Читать книгу Andachten vorbereiten - Matthias Rapsch - Страница 4

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1. Grundsätzliches

1.1 Inhalt und Ziele einer Andacht

Eingeladen in einer Schulklasse nahm mich der Religionslehrer nach der Unterrichtsstunde zur Seite, um mir seine „höheren Erkenntnisse“ zu vermitteln: „Am liebsten würde ich die Schüler in einen Kreis setzen, das Licht ausmachen und dann könnten wir uns über den leeren Raum in der Mitte Gedanken machen …“ Ich entgegnete ihm, dass der leere Raum doch schon lange von Gott selbst ausgefüllt worden sei und wir deshalb auch von ihm und seiner Offenbarung in Jesus reden können und dürfen.

Wenn wir in diesem Buch über Andachten und ihre Vorbereitung nachdenken, dann hat das nichts mit einem leeren Raum zu tun, in dem wir über das „Nichts“ meditieren. Inhalt einer Andacht ist das lebendige Wort Gottes wie es uns im Zeugnis der Bibel gegeben ist.

Wenn wir die Bibel lesen, dann erfahren wir darin, wie Gott seinen Weg mit den Menschen geht. Wir erleben, wie sich mitten in der „Unheilsgeschichte der ersten Menschheit und unserer Weltgeschichte seine Heilsgeschichte wie ein roter Faden durchzieht – bis heute. Wir erfahren in der Schöpfung, wie Gott sich alles gut ausgedacht hat und bis heute kreativ wirkt. Wir erfahren viel über den Wert unseres Menschsein: „Siehe, es war sehr gut!“ Wir entdecken Gottes Treue mitten in den Zickzackkursen von Leuten wie Jakob. In großer Geduld und Liebe sorgt Gott sich um das kleine unscheinbare Volk Israel. Die Gebote Gottes als die zehn großen Freiheiten beginnen mit der Zusage: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland aus der Knechtschaft befreit hat.“

Die Propheten bringen seine Worte im Tagesgeschäft wiederholt ins Spiel und sind oft unbequeme Mahner. Immer wieder lädt Gott sein Volk, seine Menschen zur Umkehr ein. Als alles nicht mehr fruchtet, sendet er seinen Sohn. Gott geht in seiner Liebe aufs Ganze. Er will seine Menschen wieder gewinnen. Jesus sagt von sich: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Am Kreuz kannst du Jesus ins Herz sehen. Als an Karfreitag Jesus die Arme ausbreitet, zerreißt der Vorhang im Tempel, der das Allerheiligste als Zeichen der Gegenwart Gottes trennte. Jetzt hat jeder Mensch Zugang zum Vaterhaus Gottes. Sünde, Tod und Teufel haben ausgespielt. Jesus ist auferstanden. Das Grab ist leer. Wie ein Lauffeuer breitet sich diese gute Nachricht aus. Aus einem verängstigten Häuflein Jünger werden mutige und lebendige Zeugen Jesu, werden Menschen, die ihr Zeugnis sogar mit ihrem Leben bezahlen. Gottes Geist wirkt bis heute, bei dir in deiner Gemeinde und weltweit. Gott wird seinen Weg mit seiner Welt zum Ziel bringen, wenn Jesus wiederkommt und einmal alles neu machen wird. Aus diesen großen Linien und Pfeilern seiner Heilsgeschichte mit uns ergeben sich für unsere Andachten kleine Bausteine und Brückenpfeiler. Mit unseren Andachten bauen wir an diesen Brücken mit. Daraus ergeben sich folgende Ziele für unsere Andachten:

1.1.1 Wir informieren über Gott und seinen Heilsplan

Wenn es stimmt, dass der Pegel des biblischen Grundwissens beständig sinkt, dann haben wir die Aufgabe, in kleinen Happen über Gott gründlich zu informieren. Das erscheint umso dringlicher, je schillernder und nebulöser über Gott heute geredet wird. Wir erleben seit Jahren einen religiösen Supermarkt, in dem sich jeder sein persönliches Menü zusammenstellt: eine Prise Esoterik, ein Päckchen Buddhismus und eine Dose Islam. Und als Garnierung noch ein bisschen Christentum so wie die Schlagsahne auf dem Kuchen. Wer ist Gott, an den wir glauben, dem wir vertrauen und wie zeigt er sich in der Geschichte? Da bietet uns die Bibel lebendige und packende Geschichten. Mose fragt Gott bei seiner Begegnung am brennenden Dornbusch: „Wenn ich zu den Israeliten komme und ihnen sage, dass der Gott ihrer Vorfahren mich zu ihnen gesandt hat, werden sie mich nach seinem Namen fragen. Was sage ich dann?“ Gott antwortete: „Ich bin euer Gott, der für euch da ist.“ (2. Mose 3,13-14) Wir könnten auch übersetzen: „Ich bin ein handelnder Gott in der Geschichte. Ich habe euer Elend gesehen und das lässt mich alles nicht kalt.“

Noch klarer wird die Offenbarung Gottes dann in seinem Sohn Jesus. In der Andacht dürfen wir den Hörern Jesus vor Augen malen: als wahren Mensch und wahren Gott.

