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2.5.1 Lebenssituationen – Qualifikationen – Bildungsinhalte

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Gemäß Robinsohn (1971, S. 45) erfordert Bildung, die auf künftige Lebenswirklichkeiten vorbereiten soll, ein dreistufiges Planungsvorgehen. Es müssen dabei zunächst für Lernende relevante „Situationen“ fokussiert werden, dann „Qualifikationen“, die zur Bewältigung dieser Situationen benötigt werden, und schließlich „Bildungsinhalte“ und „Gegenstände“, die diese Qualifizierungen zur Folge haben sollen.

Zimmermann (1995) führt dazu mit Blick auf den FSU aus:

Das Modell hat auch erheblichen Einfluss auf die Curriculumentwicklung der Fremdsprachenfächer gehabt. Schon sehr bald wurden allerdings seine Grenzen deutlich, insbesondere die Schwierigkeit, künftige Situationen überhaupt und besonders angesichts des raschen gesellschaftlichen und ökonomischen Wandels zu diagnostizieren und außerdem eine stringente Deduktion von Qualifikationen, Zielen/Inhalten1 und der Unterrichtsorganisation aus Lebenssituationen vorzunehmen. Selbst wenn eine solche Ableitung möglich wäre, ist sie schwerlich in Einklang zu bringen mit emanzipatorischen und Selbststeuerungszielsetzungen von Schule. (S. 136)

Robinsohn nennt seinen Ansatz „Strukturkonzept für Curriculumentwicklung“ und erläutert im Vorwort zur dritten Auflage seiner Schrift (1971, S. IX), dass dieses Strukturkonzept bei der ersten Auflage 1967 noch nicht berücksichtigt, sondern erst im Sommer 1969 ergänzt wurde.

Die drei Planungsvariablen Lebenssituationen, Qualifikationen und Bildungsinhalte sind insbesondere bei der Erstellung berufsbezogener Lehrpläne für den FSU mit Bedacht einzusetzen. Wenn es generell schon als schwierig bzw. unmöglich gilt, bei der Unterrichtsplanung künftig notwendige Qualifikationen und relevante Bildungsinhalte vorauszusehen, um Lernende bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten, so ist diese Unmöglichkeit bei der Erarbeitung berufsbezogener Lehrpläne als noch problematischer einzustufen, da sich die Arbeitswelt nicht zuletzt wegen rapider technologischer Entwicklungen und der damit einhergehenden Schaffung neuer Berufsfelder laufend wandelt bzw. ständig im Umbruch ist. Somit sind in der Berufswelt auch kommunikative Anforderungen ebenso wie fremdsprachliche kommunikative Anforderungen einem unentwegten Wandel unterworfen. Kuhn (2007) widmet ein gesamtes Kapitel ihrer Dissertation den kommunikativen Anforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt (Abschnitt 3.1), was zum einen zeigt, als wie wesentlich sich Kommunikation in der Arbeitswelt erweist, und zum anderen verdeutlicht, wie sehr der beständige Wandel der Arbeitswelt Arbeitnehmer herausfordert.

Schmidt beschäftigt sich 2010 (S. 923) jedoch immer noch mit diesen drei Variablen der Curriculumplanung. Er schreibt in diesem Zusammenhang von Robinsohns Programm zur Ermittlung von Inhalten, welches „[…] durch die Aneignung von Kenntnissen, Einsichten, Haltungen und Fertigkeiten […]“ (Robinsohn, 1971, S. 45) vor allem für die „[…] Bewältigung von Lebenssituationen […]“ (ebd., S. 45) qualifizieren soll.

Vorerst ist jedoch festzustellen, dass die Trias Lebenssituationen, Qualifikationen und Bildungsinhalte zwar ein langjährig eingesetztes und auch überwiegend bewährtes, wenn auch immer wieder kritisiertes Instrument für die Curriculumentwicklung darstellt, für die Erstellung berufsorientierter DaF-Lehrpläne jedoch als nur bedingt erfolgversprechend angesehen werden kann, da sich die kommunikativen Anforderungen insbesondere in der Berufswelt in ständigem Wandel befinden. Das zu Überwindende an diesem Ansatz scheint die stark situationsorientierte Basis zu sein. Dem hält Doyé (1995) entgegen:

Gegen Robinsohns Strukturkonzept ist immer wieder eingewendet worden, dass der von ihm vorgeschlagene, anscheinend so rationale Weg eine unsichere Ausgangsposition habe, weil die Situationen, in die die jetzt Lernenden in Zukunft kommen werden, nicht sicher vorhersagbar sind. Wer so argumentiert, übersieht, dass bei jeder Lehrplanung Wahrscheinlichkeitsüberlegungen angestellt werden müssen und dass es hauptsächlich darauf ankommt, sie so fundiert wie möglich anzustellen. Dies liegt im Wesen der Erziehung begründet und kann auch von anderen, hier nicht vorgestellten Zielfindungsstrategien nicht ausgeschaltet werden. (S. 166)

Es ist zweifelsohne zutreffend, dass bei jeder Curriculumplanung „[…] Wahrscheinlichkeitsüberlegungen angestellt werden müssen […]“, doch dass die Hauptsache sei, die Planung der Lehre „[…] so fundiert wie möglich anzustellen“, ist eine unscharfe Formulierung Doyés. Was in einem Kulturkreis als fundierte Curriculumerstellung gilt, kann in einem anderen Kulturkreis als nicht akzeptabel gelten (Abschnitt 2.1).

Berufsbezug in südeuropäischen DaF-Hochschulcurricula vor und nach der Krise von 2008

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