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6. Spitzen-Kosmologie mit Hausmitteln

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Australischen Astronomen ist ein erhellender Blick in die Frühzeit des Universums gelungen - im Prinzip mit ein paar Drähten.

Das Universum hat in seinem langen Leben schon alles mögliche durchgemacht. Zunächst ein überaus hektischer Urknall, gefolgt von einer Zeit relativer Ruhe. Etwa vierhunderttausend Jahre nach dem Big Bang hatten Protonen und Elektronen sogar Ruhe genug, sich zu neutralen Atomen zu verbinden, ein Zustand, der für einige hundert Millionen Jahre anhalten sollte. Erst dann hatten sich genug Sterne und Galaxien gebildet, um das Weltall mit so viel ionisierender Strahlung zu füllen, um die Wasserstoffatome wieder in ihre Teile zu trennen. Kosmologen sprechen von der Reionisierungsphase.

Dass beide Phasen, die neutrale und die ionisierte, in dieser Reihenfolge existiert haben müssen, dafür gibt es viele Indizien. Die Beobachtung der Spektren sehr weit entfernter Quasare zeigt zum Beispiel, dass hier das UV-Absorptionsspektrum des neutralen Wasserstoffs fehlt. Vor einer Milliarde Jahren muss das Universum also schon ionisiert gewesen sein. Andererseits zeigt eine Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung, eines Überbleibsels des Big Bang, dass das Weltall deutlich vor dieser Zeit mit neutralen Atomen gefüllt gewesen sein muss. Wann vollzog sich der Übergang zwischen diesen beiden Zuständen? Das gehört derzeit noch zu den ungelösten Problemen der Kosmologie.

Praktischerweise ist das Universum dank seiner fortgesetzten Expansion jedoch seine eigene Zeitmaschine. Der Blick in die Vergangenheit ist nicht nur möglich, sondern wird längst auch fleißig genutzt. Geht es um den Übergang zwischen neutraler und ionisierter Phase, dann interessiert vor allem, wie weit die neutralen Atome inzwischen in Raum und Zeit gereist sind. Wasserstoff ist an charakteristischen Emissions- beziehungsweise Absorptionslinien bei 21 Zentimetern Wellenlänge erkennbar. Wegen der Rotverschiebung durch die Expansion des Kosmos sollten sich für verschiedene Frequenzen je nach Alter des Wasserstoffs unterschiedliche Intensitäten ergeben. Wie der Zufall so spielt, handelt es sich dabei um durchaus bekannte Frequenzen im UKW-Bereich; die Wellenlänge wird durch die Rotverschiebung von 21 Zentimeter auf etwa zwei Meter gestreckt. Der Aufgabe, diesen Bereich zu durchmustern, haben sich die amerikanischen Forscher Judd Bowman und Alan Rogers gestellt - im Wissenschaftsmagazin Nature berichten sie von ihren Ergebnissen.

Der Charme der Arbeit von Bowman und Rogers liegt aber auch in einem anderen Aspekt: Ob CERN oder Hubble, Spitzenforschung, hat es oft den Anschein, lässt sich heute nur noch mit exorbitanten Ausgaben betreiben. Was die Wissenschaft ohne allzu großen Aufwand herausfinden konnte, ist längst erforscht - könnte man denken. Was Bowman und Rogers interessiert, braucht ausnahmsweise keinen milliardenteuren Detektor: Eine simple Dipol-Antenne genügt. Dabei hat das interessierende Signal überaus starke Konkurrenz - wie zum Beispiel die um vier Größenordnungen stärkere Synchrotronstrahlung der Milchstraße und außergalaktischer Quellen. Und natürlich die trotz der bewusst abgelegen gewählten Mess-Location einfallenden menschgemachten Sendungen von Radio und Fernsehen.

Der Kniff, den die Forscher deshalb anwenden mussten: Sie nahmen eine bestimmte spektrale Verteilung für die überdimensionalen Störquellen an und konnten so auf den eigentlich gesuchten globalen Hintergrund schließen. Sehr präzise Ergebnisse erlaubt dieses Verfahren nicht - doch immerhin lassen sich mit Hilfe der Daten einige kosmische Entwicklungsszenarien ausschließen lassen. Klar ist nun etwa, dass die Reionisierungsphase nicht sehr kurz gewesen sein kann. Ob sich diese Angabe noch präzisieren lässt, wird sich zeigen - das hängt vor allem davon ab, ob für den simplen Radiodetektor eine bessere Kalibrierung möglich ist. Unterdessen sind weltweit Niedrigfrequenz-Radioteleskope in Bau, die auf dasselbe Problem angesetzt werden sollen.

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