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Boulevard der Dämmerung
(Sunset Boulevard) 1950

Boulevard der Dämmerung ist einer der bekanntesten und besten Filme, die je über Hollywood gedreht wurden. Er schildert die Geschichte einer alternden Filmdiva aus der Stummfilmära, die sich verzweifelt an die Hoffnung auf ein Comeback klammert.

Der Film beginnt mit einigen Polizeiautos, die zu einem Tatort gerufen werden. In einem Swimmingpool treibt die Leiche von Joe Gillis (William Holden). Die Stimme des Toten erzählt dem Zuschauer, wie es dazu kam: Gillis ist Drehbuchautor und lebt in einem kleinen Apartment in Hollywood. Er steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Auf der Flucht vor Gläubigern, die sein Auto einkassieren wollen, hat er eine Reifenpanne und landet auf einem verlassen wirkenden Grundstück. Es ist das Anwesen des ehemaligen Stummfilmstars Norma Desmond (Gloria Swanson). Ihr Butler Max von Mayerling (Erich von Stroheim) bittet Gillis herein. Als Desmond erfährt, dass Gillis Drehbuchautor ist, gibt sie ihm ein selbst verfasstes Drehbuch zum Lesen. Obwohl dieses katastrophal schlecht ist, verspricht Gillis, es gegen Geld zu überarbeiten. Norma Desmond arrangiert daraufhin seinen Umzug in ihre Villa und umgarnt ihn mit Geschenken. Gillis gerät in eine immer stärkere Abhängigkeit von der egozentrischen und einsamen Filmdiva und beginnt auch ein sexuelles Verhältnis mit ihr. Dies entwickelt sich zu einem Problem, als er anfängt, mit der ambitionierten jungen Autorin Betty Schaefer (Nancy Olson) zusammenzuarbeiten.

„Wir hatten Gesichter, wir brauchten keine Worte.“ Norma Desmond zu Joe Gillis

Idee und Drehbuch

Zu der Zeit, als der Film gedreht wurde, standen am Sunset Boulevard tatsächlich viele Prunkvillen, die zu Hollywoods Glanzzeit in den 20er- und 30er-Jahren von den damaligen Stars gebaut wurden. Beim Anblick dieser Villen fragte sich Regisseur Billy Wilder, wie die längst vergessenen Stars der Stummfilmzeit wohl ihren Lebensabend dort verbrachten und entwickelte daraus die Idee zu dem Film. Das Drehbuch verfasste er zusammen mit dem Autor und Produzenten Charles Brackett, mit dem Wilder bereits das 17. Mal zusammenarbeitete. Es sollte allerdings ihr letztes gemeinsames Werk werden, da es während der Dreharbeiten anscheinend zu einem schweren Streit zwischen beiden kam und sie fortan getrennte Wege gingen. Die Arbeiten an dem Buch gestalteten sich schwierig. Wilder engagierte als weiteren Autor den Journalisten D. M. Marshman jr., auf den er durch eine Filmkritik über einen seiner älteren Filme aufmerksam geworden war. Marshman war für die Einführung der Figur des Joe Gillis verantwortlich.

Da das Material des Films sehr heikel war und von den Filmstudios leicht als Nestbeschmutzung empfunden werden konnte, gab Wilder gegenüber den Paramount Studios an, einen Roman mit dem Namen A Can of Beans (zu deutsch Eine Dose Bohnen) zu verfilmen, der allerdings nie existierte. Das Studio ließ Wilder aufgrund vorangegangener Erfolge weitgehend freie Hand. Auch wurden die Skriptseiten stets einzeln abgeliefert, sodass der Gesamtzusammenhang lange im Dunkeln blieb. Als die Dreharbeiten zum Film begannen, war das Skript noch lange nicht fertig und auch der Schluss stand noch nicht fest.

