Читать книгу Mit ganzer Härte - Martin Philipp - Страница 9

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Ab diesem Zeitpunkt nahm mein Schicksal seinen Lauf!

Als wir an der Disco ankamen, tummelten sich bereits mehrere gewaltbereite Jugendliche um den Türsteher. Er verwehrte ihnen anscheinend den Zutritt. Unser Stadtführer kannte den Security offenbar, und uns wurde Einlass gewährt. Den Missmut der Ausgesperrten konnte man förmlich spüren. Und das bestätigte sich, als der Letzte in unserer Reihe grundlos einen Faustschlag ins Gesicht erhielt. Wir schenkten diesem unschönen Zwischenfall nicht viel Beachtung und verblieben noch einige Zeit in diesem Laden.

Beim Verlassen des Lokals trafen wir keinen aus dieser Gruppe mehr an. Es lagen Fahrräder und Mülltonnen auf der Straße, und durch die Unterhaltung herumstehender Passanten bekamen wir mit, dass hier kürzlich randaliert wurde. Da aber die Nacht bereits fortgeschritten war, machten wir uns auf den Weg zum Parkdeck. Wir wollten nach Hause fahren. Nichts ahnend liefen wir die schmale Gasse hoch.

Hier lauerte uns die besagte Gruppe auf und fing an grundlos auf uns einzuschlagen. Plötzlich wurde ich von links angerempelt. Als ich mich in diese Richtung drehte, erhielt ich einen Schlag mitten ins Gesicht. Dieser Faustschlag sollte mein ganzes Leben verändern! Ich war sofort bewusstlos. Was anschließend geschah, weiß ich nur durch die Erzählungen meiner Ringerkollegen.


Durch diese schmale Gasse liefen wir in unser Unglück.

Ich fiel ungebremst mit dem Hinterkopf auf das Straßenpflaster und brach mir den Schädelknochen. Drei der Angreifer haben mich anschließend in meiner Wehrlosigkeit misshandelt, das heißt, sie sprangen auf mir herum. Meine linke Rippenhälfte wurde durch Tritte verletzt, mein Schädel auf der rechten Seite zertrümmert. Und unter der Haut meines rechten Oberschenkels lief das Blut zusammen.

Meine Kollegen konnten mir nicht helfen, da fast an jedem mehrere Schläger hingen. Einem aus unserer Gruppe wurde durch mehrere Hiebe das Jochbein gebrochen. Ein anderer fiel nach einem Schlag rückwärts gegen eine Schaufensterscheibe. Man kann nur von Glück reden, dass die Scheibe standhielt, sonst wäre wahrscheinlich noch Schlimmeres passiert.

Diese für uns aussichtslose Situation zog eine Menge Zuschauer an. Der Lärm dieses Spektakels trieb viele Anwohner an die Fenster. Uns zu helfen, daran dachte leider keiner. Scheinbar war „Zivilcourage“ zu viel verlangt. Die Polizei wurde dagegen mehrfach alarmiert.

Nur zwei US-Soldaten, die an diesem Abend zivil unterwegs waren, schritten ein. Sie haben mich aus dem Pulk dieser Massenschlägerei geborgen und verteidigten mich gegen weitere Angriffe der Schläger, die noch immer im Blutrausch waren. Die beiden retteten mir im wahrsten Sinn des Wortes das Leben. Denn ein weiterer Tritt auf den Kopf hätte mir wahrscheinlich bereits vor Ort das Leben gekostet. Leider habe ich von meinen beiden Rettern nie wieder etwas gehört.

Als die Polizei und die Sanitäter am Tatort eintrafen, waren die Täter bereits über alle Berge.

Jeder Mensch versucht sein Schicksal zum Guten hin zu ändern, wo er nur kann. Doch für mich war es zu spät.

Ich wurde mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme der städtischen Kopfklinik gebracht. Dort stellte man ein Schädel-Hirn-Trauma dritten Grades fest. Die Ärzte kamen zu der Einschätzung, dass ich die Verletzungen wahrscheinlich nicht überleben würde. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch initial wach. Das bedeutet, ich befand mich im Anfangsstadium eines Krankheitsverlaufs. In meinem Fall war es die Anfangssymptomatik einer Gehirnblutung.

Mitten in der Nacht wurden meine Eltern verständigt. Weiter bereiteten die Ärzte sie auf die geringen Überlebenschancen ihres Sohnes vor. Da auf der Intensivstation zu dieser Zeit kein Platz für mich war, wurde ich mit dem Rettungshubschrauber in die Uniklinik meiner Heimatstadt geflogen.

In der Neurochirurgie wurde mir eine Hirndrucksonde eingesetzt. Als der Druck immer höher wurde, entschlossen sich die Ärzte meinen Kopf zu öffnen. Zuvor musste ein Richter diese Operation freigeben. Da ich volljährig war, konnten meine Eltern diese Entscheidung nicht treffen. Gestützt durch die Einschätzungen der Ärzte, stimmte der Richter dem Vorhaben zu. Ich denke, meine Eltern waren nicht unbedingt scharf darauf, in diesem Moment mit dem Richter zu tauschen. Wo doch keiner wusste, wie der Eingriff ausgehen würde.

Da ich noch initial wach war, wurde ich in ein künstliches Koma versetzt. Ohne diese lange Vollnarkose hätte ich die Schmerzen wahrscheinlich nicht überlebt. In einer Notoperation wurde mein bereits zertrümmerter Schädel noch weiter geöffnet. Es sollten eine Entlastungsdekompression rechts und die Ausräumung der Kontusionsblutung frontal durchgeführt werden. Weiter wurde durch Bohrlöcher und Deckelfäden eine Schädeldachplastik eingesetzt. Eine Drainage ließ weitere Blutungen ablaufen.


Nach diesem Eingriff konnte keiner sagen, wie es mit mir weitergeht. Der Oberarzt meinte meinen Eltern gegenüber, dass es nicht abzusehen ist, ob ich nochmal aufwache. Wenn es aber der Fall sein sollte, wäre ich wahrscheinlich linksseitig gelähmt. Es bestünde aber auch die Möglichkeit, dass ich nicht mehr reden oder denken kann.

Durch die Schädelverletzung kam es zu einem subduralen Hämatom sowie zu einer Subarachnoidalblutung rechts frontotemporal. Darüber hinaus bestand eine Kontusionsblutung rechts. Das alles bedeutete, dass die linke Motorik, das Sprachzentrum und das Gedächtnis beeinträchtigt sein konnten. So lautete die Theorie. Die Praxis jedoch zeigte sich nach einer gewissen Zeit von selbst.

Diese Botschaft hatten meine Eltern erst mal zu verdauen. Zu allem Übel zeichnete es sich zu dieser Zeit langsam ab, in welcher Richtung es bei meinem Bruder weitergehen würde.

Mit ganzer Härte

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