Читать книгу Nur Mut kleiner Maulwurf - Matthias Langkau - Страница 7
3. Kapitel
ОглавлениеManchmal, verkroch sich Alfred einfach in einem seiner dunkelsten Tunnel. Er wollte dann einfach nur alleine sein.
Vielleicht kennt ihr das ja auch. Es gibt so Momente, da kann man niemanden um sich ertragen und will doch nur einfach in den Arm genommen werden. Natürlich wollte er gerne sehen können, aber wozu sollte das gut sein.
Er lebte hier im Dunkeln. Da brauchte man nicht sehen können. Seine anderen Sinne waren scharf und funktionierten ausgezeichnet.
Er war doch auch so wunderbar zu Recht gekommen. Genau.
Schuld war doch bloß diese blöde Wühlmaus.
Soll sie doch draußen herum springen und durch die Wiesen laufen. Er würde glücklich und zufrieden hier in seinen Gängen hausen.
Einsam und verlassen. Stets auf der Lauer. Ein einsamer Jäger. Der niemanden brauchte und niemanden um sich haben will.
Ein leises Schluchzen drang an sein empfindliches Ohr. Er schnupperte und kostete die Luft. Er lauschte – alles still.
Da, wieder dieses leise Schluchzen. Aber da war doch niemand. Er war hier ganz allein.
Da ging ihm auf, dass das Schluchzen von ihm selber kam. Und eine Träne kullerte seine Wange herunter.
„Ich will nicht einsam sein. Ich will mit Isabell zusammen sein und mir die Welt ansehen, so wie sie sie sieht.“
Und er wischte sich die Träne von der Wange und rappelte sich auf.
Wer war er denn, wenn nicht der furchtlose Jäger der Finsternis. So ein bisschen Licht konnte ihm doch nichts anhaben. Ha, er würde das schon schaffen. Bestimmt!
„Also“, sagte er zu sich selbst. „Pfoten zusammen. Bauch rein und Nase voraus.“
Und so machte er sich auf den Weg, um seine Freundin Isabell zu suchen.
Die, hatte sich auch schon etwas ausgedacht, mit dem sie den Maulwurf dazu bringen wollte, seine Augen zu öffnen und sehen zu wollen.
Sie hatte ein kleines Gänseblümchen vorsichtig ausgegraben und in einen der Tunnel geschafft. Dort sollte Alfred die Blume finden und das sollte seine Phantasie anregen.
Vorsichtig, um die Wurzel nicht zu beschädigen, hatte sie das Gänseblümchen wieder eingepflanzt. Sie hatte sich sogar die Mühe gemacht, ein Maul voll Wasser herbei zu tragen, um das Blümchen zu bewässern. Es sollte so lange wie möglich erhalten bleiben, wenigstens so lange, bis der Maulwurf es gefunden hatte.
Und so, machte sie sich anschließend auf den Weg, um Alfred zu suchen.
Der war gleichfalls unterwegs und schnupperte in alle Richtungen, um heraus zu finden, wo Isabell sich aufhielt. Fast glaubte er schon ihren Duft gewittert zu haben, als ihm eine fremde Duftnote in die Nase stieg. Es roch ganz und gar ungewöhnlich. So etwas hatte er schon einmal gerochen. Damals als er seine Mama verloren hatte. Da hatte der Wind auch diesen Geruch in den Tunnel geweht.
Die schrecklichen Erinnerungen ließen Alfred auf der Stelle erstarren. Und so fand ihn Isabell auch. Zusammengekauert, an die Tunnelwand gepresst und sich die Pfoten fest auf die Augen drückend.
„Na, na, na“, versuchte Isabell den kleinen Maulwurf zu trösten.
„Was ist denn los? Erzähl‘s der lieben Isabell.“ Aufmunternd stupste sie den Maulwurf an, der vorsichtig hinter seinen Pfoten hervorlugte.
„Es ist eigentlich nichts“, sagte der kleine Maulwurf und schämte sich ein bisschen.
„Es ist nur dieser Geruch in der Luft. Genau wie damals, als meine Mama gestorben ist.“
Hilflos, zuckte Alfred mit den Schultern.
„Welchen Geruch meinst du denn“, fragte die kleine Wühlmaus und schaute Alfred dabei fragend an.
„Hier duftet es doch nach ganz vielen Dingen. Zum Beispiel, nach Lehm, oder dem Wurzelholz einer Buche. Es riecht hier auch noch nach geschnittenem Gras und nach Pilze, genauer gesagt, diese komischen schleimigen gelben Baumpilze, die die Schnecken immer so gerne fressen.
