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2. Kapitel von Mia Shaw

In den kommenden Tagen versuchte Daniel erfolglos, das Erlebte zu verdrängen. Vor seinem inneren Auge tauchte immer wieder das Bild von Malina auf, die im Beichtstuhl ihre Geheimnisse preisgab, ohne zu ahnen, dass er es war, der sie zu hören bekam. Vergiss sie, sie ist nichts für dich, flüsterte ihm ein kleiner Teil von ihm zu, während ein anderer, viel mächtigerer Teil sich die Dinge ausmalte, die er mit ihr anstellen wollte. Er ertappte sich dabei, wie er ehemalige Klassenkameraden nach Malina ausfragte, und tatsächlich erfuhr er nach ungefähr einer Woche, dass sie in der Stadtbibliothek einen Aushilfsjob hatte.

An einem sonnigen Mittwochnachmittag schließlich, als er es nicht mehr aushielt, betrat er nervös das alte Gebäude, in dem Malina arbeitete, und ging langsam von Bücherregal zu Bücherregal.

»Kann ich Ihnen helfen?« Er erstarrte mitten in der Bewegung und drehte sich langsam um. Eine ältere Frau, die ihrem Namensschild nach Brigitte Lehmann hieß, betrachtete ihn argwöhnisch, so als wüsste sie genau, dass er mit Büchern im Grunde genommen rein gar nichts am Hut hatte.

»Ich ... schaue mich nur um, danke«, murmelte er. Im selben Augenblick sah er Malina, die in etwa zehn Meter Entfernung auf dem Boden hockte und Bücher in die unterste Reihe eines Regals einsortierte. Die alte Bibliothekarin sagte noch etwas, was er aber nicht bewusst wahrnahm, und ließ ihn schließlich allein.

Daniel beobachtete, wie Malina sich erhob, und spürte, wie seine Handinnenflächen feucht wurden. Sie trug eine hellblaue Bluse, die züchtig bis zum obersten Knopf geschlossen war, und eine unförmige schwarze Hose. Er war sich sicher, dass die Kleidung dazu gedacht war, die Konturen ihres Körpers bestmöglich zu verstecken, damit niemand auch nur ahnte, was sich unter den Stoffschichten verbergen mochte. Ihr langes blondes Haar war zu einem strengen Zopf zurückgebunden und auf ihrem hübschen Gesicht lag ein konzentrierter Ausdruck. Sie hatte nie zu den Mädchen gehört, die vor dem Spiegel verführerische Blicke übten oder ihr Haar schwungvoll nach hinten warfen. Trotzdem hatte sie etwas unbestreitbar Sinnliches an sich, dessen sie sich nicht bewusst war.

Daniels Beine bewegten sich fast wie von selbst auf sie zu. Als er die Distanz zwischen ihnen fast überbrückt hatte, hob sie den Kopf. Augenblicklich riss sie die Augen weit auf und wich vor ihm zurück, während er beschwichtigend die Hände hob.

»Geh weg!«, rief sie erschrocken und er blieb stehen.

»Malina, bitte ...«

»Ich will, dass du mich in Ruhe lässt!«, unterbrach sie ihn. Ihre Stimme zitterte und ihre wunderschönen blauen Augen füllten sich mit Tränen.

»Es tut mir leid, was da neulich passiert ist. Ich schwöre, ich hatte nur den Auftrag, das Gitter zu reparieren, und habe nicht gemerkt, dass du hereingekommen bist. Ganz bestimmt wollte ich dich nicht in eine peinliche Situation bringen. Entschuldige bitte.« Er streckte ihr versöhnlich die Hand entgegen, was sie jedoch ignorierte.

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