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Die große Erzählung von
Osama und den 19 Räubern

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Die Türme des World Trade Center waren noch nicht eingestürzt, da tauchte in den CNN-Berichten über die Terroranschläge erstmals der Name des Hauptverdächtigen auf: Osama Bin Laden. Zwar hatten sich die Flugzeugentführer weder über Funk noch mit einem Bekennerschreiben in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben; zwar hatten Offizielle in den Stunden, Wochen, Monaten danach immer wieder betont, wie sehr man von dieser unvorhersehbaren Attacke überrascht worden war; zwar konnte zu diesem Zeitpunkt über die Hintergründe und Hintermänner der Tat noch nichts ermittelt worden sein, doch Bin Laden schien als Oberschurke und »Mastermind« festzustehen, andere infrage kommende Verdächtige wurden erst gar nicht benannt. Als Reaktion auf die Anschläge hatte Präsident Bush an einer Grundschule in Florida zuerst noch 25 Minuten Kindergeschichten angehört, bevor er in der Air Force One zu einem längeren Rundflug aufbrach und gegen 10 Uhr 37 am Telefon erfuhr, »dass seine Frau Laura und seine beiden Töchter in Sicherheit sind. Scherzhaft fragt er, was mit Barney, dem Hund der Familie, sei. Andy Card, sein Stabschef, witzelt, der sei inzwischen Osama Bin Laden auf den Fersen.« Man hat zwar bis vor Kurzem noch Zweitklässlern gelauscht und wusste von gar nichts, doch kaum eine Stunde später jagt die Präsidententöle schon den Täter. »Das riecht nach Al-Qaida«, soll CIA-Chef Tenet am Abend des 11.9. der um Präsident Bush versammelten Beraterrunde gesagt haben – und definierte damit den nächsten Baustein der großen Erzählung, das mysteriöse »Netzwerk« des Terrorchefs. Bis dahin war der Begriff »Al-Qaida« in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt, nun machte er in Windeseile Furore: als heimtückisches, um die ganze Welt gespanntes Netzwerk von »Schläfern«.

Unterfüttert wurde dieser Baustein dann durch das ganze Arsenal von eindeutigen Hinweisen, die die »Hijacker« netterweise in Mietwagen und Koffern zurückgelassen hatten. Damit waren alle Ingredienzien beisammen, um einen neuen Typus von Terroristen zu definieren: den islamistischen Terrorpiloten. Keine 48 Stunden nach der Tat wurden 19 von ihnen auf einer Fahndungsliste des FBI präsentiert. Dass sich in den Tagen danach sechs der als »Hijacker« benannten Personen lebend meldeten – und sich beschwerten, dass sie fälschlich auf diese Liste gelangt waren, half ihnen wenig. Sie stehen dort bis heute. Auch Osama Bin Laden, der sich kurz darauf in einem von Al Jazeera gesendeten Video zu Wort meldete und jede Beteiligung an den Anschlägen abstritt, wurde wegen dieses Dementis nicht entlastet. Sechs Wochen später reichten die USA ein von der CIA gefundenes Home-Video nach, in dem der »Terrorfürst« angeblich seine Mitwisserschaft kundtut. Trotz der zweifelhaften Übersetzung, der fragwürdigen Bildqualität und der insgesamt dubiosen Herkunft ersetzt nun dieses Video als Baustein der Erzählung das erste. Bei den Medien-Rückblicken zum Jahrestag der Ereignisse im September 2002 wird das erste, authentische Video mit dem Dementi Bin Ladens schon kaum noch erwähnt – in die Geschichte geht das verwackelte Home-Video mit dem angeblichen Bekenntnis ein.

Ein weiterer Baustein der großen Erzählung ist die Höhle Tora Bora im Norden Afghanistans, der vermeintliche Stützpunkt der Übeltäter. Dieser wird nun bald, wie auch ihre Helfershelfer, die Taliban, mit Bombenhagel eindeckt: wir werden sie »jagen«, wir werden sie in ihren Löchern »ausräuchern«, wir werden sie kriegen, »tot oder lebendig«, verkündet Präsident Bush.

