Читать книгу Tower - Melody Adams - Страница 6
ОглавлениеKapitel 1
Tower
Der Gedanke allein, dass weitere von meinen Brüdern nach so vielen Jahren noch immer in Gefangenschaft litten, war genug, um mich rasend zu machen. Doch was mich noch mehr aufregte, war die Bombe, die Satan eben hatte platzen lassen. Darkness und Easy sahen so grimmig aus, wie ich mich fühlte.
„Lass mich das zusammen fassen“, sagte Darkness, deutlich bemüht, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. „Das Labor, von dem du geflohen bist, hält menschliche Frauen für – Zuchtzwecke?“
„Ich weiß nur von einer“, erwiderte Satan. „Und ich weiß nicht, ob sie und das Kind überhaupt noch am Leben sind. Das letzte Mal, dass ich sie gesehen hab, muss etwa zwei Jahre her sein.“
„KIND?“, brüllte Easy aufgebracht. „Was für ein Kind?“
„Du meinst, die verdammten Zuchtversuche waren erfolgreich? Die Frau hat ein Kind mit einem Breed?“, hakte Darkness nach, ungläubig und aufgebracht zugleich.
Ich ballte meine Fäuste, um nicht alles in Easys Büro kurz und klein zu schlagen. Nicht nur hatten diese Mistkerle eine Frau in ihrer Gewalt, sondern auch noch ein Kind. Eines mit unserem Blut in seinen Adern. Das Kind war einer von uns, auch wenn es nur ein Halbblut war. So wie alle anderen Kids, die von Breeds mit Menschen gezeugt wurden, stand das Kind, und somit auch seine Mutter, unter dem Schutz der ABU.
„Wie haben sie das geschafft? Soweit ich weiß, kommt eine Befruchtung nur zustande, wenn es sich bei dem Paar um Gefährten handelt“, wollte Easy wissen. „Die Chance, dass eine gefangene Menschenfrau und der Breed mit dem sie gepaart wurde Gefährten sind, ist gering.“
„Was für eine Kraft auch immer dahinter steckt, dass ein Breed seine Gefährtin findet, arbeitet in mysteriöser Weise“, wandte Darkness ein. „Wie viele von uns haben ihre Gefährtin unter seltsamen Bedingungen gefunden? Nenn es Schicksal oder Gott oder was auch immer, doch ich denke, es hat stets seine Gründe, wenn ein Paar sich trifft.“
„Soweit ich weiß, ist die Befruchtung künstlich entstanden“, erklärte Satan. „Ich hab die eine oder andere Unterhaltung der Ärzte und Wissenschaftler mit angehört und die Zuchtversuche waren stets erfolglos, wenn ein Breed mit der Frau gepaart wurde. Sie sprachen darüber, die Befruchtung im Labor vorzunehmen. Monate später erfuhr ich, die Frau sein schwanger. Deswegen gehe ich davon aus, dass die künstliche Befruchtung erfolgreich gewesen sein muss.“
„Okay! Zurück zu den Fakten“, sagte Darkness. „Wir haben eventuell drei andere Breeds und eine Frau mit Kind, die befreit werden müssen. Nachdem du ausgebrochen bist, wie viele Ärzte, Pfleger und Wachen denkst du, sind noch in dem verdammten Labor?“
„Ein oder zwei Ärzte, ein Wissenschaftler. Wie viele Pfleger oder Wachen kann ich nicht sagen. Vielleicht drei oder vier Pfleger. Wachen? Sie werden wahrscheinlich mehr eingestellt haben, nachdem ich die Wachen getötet hab, die an dem Tag im Labor waren. Doch von den Wachen, die zu dem Zeitpunkt dort gearbeitet haben, sind wahrscheinlich um die zwölf noch am Leben. Sie arbeiten dort in drei Schichten. Jede Schicht mit sechs Wachen. Somit waren zwölf Wachen zuhause, als ich ausbrach.“
„Okay. Sechs Wachen, die jeweils Schicht haben, bedeutet, dass wir es mit sechs Wachen und gut einem halben Dutzend medizinischem Personal zu tun haben“, fasste Darkness zusammen.
