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VORWORT

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Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses Buch ist kein Ratgeber. Der Ratgeber weiß, wo es lang geht. Er nimmt den Leser bei der Hand, führt ihn hinaus aus der Krise und hinein ins bessere Leben. Der Ratgeber hat einen Katalog guter Ratschläge parat, passt der eine nicht, dann sicher der andere. Er ist hilfreich, edel, gut und manchmal penetrant in seiner Selbstgewissheit und Hilfsbereitschaft. Wenn der Leser ausgelesen hat, stellt er den Ratgeber aufseufzend zurück ins Regal und sagt: So ist’s! Er ändert dann sein Leben ein wenig, und nach ein paar Monaten kehrt der alte Schlendrian wieder ein, bis das Leiden wieder da ist und der Leidende sagt: Ich bräuchte mal einen Ratgeber. Einen, der Antwort gibt und Sicherheit. Einen, der weiß, wo es lang geht. Kein schlechtes Geschäftsmodell.

Der Autor dieses Buches ist kein Freund von Ratgebern, vor allem dann nicht, wenn sie ganz genau wissen wollen, wo es lang geht zum optimalen Selbst. Er selber weiß nämlich nicht immer so recht, wo es lang geht. Er tastet sich eher auf rutschigem Boden durchs Gestrüpp, manchmal gebückt, gar auf allen Vieren; manchmal beneidet er jene, die da schon alle Wege wissen. Er will es aber, wenn er es recht bedenkt, auch gar nicht anders haben. Er glaubt, einen Kompass zu haben, der ihm die Richtung zeigt – nur hilft der nicht immer jeden Tag im unübersichtlichen Gelände. Die Lebensratschläge, die er bislang erteilt hat, waren von begrenzter Qualität und Wirkung: Mal halfen sie, mal auch nicht. Vorsicht also: Die Umsetzung der hier aufgeschriebenen Gedanken ins konkrete Leben erfolgt auf eigene Gefahr. Der Autor hätte nichts dagegen, wenn die Eine oder der Andere nach dieser Lektüre ihr oder sein Leben änderte. Fertige Konzepte dafür hat er allerdings nicht, und bedrängen möchte er erst recht niemanden.

Diesem Buch liegt auch keine geschlossene Philosophie zugrunde, dann wäre jetzt, nach zehn Jahren Vorarbeit, ein Standardwerk mit tausend Seiten fällig. Der Autor ist aber kein Wissenschaftler, sondern ein Journalist, ausgestattet mit dem gediegenen Halbwissen seines Berufsstandes, und der Erfahrung aus zwei Jahrzehnten politischer, religiöser und kirchlicher Berichterstattung, nicht mehr, nicht weniger. Und das „Lob des Fatalismus“, das er auf den Titel gehoben hat, singt er dann auch noch mit einigen Einschränkungen, manchem Wenn und Aber und Ach und Weh. Er kann den Menschen, die das lesen, nicht die Unsicherheit nehmen, vielleicht verstärkt er sie am Ende sogar – er ist nun mal ein schlechter Ratgeber.

Trotzdem ist er der Auffassung, dass es an der Zeit ist, das Lob des Fatalismus anzustimmen, eines aufgeklärten, und ja: partiellen Fatalismus. Er bürstet den Begriff gegen den Strich: Dieser Fatalismus hat nichts zu tun mit bequemer, zynischer oder depressiver Resignation vor den Zuständen der Welt und dem Lauf des Lebens. Sein Lied zu singen heißt aber, auf alle zu pfeifen, die einem einreden möchten, man müsse sein Leben immer ganz in der Hand und fest im Griff haben und seines Glückes eigener Schmied sein. Es heißt, auf die zu pfeifen, die den Leuten einreden, sie müssten in der schlimmsten Krise eine Chance sehen und die Schläge des Schicksals positiv, und dass man nur immer an sich arbeiten müsse, um ein optimaler, gar idealer Mensch zu werden. Und es heißt, jenen zu widersprechen, die Sicherheit und Kontrolle im Land für das höchste Gut halten; allen, die Angst predigen, um die Rechte der Bürger einzuschränken und alles Fremde auszugrenzen, das verunsichern könnte. Der aufgeklärte Fatalismus setzt aber auch dem Weltverbesserungspathos Grenzen, der Phantasie, eine schöne neue Welt sei planbar und in einem Willensakt herstellbar. Sie muss unvollständig bleiben, diese Welt, will sie menschengemäß sein. Das Unplanbare und Unvorhersehbare gehört zu ihrem Wesen. Gerade das aber verunsichert die Menschen, seit sie über sich und die Welt nachdenken. Eine gute Portion Fatalismus im Leben löst das Problem nicht. Man kann aber besser mit ihm leben. Zum Schluss wird dieses Buch vom Vertrauen und auch vom Wert der Gnade reden und vom Gottvertrauen auf dem schwankenden Boden des Lebens, und der Autor sagt gleich: Es muss und soll da nicht jeder mitgehen. Das Nein zu diesem Gedanken des Autors ist so berechtigt wie das Ja.

Denn dieses Büchlein ist im Wortsinn ein Essay, die Präsentation eines Abwägens, Suchens und Versuchens. Die Essays, die der französische Autor Michel de Montaigne im 16. Jahrhundert schrieb, waren Gegenentwürfe zu den hochfahrenden scholastischen Gedankenburgen mit ihrem Absolutheitsanspruch, mit ihren hohen Mauern und geschlossenen Toren. Montaigne wagte, skeptisch zu fragen. Das brachte seine Werke auf den Index der verbotenen Bücher der katholischen Kirche; die Mauern des Wahrheitsanspruchs zu schleifen und die Türen zu öffnen kann gefährlich werden. Der Autor hat es da heute einfacher. Er kann frei schreiben. Und das Schlimmste, was ihm passieren kann, ist Widerspruch. Der allerdings ist erwünscht. Und wenn darüber hinaus die Lektüre anregt und Spaß macht, ist er sogar ein bisschen glücklich.

Lob des Fatalismus

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