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Kapitel 1

Darkness

Sie war wie die verbotene Frucht im Garten Eden. Ich wusste, dass sie mein Untergang sein würde, doch die Versuchung ... Oh, diese Versuchung! Ich konnte ihr nicht widerstehen. Ich wusste, wie süß sie schmecken würde. Meine einzige Sorge war, dass meine Dunkelheit sie verdarb. Solange ich nur davon träumte sie meinem Willen zu unterwerfen, solange blieb sie rein und unbefleckt. Doch was würde mit dieser exotischen Frucht passieren, wenn ich sie in die schwarzen Abgründe meiner Seele zog? Sie war wie ein helles Licht. So rein und unverdorben. Ich war die Dunkelheit. Der Abgrund. Wenn ich meiner Begierde nachgab, wenn ich sie an mich reißen und mein machen würde, was passierte dann mit uns? Würde ihr Licht meine Dunkelheit erhellen? Oder würde meine Dunkelheit ihr Licht schlucken? Die Frage ängstigte mich. Ich wusste, dass ich umdrehen und sie für immer vergessen sollte. Ich war zu kaputt, zu verloren, zu verdammt, um einen Anspruch auf ihre Reinheit zu haben. Doch der Drang war so groß. Seit ich sie das erste Mal gesehen hatte, konnte ich an nichts anderes mehr denken, als sie zu besitzen. Ich wollte dieses zarte weiße Fleisch berühren, wollte mein Zeichen hinterlassen, für alle zu sehen. Diese vollen rosigen Lippen sollten mich um Erlösung bitten, wenn ich sie an den Rand des Wahnsinns trieb. Und wenn ich ihr die Erlösung gab, die sie brauchte, dann sollte es mein Name sein, der über diese Lippen kam. Ich rammte meine Faust in meinen Mund, um das Stöhnen zu unterdrücken, das tief aus meiner Brust aufgestiegen war bei dem Gedanken an das, was ich mit ihr tun wollte. Sie wusste nicht, dass ich sie beobachtete. Sie war frei und unbefangen, lachte mit ihrer Freundin über irgendetwas. Ihre Hand strich eine widerspenstige Strähne ihres langen Haares hinter ihr zartes Ohr. Ich wollte meine Hand in ihrer Mähne vergaben, sie zwingen, den Kopf in den Nacken zu legen und zu mir aufzusehen. Ich wollte es sehen! Diese Mischung aus Angst und Begehren in ihren Augen, wenn ich sie meinem Willen unterwarf. Ich musste es sehen! Mein Heroin! Mein High! Sie war der ultimative Kick! Keine Frau hatte meine dunkle Seite je so sehr angesprochen. Ich hatte Subs gehabt, ich hatte normale Frauen gehabt, Huren, Fan-Girls. Sie alle kamen und gingen, befriedigten mich auf einer temporären Ebene, doch keine hatte mich je so beschäftigt, war mir so unter die Haut gegangen. Mein größtes Problem war, dass ich nicht wusste, wie ich an sie herankommen sollte. Sie war kein Fan-Girl, sie bewegte sich nicht in meinen Kreisen und ich war mir sicher, sie würde schreiend davonlaufen, sollte ich sie ansprechen. Doch ich musste sie haben! Ich musste! Jeder Tag, den ich damit verbrachte, von ihr zu phantasieren, brachte mich dem Wahnsinn ein Stück näher. Ich konnte mich nicht einmal mehr auf mein Training konzentrieren. Zum Glück stand im Moment kein Kampf an. Ich könnte mir ein paar Wochen Urlaub gönnen. Ich musste handeln. Ich brauchte meine Droge, und meine Droge hieß Eve.

Eve

„Ich bin zuhause!“, rief ich und schloss die Tür hinter mir.