Tot freilich, oder zur Strecke gebracht, wären Osama und die Al-Qaida-Räuber zu nichts mehr nutze, noch könnten sie den Anlass liefern, den »War on terror« fortzusetzen und auf andere Regionen auszudehnen. Deshalb wird der großen Erzählung jetzt ein weiterer Baustein zugefügt: dass nämlich der »Terrorfürst« Osama Unterstützung von einem anderen bösen Herrscher, Saddam Hussein, erhielt. Dies wird von den Märchenerzählern so oft wiederholt, dass am Ende alle Zuhörer glauben, die 19 Räuber aus der Tora-Bora-Höhle seien eigentlich Iraker gewesen und man deshalb nun gegen Bagdad in den Krieg ziehen müsse. Und auch wenn Osama längst gestorben ist, leben er und sein heimtückisches Netz von »Schläfern« bis heute weiter – und werden nach Bedarf wachgeküsst. Demnächst in Syrien, im Iran, im Libanon? Wie auch immer – dank des Phantomteufels Osama lauert das Böse nun immer und überall. (Aus: 11.9. – 20 Jahre danach, 3.Teil)

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Eine gewisse prognostische Qualität lässt sich dieser Einschätzung aus dem Jahr 2002 nicht absprechen: Wenig später platzierte die New York Times auf ihrer Titelseite einen Haufen Aluminiumröhren, die als Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen ausgegeben wurden. Daraufhin wurde Bagdad bombardiert. Laut Umfragen hielten zu diesem Zeitpunkt 69 Prozent aller Amerikaner Saddam Hussein für den 9/11-Schuldigen – willkommen in Brainwashington DC und den angeschlossenen Rundfunkanstalten.5

Und bei der erfolgreichsten Propaganda-Operation der Neuzeit: der Kunst, einen teuflischen Massenmord einem Phantomteufel in die Schuhe zu schieben, eine Serie von Kriegen damit zu begründen und ein Jahr lang zu verhindern, dass eine Ermittlungskommission das Verbrechen untersucht und die wahren Täter ermittelt.

Als nach massivem Druck der Opferangehörigen die von der Regierung handverlesene Kommission nach 15 Monaten endlich zustande kam, wurde sie mit einem Budget ausgestattet, das ziemlich genau ein Zehntel (3 Millionen Dollar) dessen betrug, was für die Untersuchung der Sex-Affäre von Präsident Clinton mit der Praktikantin Monica Lewinsky ( 30 Millionen Dollar) angesetzt worden war. Dass der Etat nach Protesten noch auf 15 Millionen Dollar erhöht wurde, änderte nichts mehr an der Tatsache, dass die mit geringen Befugnissen ausgestattete Kommission von Beginn an zum Scheitern verurteilt war und nicht einmal den entscheidenden Zeugen für die Täterschaft von Osama Bin Laden und seiner »Al-Qaida«-Kameraden vernehmen durfte. »We were setup to fail«, überschrieben Thomas Kean und Lee Hamilton das erste Kapitel ihres Buchs über ihre Arbeit in der »9/11-commission«, behaupten aber gegen Ende dann, dass mit ihrem Abschlussbericht ein Report veröffentlicht worden, »den die große Mehrheit der Amerikaner akzeptieren kann«.

