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Hollywood und sein Selbstbild
ОглавлениеIn seiner 100-jährigen Geschichte machte Hollywood mehr als einmal sich selbst zum Thema. So entstand eine Vielzahl an amüsanten, hintergründigen und auch ernsthaften Filmen, die sich mit den unterschiedlichsten Aspekten des Filmemachens und dem Alltag in der Traumfabrik beschäftigen.
Am 27. Oktober 1911 wurde mit den Nestor Studios das erste Filmstudio in Hollywood eröffnet und in der Folge begann der Aufstieg dieses Stadtteils von Los Angeles hin zu seinem heutigen Weltruhm. Er ist geradezu zum Synonym für die amerikanische Filmindustrie geworden. Dabei entstanden die ersten amerikanischen Filme eigentlich an der Ostküste, in New York. Doch dort gerieten die Filmemacher in einen Patentstreit mit Thomas Alva Edison und dessen Firma, die die Patente am gängigen Filmequipment hielten. Um den Handlangern von Edisons Firma zu entgehen und keine horrenden Zahlungen leisten zu müssen, hatte bereits 1910 der berühmte Regisseur D. W. Griffith den ersten Film in Hollywood gedreht. Nach den Nestor Studios siedelten dann zahlreiche weitere Studios nach Hollywood über. Das warme kalifornische Wetter, das unabhängig von der Jahreszeit Dreharbeiten unter freiem Himmel erlaubte, war ein weiterer Grund, Filmproduktionen hierher zu verlegen.
Hollywood wuchs und wuchs und zog bald auch zahlreiche ausländische Regisseure und Schauspieler an, die hier bessere Produktionsbedingungen als in ihrer Heimat vorfanden. Bis in die späten 20er-Jahre wurden in Hollywood Stummfilme gedreht, dann erschien 1927 mit Der Jazzsänger der erste Tonfilm in Spielfilmlänge. Damit begann für Hollywood seine goldene Ära, denn das Kino wurde nun endgültig zum Massenmedium und es etablierte sich gleichzeitig das Studiosystem: Einige wenige große Studios kontrollierten nicht nur die Produktion der Filme, sondern auch deren Vertrieb durch eigene Verleihfirmen und eigene Kinoketten. Alle Filmschaffenden waren Angestellte eines bestimmten Studios und jedes Studio hatte seinen eigenen Stil, Filme zu machen. Trotz dieses eigentlich restriktiven Systems und der damals herrschenden (Selbst-)Zensur entstanden viele Filme, die noch heute als Klassiker gelten. So ist es auch kein Zufall, dass viele Filme über Hollywood in eben jener Ära zwischen dem Ende der 20er- und den 50er-Jahren angesiedelt sind.
Das Studiosystem begann ab den 40er-Jahren auseinanderzufallen. Die Studios mussten sich per Gesetz von ihren Kinoketten trennen und verloren allmählich ihre Monopolstellung. Hollywood geriet in den 60er-Jahren – auch bedingt durch den Aufstieg des neuen Mediums Fernsehen – in eine Schaffenskrise. Die wurde jedoch von den Regisseuren des „New Hollywood“ beendet. Nachdem 1968 die Filmzensur endgültig abgeschafft war, entstanden wieder zahlreiche innovative Filme in Hollywood. Ende der 70er-Jahre kam dann das Blockbuster-Kino auf, das Hollywood bis heute dominiert. Doch daneben werden in der Traumfabrik immer wieder kleine, feine Filme gedreht, die nicht selten auch das Filmemachen selbst zum Thema haben.
Filme über Schauspieler
Die wichtigsten Aushängeschilder Hollywoods waren stets seine Schauspieler, die von den Filmstudios geschickt zu Stars aufgebaut wurden und werden. Um sie geht es daher auch im ersten Kapitel des Buchs. Dass das Leben als Hollywood-Star auch Schattenseiten hat, wird einem beim Betrachten der hier vorgestellten Filme sehr schnell klar. Denn die Filmindustrie ist äußerst schnelllebig: Wer gestern noch ein Star war, wird möglicherweise heute schon nicht mehr gebraucht. Für Schauspielerinnen gilt dies noch mehr als für ihre männlichen Kollegen, denn für ältere Frauen gibt es meist nur wenige Rollen.
Boulevard der Dämmerung handelt von einer Schauspielerin, die zu Stummfilmzeiten ein Star war, doch mit dem Einzug des Tonfilms in Vergessenheit geraten ist. In einer großen einsamen Villa verfällt sie allmählich dem Wahnsinn. Drei junge Frauen machen in Das Tal der Puppen Karriere im Showgeschäft, doch sie lernen sehr schnell dessen Schattenseiten kennen. Beruflicher Druck und private Probleme lassen alle drei schließlich zu Pillen, den sogenannten Puppen, greifen. Auch in Grüße aus Hollywood geht es um Drogensucht und eine Schauspielerin im Zentrum der Handlung. Der auf einem autobiografischen Roman beruhende Film beschäftigt sich allerdings nicht auf ernste, sondern auf komische Weise mit dem Thema.