Wie immer kam keine Antwort. James war einfach zu sehr in seine Arbeit vertieft, um irgendetwas um ihn herum wahrzunehmen. Manchmal redeten wir für Tage kaum ein Wort. Seufzend zog ich meine Schuh aus und wackelte mit den Zehen. Ich war beinahe zwölf Stunden auf den Beinen und die Schuhe hatten mich fast umgebracht. Das kam davon, wenn man billige Pumps kaufte. Doch von meinem Gehalt konnte ich mir teure italienische Schuhe, wie Diana sie trug, nicht leisten. Ich hängte meine Tasche an die Garderobe und ging barfuß in die Küche. Ein Chaos erwartete mich. James half mir nie bei der Hausarbeit. Doch er schaffte es immer im Laufe des Tages so viel Unordnung zu verursachen, dass es mich noch einmal zwei Stunden kostete, hinter ihm her zu putzen. Als wenn mein Tag nicht ohnehin stressig genug wäre. Manchmal fragte ich mich, warum wir überhaupt zusammen waren. Auch im Bett herrschte bei und totale Flaute. Wir waren jetzt seit drei Jahren zusammen und außer in den ersten paar Monaten, hatten wir so wenig Sex, dass ich es an meinen Fingern abzählen konnte. Eigentlich war ich okay damit, wenn wir wenigstens ein wenig Nähe zusammen hätten. Zum Beispiel zusammen auf der Couch kuscheln und einen alten Film ansehen. Doch das hatten wir auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht. Wenn ich morgens aufstand, dann schlief James noch. Auch wenn ich das Haus verließ, war er selten schon wach. Wenn ich dann wie jetzt nach Hause kam, dann war er in seinem Arbeitszimmer und programmierte. Das war, was er machte. Webseiten und Apps programmieren. Für gewöhnlich fiel ich gegen halb zehn todmüde ins Bett, während James noch bis spät in die Nacht hinein arbeitete. Am Wochenende sah es auch nicht viel besser aus.

Ich hatte gerade die Geschirrspülmaschine gefüllt und angeschaltet, als ich hörte, wie die Tür zu James Arbeitszimmer aufging. Schritte näherten sich. Sollte ich ihn tatsächlich einmal zu Gesicht bekommen? Ich warf einen Blick zur Tür und wenig später erschien James in Jogging Hose und Schlabberpullover in der Tür.

„Hi Eve“, grüßte er ein wenig abwesend.

„Hi James. Wie läuft es bei dir?“

„Hmm?“, fragte er und öffnete den Kühlschrank.

„Ach nichts!“, sagte ich und seufzte innerlich. So war es immer. Selbst wenn wir uns mal über den Weg liefen, war es, als lebten wir in zwei verschiedenen Parallelwelten. Er nahm mich kaum wahr. Doch heute wollte ich es wissen. Ich hatte es satt, dass sich in unserer Beziehung so gar nichts tat. Ich war kein besonders abenteuerlustiges Mädchen. Ich würde nie daran denken, diese Beziehung zu beenden, um mir einen aufmerksameren Mann zu suchen. Ich mochte keine Veränderungen und die Sicherheit, dass James immer da war, wenn ich nach Hause kam, war irgendwie beruhigend. Wenn wir nur ein wenig mehr miteinander machen würden. Entschlossen, etwas zu verändern, stellte ich mich ihm in den Weg und legte meine Hände auf seine Brust.

„James?“, fragte ich und sah zu ihm auf.

James sah mich irritiert an.

„Ja? Was ist? Hab ich deinen Geburtstag vergessen?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, diesmal hast du nicht meinen Geburtstag vergessen. Zumindest noch nicht. Der ist ja erst in zwei Wochen.“

„Was ist es dann? Ich bin gerade in einer heiklen Phase. Wenn ich mich zu sehr ablenke, dann ...“

„Könnten wir uns nicht einmal wieder einen schönen Abend machen?“, fragte ich schmollend. Ich legte meine Arme um seinen Hals. „Bitte. Wir könnten einen Film ansehen und kuscheln. Und ich könnte es schön für dich machen.“

Ich ließ wagemutig eine Hand in seinen Schritt gleiten und rieb ein wenig, doch wie zu erwarten, passierte nichts. Manchmal fragte ich mich, warum James so gar kein Verlangen nach Sex zu haben schien.