Selbst wenn diese Mehrheit, sofern sie überhaupt existiert, tatsächlich so groß nicht sein dürfte, gilt festzuhalten: eine halbwegs akzeptable Story ist keine Verbrechensaufklärung, eine von den Mainstreammedien verbreitete Geschichte keine Dokumentation der Ereignisse und ein aus Fakten und Fiktionen zusammengeschustertes Narrativ nicht die Aufdeckung ­einer mörderischen Verschwörung. Es ist nichts anderes als eine weitere Verschwörungstheorie. Dass sie als »wahr«, von einer hochmögenden Kommission aufgestellt, von sämtlichen »Qualitätsmedien« und vielen Historikern übernommen, seit fast 20 Jahren in den Geschichtsbüchern steht, ändert an dieser Tatsache nichts. Vor jedem halbwegs ordentlichen Gericht wären Osama und seine Bande, angeklagt wegen der Anschläge des 11. September, mit einem Freispruch »mangels Beweisen« davongekommen. Doch vor solch einem halbwegs ordent­lichen Gericht wurde die Anklage – der 580-seitige Abschlussbericht der 9/11-Kommission – nie verhandelt. Das Verbrechen des Jahrhunderts ist bis heute nicht aufgeklärt.

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Das Internet steckte 2001 noch ziemlich in den Kinderschuhen, die meisten Menschen informierten sich noch über die klassischen Medien. Netzrecherche war bei Journalisten noch unbekannt und die Zeitungen und Radios, für die ich damals arbeitete, wollten von den Fragen und Fakten, auf die ich bei meinen ersten Recherchen gestoßen war, nichts wissen. Die »WTC Conspiracy«-Serie, die vom 13. September 2001 an auf Telepolis erschien, machte zwar im Netz umgehend Furore, blieb aber noch weitgehend unter dem Radar der Großmedien. Wirk­liches Aufsehen erregte sie erst, als im Sommer 2002 daraus ein Buch entstand, das zu einem internationalen Bestseller wurde.6 Erst als die ungeheuren Ungereimtheiten und Widersprüche der offiziellen Version gedruckt schwarz auf weiß vorlagen, wurden sie zum Skandal, oder richtiger: nicht die offenen Fragen und ungeklärten Hintergründe des Massenmords wurden zum Skandal, sondern ich als Überbringer dieser Botschaft. Vorgegangen wurde dabei mit dem Üblichen: Denunziation und Diffamierung, in diesem Fall als anti-amerikanischer, antisemitischer, antirationaler »Verschwörungstheoretiker«.

Mein Hinweis, dass ich mit keinem Wort eine Theorie über die 9/11-Verschwörung aufgestellt hatte und dass man Astrophysiker, die Leben auf dem Mars erforschen, ja auch nicht als »grüne Männchen« oder »Aliens« bezeichnet, selbst wenn sie ihnen auf der Spur sind, half nichts: Wer Verschwörungen und Verschwörungstheorien erforschte, wurde konsequent mit seinem Forschungsgegenstand verwechselt und galt als übler Anstifter und Verbreiter derselben. Besonders taten sich mit Beschimpfungen und Verleumdungen die links-liberalen Medien hervor, wie das ehemalige Nachrichtenmagazin Spiegel oder das ARD-Magazin »Panorama« sowie der ehemalige Investigativ-Journalist Hans Leyendecker, damals bei der Süddeutschen Zeitung. Das Blatt wollte auch eine der berühmten Wimmel-Anzeigen von Zweitausendeins mit Thesen aus dem Buch nur drucken, wenn der Verlag eine Verpflichtungserklärung unterschreibt, die SZ von allen Schäden aus der Veröffentlichung freizustellen. Man befürchtete offenbar, dass George W. Bush das Verlagshaus bombardieren könnte, wenn Kritik an seiner Nicht-Ermittlung bei gleichzeitiger Vorbereitung von Kriegen gedruckt wird. Im Spiegel wurde das Buch dann als »Septemberlüge« konnotativ in die Ecke der Auschwitzlüge gestellt, »Panorama« brachte es mit dem Neo-Nazi Horst Mahler zusammen, weil der bei einem Gerichtsverfahren daraus zitiert hatte, und ein durchgeknallter Staatsanwalt ließ es beschlagnahmen, weil sich auf dem beiliegenden Poster meines Freunds Gerhard Seyfried – dem satirischen »Secret Diagram« der Verbindung aller denkbaren und undenkbaren Verschwörungen – auch ein 1,5 Millimeter großes Hakenkreuz fand. Kurz: es wurde alles getan, den Überbringer der Botschaft zu diffamieren und die überbrachten Informationen zu ignorieren. Gegen einige dieser Denunziationen bin ich erfolgreich gerichtlich vorgegangen, den Rest habe ich dann auf meinem Blog dokumentiert und kommentiert.7

