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Vorwort – oder:
Warum noch ein Papstbuch nötig ist

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„Erbittet für Jerusalem Frieden! Wer dich liebt, sei in dir geborgen. Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit.“ (Psalm 122,6 – 7) Wer die Landkarte des Nahen Ostens aufschlägt oder die erschütternden Bilder aus der Region sieht, denkt kaum an die Friedensvision für die heilige Stadt Jerusalem, die der Psalmist vor zweieinhalbtausend Jahren schrieb. In dem „Wallfahrtslied nach Jerusalem“, wie der Psalm auch gerne genannt wird, verdichtet sich seit Jahrhunderten die Sehnsucht des Menschen, in die heilige Stadt Jerusalem zu pilgern – in der der ewige Friede zu finden ist. Von diesem Frieden sind Jerusalem und viele andere Städte des Nahen Ostens weit entfernt. Und doch ist die Hoffnung auf Frieden so groß wie selten zuvor – und ebenso oft wird genau diese Hoffnung auf Frieden erschüttert. Während Kriege und Terror, Flüchtlingsdramen und wirtschaftliche Not den Nahen Osten beherrschen, bleibt bei aller Verzweiflung oft nur als letzte Hoffnung das Gebet. So hat es Papst Franziskus eindrucksvoll gesagt, als er zur Überraschung von Israelis und Palästinensern die beiden Staatsoberhäupter während seiner historischen Reise in das Heilige Land im Mai 2014 zu einem Friedensgebet in den Vatikan einlud: „An diesem Ort, wo der Friedensfürst geboren wurde, möchte ich an Sie eine Einladung richten, gemeinsam mit mir ein intensives Gebet zu erheben und von Gott das Geschenk des Friedens zu erflehen.“ Papst Franziskus ist als Pilger in das Heilige Land gekommen, um für den Frieden zu beten und dabei nicht vor politischen Erwartungen Halt zu machen. Deshalb wirkt sein Wort bis heute, als er in Betlehem sagte: „Frieden zu schaffen ist schwierig, aber ohne Frieden zu leben ist eine Qual.“

Das vorliegende Buch zeichnet den Weg von Papst Franziskus im Heiligen Land nach. Er war der historischen Begegnung von Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras von Konstantinopel gewidmet, die sich vor fünfzig Jahren im Heiligen Land trafen, um über tausend Jahre der Trennung zu überwinden. Schon aus diesem Grund ist die Reise von Papst Franziskus keine Reise ohne Grund oder gar ohne Geschichte. Sie baut kontinuierlich auf die Vorgängerpäpste auf und setzt den Weg der Versöhnung, des Dialogs und der Ermutigung für die christliche Minderheit im Heiligen Land konsequent fort.

Um die Reise von Papst Franziskus zu verstehen und in den geschichtlichen Kontext einordnen zu können, vor allem aber auch, um zu begreifen, welche Anstrengungen und Wegstrecken in den Jahrzehnten zuvor notwendig waren, um das Programm genau dieser Reise zu ermöglichen, werden erstmals die Wege aller vier Papstreisen ins Heilige Land nachgezeichnet. Mit einer Analyse zur Nahostdiplomatie des Heiligen Stuhls und der Annäherung der römisch-katholischen Kirche an den Staat Israel sowie den Staat Palästina werden die Grundlagen aufgezeigt. Sie gehen zurück bis auf die Zeit Papst Pius’ XII., der noch vor der Gründung des Staates Israel eine diplomatische Vertretung in Form der Apostolischen Delegatur von Jerusalem errichtete. Ohne Papst Johannes XXIII. und seinen Einsatz für das Konzilsdekret Nostra aetate, das in besonderer Weise auf das Judentum und den Islam eingeht, wäre die Idee einer ersten Auslandsreise eines Papstes im 20. Jahrhundert nicht denkbar gewesen. Papst Paul VI. hielt noch während des Konzils die Zeit für gekommen, diesen mutigen Schritt zu gehen. So widmet sich das Buch ausführlich jener Reise, bei der Paul VI. in Jordanien und Israel 1964 zu Gast war.