„Ich denke nicht, dass wir uns um die Ärzte oder Pfleger Gedanken machen müssen“, sagte ich. „Die sind wahrscheinlich nicht ausgebildet, zu kämpfen und werden wenig Widerstand leisten.“
„Du hast recht“, stimmte Darkness zu. „Ich werde die Lage mit Präsident Kelly besprechen. Ich weiß nicht, wie die Beziehungen zwischen den USA und der australischen Regierung im Moment sind. Es ist möglich, dass wir von den Aussies keine Genehmigung für die Operation bekommen. Ich weiß, dass Präsident Jackson immer hinter uns gestanden hätte, auch wenn wir die Operation illegal ausführen müssten. Doch bei Präsident Kelly bin ich mir noch nicht so sicher. Er ist neu im Amt und er hat kein persönliches Interesse an uns.“
„Hat er eine hübsche Tochter?“, scherzte ich. „Dann können wir das mit dem persönlichen Interesse schnell ändern?“
Alle lachten, doch der Humor hielt nur kurz an. Die Lage war zu ernst. Wir hatten eine Mission vor uns und soweit wussten wir noch nicht, ob wir die notwendige Unterstützung bekommen würden, die wir brauchten. Doch ich kannte meine Brüder, und ich kannte Darkness. Wir würden unsere Brüder in Not nicht in Stich lassen. Dasselbe galt für die Frau und das Kind. Sie mochten es noch nicht wissen, doch sie gehörten zu uns. Und wir schützen das, was zu uns gehörte.
„Okay“, sagte Darkness und erhob sich. „Wir treffen uns erneut, wenn ich mit Kelly gesprochen habe.“
Drei Wochen später
Die Anlage lag ruhig da. Nichts war zu sehen, was darauf hinwies, dass sich jemand in dem Gebäude befand. Keine Menschenseele war zu sehen, kein Auto parkte auf dem verlassenen Gelände. Die alten Fabrikhallen lagen dunkel und schweigend in der Abenddämmerung. Hatten sie das Labor nach Satans Ausbruch verlegt?
„Sieht nicht so aus, als wenn jemand hier wäre“, sagte ich frustriert.
„Sie sind hier“, erwiderte Darkness leise. „Satan hat gesagt, dass das Labor unterirdisch ist. Im Inneren der Hallen werden wir die Autos der Angestellten finden und zwei Wachen, die den Fahrstuhl zum Labor bewachen.“
„Meine Männer und ich gehen voran“, verkündete Agent Midfield von der Australian Federal Police. „Das Parlament mag euch erlaubt haben, an der Mission teilzunehmen, doch wir sind hier, um die Verantwortlichen zu verhaften. Hab ich mich klar ausgedrückt?“
Ich konnte sehen, dass Darkness seinen Ärger mühsam hinunter schluckte, doch er nickte grimmig. Wir konnten froh sein, dass die australische Regierung zugestimmt hatte, dass wir die Breeds, die Frau und das Kind außer Landes transportieren durften. Doch leider hatte das Parlament klar gemacht, dass wir bei der Verhaftung der Verantwortlichen zurückstehen mussten. Wir würden keine Gelegenheit haben, auch nur einen Finger an die Monster zu legen, die unsere Brüder in Gefangenschaft hielten. Die ABU hatte hier keine Rechte, und so mussten wir uns fügen. Weder Darkness, noch Easy oder mir gefiel dies, doch uns waren die Hände gebunden. Das Wichtigste war, dass wir unsere Leute in Sicherheit brachten. Die Breeds in dem Labor waren der einzige Grund, warum wir hier erlaubt waren. Präsident Kelly und Darkness hatten dem Parlament klargemacht, dass die Breeds aggressiv auf die Menschen reagieren würden, die für ihre Befreiung hier waren. Nur Darkness, Easy und ich konnten unseren gefangenen Brüdern verständlich machen, dass nicht alle Menschen böse waren und dass wir ihnen ein Leben in Frieden auf Eden bieten konnten.