Besetzung der Rollen

Die Suche nach der geeigneten Besetzung gestaltete sich schwierig. Besonders eine Schauspielerin für die Rolle der alternden Filmdiva zu finden, war eine komplizierte Aufgabe. Wilder und Brackett wollten am liebsten eine tatsächliche Schauspielerin der Stummfilmzeit, doch für die meisten wirkte die Rolle der Norma Desmond eher wie eine Beleidigung. So soll Mae West die Rolle abgelehnt haben, mit der Begründung, sie sei mit 50 Jahren viel zu jung, um einen ehemaligen Stummfilmstar zu spielen. Auch Mary Pickford und Greta Garbo lehnten die Rolle ab. Wilder bat schließlich seinen Regiekollegen George Cukor um Hilfe. Dieser schlug Gloria Swanson für die Rolle vor. Obwohl Swanson kein Comeback im Film plante, zeigte sie Interesse an der Rolle. Beinahe wäre die Zusammenarbeit aber doch noch geplatzt, als das Studio von ihr ein Vorsprechen verlangte, was Swanson als Beleidigung empfand. Cukor konnte sie jedoch davon überzeugen, zu dem Vorsprechen zu gehen, und sie bekam die Rolle.

Für die Rolle des Joe Gillis war Montgomery Clift vorgesehen, der sogar schon einen Vertrag unterschrieben hatte. Kurz vor Drehbeginn sagte er jedoch seine Beteiligung ab. Vermutlich war der Grund, dass er im wirklichen Leben mit einer 16 Jahre älteren Frau (der Sängerin Libby Holman) zusammen war und er befürchtete, die Rolle könnte deshalb zu viele Ähnlichkeiten mit seinem Leben aufweisen. Die Rolle ging stattdessen an William Holden.

Bezüge zum realen Leben in Hollywood

Nicht nur Gloria Swanson brachte viel Authentizität in den Film. Die Rolle des Max von Mayerling spielt der ehemals erfolgreiche Stummfilmregisseur und -schauspieler Erich von Stroheim, der wie Wilder Österreicher war. In einer Szene zeigt er einen Stummfilm, in dem Norma Desmond die Hauptrolle spielt. In Wirklichkeit stammt die Szene aus dem unvollendeten Film Queen Kelly, den Stroheim 1928/29 mit Gloria Swanson in der Hauptrolle drehte. Das Apartmenthaus „Alto Nido“, in dem Joe Gillis zu Beginn wohnt, war tatsächlich eine beliebte Unterkunft für aufstrebende Autoren. Auch „Schwab’s Pharmacy“, die Gillis mehrfach besucht, existierte wirklich und war ein gängiger Treffpunkt für Filmschaffende und solche, die es werden wollten.

Zudem treten in Boulevard der Dämmerung zahlreiche Personen als sie selbst auf. So spielen zum Beispiel in einer Szene die ehemaligen Stummfilmstars Anna Q. Nilsson, H. B. Warner und Buster Keaton mit Norma Desmond Bridge. In einer anderen Szene besucht Norma den Filmregisseur Cecil B. DeMille am Set des Films Samson und Delilah, den dieser damals tatsächlich gerade drehte. In einer der letzten Szenen ist Hedda Hopper zu sehen, die damals eine der bekanntesten Klatschreporterinnen in Hollywood war.

Nachdreh und Rezeption

Boulevard der Dämmerung hatte ursprünglich eine andere Anfangsszene als die heute bekannte. Sie spielte in einem Leichenschauhaus, in das gerade die Leiche von Joe Gillis geschoben wird. Dort werden alle Leichen wieder lebendig und Gillis erzählt, wie es zu seinem Mord kam. Bei zwei Testvorführungen brach das Publikum bei dieser Szene jedoch in schallendes Gelächter aus, was nicht beabsichtigt war. Deshalb wurde eine neue Anfangsszene gedreht, die Gillis’ Leiche im Swimmingpool zeigt. Sie wurde mit Hilfe eines Spiegels am Boden des Pools gedreht. Heute gehört die Szene zu den bekanntesten aus dem Film.