„Wie gesagt, Eve ...“, begann James entschuldigend. „Ich bin so in meiner Arbeit im Moment, dass ich ...“

„Du bist IMMER so vertieft in deine Arbeit!“, rief ich aufgebracht und trat einen Schritt zurück. „Ich frage mich, wozu wir überhaupt zusammen sind! Wir machen überhaupt gar nichts zusammen!“

„Das ... das ist doch nicht wahr, wir ... wir waren kürzlich im Kino.“

„Das war im Januar. Jetzt haben wir September!“

„Nun ja, ich ... Wir könnten vielleicht nächste Woche ...“

„Ja, ja, schon gut!“, unterbrach ich ihn frustriert. „Wenn ich eines Tages nicht von der Arbeit nach Hause kommen würde, du würdest es erst bemerken, wenn der Kühlschrank leer ist oder kein sauberes Geschirr mehr im Schrank!“ Mit diesen Worten rauschte ich aus der Küche und verschwand im Schlafzimmer. Kurz darauf hörte ich James Tür gehen. Er war wieder an die Arbeit gegangen. Der Ignorant hielt es nicht für nötig, über das nachzudenken, was ich ihm gesagt hatte. Es war wirklich deprimierend!

Darkness

Ich hatte die letzten Tage damit verbracht, mehr über Eve in Erfahrung zu bringen. Sie arbeitete sehr viel und sie wirke von Tag zu Tag müder und abgeschlagener. Ich machte mir Sorgen um sie. Jemand musste für sie sorgen. Ich wusste, dass sie verlobt war, doch anscheinend kümmerte sich der Kerl nicht um seine Verlobte. Er hatte diesen Engel nicht verdient. Ich würde die Sache in die Hand nehmen. Ich würde für Eve da sein und dafür sorgen, dass sie sich nicht so verausgabte. Die dunklen Ringe unter ihren Augen gefielen mir gar nicht. Wenn ich sie erst einmal in meinem Wochenendhaus hatte, dann konnte ich auf sie acht geben. Ich hoffte, dass mein Plan aufgehen würde. Wenn sie nicht von ihrem Zeitplan abwich, dann würde sie jeden Augenblick aus dem Fahrstuhl steigen und zu ihrem Wagen gehen. Ich hoffte, dass zu dem Zeitpunkt keine Zeugen in der Tiefgarage anwesend sein würden. Ich hielt mich im Dunklen verborgen. Sie musste hier vorbei kommen. Der Platz, an dem ich stand, wurde von keiner der Überwachungskameras erfasst. Auch mein SUV stand in einer unbewachten Parklücke. In einer Tüte in meiner Hand befand sich der mit Chloroform getränkte Lappen. Sobald sie bewusstlos war, würde ich sie in den Wagen verfrachten und von hier verschwinden. Zur Sicherheit hatte ich falsche Nummernschilder anmontiert, die ein Kumpel mir besorgt hatte.

Ein Pling ertönte und ich sah zum Fahrstuhl herüber. Da! Sie kam aus dem Aufzug. Allein! Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ihre Absätze machten ein lautes, klackendes Geräusch in der Stille der Tiefgarage. Es war riskant für sie, hier allein herum zu stöckeln und das machte mich wütend. Der Gedanke, dass irgendein Vergewaltiger über sie herfallen könnte machte mich rasend. Hatte die Frau denn gar keinen Verstand? Es war wirklich an der Zeit, dass ich mich um sie kümmerte.

