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Vorbemerkungen

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Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht mehr, woran ich gerade gedacht habe, als mir die Idee zu diesem Buch kam. Nein, das war jetzt gelogen, denn natürlich weiß ich, woran ich gedacht habe, aber das behalte ich lieber für mich. Geht Sie wahrlich nichts an. Andererseits … das hier ist ein absolut geheimes Buch, und nichts, was hier drin steht, kann in die falschen Hände geraten. Ich weiß, ich mache Sie gerade neugierig, aber genau das war ich auch, als ich mir vorstellte, wie es wohl sei, in die Gedankenwelt fremder Menschen einzutauchen.

Natürlich wollen wir wissen, was andere denken, meinen wir doch, unsere eigenen Gedanken genau zu kennen. Doch stimmt das wirklich?

Ich gehe mal eine Wette ein. Ich wette, in Ihnen leben drei Typen, die sich permanent streiten, absprechen, hintergehen, umschmeicheln, anfeuern oder zurückhalten, die grummeln, lachen, vor Wut schäumen oder vor Seligkeit schweben. Bisweilen alles auf einmal. Bei mir und bei mir und bei mir ist das jedenfalls so. Ein Beispiel: Ich sitze gemütlich mit Frau und ein paar Freunden in einer Kneipe und überlege, ob ich noch ein Bier bestellen soll. Sagt der eine: Nein, du hast schon drei! Sagt der andere: Ach komm, du bist schon vier Stunden hier, da ist das erste doch schon abgebaut. Eins geht noch! Überlege ich, der ich denke, dass ich ich bin und dabei meine Frau anschaue: Wenn ich noch eins bestelle, krieg ich Ärger, weil wir ausgemacht haben, dass ich fahre. Aber ich könnte ja warten, bis sie auf dem Klo ist …

Noch ein Beispiel: Ich bin mit meiner Frau beim Shoppen und bereits nach zwei Stunden ins Nirwana abgedriftet. Während sie weitere 5 Teile anprobiert, übe ich für die Schauspielschule. Wenn die Schwingtür der Umkleidekabine aufgeht, drücke ich den Rücken durch, lächle erwartungsvoll und mache begeistert: Boah, ist das schön! Du siehst toll aus, Schatz! Meine Frau dreht und wendet sich vor dem Spiegel und sagt: Ach, ich weiß nicht … das macht mich blass und mein Po sieht aus wie ein Plumpsack.

Der andere sagt: Sie hat recht, Alter!

Kommt es vom Dritten: Du willst doch nur bezahlen und raus hier!

Meine Frau dreht sich fragend zu mir um, und ich, also der Ich, der ich bin, sagt: Schatz, hinreißend …!

Und woran denken Sie gerade? Denken Sie vielleicht: Mann, der hat recht, ganz genau so geht’s mir auch! Oder: Ich hasse bummeln gehen! Oder vielleicht: Meine Frau ist noch schlimmer! Oder, wenn Sie eine Frau sind: So einen hab ich nicht, mein Mann ist ganz anders!

Na, hab ich getroffen?

Egal, ob ich Sie jetzt überführt habe oder nicht, doch vielleicht sind unsere Gedanken gar nicht so geheim, wie wir glauben, denn oft können wir sie lesen wie in einem offenen Buch. Ich glaube sogar, dass wir viele von ihnen teilen ohne es zu wissen. Doch würden wir sie offenbaren, wäre der soziale Frieden in Gefahr. Oder würden Sie Ihrer Frau in dem Moment, in dem sie aus der Umkleidekabine tritt, sagen: Schatz, dein Hintern sieht in dem Teil aus wie ein Rhinozerosarsch!?

Nein, würden Sie nicht. Denn es hätte enorme Konsequenzen. Sie hätten eine heftige Szene in der Boutique am Hals, eine Woche oder zumindest an dem Abend keinen Sex mehr und – noch schlimmer – Ihre Frau würde Zeit ihres Zusammenlebens ständig an sich herunterblicken und sagen: Ist mein Hintern wirklich so dick?

Woran denkst du gerade?

Diesmal kann ich ehrlich sein, denn ich denke gerade daran, welche Antworten die mehr als zweihundert Menschen auf meine 17 (zugegebenermaßen ziemlich direkten) Fragen gegeben haben, die ich mir zu den verschiedensten Lebens- und Beziehungsthemen ausgedacht habe. Ich habe nicht die geringste Vorstellung davon, was auf mich zukommt, denn ich schreibe diese Vorbemerkungen, ohne dass ich die Antworten auf die anonyme Umfrage kenne, die ich in Auftrag gegeben habe. Lassen wir uns also gemeinsam überraschen. Immerhin werde ich mehr als 3500 Gedanken mitgeteilt bekommen, die wie ein Schatz sind, den ich heben darf.

Eine solche Umfrage zu starten, birgt einige Risiken. Sie muss anonym sein, und damit meine ich absolut anonym. Die Liebste oder der Liebste darf einem nicht über die Schulter blicken, wenn man Fragen beantworten muss wie Was ist Ihnen an ihr oder ihm richtig peinlich? Voraussetzung ist also, dass man allein ist, wenn man sein Inneres freigibt. In jedem Fall ist es erheblich leichter, einem Computer intime Dinge anzuvertrauen als einem Menschen, dem man dabei in die Augen schauen muss. Egal, wieviel Vertraulichkeit einem zugesichert wird, selbst einem neutralen Interviewer gegenüber würden immer noch einige der geheimen Gedanken auch geheim bleiben.