Boulevard der Dämmerung erhielt insgesamt gute Kritiken und wurde auch zu einem beachtlichen Publikumserfolg. Aufregung löste der Film jedoch in Hollywood aus. MGM-Gründer Louis B. Mayer beschimpfte Wilder nach der Premiere des Films als Verräter und Netzbeschmutzer. Auch andere Hollywoodgrößen reagierten mit Empörung. Trotzdem wurde der Film für elf Oscars nominiert und konnte immerhin drei gewinnen. Vom American Film Institute wurde er bereits zwei Mal in die Liste der besten 100 amerikanischen Filme gewählt. Zudem gehörte er zu den ersten 25 Filmen, die in das National Film Registry, ein Verzeichnis besonders erhaltenswerter amerikanischer Filme, aufgenommen wurden. Anfang der 90er-Jahre wurde der Filmstoff von Andrew Lloyd Webber, Don Black und Christopher Hampton in ein Musical umgearbeitet, das in London und am New Yorker Broadway große Erfolge feierte.

Schattenseiten Hollywoods

Eine der zentralen Figuren von Boulevard der Dämmerung ist die alternde Schauspielerin Norma Desmond. Sie wird als äußerst narzisstisch und egozentrisch dargestellt. So ist ihr ganzes Haus voll mit Bildern von ihr und ihre Lieblingsbeschäftigung ist das wiederholte Ansehen ihrer alten Publikumserfolge. Doch an ihr zeigt sich auch die Grausamkeit Hollywoods: Wurde sie einst auf Händen getragen, will nun kein Filmschaffender mehr etwas mit ihr zu tun haben und gilt sie mit ihren 50 Jahren als uralt. Statt diesen Tatsachen ins Auge zu blicken, flüchtet sich Norma Desmond jedoch in Tagträume und verdrängt die Realität. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Butler, der sie in ihren Phantasien bestätigt.

Der Film ist auch ein bissiger Kommentar auf den Schönheitswahn Hollywoods. Zeigt er doch ausführlich diverse schmerzhafte Prozeduren, denen sich Norma Desmond unterwirft, um wieder ein faltenfreies Gesicht zu haben. Auch Betty Schaefer wurde in gewisser Weise schon Opfer des Schönheitswahns: Sie erzählt in einer Szene, dass sie Schauspielerin werden wollte und sich die Nase operieren ließ, weil sie den Produzenten nicht gefiel. Dennoch klappte es nicht mit der Karriere vor der Kamera, weil ihnen anschließend Betty insgesamt nicht gefiel.

Infos zum Film

 Regie: Billy Wilder

 Drehbuch: Charles Brackett, Billy Wilder, D. M. Marshman jr.

 Darsteller: Gloria Swanson (Norma Desmond), William Holden (Joe Gillis), Erich von Stroheim (Max von Mayerling), Nancy Olson (Betty Schaefer)

Gloria Swanson


* 27. März 1899 in Chicago, Illinois, † 4. April 1983 in New York, New York

Gloria Swansons eigene Karriere hatte viel Ähnlichkeit mit der Karriere von Norma Desmond. Schon als Teenager arbeitete Swanson als Statistin beim Film, 1916 zog sie nach Kalifornien und erhielt 1919 einen Vertrag bei Paramount Pictures. In den folgenden Jahren spielte sie die Hauptrolle in zahllosen Stummfilmen, oftmals unter der Regie von Cecil B. DeMille. Sie wurde zu einem der größten Stars der Stummfilmzeit und war auch eine Modeikone. Ende der 20er-Jahre gelang ihr zwar der Übergang zum Tonfilm, doch nach einem Erfolg folgten in den 30er-Jahren viele Flops. Anders als Norma Desmond erkannte Swanson nun jedoch, dass sie den Zenit ihrer Filmkarriere überschritten hatte und widmete sich nun anderen Dingen. Sie zog nach New York, arbeitete für Radio und Fernsehen und spielte Theater. Boulevard der Dämmerung war für sie ein grandioses Comeback, dennoch spielte sie danach nur noch in wenigen Filmen mit, da ihr die meisten ihr angebotenen Rollen nur als Abklatsch der Norma Desmond erschienen.

Hollywood Boulevard

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