Sie kam näher. Ich holte vorsichtig das Tuch aus der Tüte und machte mich bereit. Ihre Schritte kamen näher. Mit angehaltenem Atem wartete ich, bis sie an mir vorbei war, dann umfasste ich von hinten ihre Taille und drückte ihr das Tuch vor das Gesicht. Sie wehrte sich, doch es dauerte nur kurz, bis sie schlaff in meinen Armen zusammen sank. Ich hob sie auf meine Arme und trug sie die paar Schritte zu meinem SUV. Vorsichtig setzte ich sie auf den Beifahrersitz und schnallte sie an. Sie sah friedlich aus, doch die dunklen Augenringe und die blasse Haut gaben ihr ein zerbrechliches Aussehen. Zärtlich strich ich über ihre Wange. Ich konnte nicht widerstehen und drückte einen Kuss auf ihre Stirn. Dann schloss ich die Beifahrertür und ging um den Wagen herum, um selbst einzusteigen. Nach einem letzten Seitenblick auf Eve, startete ich den Motor und fuhr aus der Tiefgarage heraus. Ich schaltete das Radio ein und fädelte mich in den laufenden Verkehr ein. Es waren gut zwei Stunden Fahrt bis zu meinem Wochenendhaus.

Eve

Ich hatte leichte Kopfschmerzen, als ich zu mir kam. Es war dunkel und ich brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass ich eine Augenbinde trug. Ich versuchte, mich aufzusetzen, was sich als schwierig erwies, da meine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren. Was war passiert? Wo war ich? Mein Herz klopfte aufgeregt und mir war übel. Angestrengt versuchte ich, mich zu erinnern. Ich hatte wie immer Feierabend gemacht und war in die Tiefgarage hinab gefahren. Dann, auf dem Weg zu meinem Auto, musste es passiert sein, denn ich erinnerte mich, den Fahrstuhl verlassen zu haben, um den kurzen Weg zu meinem Stellplatz zurück zu legen, doch ich konnte mich nicht erinnern, an meinem Wagen angekommen zu sein. Endlich schaffte ich es, eine sitzende Position einzunehmen. Erneut grub ich in meinen Erinnerungen. Schemenhaft erinnerte ich mich, dass jemand mich von hinten gepackt, und mir etwas vor das Gesicht gehalten hatte. Man hatte mich offenbar betäubt und entführt. Angst machte sich in meinem Inneren breit. Warum? Warum musste mir das passieren? Ich spürte, wie sich die Übelkeit verstärkte und schmeckte bittere Magensäure. Nein! Ich wollte mich nicht übergeben. Entschlossen kämpfte ich gegen den Drang an und schaffte es. Dann hörte ich eine Tür. Ich zuckte zusammen. Jemand kam und ich fühlte Panik in mir aufsteigen. Blind wie ich war, konnte ich nicht einmal fliehen. Stattdessen saß ich da wie erstarrt.

Ängstlich lauschte ich in die Dunkelheit. Ich hörte Schritte näher kommen. Mit den hinter dem Rücken gefesselten Händen hatte ich keine Möglichkeit, das Tuch, welches meine Augen verdeckte, zu entfernen, um zu sehen, wer da auch mich zukam. Doch wollte ich ihn überhaupt sehen? Manchmal war es besser, dem Grauen nicht ins Auge zu blicken.

„Du bist wach!“, erklang eine dunkle Stimme. „Gut!“

„Wo ... wo bin ich? Was ...?“, fragte ich mit einem Anflug von Hysterie in der Stimme.

„Shhhhht“, erklang die Stimme meines Entführers.

Ich spürte, wie er sich neben mich setzte, als die Matratze sich unter seinem Gewicht bewegte. Aufschreiend versuchte ich, vor dem Mann zurück zu weichen. Hände fassten mich bei den Armen und ich schluchzte auf.

„Bitte! Bitte tun Sie mir nicht weh!“, flehte ich.

„Beruhige dich. Ich habe nicht vor, dir etwas anzutun! Atme tief durch! Nichts wird passieren!“

„Warum haben Sie mich dann ...? Was wollen Sie von mir?“

„Ist das nicht offensichtlich?“, fragte er rau. „Ich will dich, Eve!“

Er würde mich vergewaltigen, dachte ich angsterfüllt. Ich war einem Vergewaltiger in die Hände gefallen. Tränen liefen mir über die Wangen. Eine Hand ließ von meinem Arm ab und wischte meine Tränen fort.

