Читать книгу Time of Lust | Band 2 | Teil 1 | Absolute Hingabe | Roman - Megan Parker - Страница 3

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Weine nicht um Santiago! von Megan Parker

»Zahira?«

»Zahira ... hörst du mich?«

»Edward, leg eine Decke darüber. Sie soll das Blut nicht sehen!«

»Zahira ... bitte ... mach die Augen auf!«

All meine Sinne waren wie betäubt und weit weg von jeder Realität. Nur ganz leise, am Rande meines Bewusstseins, erreichte mich die einfühlsame Stimme aus der Außenwelt. Sie streichelte meine Seele und ich ließ mich bereitwillig von ihr einfangen. Wie gern wollte ich mich ihr öffnen, sie tiefer in mich eindringen lassen ... und vor allem, das vertraute Gesicht dazu sehen. Schwerfällig hoben sich meine Augenlider und ich erblickte ... David.

Er wirkte besorgt ... nein, das war noch untertrieben, er sah fix und fertig aus. Noch nie hatte ich so viele Adern und Falten in seinem Gesicht gesehen, und seine Haare waren schweißnass. Sein Anblick machte mir Angst.

»David ...«, hauchte ich.

Er lächelte gequält, zwinkerte und brachte damit das Wasser in seinen hübschen Augen zum Überlaufen. »Ganz ruhig ...«, flüsterte er, »besser du sprichst noch nicht.« David tropfte mich mit Tränen voll und plötzlich entdeckte ich eine Infusion neben mir.

»Was ist passiert? Bin ich krank?«, fragte ich panisch.

»Nein«, flüsterte er. »Kannst du dich nicht erinnern?«

Ich sah mich um und bemerkte, dass ich auf dem Teppich lag, direkt neben einem Doppelbett. David kniete neben mir und hielt meine Hand. Er blickte kurz auf, und sprach zu Jude: »Marcus soll die Evita fertig machen. In diesem Zustand fahre ich sicher nicht mit dem Speedboot mit ihr!«

So angestrengt ich auch nachdachte, ich konnte mich beim besten Willen an keinen Unfall erinnern. »Bin ich aus dem Bett gefallen?«, fragte ich David.

»Nein, Zahira ...« Da war es wieder, sein gequältes Lächeln. »Weißt du noch, dass du mit mir weggehen wolltest, weg von Ivory?«

»Ja.« Jetzt, wo er es sagte, dämmerte es mir wieder, und sofort fuhr ein anderer Gedanke wie ein Blitz durch meine Blutbahn. »Santiago!!« ... Erschrocken schnappte ich nach Luft.

David nickte und legte seine Hand auf meine Stirn, um mich zu beruhigen. Aber das half mir auch nicht auf die Sprünge. »Was hat Santiago dazu gesagt?«, wollte ich ungeduldig wissen.

»Wir können gehen. Willst du es denn noch?«

Er ließ uns gehen? So, wie Estelle und Keathan? Sie hatte ihre Achilles-Sehnen geopfert, um ihn verlassen zu dürfen. Sofort blickte ich auf meine Füße ... Aber ich hatte sie noch an, meine gläsernen High Heels mit den glitzernden Steinchen, die angeblich echt sein sollten. Gut verschlossen zierten die versperrten Riemen meine Fesseln. Eine Infusion hing in meiner Armbeuge. David injizierte mir zusätzlich ein hellgelbes Serum. Danach streichelte er über meine Wange.

»David, was hat er mit mir gemacht?«, fragte ich mit weinerlicher Stimme. Santiago musste der Grund sein, warum ich plötzlich Infusionen brauchte. Doch David schwieg. Er wartete sichtlich darauf, dass das Medikament wirkte. Mein Atem beruhigte sich spürbar. Auch Jude beugte sich jetzt zu mir herunter und streichelte durch meine Haare. Seltsame Trauer legte sich über sein Gesicht. Santiago? ... Nein! Bitte nicht! Ihm durfte nichts zugestoßen sein! »Ist Santiago etwas passiert?«, fragte ich panisch.

