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Abb.: Stephan Tromp HDE, Quelle: HDE

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Interview mit Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer HDE

„Kein Händler kann es sich leisten, die digitalen Möglichkeiten zu ignorieren“

Als Spitzenorganisation für rund 400.000 Handelsunternehmen ist der Handelsverband Deutschland (HDE) die zentrale Institution des deutschen Einzelhandels. Der HDE weiß, wie es um die Lage der Einzelhändler im Land steht, er kennt die Herausforderungen, mit denen sich der Handel heute konfrontiert sieht. Wie stellt sich der Verband also die Zukunft des Handels in einer immer stärker digital geprägten Einkaufswelt vor? Welche Möglichkeiten bieten sich hier für die deutschen Einzelhändler und wie kann der HDE diese bei der Transformation unterstützen? Zu diesen Themen äußert sich im folgenden Interview Stephan Tromp, der dem HDE bereits seit 15 Jahren als stellvertretender Hauptgeschäftsführer vorsteht und sich in dieser Position auch intensiv mit dem von der Digitalisierung ausgehenden Wandel auseinandersetzt.

Herr Tromp, das Einkaufsverhalten der Kunden wird immer stärker digital geprägt. Der Handel muss dem Rechnung tragen und sich fortentwickeln. Wo steht der deutsche Einzelhandel aus Ihrer Sicht in diesem Transformationsprozess?

Stephan Tromp: Der Einzelhandel in Deutschland hat in den letzten zwei Jahren bei der Digitalisierung und der Verknüpfung der Vertriebskanäle noch einmal an Tempo zugelegt. Viele innovative Ideen finden den Weg in den Markt: Click & Collect beispielsweise hat sich für einige Händler als gut funktionierendes Konzept herausgestellt. Das ist nicht nur ein toller zusätzlicher Service für die Kunden, es eröffnet dem Händler auch die Möglichkeit des Cross-Sellings und somit Mehreinnahmen.

Wir sehen, dass die Branchen, die im Online-Handel schon sehr stark sind, auch viel im Bereich Cross-Channel ausprobieren. Das ist beispielsweise in den Bereichen Elektronik oder Mode festzustellen. Der Lebensmittelhandel dagegen steht hierbei erst am Anfang. Hier muss sich noch zeigen, ob es gelingt, die Skepsis der Kunden beim Online-Bestellen von frischen Lebensmitteln zu überwinden. Same-Day-Delivery verbunden mit der Anlieferung in bestimmten Zeitfenstern wird hier eine große Rolle spielen.

Der Blick auf den Markt zeigt, dass insgesamt derzeit viele kreative Ideen, wie man Stationär und Online verknüpfen kann, erprobt werden. Welche dieser Ideen sich am Ende durchsetzen, ist noch nicht seriös abschätzbar. Da liegen spannende Jahre vor uns.

Noch gehen allerdings die Meinungen darüber auseinander, wie relevant Themen wie Online und Multichannel für das breite Feld der Einzelhändler sind. Wie hoch schätzen Sie in dieser Hinsicht den Veränderungsdruck für den deutschen Handel ein?

Stephan Tromp: Kein Händler kann es sich heute noch leisten, das Internet und die digitalen Möglichkeiten zu ignorieren. Das heißt aber nicht, dass jeder Händler einen eigenen Shop haben oder überhaupt online verkaufen muss. Die Händler müssen aber zumindest im Internet sichtbar sein. Eine große Herausforderung für den Handel wird dabei die technische Verknüpfung der Offline- mit den Online-Aktivitäten. Das fängt bei der Sichtbarkeit des Geschäftes im Internet und der Darstellung auf mobilen Endgeräten an und wirkt sich auch auf die Warenwirtschaftssysteme aus. Wer auf allen Kanälen vertreten sein will, braucht ein Warenwirtschaftssystem, das alle Kanäle verbindet. Das Arbeiten in voneinander getrennten Parallelwelten wird keinen Erfolg bringen. Insbesondere für den Mittelstand liegt die Herausforderung in der Verknüpfung der Kanäle und damit in den nötigen Investitionen und dem Management-Know-how.

Natürlich spielt aber auch in Zeiten von Online- und Multichannel-Handel die kompetente Beratung als traditionelle Handelstugend weiterhin eine große Rolle. Die Kundenberatung muss ja dabei nicht nur offline stattfinden. Grundsätzlich muss im aktuellen Strukturwandel jeder Händler das eigene Geschäftsmodell noch einmal auf den Prüfstand stellen und sich fragen, was seine Kunden heute erwarten, wo sein Alleinstellungsmerkmal liegt und er die digitalen Technologien zu seinem Vorteil einsetzen kann.