„Shhhht!“

„Bitte“, flüsterte ich. „Lassen Sie mich gehen!“

„Ich kann nicht, Eve!“

Er ließ mich los und seine Hände machten sich an dem Knoten an meinem Hinterkopf zu schaffen. Wenig später verschwand das Tuch vor meine Augen und ich sah zum ersten Mal in das Gesicht des Mannes, der eines Tages meine Welt, nein, mein gesamtes Universum beherrschen sollte. Er hatte schwarze Haare, die ihm bis in den Nacken gingen. Sein Gesicht war kantig, mit scharfen Gesichtszügen und einem dominanten Kinn. Die große Nase hatte er sich offensichtlich schon mehr als einmal gebrochen. Mehrere kleine Narben um den Mund und die Augen herum hatte er sich wahrscheinlich in irgendwelchen Schlägereien geholt. Dunkelbraune Augen musterten mich ausgiebig. Sein Gesicht zeigte keine erkennbare Regung. Er wirkte irgendwie kalt und brutal, wenngleich er ein attraktiver Mann war, der sicherlich keine Probleme damit haben dürfte, Frauen zu finden, die freiwillig sein Bett teilten. Warum hatte er mich dann entführt?

„Ich löse jetzt deine Fesseln“, erklärte er ruhig. „Du wirst ein braves Mädchen sein, und mir keinen Ärger machen. Hast du mich verstanden?“

Ich starrte ihn an. Ich überlegte fieberhaft, was ich tun konnte, um ihn dazu zu bringen, mich freizulassen. Wenn ich mich fügsam zeigte, würde er vielleicht unvorsichtig werden und ich konnte vielleicht eine Gelegenheit zur Flucht finden. Tatsache war, dass ich kräftemäßig ohnehin nichts gegen ihn würde ausrichten können. Selbst jetzt, wo er saß, konnte ich sehen, dass er groß war. Und er war breit gebaut. Seine schwarze Lederjacke spannte sich über massige Schultern. Eingeschüchtert nickte ich und er machte sich daran, meine Fesseln zu lösen. Er fasste meine Arme und zog sie vor meinen Körper, um sich meine Handgelenke zu betrachten. Sie waren gerötet, wo die Fesseln eben noch gesessen hatten.

„Ich werde dir eine Creme geben“, sagte er nur und ließ von meinen Händen ab, um mein Gesicht zu umfassen und mich zu zwingen, ihn anzusehen.

„Ich werde dir ein paar Tage Zeit geben, dich einzuleben“, sagte er. „Danach beginnen wir mit deiner Erziehung.“

Ich starrte ihn mit vor Angst wild klopfendem Herzen an.

„Erziehung?“, fragte ich entsetzt. „Was ... was meinen Sie damit?“

Er lächelte leicht und einer seiner Daumen strich über meine Lippen. Sein intensiver Blick ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen, der nicht von Angst allein erzeugt wurde.

„Das wirst du dann erfahren, wenn es soweit ist, kleine Eve!“

„Bitte“, versuchte ich es erneut. „Lassen Sie mich frei. Bitte!“

„Ich werde für dich sorgen, Eve. Ich werde dich beschützen. Niemand wird dich mir wegnehmen!“

„Sie ... Sie sind krank!“, schluchzte ich aufgebracht.

Er studierte mich mit einem seltsamen Blick, dann lächelte er.

„Ich weiß, dass das für dich so aussehen mag“, sagte er und fasste mich unter dem Kinn. „Es mag nicht die gängigste Methode sein, eine Frau für sich zu gewinnen indem man sie einfach entführt. Das gebe ich zu. Doch es gab keine andere Möglichkeit. Wenn ich dich angesprochen hätte, hättest du mir nie eine Chance gegeben. Ich wollte eigentlich noch etwas warten, mir eine andere Lösung überlegen, doch dann habe ich gesehen, wie wenig du auf dich acht gibst. Du bist blass und hast Ringe unter den Augen. Du hast auch abgenommen, seit ich dich das erste Mal gesehen habe. Und dann riskierst du dein Leben indem du allein in der Tiefgarage herumläufst.“ Er schüttelte den Kopf. „Jemand muss sich um dich kümmern, Eve. Ich werde dafür sorgen, dass du dich erholst und gesund ernährst. Wir werden zusammen Laufen gehen, um deine Kondition zu steigern und du wirst sehen, in ein paar Wochen fühlst du dich wie neugeboren.“

Ich sah ihn fassungslos an. Dieser Mann musste den Verstand verloren haben wenn er dachte, dass ich ihm dafür dankbar sein würde, dass er mich entführte und sich in mein Leben einmischte.