Zusammen mit den Ausnahmen, die Buch und Autor eine faire Beurteilung zukommen ließen, wie zum Beispiel der Deutschlandfunk in einer Rezension am 17. September 2001: »Bröckers ging es weder in seinen Internet-Kolumnen noch geht es in seinem jetzt erschienenen Buch darum, so zu tun, als wisse er, wie es wirklich war. Er weiß nur, wie es nicht gewesen sein kann, und das allein gibt schon reichlich zu denken.« Genau das freilich – selbst zu denken, skeptisch zu bleiben, Fragen zu stellen – musste nach dem 11. September unter ein großes Tabu fallen. Nur so konnte die Gleichung »9/11 = Bin Laden« weiten Teilen der Öffentlichkeit wie ein Pawlow’scher Reflex implementiert werden, was nicht an ihrem Realitätsgehalt lag, sondern allein an der Penetrationshäufigkeit, mit der sie über sämtliche Medien und Kanäle eingeprägt wurde. Als Grundstein des Narrativs, das mit dem prosaischen »9/11 Report« drei Jahre später dann kanonisiert wurde: die große Erzählung von Osama und den 19 »Hijackern«, die den schlafenden Riesen Amerika überlisteten und mitten ins Herz trafen. Eine mitreißende, mit den Bildern der einstürzenden Türme schockierende und tragische Geschichte, ein an Mythen und Märchen – vom Turm zu Babel über David und Goliath bis zum tapferen Schneiderlein – gemahnender Plot, ein überwältigendes, live übertragenes Weltereignis. Der Schrecken und die Unfassbarkeit dieses Ereignisses schrien nach einer Erklärung – »wer?« und »warum?« –, und die Antworten wurden prompt geliefert: Bin Laden, denn er hasst »unsere Freiheit«.

Da konnten Berichte, dass sich der saudische Milliardärssohn und Söldnerführer, der im Juli 2001 im American Hospital in Dubai behandelt worden und sich mit der CIA getroffen haben soll, nur schaden. Ebenso wie Hinweise auf den Bericht einer pakistanischen Zeitung, dass Bin Laden am Abend des 10. September 2001 in das Militärkrankenhaus in Rawalpindi zu ­einer Dialysebehandlung eingeliefert wurde: »Der Mastermind des avanciertesten Terroranschlags der Geschichte hängt also während des finalen Countdowns am Tropf des pakistanischen Militärs und wird vor einem Nierenversagen gerettet – wenn hoffentlich bald die Terrorklamotte ›Die nackte Kanone 23,5‹ gedreht wird, dürfte das eine schöne Szene abgeben«, hatte ich dazu geschrieben, aber derartige Witze waren völlig off limit. Natürlich konnte ich als freier Autor ohne einen Konzern oder eine Medienanstalt im Rücken nicht mal schnell nach Pakistan reisen, um in diesem Krankhaus zu recherchieren und die Wahrheit dieser Meldung zu überprüfen, aber der Link zu dem entsprechenden Zeitungsbericht wurde natürlich zur Verfügung gestellt. Sowie alle anderen Links zu den Quellen, mit denen sich Leserinnen und Leser selbst ein Bild machen konnten.