Was tut der HDE, um den Handel bei dieser Neuausrichtung zu unterstützen?

Stephan Tromp: Digitale Themen spielen beim HDE eine große Rolle. Wir beschäftigen uns zum Beispiel intensiv mit Datenschutzfragen oder erheben Marktdaten, um ein realistisches Bild der Entwicklung in Deutschland zeigen zu können. Bei den Marktdaten haben sich einige Akteure eine Zeit lang mit immer neuen Rekordprognosen überboten. Das war wenig hilfreich, die Zahlen hatten teilweise den Bezug zur Realität verloren. Zur Versachlichung der Debatte haben wir deshalb im vergangenen Jahr eine Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gestartet. Im Rahmen des Projekts werden 30.000 Haushaltspanels, die an 365 Tagen im Jahr geführt werden, auf die online getätigten Umsätze geprüft. Das ergibt am Ende ein sehr treffsicheres und genaues Bild des Online-Marktes in Deutschland. Die wichtigsten Fakten und Zahlen daraus finden sich jährlich in unserem Online-Monitor.

Eine weitere unserer Aufgaben sehen wir darin, gemeinsam mit der Politik Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Händlern ermöglichen, die Chancen der Digitalisierung für sich zu nutzen. Dabei geht es zum Beispiel um einen ausgewogenen Datenschutz, faire Wettbewerbsbedingungen, einen schnellen Breitbandausbau oder – ganz aktuell – die Abschaffung der Störerhaftung, damit Händler ihren Kunden ohne unkalkulierbare juristische Risiken WLAN anbieten können. Erst vor Kurzem haben wir die aus unserer Sicht wichtigsten Forderungen des Handels in diesem Bereich in der „Digitalen Agenda des Handels“ zusammengefasst.

Außerdem helfen wir unseren Mitgliedsunternehmen auch ganz praktisch: In unserer HDE-Toolbox finden die Unternehmen eine übersichtliche Zusammenstellung der wichtigsten E-Commerce-Themen. Das soll dabei helfen, eine eigene Website zu starten, online zu verkaufen sowie soziale Medien oder mobile Technologien zu nutzen. Darüber hinaus bieten unsere Landes- und Regionalverbände eine Vielzahl von Workshops und Seminaren zum Thema an.

Im Zuge der Omnichannel-Entwicklung schmelzen die Gegensätze zwischen Online und Offline. So versteht sich heute ein Online-Marktplatz wie eBay auch als Partner des stationären Handels. Welche Potenziale sehen Sie in der Zusammenarbeit zwischen E-Commerce-Anbietern und dem Einzelhandel?

Stephan Tromp: Online-Dienstleister haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Einzelhändler können und müssen immer mehr Prozesse digital umsetzen, optimieren oder ergänzen. Nicht immer haben sie selbst das Know-how oder können selbst den notwendigen Aufwand betreiben. Hier übernehmen Online-Dienstleister diese Aufgaben und ermöglichen dem Händler, sich auf das zu konzentrieren, was er am besten kann: verkaufen. Welche Leistungen die Händler nach außen geben, ist am Ende eine unternehmerische Entscheidung, die in jedem Einzelfall anders ausfallen kann.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Ladengeschäft und das damit verbundene Handelsmodell eines klassischen HDE-Mitglieds in den nächsten Jahren verändern?

Stephan Tromp: Das klassische HDE-Mitglied gibt es schon heute nicht mehr. Das Spektrum unserer Mitglieder reicht vom mittelständischen Fachhändler über den Supermarkt und das Warenhaus bis hin zum Online-Händler und dem Multichannel-Unternehmen. Eines kann man aber sagen: Wenn sich die aktuellen Trends so weiterentwickeln, werden wir deutlich mehr digitale Technologie im Ladengeschäft sehen. Die Anfänge sind schon sichtbar: So stellen beispielsweise einige Händler über Tablets zusätzliche Informationen bereit oder integrieren die Geräte in das Verkaufsgespräch. Auch die Rolle des Smartphones wird in diesem Zusammenhang wachsen. Technologien wie Beacons werden die Verknüpfung mit der digitalen Welt via Smartphone weiter voranbringen. Kunden werden ihre Einkäufe im Ladengeschäft dann online fortsetzen können – oder anders herum. Die Kanäle werden weiter zusammenwachsen. Insgesamt wird das Einkaufen als Erlebnis noch weiter an Bedeutung gewinnen.

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