Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 2 - Martina Meier - Страница 12
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Die kleine Schneeelfe
„Es beginnt zu schneien!“ Die kleine Schneeelfe flatterte mit ihren Flügeln und umschwirrte ihren Vater. „Dann ist heute dein großer Tag gekommen.“ Ihr Vater stand von seiner Wolke auf und die Sonne, die hier über den Wolken immer schien, leuchtete durch ihn hindurch. Er kniete sich vor ein Loch in den Wolken und sah hinunter. Die weißen Flocken rieselten langsam der Erde entgegen.
Er nahm drei Stränge von der Wolke ab und flocht sie zu einem Zaumzeug zusammen „Such dir eine Schneeflocke aus, ich fang sie für dich ein.“
„Die dort mit den schönen Zacken, die bläulich schimmern.“
Der Vater fing die Flocke ein. Die kleine Elfe hüpfte von einem Bein auf das andere, dass die Wolkenfetzen davon stoben. Der Vater setzte die Elfe auf den sechszackigen Kristall, drückte ihr das Reitgeschirr in die Hand und gab der Schneeflocke einen Schubs. Sie fiel durch das Loch in der Wolkendecke. „Viel Vergnügen bei deinem ersten Ausflug und verflieg dich nicht!“, rief er seiner Tochter hinterher.
Die Schneeelfe jauchzte vor Freude. Der Wind griff mit seinen starken Händen nach ihr und wehte ihr das silberne Haar ins Gesicht. Mal blies der Wind sie nach rechts, dann ging es wieder steil der Erde entgegen, bis die Schneeflocke von einer besonders heftigen Böe wieder hinaufgetragen wurde. „Das ist die falsche Richtung. Bitte trage mich hinunter zur Erde.“ Aber die Schneeflocke konnte gegen den starken Sturm, der einsetzte, nichts ausrichten. Sie wurde umhergewirbelt und die Elfe war froh, sich am Zaumzeug festhalten zu können. „Jetzt sind wir wieder über den Wolken.“ Enttäuscht sah sie sich um.
Da erkannte sie, dass sie der Wind weit von Zuhause fort über die Wolken geblasen hatte. Vor ihr stand ein Schloss, ganz aus Eis und Schnee. Die Türme stachen wie spitze weiße Dolche in den blauen Himmel. Die Flocke, auf der die Elfe ritt, hielt direkt auf ein eisiges Fenster in einem der Türme zu. Auf dem Fenstersims verschmolz die Flocke mit dem dort liegenden Schnee. Die Elfe nahm das Zaumzeug in die Hand und schlüpfte durch den Spalt des angelehnten Fensters in das Schloss. Eiskristalle wanden sich wie Schlingpflanzen um eisige Säulen herum. In der Mitte der Halle stand erhöht ein Thron aus Kristall. Die zarten Schritte der Elfe auf der glatten Eisfläche hallten im Raum wider. Vor den acht breiten Stufen, die zum Thron führten, hielt sie an.
„Komm nur herauf, meine Kleine.“ Erschrocken schwirrte die Elfe zurück. Auf dem Thron saß jemand. Er schien aus Eis gemacht.
„Wer bist du?“
„Ich bin der Eiskönig. Du solltest mich eigentlich kennen, ich bin dein König!“ Der Regent lachte so laut, dass das ganze Schloss zu klirren begann und die Elfe Angst bekam, das Gebäude könne einstürzen.
„Oh, ich habe einen König, das wusste ich nicht.“ Sie sah sich verstohlen um. An den Wänden saßen erstarrte Figuren auf dem Boden. „Wer sind die und warum sind sie aus Eis?“
„Ach die sind unwichtig! Setz dich hier neben mich. Ich habe ein Eis für dich.“ Der König sah sie aus schwarzen Augen an und beugte sich ihr mit einem blauen Eis in der Hand entgegen. Sie überlegte. Alle Eisfiguren hatten ein blaues Eis in der Hand. „Ich möchte kein Eis und ich bleibe lieber stehen, nachher frieren meine Flügel noch fest.“
„Was, du wagst es, deinem König zu widersprechen?“ Er stand auf und trat die erste Stufe hinunter auf die Elfe zu. Erschrocken drehte sie sich um und sauste so schnell ihre fast steif gefrorenen Flügel es erlaubten zur Saaltür hinaus und über die riesige Eistreppe herunter in die düstere Eingangshalle. Der König stapfte ihr die Stufen der Freitreppe hinterher.
Die Elfe rüttelte am Eingangstor. Es war verschlossen. Aber im unteren Drittel der Tür befand sich eine kleine Klappe für einen Wolkenhund. Die Elfe hob die Eisplatte vor dem Durchlass an und schlüpfte hindurch. Hinter sich hörte sie die Faust des Königs gegen die Tür schlagen. Das Eis knackte unter dem Hieb, brach aber nicht. Die Tür war zugefroren, der König in seinem Schloss gefangen, die Elfe jedoch war frei.