David seufzte. »Nein, Santiago ist drüben im Kontrollraum, Damian hält ihn dort fest. Zahira ... er hätte dich fast umgebracht! Kannst du dich denn an nichts erinnern?«

Die Injektion zeigte scheinbar schon Wirkung. Mein Herz blieb ruhig und ich schüttelte nur den Kopf.

David sprach weiter: »Ihr habt noch ein letztes Mal miteinander geschlafen ... danach hat er dich mit seinen Händen erstickt!« Sprachlos und ungläubig sah ich ihn an. »Er hielt dich sogar noch fest, als Jude bereits die Tür eingetreten hatte. Wir mussten ihn zu dritt von dir losreißen. Du hattest keinen Puls und keine Atmung. Ich hab dich wiederbelebt, hier auf dem Boden. Es tut mir so leid, Zahira, ich hätte früher reagieren sollen. Ich hätte ihm das nie zugetraut.« Er schluckte schwer. »Jude hat dir das Leben gerettet.«

Das Medikament wirkte genial, nicht mal jetzt bekam ich Herzklopfen. Ich sah Jude und erkannte immer noch den Kampfgeist in seinem Gesicht. Als wäre das alles tatsächlich eben gerade passiert!

»Danke ...«, hauchte ich verwirrt in seine Richtung. Jemand hatte mein Gedächtnis gelöscht!

»Zahira«, sprach David weiter, »meine Entscheidung, Santiago zu verlassen, steht fest. Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, was du nach all dem empfindest, aber wenn du mich immer noch willst, dann kannst du mit mir kommen. Du darfst auf gar keinen Fall hierbleiben. «

Ich nickte.

»Du musst dich nicht sofort entscheiden. Ich bringe dich in eine Klinik. Dann sind wir zumindest einmal aus seinem Einflussbereich.«

»Das Boot ist da!«, unterbrach uns Edward.

Boot? Bescheidener Ausdruck für eine Zwanzig-Meter-Yacht, wie die Evita ... Jude nahm mich vorsichtig auf seine Arme. Im Vorbeigehen sah ich Blutspuren im Bett. War das mein Blut? ... Peitschenhiebe! ... Zögerlich erinnerte ich mich an Peitschenhiebe. Sie hatten meine Haut zerschnitten! Mit zwei Fingern fühlte ich dicke Pflaster unter meinem Kleid, eines an meiner Brust, eines auf meinem Bauch und mein rechter Oberschenkel war komplett eingebunden. Gerade als ich das Pflaster an meiner Wange entdeckte, gab mir Edward einen Kuss auf die andere Seite. »Du wirst mir fehlen, Prinzessin!«

Hayle und Liam trugen Taschen nach unten und begleiteten uns bis zum Anlegesteg.

Ich dachte weder an all die anderen Mädchen noch an Damian. Ich war mir nicht mal richtig im Klaren darüber, dass ich gerade im Begriff war, Santiago zu verlassen. Mit dieser Spritze völlig ruhig gestellt, vertraute ich voll und ganz auf David, er würde bestimmt richtig entscheiden ... für uns beide. David war jetzt mein Leibarzt ... und mein Geliebter.

Jude brachte mich in den Wohnbereich der Yacht und legte mich auf einem breiten Sofa vorsichtig ab. Dann kniete er sich neben mich. Er war so hübsch, mein junger englischer Lord, mein Retter. Wehmütig blickte er in meine Augen und seine Stimme klang so liebevoll: »David wird auf dich aufpassen – so, wie du es dir immer gewünscht hattest. Versprich mir, dass wir uns irgendwann wiedersehen!«

Normalerweise hätte er mich damit zum Weinen gebracht. Es tat mir unheimlich leid, ihn zurücklassen zu müssen. »Jude, die Spritze ... Ich kann nicht denken, ich kann nichts empfinden, sonst würde ich ganz bestimmt in Tränen ausbrechen. Ich wollte dich nie verlieren. Es tut mir so leid. Ich werde dann um dich weinen, wenn ich es wieder kann, das verspreche ich dir!«

Er lächelte. »Versprich mir nur eines, weine nie um Santiago! Er hat es nicht verdient!«

Eigentlich hätte ich jetzt nicken müssen, aber ich konnte nicht. Es fühlte sich an, wie eine innere Blockade. Ich konnte auch Jude nicht mehr in die Augen sehen und wandte meinen Blick von ihm ab. Er gab mir keinen Abschiedskuss. Bestimmt hatte ich ihn enttäuscht. Jude ging tatsächlich von Bord, ohne sich von mir zu verabschieden.