„Okay“, sagte Agent Midfield. „Auf mein Zeichen.“
Daphne
Dillon bewegte sich unruhig auf dem Bett hin und her. Er hatte ein leichtes Fieber bekommen. Ich vermutete, dass es etwas mit dem zu tun hatte, was die Monster heute Morgen mit ihm gemacht hatten. Sie hatten mir versichert, es handle sich nur um ein paar harmlose Tests, doch seit sie meinen Sohn zurück in die Zelle gebracht hatten, war er nicht ansprechbar und schien Fieberträume zu haben. Besorgt feuchtete ich einen Lappen im Waschbecken an und ging zurück zum Bett, um den Lappen auf Dillons Stirn zu legen.
„Baby? Kannst du mich hören?“, fragte ich, mühsam die Tränen unterdrückend. „Wach auf, Baby. Bitte. Wach auf.“
Mit einem Schrei setzte Dillon sich plötzlich auf und entblößte mit einem Fauchen seine Fänge. Es dauerte einen Moment, ehe sein aggressiver Blick sich klärte, als er mich erkannte.
„Mommy?“
Ich schluchzte auf und schloss ihn in meine Arme.
„Oh, Baby, was haben die Monster mit dir gemacht?“
„Ich weiß nicht“, erwiderte Dillon leise. „Ich kann mich nicht erinnern.“
„Wie fühlst du dich? Hast du Schmerzen?“
„Mein Kopf tut weh.“
„Zeig mir wo“, forderte ich ihn auf und rückte ein Stück von ihm ab.
„Hier“, erklärte Dillon und zeigte auf seinen Hinterkopf.
Ich rutschte ein wenig und drehte seinen Kopf, sodass ich die Stelle sehen konnte. Ärger flammte in mir auf, als ich sah, dass sie sein Haar an der Stelle rasiert hatten und ein Verband offensichtlich eine Wunde verdeckte. Ich hatte es nicht bemerkt, als sie ihn zuvor hierher gebracht hatten. Was hatten diese Monster mit meinem Baby gemacht? Wie viel schlimmer würde es noch werden, wenn er älter wurde? Wir konnten hier nicht bleiben. Wir mussten irgendwie hier raus, doch ich hatte keine Ahnung, wie wir das hinbekommen sollten. Sie holten uns niemals zusammen aus der Zelle. Entweder war es nur Dillon oder ich. Tränen der Verzweiflung rannen über meine Wangen.
„Es ist okay, Mommy“, flüsterte Dillon. „Es tut schon gar nicht mehr weh. Mach dir keine Sorgen.“
Emotionen schnürten meine Kehle zu. Mein tapferer kleiner Engel. Wie gesagt, ich hatte keine Ahnung, wie alt Dillon war, doch an seiner Größe gemessen würde ich schätzen, dass er fünf oder sechs Jahre alt sein musste. Sein Verhalten jedoch war das eines viel älteren Kindes, doch das lag wohl daran, dass wir hier in dieser Hölle lebten. Er hatte niemals den Luxus gehabt, einfach nur ein Kind zu sein. Ein Geräusch riss mich aus meinen depressiven Gedanken. Ich erstarrte.
„Was war das, Mommy?“, fragte Dillon.
„Das klang wie... Schüsse“, murmelte ich.
„Schüsse? Was ist das?“
„Baby. Ich will, dass du unter das Bett krabbelst und dich dort versteckst, bis ich dir sage, dass alles okay ist. Hast du verstanden?“
„Warum? Was ist los, Mommy?“
Mehr Schüsse erklangen, und es schien näher zu kommen. Schreie waren zu hören, dann ein Knall, wie von einer Explosion. Mein Herz begann zu rasen und kalter Schweiß brach auf meiner Haut aus.