Es schneite noch immer und die Elfe fing geschickt eine Schneeflocke ein. Ein kräftiger Windstoß brachte sie von dem Schloss fort. Bald säuselte der Wind nur noch schwach und so schwebte sie ruhig hinunter.
Direkt in einem Kamin landete sie. Langsam glitt sie durch die Dunkelheit des kalten Schornsteins in das Haus der Menschen. Die Elfe sprang von der auf den Holzscheiten gelandeten Schneeflocke hinunter und versteckte sich hinter der neben dem Kamin hängenden Ascheschaufel. Mit großen Augen sah sie zu dem Holztisch in der Mitte des Raumes hin. Auf ihm lag ein Kranz aus Tannengrün, geschmückt mit roten Schleifen und golden angemalten Tannenzapfen. Vier dicke rote Kerzen leuchteten um die Wette. Am Tisch saß eine Familie und sang „Wir sagen euch an den lieben Advent“. Verzückt trat sie einen Schritt hinter der Schaufel hervor. Da sprang ein Hund bellend unter dem Tisch hervor. Erschreckt flog die Elfe auf.
„Wotan, was soll das?“ Die Familie hatte zu singen aufgehört und sah dem Hund bei seiner wilden Jagd durch das Esszimmer zu. Die Schlappohren flogen mit jedem Sprung in die Luft wie die Zöpfe eines Mädchens beim Seilhüpfen. „Da glitzert was in der Luft!“ Johannes sprang von seinem Stuhl auf und rannte dem Hund hinterher. Der Vater ging in die Küche und kam mit einem Käscher und Einmachglas wieder. Der Mann suchte nach dem flirrenden Ding und schwang den Käscher danach. Er griff in das Netz, holte die Elfe heraus, stellte sie auf den Esstisch und stülpte das Einmachglas darüber.
„Was ist das?“ Anne und Johannes stießen mit den Köpfen zusammen, als sie sich über das Glas beugten. „Ich würde sagen, eine Elfe.“ Der Vater betrachtete den Fang von vorne durch das Glas.
„Was essen die denn? Wir müssen sie doch füttern.“ Meinte Anne. Sie rieb sich die Stirn, die von dem Zusammenprall mit ihrem Bruder schmerzte.
„Wir werden nichts anderes tun, als sie wieder freizulassen.“ Die Mutter hob das Glas an.
Schnell legte der Vater die Hand auf das Gefäß und drückte es wieder hinunter „Bist du verrückt? Wer fängt schon eine Elfe? Das ist ganz was Besonderes!“
„Ja, sie ist was Besonderes und deshalb sollten wir sie frei lassen. Seht nur, wie sie die Flügel hängen lässt. Und sie wird ganz grau.“
In diesem Moment kippte der Elfe um und rührte sich nicht mehr. „Sie hat keine Luft mehr bekommen!“ Anne fegte die Hände ihrer Eltern vom Glas und drehte es schnell um „Quatsch, so schnell kann sie die Luft gar nicht verbraucht haben.“
Ihr Bruder griff nach der Elfe und legte sie sich auf seine flache Hand. „Sei vorsichtig, die Flügel sehen ziemlich zerbrechlich aus.“
„Sie sind noch dran, oder?“ Er warf seiner Mutter einen bösen Blick zu.
„Seht nur, sie wird wieder etwas durchsichtiger.“
Die Elfe versuchte einige kurze Schläge mit den Flügeln. Die brachten sie von der Handfläche des Jungen nah an einer Kerzenflamme vorbei bis in die Mitte des Adventkranzes. Die Kinder atmeten auf.
„Lasst sie einfach in Ruhe. Für euch ist nun Zubettgehzeit.“
„Du schickst die Kinder ins Bett, wo wir eine Elfe im Haus haben, das kann doch nicht dein Ernst sein!“
Die Elfe war so müde von dem aufregenden Tag, dass sie sich in eine der roten Schleifen einwickelte, prompt einschlief und verschwand.
„Wo ist eine Elfe in diesem Haus?“, fragte die Mutter verschmitzt.
Wenn Elfen einschlafen, wachen sie jedes Mal Zuhause wieder auf. Deshalb dauert der Ausflug einer Elfe nur so lange, wie sie wach bleiben kann.
Silke Höpers ist 37 und von Beruf Sekretärin. Sie lebt in einer Kleinstadt an der holländischen Grenze. Der zeitintensive Beruf, Haus und Garten lassen ihr wenig Zeit zum Schreiben. Aber wenn sie schreibt, dann mit allen Sinnen. Dabei können sich die Themen am direkten Zeitgeschehen orientieren oder einfach nur ihrer Fantasie entspringen.