David und Hayle blieben. Marcus steuerte die Yacht.

David war sehr aufgeregt, er führte ein Telefonat nach dem anderen. Sie beachteten mich kaum und bald wurden meine Augenlider so schwer, dass ich sie nicht mehr offen halten konnte. Mit Gewalt versuchte ich mich zu erinnern, was passiert war. Santiago hatte mich auspeitschen lassen ... von David ... mit der Sorte von Peitschen, die sich tief in die Haut gräbt und Narben hinterlässt. Er wollte uns damit beide bestrafen. Wir hatten ihn hintergangen ... David, sein Leibarzt und langjähriger Geliebter, von dem er bis zum heutigen Tag dachte, dass er konsequent schwul sei, war ihm untreu geworden. Mit mir. Santiago hatte ihm nur Hayle und Liam zugestanden, seine beiden jungen Geliebten, als Entschädigung dafür, dass er sich nicht im Keller bedienen konnte, wie all die anderen Männer. Keller .... zum ersten Mal fielen mir wieder die Mädchen ein. Jana, sie war mir so sehr ans Herz gewachsen. Victoria, Judes häufigste Wahl, er würde bestimmt gut auf sie aufpassen. Alice, die nun, nachdem ich fort und Estelle mit Keathan in die Schweiz gegangen war, als einzige über die Fähigkeit verfügte, Santiago freihändig mit ihren sinnlichen Lippen zu befriedigen. Und nicht zuletzt Natalie, die immer so zerbrechlich wirkte mit ihrem blassen Teint und ihren langen hellblonden Haaren. Sie alle hatten vermutlich nichts davon mitbekommen, was heute Morgen passiert war. Aber auch meine Erinnerung war noch von gewaltigen Lücken durchzogen. Bestimmt hatte es Santiago mehr als schockiert, dass ich ihn mit David verlassen wollte. Er war stets so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass er gar nicht bemerken konnte, wie unsterblich ich mich in David verliebt hatte. Und dass er meine Zuneigung heimlich erwiderte. Ein wohliges Gefühl überkam mich beim Gedanken an Davids zärtliche Art zu lieben. In seinen Armen fühlte ich mich beschützt und geborgen. Ich liebte seinen ästhetischen schlanken Körper, seine seidig zarte Elfenbein-Haut, seine hübschen Augen ... und noch viel mehr liebte ich die Erfahrung, die in seinen Berührungen lag und die mich ständig darüber hinwegtäuschte, dass vor mir kaum ein weibliches Wesen seine intime Zuwendung hatte erfahren dürfen. Nur ganz selten, wenn Santiago ihn dazu gezwungen hatte, musste er sich gegen seinen Willen einem Mädchen schenken.

Die frischen Schnitte auf meiner Haut brannten, besonders die auf meiner Bauchdecke. David meinte, ich hätte mit Santiago noch Sex gehabt, bevor er ... ich ... ich konnte es nicht mal in Gedanken in Worte fassen. Aber der stechende Schmerz brachte unausweichlich eine Erinnerung zurück ... Er hatte sich auf meinen Wunden gerieben ... Ja! ... Plötzlich war ich mir ganz sicher. Sein Schweiß brannte höllisch auf mir und überall war Blut, selbst sein Gesicht konnte ich nun rot verschmiert vor mir sehen, seine Lippen, seine Wangen, alles rot! Der Schrecken jagte ungebremst durch meine Sedierung und ließ mich aufschreien. Ich fuhr in die Höhe und fasste grob in meine Haare.

Sofort war David bei mir. »Was ist passiert?«

»Blut! ... Er hat sich in meinem Blut gerieben ... auf meinem Bauch ... überall!«, keuchte ich.