„Ich verspreche, dass ich besser auf mich achten werde, wenn Sie mich freilassen“, versuchte ich ihn zu überreden. „Ich schwör, ich werde weniger arbeiten und besser essen und Sport machen. Aber bitte lassen Sie mich gehen!“

„Du gehörst zu mir, Eve. Ich kann dich nicht gehen lassen!“

Ich wollte mein Gesicht abwenden, doch er hielt mein Kinn fest in seiner Hand und beugte sich vor, um mir direkt in die Augen zu sehen.

„Ich werde dir jetzt erst einmal ein Bad einlassen. Danach werden wir etwas essen.“

Er erhob sich und ging. Ich wandte den Blick und starrte auf die offene Tür, durch die er verschwunden war. Wasserrauschen war zu hören. Mein Blick wanderte durch den Raum. Es gab ein großes Fenster mit freundlichen gelben Vorhängen. Davor stand ein kleiner Tisch mit zwei Sesseln. Eine Vase mit roten Rosen stand auf dem Tischchen. Außer der Badezimmertür gab es noch zwei Türen. Eine stand ebenfalls offen und führte offenbar in den Flur. Die andere Tür war geschlossen. Es gab ein Sideboard mit einem Flachbildschirm und ein paar Deko-Artikeln. An den Wänden hingen verschiedene Bilder, meist mit Landschaftsmotiven. Alles in allem war es ein schönes Zimmer. Hell. Freundlich. Es schien so gar nicht zu meinem dunklen, offensichtlich verrücktem Entführer zu passen.

Wie bist du nur wieder in so eine Situation geraten?, fragte ich mich.

In Gedanken spielte ich wieder, was der Typ zu mir gesagt hatte. Es schien so, als wenn er mich schon eine ganze Weile beobachtet hatte und das war wirklich gruselig, denn ich hatte von all dem keine Ahnung gehabt. War er auch in meiner Wohnung gewesen? Wie lange? Wie lange folgte er mir schon? Warum ich? Wieso hatte er mich ausgesucht? Ich war nun wirklich kein Topmodel. Meine Freundin Diana war viel attraktiver als ich. Warum hatte er nicht sie ...

Halt!, ermahnte ich mich. Du würdest es nicht im Ernst wollen, dass dieser Irre deine Freundin entführt hätte, anstatt dich. Schöne Freundin bist du!

Ich seufzte. Ich würde dies hier niemandem wünschen. Aber ich wollte auch nicht in dieser Lage sein! Verdammt! Meine Angst war in Wut und Frustration umgeschlagen. Es sah im Moment nicht so aus, als würde der Kerl mir Gewalt antun. Auf seine pervers verdrehte Art wollte er offenbar für mein Wohlergehen sorgen. Das war verrückt und ein wenig unheimlich, doch nicht unmittelbar bedrohlich. Es war sogar möglich, dass ich ihn doch noch überreden könnte, mich freizulassen. Hoffnung keimte in mir auf. Vielleicht sollte ich mich einfach fügsam zeigen, damit er mir vertraute.

„Dein Bad ist fertig!“, riss die raue Stimme meines Entführers mich aus meinen Überlegungen.

Ich blickte zu ihm auf. Er stand in der offenen Tür und musterte mich. Sein Blick machte mich nervös und mein Herz fing an, schneller zu schlagen. Ich musste schlucken.

„Komm her!“, forderte er ruhig, doch in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

Vergiss nicht! Du wolltest dich fügsam zeigen, um sein Vertrauen zu gewinnen!