Als das Manuskript des Buchs druckfertig war, rief mich der Verleger dann noch einmal an: »Du musst in einem Vorspann noch einmal erklären, was eine Suchmaschine ist und wie man damit umgeht. Das kennen die Leute noch nicht.« Das Netz steckte wirklich noch in den Kinderschuhen und ich schrieb einen kurzen Vorspann mit dem Titel »Zweimal täglich googeln«, eine freundliche web-pädagogische Hilfestellung, die mir bei den Kritikern allerdings nicht zum Vorteil gereichte. Meine Quellen wurden durchweg als »unseriös«, »dubios« und »lachhaft«, weil »nur bei Google recherchiert« eingestuft, obwohl mehr als 90 Prozent der angegebenen Links auf bekannte »seriöse« Medien verwiesen. Dass das Internet ein Übermedium ist, in dem alle anderen Medien erreichbar sind, hatte der »Holzjournalismus« 2001 noch nicht verstanden und verkaufte das WWW als Drohkulisse für die garantierte Unseriosität gefährlicher Informationen. Ahnungslos, dass man das Netz auch damals schon nutzen konnte, um zum Beispiel die Lokalpresse aus Venice (Florida) zu studieren, wo ein Kneipier interviewt wurde, der die Flugschüler Mohamed Atta und Marwan Al Shehi häufiger mit Rum und anderen Spirituosen bewirtet hatte und auch noch zu berichten wusste, dass Atta mit einer Frau aus dem benachbarten Strip-Club zusammengewohnt hatte.

Seit wann bekommen islamistische Terroristen ihre »Jungfrauen« nicht erst nach erfolgreicher Selbstmordmission, sondern schon vorab? Hier stimmte doch was nicht. Lag eine Verwechslung vor, hatte der Wirt gelogen oder der Reporter sich das nur ausgedacht? Kann man bei ihnen nachfragen, gibt es weitere Quellen, die das bestätigen oder Ähnliches berichtet haben? Das alles sind selbstverständliche Recherchefragen, die jeder Journalist, der über diesen Fall berichtet, stellen müsste, weshalb Venice zu einem Hotspot des investigativen Journalismus hätte werden müssen. Schließlich hatten 14 der 19 »Hijacker« seit Juli 2000 in Südflorida gelebt, um bei »Huffman Aviation« in Venice fliegen zu lernen, und die jungen Araber waren in dem kleinen Rentnerstädtchen – Durchschnittsalter 74 – natürlich aufgefallen. Doch CNN, NBC und die Reporter der anderen Großmedien waren nach zwei Tagen schon wieder verschwunden, keine weiteren Fragen. Nach ­einer Weile war auch der Original-Artikel über die Alkohol- und Cocktail-Vorliebe der frommen Islamisten nicht mehr im Netz. Jetzt wurde dem »Terrorchef« Atta in den Agenturberichten nur noch Johannisbeersaft zugeschrieben. Was stimmte denn nun? Ein Jahr lang hatte die Bande, die sich auf den größten Terroranschlag der Geschichte vorbereitete, in dem beschaulichen Küstenort Venice und Umgebung gehaust, aber weder die Ermittler noch die Presseleute interessierten sich dafür, wie diese Männer gelebt, mit wem sie Kontakt und was sie getrieben hatten. Mit einer Ausnahme: der TV-Produzent und Wirtschaftsjournalist Daniel Hopsicker, der aus Kalifornien nach Venice fuhr, wo seine Eltern seit ihrer Pensionierung lebten, und dann zwei Jahre lang den klassischen Reportertugenden des Ohrenspitzens und Klinkenputzens nachging. Er sprach mit den Nachbarn, Vermietern, Postboten und Taxifahrern der »Hijacker«, mit Polizisten und Barmännern und den Piloten und Angestellten am Venice Municipal Airport und förderte so als Ein-Mann-Investigativ-Abteilung Unmengen Fakten zutage, die von der Armee der Agentur-, und Nachrichtenjournalisten ignoriert worden waren, weil sie nicht ins offizielle Bild passten. Und nicht auf das offizielle Fahndungsplakat der »Hijacker«, nach dessen Veröffentlichung sich einige Menschen gemeldet hatten, die mit Bild und/oder Namen darauf erschienen waren, mit dem Anschlag aber nachweislich gar nichts zu tun hatten. Doch die Verdächtigen standen als Täter schon definitiv fest – Fragen zu ihren wahren Identitäten, Persönlichkeitsprofilen, Umfeldern und Hintermännern, also die eigentlichen und selbstverständlichen Grundfragen bei der Untersuchung eine Verbrechens: überflüssig.