„Wir haben keine Zeit für Erklärungen, Dillon“, sagte ich scharf. „Unters Bett! Beeil dich!“
Dillon krabbelte aus dem Bett und darunter. Ich warf einen letzten Blick auf das Bett, zufrieden, dass mein Sohn in den Schatten unter dem Bett nicht zu sehen war. Dann schlich ich mit klopfendem Herzen näher zur Tür. Es klang, als wenn die Schüsse und Schreie sich wieder entfernten. Ich wünschte, ich könnte sehen, was da draußen vor sich ging, doch die Klappe, durch die man uns unser Essen reichte, war nur von außen zu öffnen. Für eine Weile schien es relativ ruhig, doch dann näherten sich schwere Schritte und mein Herz begann erneut zu rasen. Ich hatte keine Ahnung, wer da kam und was dies für mich und Dillon bedeutete. Ich schaute mich hastig in unserer Zelle um, ob ich etwas als Waffe benutzen konnte, doch das Einzige, was mir halbwegs nützlich erschien, war die Nachttischlampe. Ich eilte zum Bett, riss den Stecker der Lampe heraus und nahm sie in die Hand. Dann lief ich zurück zur Tür und stellte mich so, dass ich die Person, die hereinkam, attackieren konnte. Vielleich war dies unsere Chance, endlich von hier zu fliehen. Mein Magen war vor Aufregung in Knoten. Meine Hände zitterten, als ich mit angehaltenem Atem lauschte, wie die Schritte vor unserer Tür stehen verstummten. Der Riegel wurde vorgeschoben und die Tür schwang auf. Eine massive Gestalt betrat den Raum und ich ließ die Lampe auf die Person nieder gehen, ohne weiter nachzudenken. Der Eindringling war riesenhaft, weswegen ich nur seine breite Schulter anstatt seines Kopfes erreichen konnte.
„Umpf.“
Ich wich mit einem Schrei zurück, die Lampe vor mich halten, als ich auf den riesenhaften Mann vor mir starrte. Mein Schlag mit der Lampe hatte nicht den geringsten Effekt gehabt, was bei seiner Statur nicht weiter verwunderlich war.
„Was zum...?“, knurrte der Mann und sah mich an, die Stirn runzelnd. Ich sah auf den ersten Blick, dass ich es mit einem Alien Breed zu tun hatte. Nur, dass dieser Breed noch gewaltiger wirkte als die, welche ich in meiner Gefangenschaft hier zu sehen bekommen hatte. Er musste weit über zwei Meter groß sein und er war so breit wie ein verdammter Kleiderschrank. Seine Hände wirkten wie Schaufeln. Ein Schlag mit dieser Hand, und es würde mir glatt den Kopf von den Schultern reißen. Ich schluckte schwer. Ich überlegte verzweifelt, was ich tun konnte, um mich und Dillon von diesem riesenhaften Biest zu retten, als ein wilder Schrei erklang. Dillon war unter dem Bett hervorgekommen und rannte mit wildem Blick und gebleckten Zähnen auf den Riesen zu.
Mit einem wütenden Knurren sprang er auf den großen Breed zu und verbiss sich im Unterarm des Hünen. Der Breed stieß ein Brüllen aus und packte Dillon im Nacken. Ich schrie. Adrenalin raste durch meinen Leib. Alles an was ich denken konnte, war, wie ich meinen Sohn retten konnte. Ohne weiter nachzudenken, schlug ich mit der Lampe wieder und wieder auf den Breed ein.
Tower
Da war weder eine Frau, noch ein Kind bei den Zellen, in denen die drei Breeds gehalten wurden. Ich überließ es Darkness und Easy, bei der Befreiung der Breeds zu helfen. Ich wollte wissen, wo die Frau gehalten wurde. Ich schnappte mir den ersten Menschen, der mir in die Quere kam, und packte ihn bei der Kehle.
„Wo ist die Frau?“, knurrte ich.