In der Folge hat der Heilige Stuhl seine Position zum Nahen Osten wiederholt dargelegt. Darauf geht das Buch ebenso ein wie auf die großen Schritte der Annäherung von Papst Johannes Paul II. zum Judentum und zum Staat Israel. Der Besuch des Papstes 1986 in der Synagoge von Rom, wo er die Juden als „unsere älteren Brüder“ bezeichnete, gilt ohne Zweifel als ein zentraler Moment der kontinuierlichen, von Johannes Paul II. gewünschten Aussöhnung mit dem Judentum, die in der Vergebungsbitte im Heiligen Jahr 2000 ihren Höhepunkt fand. Unmittelbar nach diesem Ereignis reiste Papst Johannes Paul II. ins Heilige Land. Das Buch würdigt diese Reise, den unvergesslichen Besuch in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem und an der Klagemauer, vor dem Felsendom und in einem Flüchtlingslager in Betlehem. Was Papst Paul VI. grundgelegt hatte, konnte Papst Johannes Paul II. vollenden.

Gerade deshalb war es für Papst Benedikt XVI. eine besondere Herausforderung, 2009 in den Nahen Osten zu reisen. Was würde er als „deutscher“ Papst Israelis und Palästinensern sagen können? Die dritte Heilig-Land-Reise eines Papstes wird in dem Buch ebenfalls analysiert und kommentiert. Benedikt XVI. setzte den Weg der Versöhnung mutig fort – bis heute sind seine mahnenden und nachdenklichen Worte in Yad Vashem ebenso unvergessen in Israel wie seine eindringlichen Appelle an die christliche Minderheit Palästinas, das Land nicht zu verlassen. Ohne Papst Benedikt XVI. wäre der Dialog der Religionen ärmer und die katholische Kirche im Heiligen Land beiderseits des Jordans entmutigter.

Auf diesen drei Reisen seiner Vorgänger also baute Papst Franziskus auf, als er das Heilige Land besuchte. Um das Engagement der Päpste für die Region und den Frieden zu verstehen, werden in diesem Buch auch die Grundlagen zum Leben der katholischen Kirche im Heiligen Land erläutert. Wichtige Redeauszüge der Reisen werden mit Blick auf den politischen und theologischen Kontext analysiert. Das Buch bietet so erstmals einen Gesamtüberblick über vier Papstreisen und das Engagement im gegenwärtigen Pontifikat Papst Franziskus’ für den Nahen Osten.

Während das Buch fertiggestellt wurde, brach der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen aus: am 8. Juli 2014, exakt einen Monat nach dem von Papst Franziskus initiierten Friedensgebet im Vatikan. Das letzte Kapitel des Buches widmet sich diesem Friedensgebet. Dabei bleibt realistisch festzuhalten, dass das Gebet um Frieden weitergehen muss, trotz Hass und Gewalt in Nahost. Auch dazu möchte diese Analyse beitragen und Anregungen geben. Deshalb bin ich dem Verlag Butzon & Bercker dankbar, dass er sich dieses drängenden Themas angenommen hat und so eine Geschichte von vier Päpsten mit in sein Programm aufnimmt. Mein Dank gilt allen, die mich auf diesem Weg zum Buch unterstützt haben. Es lebt aus den eigenen Erfahrungen, die Reisen von Papst Johannes Paul II., Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus selbst vor Ort in verschiedenen Aufgaben mit begleitet zu haben.

Das Buch endet – trotz des Wissens um neue Kriege in Nahost und Terrorregime von unvorstellbarer Gewalt in der Region – mit einem Wort des Papstes: „Für den Frieden braucht es Mut, eine große Seelenstärke!“ Diesen Mut wünsche ich den Menschen im Heiligen Land und allen Ländern des Nahen Ostens.

Köln im August 2014 Matthias Kopp

Franziskus im Heiligen Land

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