Filme über Regisseure und Autoren
Das zweite Kapitel widmet sich den wichtigsten kreativen Köpfen hinter jeder Filmproduktion: den Regisseuren und Autoren. Sie stehen in einem ständigen Konflikt zwischen künstlerischem Anspruch und dem Zwang zum kommerziellen Erfolg. Dass der künstlerische Anspruch aber oft auch einer sehr subjektiven Wahrnehmung unterliegen kann, zeigen die beiden vorgestellten Filme recht deutlich.
In Barton Fink leidet ein aus New York stammender Theaterautor im Hollywood der 40er-Jahre unter einer Schreibblockade. In Hollywood sieht er sich aber nicht nur dem Druck eines ungeduldigen Produzenten ausgesetzt, er scheitert letztlich auch an seinen eigenen Ansprüchen. Ed Wood hingegen beruht auf dem Leben des gleichnamigen Regisseurs, der als „schlechtester Regisseur aller Zeiten“ in die Filmgeschichte einging.
Filme über Produzenten
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den wahren Machern in Hollywood, den Produzenten und allen Geldgebern, die für die Filmproduktion verantwortlich sind. Sie bringen zumeist alle Kreativen gegen sich auf, da ihnen kommerzielle Kriterien zu oft wichtiger sind als der künstlerische Anspruch. Natürlich sind sie aber eigentlich gezwungen, wirtschaftlich sinnvoll zu arbeiten, da ohne Geld keine Filme gedreht werden könnten. In welche Schwierigkeiten Produzenten geraten können, zeigen die vier vorgestellten Filme.
Der letzte Tycoon spielt im Hollywood der 30er-Jahre. Der Film zeigt eine Zeit, in der das Studiosystem auf seinem Höhepunkt war. Die Verantwortlichen der Studios, wie der titelgebende Tycoon, verfügten über gewaltige Macht. Dagegen spielt The Player zwar in einer anderen Zeit (frühe 90er-Jahre) und ist außerdem als Satire angelegt, doch der Film hat mit Griffin Mill eine ganz ähnliche Hauptfigur – einen eiskalten Produzenten im Dauerstress, aber mit deutlich weniger Macht. Schnappt Shorty befasst sich mit den vielfältigen Parallelen zwischen der Filmproduktion in Hollywood und dem Handeln der Mafia. Die Satire zeigt die Welt der Filmschaffenden von ihrer brutalen Seite, nimmt sich dabei aber nie zu ernst. In Inside Hollywood schließlich geht es erneut um einen Filmproduzenten, der im Konflikt mit exzentrischen Künstlern steht.
Filme über Filmdreh und Alltag
Das vierte Kapitel behandelt Filme, in denen es um das Filmemachen selbst oder generell das Leben in Hollywood geht. Der Tag der Heuschrecke spielt in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg und beschäftigt sich mit den Verlierern, die am Rande der Traumfabrik erfolglos auf ihren Durchbruch warten. Sunset – Dämmerung in Hollywood spielt nur wenige Jahre früher (in den späten 20er-Jahren), ist jedoch weit weniger düster. In dem Film wird Wyatt Earp, eine Legende aus dem Wilden Westen als Berater an ein Filmset beordert. Aber er wäre natürlich kein echter Westernheld, wenn er nicht schon bald darauf mit einem Mordfall zu tun hätte. In Bowfingers große Nummer, der in den 90er-Jahren spielt, laufen die Dreharbeiten in äußerst ungewöhnlicher Art und Weise ab, denn der Hauptdarsteller ahnt gar nicht, dass er in einem Film mitspielt. Regisseur Bowfinger ist auf die Mitwirkung seines Stars angewiesen, obwohl der ihm bereits abgesagt hat: So filmt er ihn eben mit einer versteckten Kamera.
Hollywoods Selbstbild
Die zwölf Filme sind nur eine Auswahl all jener Produktionen, in denen sich Hollywood mit sich selbst beschäftigt, doch sie zeigen das weite Spektrum der möglichen Wahrnehmung der Filmindustrie. Mal ernst, mal komisch, mal sarkastisch zeigen sie die vielfältigen Akteure der Traumfabrik Hollywood und ihre Probleme. Immer wieder sind die Schattenseiten des Ruhms dabei ein Thema: der Hang zur Drogensucht, die Schnelllebigkeit des Showgeschäfts und die gravierenden Auswirkungen auf das Privatleben. Ein ständiger Konfliktpunkt ist zudem die (scheinbare) Unvereinbarkeit zwischen kommerziellen Interessen und künstlerischem Anspruch. Doch obwohl Hollywood sich selbst oft als Haifischbecken darstellt, zeigen die meisten Filme auch die Faszination, die das Filmemachen auf so viele Menschen ausübt und die die Traumfabrik Hollywood bis heute am Laufen hält.