Ich erhob mich von dem Bett und ging mit weichen Knien auf den Mann zu, der mich entführt hatte. Jetzt, wo wir uns beide gegenüber standen, wurde mir noch bewusster, wie groß er war. Ich reichte ihm nicht einmal bis zum Kinn. Er nahm mich beim Arm und führte mich ins Bad. Eine große Badewanne war mit einem duftenden Schaumbad gefüllt und er hatte mehrere Kerzen angezündet. Ich kam nicht umhin, an James zu denken. Warum hatte er nicht einmal auf so eine Idee kommen können? Etwas so Romantisches, wie dieses Bad, war etwas, was ein Verlobter für einen tun sollte und nicht ein fremder Mann, wie mein Entführer. Tränen begannen über meine Wangen zu rollen und ich bemerkte sie erst, als raue Finger sie sanft abwischten. Ich blickte auf. Der Blick in den Augen meines Entführers war unleugbar zärtlich und obwohl ich wusste, dass es falsch war, begann mein Herz schneller zu schlagen und diesmal nicht aus Angst oder Nervosität.

Dumme Kuh! Er ist ein Irrer, der dich gegen deinen Willen gefangen hält, nicht dein Freund!

Ich zuckte zusammen, als ich spürte, wie der Kerl anfing, meine Bluse aufzuknöpfen. Panik stieg in mir auf. Er würde mich doch vergewaltigen. Oh mein Gott!

„Bitte nicht!“, flüsterte ich mit tränenerstickter Stimme.

„Shhhht! Ich tu dir doch nichts! Es ist nur ein Bad! Nichts weiter!“

Ich fühlte mich einer Ohnmacht nahe, als ich zitternd zuließ, dass er mich langsam entkleidete. Es war nicht gerade taghell im Bad, dennoch schämte ich mich, nackt zu sein und das auch noch vor einem völlig Fremden. Er musterte mich, doch zu meiner Überraschung sah ich nicht Lust, sondern Wut in seinem Blick.

„Sieh dich an!“, sagte er und ich blickte verwirrt an mir hinab. Was wollte der verdammte Mistkerl?

„Ich kann deine Knochen sehen, Eve. Du hast noch mehr abgenommen, als ich gedacht hatte. Damit ist jetzt Schluss! Du wirst ab morgen vernünftig essen und genug schlafen. Du kannst offensichtlich nicht auf dich acht geben. Das zeigt, wie richtig es war, dich hierher zu bringen!“

Ich wusste, dass er recht hatte. Zumindest mit dem Teil, dass ich nicht auf mich geachtet hatte. Ich war so unglücklich gewesen in der letzten Zeit, weil James mich so ignorierte und es ihm nicht einmal aufgefallen war, dass ich über zehn Kilo verloren hatte.

„Sieh mich an, Eve!“ Seine Stimme klang jetzt sanft und ich hob den Blick. Er umfasste mein Gesicht mit seinen rauen großen Händen.

„Ich werden für dich sorgen! Ich bin nicht wie dieser Idiot, mit dem du zusammen lebst! Ich werde nicht vergessen, dass du da bist! Dass du mich brauchst! Du bist alles, was ich will, Eve!“

Kann der Kerl Gedanken lesen?, wunderte ich mich.

„So, und nun steig ins Bad, ehe das Wasser abkühlt. Ich komme in einer halben Stunde wieder, um dich abzutrocknen und einzucremen. Danach kannst du mir Gesellschaft leisten, wenn ich uns etwas zum Abendessen mache.“

Mit sanften Druck dirigierte er mich zur Badewanne, und ich stieg gehorsam ins warme Wasser. Ich hatte schon lange nicht mehr den Luxus eines Vollbads genossen. Aus Zeitmangel hatte ich seit Jahren nur geduscht. Ich schloss die Augen und vergaß, wo ich war und unter welchen Umständen. Das warme Wasser war zu himmlisch und der Duft nach Rosen benebelte meine Sinne. Ich begann tatsächlich, mich zu entspannen.

Dark Surrender

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