Der Mann, der einen Kittel trug und offensichtlich ein Pfleger war, starrte mich aus geweiteten Augen voller Angst an. Der Geruch von Urin füllte die Luft, doch ich ignorierte den beißenden Gestank.
„Wo sind die Frau und das Kind? Antworte, oder ich reiße dir die Eingeweide raus.“
„Ni-nicht hi-hier“, stammelte der Pfleger.
„Dann WO?“, brüllte ich. „Zeig mir den Weg!“
Ich ließ seine Kehle los und packte ihn stattdessen hart beim Arm.
„Bi-bitte! T-tu mir nichts“, quiekte der Feigling.
„ZEIG! MIR!“
Der Pfleger führte mich in einen anderen Winkel der unterirdischen Anlage, bis wir zu einem kurzen Flur kamen, von dem nur drei Türen abgingen.
„D-die l-linke T-tür“, stotterte der Mann.
Ich ließ ihn zu Boden gleiten und marschierte auf die Tür zu. Sie war von außen mit einem Riegel verschlossen. Ich blieb vor der Tür stehen und schnupperte. Ja, ich roch die Frau und den Jungen. Ich roch Angst und Verzweiflung und meine Wut erwachte erneut. Diese Frau wurde seit Jahren von diesen Monstern gefangen gehalten. Sie würde wahrscheinlich erst einmal Angst vor mir haben. Dass ich so riesig war, würde wahrscheinlich auch nicht helfen, ihre Nerven zu beruhigen. Aber ich war hier, um sie zu befreien, und ich würde keine weitere Zeit damit verschwenden, jemand weniger bedrohlich wirkenden zu holen. Irgendwie würde ich sie schon beruhigen. Ich schob den Riegel beiseite und öffnete die Tür. Ich betrat die Zelle, als eine Bewegung aus den Augenwinkeln meine Aufmerksamkeit erregte. Sekunden später rauschte etwas auf meine Schulter hinab. Es war kein harter Schlag, doch genug, um wehzutun.
„Umpf“, stieß ich aus.
Die Frau, die mich angegriffen hatte, wich mit einem Schrei zurück, eine Lampe vor sich halten, als sie zu mir aufsah.
„Was zum...?“, knurrte ich, die Stirn runzelnd.
Die Frau sah aus wie ein in die Ecke gedrängter Hase. Ihre Augen weit vor Angst. Sie schluckte schwer. Plötzlich erklang ein wilder Schrei. Ein kleiner Junge kam unter dem Bett hervor und rannte mit wildem Blick und gebleckten Zähnen auf mich zu. Mit einem wütenden Knurren sprang er auf mich zu und verbiss sich in meinem Unterarm. Fuck, der Kleine hatte scharfe Zähne. Ich stieß ein überraschtes Brüllen aus und packte den kleinen Wilden im Nacken. Die Frau schrie. Wie eine Löwin, die ihr Junges verteidigte, sprang sie auf mich zu und schlug mit der Lampe wieder und wieder auf mich ein. Verdammt. Ich hatte einen wild gewordenen Jungen an meinem Arm hängen und eine kleine, aber angepisste Frau, die mich wie ein Pit Bull attackierte. Ich wollte weder dem Jungen, noch der Frau wehtun. Wie sollte ich die beiden bändigen, ohne sie zu verletzen?
„Hey!“, rief ich. Ich versuchte, die Schläge der zierlichen Frau mit meinem freien Arm abzuhalten, während der Junge sich noch immer in meinen Arm verbissen hatte. „Ich bin hier, um zu helfen. Wir sind gekommen, euch zu befreien. Wenn du für einen Moment aufhören könntest, mich zu attackieren und deinem Sohn sagen könntest, meinen verdammten Arm loszulassen – das wäre wirklich großartig. Ich will euch nicht wehtun. – Auuuu!“
Die Frau stoppte ihre Attacke, doch sie hielt die Lampe erhoben, bereit, jede Sekunde wieder auf mich einzuhauen. Unterdessen begann ihr Sohn an meinem Arm zu zerren, und das tat wirklich verdammt noch mal weh. Ihn mit einer Hand dazu zu bewegen, loszulassen, ohne ihm wehzutun, erwies sich als verdammt schwer.