Und dann riecht es hier noch nach kleinem Maulwurf, und ein bisschen nach Angsthase“, neckte Isabell den Maulwurf.
„Und natürlich ganz besonders angenehm nach hübscher Wühlmaus“, erklärte Isabell und grinste den kleinen Maulwurf an.
Der konnte gar nicht anders, als zurück zu lächeln und meinte: „Stimmt“, aber ob die Wühlmaus hübsch ist, das kann ich leider nicht beurteilen. Ich finde, sie riecht ein wenig vorlaut und schnippisch.“
Dann knuffte er sie freundlich in die Seite und die beiden rangelten ein wenig in den Gängen herum.
„Danke“, sagte der kleinen Maulwurf und Isabell winkte nur ab.
„Nicht der Rede wert“, gab sie zurück. Dann fragte sie zaghaft, aber doch neugierig: „Was hast du denn da genau gerochen, was dich so erschreckt hat?“
„Das weiß ich eben nicht so genau. Es ist ein fremder Geruch, der hier unten, normalerweise nicht zu finden ist.“
Um sich zu vergewissern, dass der Geruch noch da war, schnupperten beide in der Gegend herum.
„Da ist er ja“, meinte der kleine Maulwurf.
„Er kommt genau aus dem Tunnel da vorne.“
Sprach‘s und deutete mit der Nase in die entsprechende Richtung.
Isabell schmunzelte. „Du hast Recht. Von dort weht der Wind einen ganz ungewöhnlichen Duft herüber. Lass uns doch mal nachschauen, äh, ich meine natürlich nach schnuppern, was es da zu entdecken gibt.“
Aufmunternd schob sie den kleinen Maulwurf in den Tunnel und gemeinsam folgten sie dem Geruch bis an seinen Ursprung.
„Ah, da ist sie ja. Die Quelle des sonderbaren Duftes“, sagte die kleine Wühlmaus. Nur mit Mühe konnte sie ein Kichern unterdrücken.
„Was gibt es denn da zu Lachen“, fragte Alfred und schnupperte hin und her. Sieht das Ding etwa komisch aus“, wollte er von Isabell wissen.
„Nein, eigentlich nicht. Ganz im Gegenteil.
Es sieht sogar recht hübsch aus.“
„Und was ist es“, fragte der kleine Maulwurf neugierig. „Kann man es essen?“
„Kann man“, erwiderte die Wühlmaus.
„Aber eigentlich ist es dafür viel zu schade.“
„Das verstehe ich nicht“, gab der Maulwurf zurück. „Wie kann etwas Essbares, zu schade zum Essen sein?“
„Es ist einfach zu hübsch, um von irgendeinem Banausen aufgefressen zu werden. Außerdem würdest du es sowieso nicht mögen, du „olles“ Raubtier. Es kann nämlich nicht vor dir weglaufen.“
„Stimmt, solche Dinge mag ich nicht fressen.
Ich mag es, wenn es zappelt und entkommen will.“ Nachdenklich kratzte Alfred sich die Nase.
„Es ist also etwas, was du fressen würdest“, fragte er die kleine Wühlmaus.
„Genau“, antwortete Isabell. „Es ist eine Pflanze.“
„Pflanzen sind doof“, grummelte der Maulwurf. „Ständig hängen mir die Wurzeln „deiner Pflanzen“ im Gesicht, wenn ich durch meine Tunnel laufe. Das ist ganz schon nervig.“
„Aber das hier, ist etwas anderes“, versuchte Isabell den Maulwurf zu überzeugen.
„Das, ist eine Blume.“
„Eine Blume?“, fragte der kleine Maulwurf.
„Ja, eine wunderschöne, kleine Blume. Und ich möchte, dass du sie ganz genau kennen lernst. Los, komm schon näher ran und fass sie an.
Sie beißt dich schon nicht.“
Alfred trat näher an die Blume heran und spürte, wie der Duft immer stärker wurde.
„Der Duft steigt aus der ganzen Pflanze auf“, stellte er fest.
„Aber am stärksten ist der Duft ganz oben“, sagte er und reckte den Kopf in die Höhe.
„Stimmt“, bestätigte Isabell seine Worte.
„Das liegt daran, dass sie oben ihren Blütenkopf hat. Und der verströmt diesen lieblichen Duft, um Bienen und Schmetterlinge anzulocken.“
„Wie, … wie sieht sie aus?“, fragte der Maulwurf ganz aufgeregt.
Das finden wir gemeinsam heraus“, sagte die Wühlmaus.
„Los komm Alfred. Öffne deine Augen!“