer Grundlagenkarte: Da Sie sich ja im Gelände zurechtfinden und bestimmte Stellen für die Datenerhebung aufsuchen müssen, brauchen Sie eine Karte oder einen Plan Ihres Untersuchungsraums.

Beispiel Stadtquartier: Am besten eignet sich ein Plan mit einem grossen Massstab (zum Beispiel 1: 2000). Darauf müssen alle Strassen, Plätze und sogar die einzelnen Häuser klar erkennbar sein, damit Sie die erhobenen Daten zum Beispiel einer einzelnen Hausnummer zuordnen können. Achten Sie darauf, dass der Plan möglichst aktuell ist.

Beispiel Gletschervorfeld: Hier ist eine topografische Karte (zum Beispiel 1: 25 000) am besten geeignet, da das Untersuchungsgebiet weitläufiger ist.

In beiden Fällen müssen Sie unter Umständen die Karten- und Planausschnitte für die Arbeit vor Ort noch digital vergrössern, wenn Sie eine kleinräumige und differenzierte Kartierung machen wollen.

Abgrenzung des Untersuchungsraums: Das Gebiet, in dem Sie Daten erheben wollen, müssen Sie genau abgrenzen. Selbstverständlich können Sie die Abgrenzung aufgrund Ihres Untersuchungskonzepts und Ihrer Fragestellung begründen.

Beispiel Stadtquartier: Welche Häuser, Strassen und Plätze gehören in Ihr Untersuchungsgebiet? Wo verläuft die Grenze zu den umgebenden Quartieren, die Sie nicht untersuchen? Warum verlaufen die Grenzen Ihres Untersuchungsgebiets genau dort?

Beispiel Gletschervorfeld: In welchem Perimeter (von einer Grenze eingefasstes Gebiet) führen Sie Ihre Untersuchungen und Beobachtungen durch? Gehört die Moräne von 1850 noch dazu, oder verläuft die Abgrenzung näher bei der Gletscherzunge?


Abbildung 3.3: Lorraine-Quartier in Bern,Abbildung 3.4: Vorfeld des Steingletschers

Vorbereiten eines Protokollblatts: Um die Daten systematisch erfassen zu können, brauchen Sie ein zweckmässiges Formular. Darauf halten Sie Beobachtungsstandort, Beobachtungszeitpunkt sowie alle erfassten Daten fest. Das Erfassen der Daten erfolgt gemäss den ausgewählten Merkmalen (Variablen) und deren Ausprägungen. So können Sie auch später jede Beobachtung oder Messung punktgenau im Gelände verorten.


Abbildung 3.5: Protokollblatt für eine Vegetationsaufnahme in einem Gletschervorfeld


Abbildung 3.6: Protokollblatt für eine Nutzungskartierung im Quartier

Beschaffen und Bereitstellen von Material und Messapparaturen: Eventuell brauchen Sie Geräte oder weiteres Material, um die Untersuchungen vor Ort durchzuführen.

Beispiel Stadtquartier: Für Interviews mit den Bewohnerinnen und Bewohnern leistet ein Aufnahmegerät (zum Beispiel ein Smartphone) gute Dienste. Sie können sich während des Interviews aufs Gespräch konzentrieren und das aufgenommene Interview später in aller Ruhe auswerten.

Beispiel Gletschervorfeld: Um einen genau definierten Standort aufzusuchen, müssen Sie Ihre Position präzise bestimmen können. Sie nehmen also ein GPS-Gerät mit (oder laden sich eine entsprechende App auf Ihr Smartphone). Wertvolle Dienste kann auch eine Kamera leisten, welche die einzelnen Fotos georeferenziert, das heisst jedem Bild den genauen Aufnahmestandort zuordnet. Sie können später jeden Aufnahmestandort – und folglich jedes Bildmotiv – exakt auf einer Karte oder zum Beispiel in «Google Earth» eintragen. Falls Sie an Ihren Untersuchungsstandorten Bodenproben nehmen wollen, brauchen Sie mehrere Behälter für den Transport. Zudem brauchen Sie einen wasserfesten Stift oder vorbereitete Klebeetiketten, um die Behälter mit den Bodenproben sofort zu beschriften. Vielleicht haben Sie vor, einfache Untersuchungen direkt vor Ort vorzunehmen: Vergessen Sie die notwendigen Chemikalien nicht.


Aufgabe 3 Verkehrszählung vorbereiten

Sie planen eine Verkehrszählung an einer stark befahrenen Strasse in Köniz, einer Vorortsgemeinde von Bern. Sie wollen herausfinden, wie gross das Verkehrsaufkommen ist und mit welchen Verkehrsmitteln die Leute unterwegs sind. Als Vorbereitung Ihrer Messkampagne überlegen Sie sich folgende Fragen:

(1) Welche Kartengrundlagen brauche ich dazu?

(2) Wie grenze ich mein Untersuchungsgebiet ab?

(3) Welche Merkmale mit welchen Ausprägungen sind zu protokollieren?

(4) Brauche ich zusätzliches Material?

a) Versuchen Sie, obige Fragen stichwortartig zu beantworten.

b) Welche weiteren Aspekte müssen Sie beachten, um die Zählungen möglichst ohne Zwischenfälle durchführen zu können und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen?

Forschen, aber wie? (E-Book)

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