Daniel Hopsicker, der für große TV-Sender gearbeitet hatte, wunderte sich nur kurz, dass seine Berichte von diesen Redaktionen abgelehnt wurden, denn was er über Mohamed Atta und seine Kameraden herausgefunden hatte, machte unwiderruflich klar, dass die Öffentlichkeit über den verdächtigten Haupttäter von der Regierung und dem FBI systematisch belogen wird. Er war nicht aus heiterem Himmel und einer afghanischen Höhle aufgetaucht, um New York und den Rest der Welt in Schrecken zu versetzen, er war eingetaktet in ein Umfeld und vernetzt in eine globale Struktur, deren Fäden nicht in Kabul, Riad oder Bagdad zusammenliefen, sondern in Washington, Virgina und Florida. Er war kein Fanatiker und kein Erniedrigter oder Beleidigter der Dritten Welt, der die Twin Towers als Symbole kapitalistischer Unterdrückung zu Fall brachte, sondern ein Elitezögling des Westens. Keine bärtigen Turbanträger standen ihm bei seinen Vorbereitungen in Florida zur Seite, sondern smarte Amerikaner, Holländer und Deutsche. Nicht eine unglückselige Kette von Pleiten, Pech und Pannen bei Polizei, Geheimdiensten und Militär führten zu dem Desaster, sondern die helfenden Hände eben dieser Institutionen.

Einige der Zeugen, die Hopsicker aufgespürt und befragt hatte, waren auch schon vom FBI ausfindig gemacht worden und hatten die Anweisung erhalten, über ihre Beobachtungen zu schweigen. Keiner wurde zu einer Aussage von der 9/11-Untersuchungskommission geladen, Informationen über Attas Aktivitäten in Venice vor und nach seinem Unterricht bei Huffman Aviation von Juni bis Dezember 2000 waren unerwünscht. Dass er schon vor seiner offiziellen Einreise in den USA war, dass er in den »Sandpiper Appartements« in Venice mit einem Dessous-Modell zusammengewohnt hatte und dass er und seine Kumpels, nach ihrer Aussage, mit Geld »nur so um sich warfen« und »immer Kokain« einstecken hatten – für solche und weitere Informationen über den »islamistischen« Top-Terroristen, wie Daniel Hopsicker sie bei seiner Lokalrecherche aus erster Hand erfahren hatte, bekam man nach 9/11 auch als erfahrener, solider Journalist bei seinen »Heimatsendern« einfach keine Sendezeit mehr.8

Dieses kleine Beispiel mag die Situation illustrieren, in die man nach dem 11. September schnell geriet, wenn man den Ungereimtheiten und Widersprüchen der offiziellen Geschichte auf die Spur kommen wollte. Mir war es ähnlich wie Hopsicker ergangen, als alle meine langjährigen Radioredaktionen einen Beitrag über die absurde Elefantenspur von Attas Koffer ablehnten – schon die vorsichtige Frage, wer eigentlich einen Koffer samt Koran, Boeing-Handbuch und seinem Testament für einen Flug aufgibt, mit dem er sich eine Stunde später in die Luft jagen will, war öffentlich-rechtlich to much. Nicht nur das World Trade Center als Symbol der »freien Welt« war zu Fall gebracht worden, auch Medien und Pressefreiheit waren in ihren Grundfesten erschüttert. Angesichts der Dreistigkeit, mit der die Bush-Regierung die Tragödie des 11.9. benutzte, statt sie aufzuklären, blieb selbst dem großen alten Mann der Geheimdienstliteratur und Kenner von Verschwörungen und psychologischen Kriegsführung, John Le Carré, die Spucke weg – und nur noch eine Überschrift, um auf den Punkt zu bringen, was die korrumpierte Journaille allenfalls noch blumig zu umschreiben wagte: »Die USA sind verrückt geworden.«

Mythos 9/11

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