David nickte mitfühlend. »Ja ... das mag stimmen. Ich hab dich schreien gehört.« Vorsichtig löste er die Krallen aus meinen Haaren. »Aber, sag mir, wenn ich falsch liege, meines Erachtens waren es nicht nur Schmerzensschreie.« Er sah mir prüfend in die Augen und hielt meine Handgelenke fest umklammert.

»Du meinst, es hat mir gefallen?«, hauchte ich.

David zuckte mit seinen Schultern.

Ich war schockiert. Über mich selbst. Obwohl, wenn ich genau in mich hineinhorchte, war ich schockiert, dass es mich nicht schockierte. Erschöpft legte ich mich wieder nieder.

David streichelte über meine Wange und seine Stimme klang nun beruhigend. »Wir wissen beide, dass du gern für ihn leidest. Und wir wissen auch beide, wie sehr ihn das erregt. Du hast dich damit bei ihm bis an die Spitze gehangelt und ich bin mir sicher, dass es ihm jetzt das Herz aus der Brust reißt, wenn du ihn verlässt. Aber er hat sich das selbst zuzuschreiben. Diesmal ist er zu weit gegangen. Viel zu weit!«

So sehr es mich auch interessierte, was David erzählte, mir fielen schon wieder die Augen zu.

»Bleib noch kurz bei mir, bitte!«, verlangte er.

Ich sah ihn wieder an.

»Du bist achtzehn und bildhübsch. Er hat deine Model-Karriere ruiniert! Du trägst sein Brandmal am Hals. Er hat dich in diese Schuhe gezwungen, sodass du nicht mehr barfuß laufen kannst. Und er ließ mich dir diese Wunden zufügen, all die Schnitte auf deinem Körper, die nie wieder unsichtbar werden. Du musst von ihm loskommen! Bitte! Mir fällt es auch nicht leicht, aber ich habe meine Grenzen. Du hättest tot sein können, wenn Jude nicht reagiert hätte!«

Ich schluckte schwer.

»Zahira, ich möchte, dass du bis wir in der Klinik sind über etwas nachdenkst ...« Er drückte meine Hand fest und sah mich eindringlich an. »Du solltest ihn anzeigen! Wenn dich die Ärzte sehen! Du kannst ohnehin nicht verbergen, dass du misshandelt wurdest. Weißt du, was ich meine? Du hast ganz rote Augen, weil dir so viele Äderchen geplatzt sind, als du keine Luft mehr bekommen hast ... und sein Sperma ist noch in dir. Denk an die anderen Mädchen auf Ivory, denen dasselbe zustoßen könnte. Damian hat mir versprochen, er bleibt bei ihm, bis die Polizei kommt. Und ich vertraue ihm – er hatte Santiago heute in seiner Aufgebrachtheit in Handschellen an der Gitterwand fixiert. Damian kennt ihn schon seit frühester Jugend an, er hat sexuell keine Beziehung zu ihm und ist wohl der Einzige, der ihm einen Funken Widerstand bieten kann.«

»In Handschellen? An der Gitterwand?«, fragte ich betroffen.

Plötzlich schlug mich David mit der flachen Hand ins Gesicht. »Zahira, bitte! ... Das gibt’s ja nicht! Ich hätte das überspringen sollen!«

Wenigstens hatte er auf meine gesunde Wange gezielt. In den gesamten vier Monaten, die ich auf Ivory zugebracht hatte, hatte mich David noch nie geschlagen. Ich war ziemlich perplex über seine Entgleisung. Und es dauerte ein paar Sekunden, bis ich das verarbeitet hatte. Ich brauchte den Blick in sein zorniges Gesicht und in seine endlos schönen jadegrünen Augen. Beides bewirkte, dass die Anspannung spürbar aus meinen Gliedmaßen wich, und im nächsten Moment fühlte es sich nur noch gut an. Jetzt konnte ich ihm viel besser zuhören, was auch er an meiner Körpersprache zweifellos erkannte. Jetzt gehörte ich ihm. Und seine Stimme beruhigte sich wieder. »Du musst ihn anzeigen, Zahira! Stell dir vor, er hätte das mit mir gemacht, dann würdest du auch nicht zögern!«

»Ja«, hauchte ich einsichtig.

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