„Dillon! Lass los!“, sagte die Frau schließlich.
Der Junge entließ meinen zerfetzten Arm, hörte jedoch nicht auf, mich drohend anzuknurren. Ich beäugte den Schaden und seufzte. Der Kleine hatte meinen Unterarm in Hackfleisch verwandelt. Das würde mindestens zwölf Stiche brauchen. Das Blut bildete bereits eine Pfütze auf dem Boden neben mir. Das Gesicht des Jungen war mit meinem Blut beschmiert, und verlieh ihm ein eben noch wilderes Aussehen.
„Ich bringe euch zu den anderen“, sagte ich, die kleine Bestie nicht aus den Augen lassend. „Die Wachen sollten mittlerweile alle ausgeschaltet sein, dass ich euch sicher hier raus bringen kann.“
„Woher weiß ich, dass ich dir trauen kann? Du bist einer von ihnen. Von diesen... Bestien.“
„Ich bin ein Alien Breed“, sagte ich bemüht ruhig. „Ich war ein Gefangener wie du und dein Sohn.“
„Und das soll mich beruhigen?“, fragte sie mit einem höhnischen Lachen. „Ja, ich weiß sehr wohl, was du bist und zu was du fähig bist. Ich hab es am eigenen Leib erfahren müssen.“
Ich seufzte. Wie sollte ich der Frau klarmachen, dass die Breeds, die ihr wahrscheinlich wehgetan hatten, unter dem Einfluss von Drogen gestanden hatten und für ihre Taten nicht verantwortlich gemacht werden konnten? Es gab so vieles, was wir ihr erklären mussten, doch jetzt war nicht die Zeit dazu. Mein Arm blutete wie Sau und wir mussten sehen, dass wir hier raus kamen.
„Hör zu... Wie ist dein Name?“
„Daphne“, erwiderte sie zögerlich.
„Okay, hör zu, Daphne. Ich verspreche dir, dass dir und deinem Sohn von mir keine Gefahr droht. Dein Sohn ist zur Hälfte ein Breed. Somit gehört er zu uns. Er steht unter unserem Schutz und dadurch stehst auch DU unter unserem Schutz. Meine Männer und ich werden dir alles in Ruhe erklären, wenn wir aus diesem verdammten Höllenloch heraus sind. Wir sind nicht allein gekommen. Die Federal Police ist ebenfalls hier.“
„Ist das, wohin du uns bringst? Zur Federal Police?“
„Fürs Erste“, sagte ich. Es war besser, ihr erst einmal nichts von den weiteren Plänen, sie und das Kind nach Eden zu bringen, zu erzählen. Wenn ich wollte, dass sie und der Junge freiwillig mit mir gingen, musste ich diese Pläne erst einmal verschweigen. Eines nach dem anderen.
„Okay. Wir folgen dir. Doch du gehst vor, damit ich sehe, was du tust.“
„Okay. Kein Problem“, erwiderte ich erleichtert. „Aber bleibt dicht hinter mir. Nur für den Fall, dass wir doch noch auf eine der Wachen treffen.“
Die Frau nickte. Sie nahm den Jungen bei der Hand, der aufgehört hatte zu knurren, mich jedoch noch immer misstrauisch beäugte. Mit einem letzten Seufzen verließ ich die Zelle. Ich vergewisserte mich über die Schulter hinweg, dass die Frau und der Junge mir wirklich folgten, dann begann ich, sie durch die unterirdischen Gänge zu den Fahrstühlen zu eskortieren. Ich hoffte, dass Darkness und Easy die anderen Breeds bereits sicher in einem der Vans untergebracht hatten, denn ich wusste nicht, wie die Frau auf den Anblick der Breeds reagieren würde, die ihr wahrscheinlich wehgetan hatten.