Jesus, der wie wir auf dieser Welt gelebt und alles durchgemacht hat, was wir heute auch erleben: Freude, Leid, Kämpfe, Hitze, Arbeit, Streit, Neid und Müdigkeit, doch alles ohne Sünde, ohne Trennung von Gott, seinem Vater. Jesus, der stellvertretend für uns die Schuld und Sünde getragen und am Kreuz bezahlt hat. Sein Name ist Programm: Jesus, d. h. Gott hilft und rettet. Jesus: auf ihn läuft nicht nur unsere persönliche, sondern auch die ganze Weltgeschichte zu. Deshalb steht ganz häufig im Neuen Testament die Bezeichnung Menschensohn. Es handelt sich hier um einen Titel, der im Propheten Daniel auftaucht: Jesus als Menschensohn ist der gegenwärtige und kommende Weltenrichter, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist (siehe Daniel 7,13).

1.1.2 Wir ermutigen zu einem Leben mit Jesus

Was mache ich nun mit diesen Informationen? Gerade in einer Zeit, wo wir von früh bis spät vollgestopft werden mit vielen und z. T. sinnlosen Informationen, ist diese Frage sehr berechtigt. Was bringt mir das für meinen Alltag, dass jetzt jemand eine Currywurst in Chicago bestellt? Wir wollen es in unseren Andachten nicht nur bei Informationen lassen, so wichtig die auch sind. Nein, wir wollen die Menschen einladen, die Brücke, die Gott zu uns gebaut hat, zu begehen und seinem Wort Vertrauen zu schenken. An dieser Stelle spätestens merken wir, dass das nicht unpersönlich geht. Wir werden viele Darstellungsformen wie den Aufsatz (Einleitung – Hauptteil – Schluss), den Bericht oder den Kommentar (zustimmend oder ablehnend) verwenden, aber das Eigentliche der Andacht ist noch mehr. Wir sind nicht nur Überbringer einer Nachricht, nicht nur Informanten, sondern Menschen, die durch Gottes Wort und seiner Liebe gepackt sind. Wir durften die wunderbare Erfahrung machen: Jesus hat uns durch sein Wort persönlich berührt und wir haben seine Einladung gehört und angenommen. Wir haben geschmeckt wie lecker sein Lebensbrot für uns ist. Jetzt können wir nicht mehr schweigen. So wie es der große Reformator Martin Luther mal ausgedrückt hat: „Ein Bettler sagt jetzt dem anderen, wo es Brot gibt.“ So wollen wir die Menschen in unseren Gemeinden mit unseren Andachten ermutigen, dieses Lebensbrot zu probieren und Jesus zu vertrauen. Das geht nur, wenn Menschen uns echte Herztöne abspüren.

1.1.3 Wir wollen helfen, dass Menschen bei Jesus bleiben und im Glauben wachsen

Bei den oben beschriebenen Gedanken geht es um die glaubensweckende, evangelistische Komponente. Dabei dürfen wir nicht stehen bleiben. So wie neugeborene Kinder irgendwann auch festere Nahrung brauchen, darf sich der Glaube der Zuhörer vertiefen. Das lässt sich in der Praxis der Verkündigung nicht immer chemisch rein auseinander halten. Es ist daher wichtig, dass wir diese Dimension im Blick behalten. Wenn Jugendliche zum Glauben an Jesus gekommen sind, dann brauchen sie nicht permanent eingeladen werden: Komm zu Jesus. Jetzt brauchen sie viel mehr gute Nahrungsangebote. Was heißt das, bei Jesus zu bleiben und seinen Alltag von seinem Wort gestalten zu lassen?

Es geht also, dogmatisch gesprochen, um das große Thema Nachfolge. Wie kann ich die Beziehung zu Jesus gestalten? Was heißt Gebet? Was heißt es, in der Familie Gottes, in der Gemeinde mit anderen zu leben, seine Gaben zu entdecken und sie einzubringen? Die Briefe des Apostels Paulus an die ersten Gemeinden z.B. sind in diesem Zusammenhang eine wahre Fundgrube. Was bedeutet Christsein in der Familie, in der Schule, im Studium oder im Berufsalltag? Was bedeutet Nachfolge in der Gesellschaft und in weltweiter Verantwortung?

An dieser Stelle geht es darum, keine falschen Gegensätze zu konstruieren, sondern Tiefe und Weite des Glaubens aufzuzeigen.

1.2 Unterschied Bibelarbeit und Andacht

„We make Nuremberg in one hour“, so erzählte es mir mal ein Tourist, der Nürnberg in einer Stunde besichtigen wollte, da er noch andere Höhepunkte auf seinem Plan stehen hatte. In so kurzer Zeit funktioniert keine wirkliche Stadtbesichtigung. Ich habe ihm deshalb geraten, sich lieber einen markanten Punkt herauszusuchen und den gründlich zu betrachten. Mit diesem Vergleich ist eigentlich auch schon der Unterschied zwischen einer Bibelarbeit und einer Andacht beschrieben. Die Bibelarbeit ist die gründliche Stadtbesichtigung eines Textes. Wir nehmen uns Zeit, verschiedene markante Punkte ausführlich zu betrachten. Auch Zusammenhänge und Hintergründe können wir bei einem solchen ausführlichen Stadtrundgang entdecken.

Bei der Andacht dagegen konzentrieren wir uns auf einen markanten Punkt, einen Hauptgedanken, den wir gründlich anschauen und weitergeben.

Eine Gruppe in der Gemeinde sollte sich nicht nur mit kurzen markanten Punkten zufrieden geben, sondern in größeren Abständen Stadtführungen oder Besichtigungstouren ganzer Landstriche unternehmen. Es kann sehr erhellend sein, einen ganzen Brief am Stück zu lesen oder über größere Zusammenhänge und Linien zwischen Altem und Neuem Testament zu staunen.

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