Ich habe mich dafür entschieden, eines der bekannten Umfrageinstitute einzubinden, damit diese Neutralität gewährleistet ist. Außerdem konnte ich mich dadurch auf einige Vorgaben verlassen, damit die Authentizität gewahrt blieb. Hierzu gehören der Beziehungsstatus, also ist die befragte Person verheiratet oder lebt sie in einer Beziehung (Singles blieben außen vor, denn schließlich geht es in der Mehrzahl der Fragestellungen um Partnerthemen), das Alter und das Geschlecht sowie die Region, aus der die- oder derjenige stammt. Da man aus diesen Angaben wahrlich keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Person ziehen kann, sollten die Antworten offen genug ausgefallen sein.

Das Thema an sich hat mich monatelang beschäftigt. Welche Gedanken gehen eigentlich jeden Tag durch meinen Kopf? Welche davon lasse ich raus und welche bleiben besser drin? Ich bin mir sicher, dass Sie in diesem Moment genau das Gleiche denken. Wieviel von dem, was wir tagtäglich denken, kann man, darf man oder sollte man überhaupt preisgeben? Sagen Sie ihm: Du hast Mundgeruch! oder halten Sie durch und warten, bis er Zähne geputzt hat? Sagen Sie ihr: In diesem Schlabberpulli siehst du aus wie eine Schlampe! oder verkneifen Sie sich das?

Nun sollen wir alle die Wahrheit sagen. Das bläut man uns als Kind immer wieder ein. Doch schon als Kind merkt man, dass das nicht immer gilt. Da saß ich einmal mit meiner dreijährigen Tochter in der U-Bahn und uns gegenüber saß ein recht beleibter Mann. Da schoss es aus meinem Kind heraus: „Du, Papa, der Mann ist aber fett!“ Mit hochrotem Kopf erklärte ich meiner Tochter, dass man das nicht sagt. „Stimmt doch aber!“, beharrte sie. „Na ja“, flüsterte ich ihr zu, „man sagt nicht fett.“ „Dann ist der Mann eben dick!“, krähte sie, und ich beeilte mich, mit ihr aus der Bahn zu verschwinden.

Hätte ich ihr sagen sollen, dass ein bisschen lügen bisweilen besser ist als die Wahrheit kundzutun? Na ja, ich habe ihr halt erklärt, dass es Gelegenheiten gibt, da sollte man die Wahrheit nur sehr leise von sich geben. Oder ganz verschweigen. Das wiederum lernen wir alle im Laufe unseres Lebens von ganz allein.

Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie sitzen bei einem wichtigen Vorstellungsgespräch. Ihr vielleicht zukünftiger Chef hinterfragt gerade wohlwollend Ihre Qualifikation. Da bemerken Sie, dass dem Mann ein Popel aus der Nase hängt. Würden Sie in diesem, vielleicht für Ihre Zukunft entscheidenden Moment zu ihm sagen: „Entschuldigen Sie, aber da hängt ein Popel aus Ihrer Nase!“?

Zu Hause wird man da schon ehrlicher. Je länger eine Beziehung dauert, desto wahrhaftiger wird sie. Wie sagen die Berliner doch so schön: Wandert ein frisch verliebtes Paar über einen steinigen Feldweg. Sagt der junge Galan: „Liebste, da kommen Steinchen, heb die Beinchen!“ Nach 10 Jahren Ehe derselbe Spaziergang, derselbe Weg. Sagt er: „Achtung, Kleine, heb die Beine, da kommen Steine!“ Nach zwanzig Jahren Ehe: „Ey, Olle, heb die Botten, da kommen Klamotten!“

Zugegebenermaßen ein etwas deftiger Vergleich, außerdem geht es hierbei um das Verhalten untereinander, aber das Gedankengut ändert sich in ähnlicher Weise. Im Stadium der Verliebtheit sieht man die Dinge, die einen eigentlich stören müssten, sehr wohl, man nimmt sie aber nicht wahr. Nach einiger Zeit jedoch werden manche Verhaltensweisen des Partners oder der Partnerin zunehmend … sagen wir … störend. Das leise wohlige Schnaufen wird nach einigen Jahren zum nervtötenden Schnarchen, das Aufräumen zum Putzfimmel, die 20 Tiegelchen auf der Ablage oder die Barthaare im Waschbecken zum kriegsauslösenden Moment. Jahrelang denken wir: Das muss doch nicht sein, dann folgt: Könntest du bitte die Haare aus dem Waschbecken spülen? Und in der Endphase heißt es: Hab ich dir nicht schon hundertmal gesagt, dass du deine Barthaare wegmachen sollst?!

Diese Art von Gedanken bleibt nicht für immer verborgen. Irgendwann brechen sie aus, verlassen manchmal unseren Mund, ohne dass wir es wollen und richten eine Menge Unheil an. Solch ein Ausbruch kann natürlich auch angenehme Folgen haben, nämlich dann, wenn wir froh sind, den Kerl oder die Tante endlich los zu sein.

Schweigen oder lügen? Die Wahrheit sagen oder verbergen, verbiegen, ausblenden oder umgehen? Die Antworten hierauf sind vielfältig und situationsabhängig. Eine Regel für das Reden oder das Schweigen lässt sich nicht aufstellen. Manchmal ist es besser, man hält die Klappe, manchmal sollte man sie besser aufmachen.

Doch mit seinen Gedanken allein klarzukommen, ist nicht jedermanns Sache. Man braucht ein Ventil. Kann man etwas weder seinem Partner noch dem besten Freund anvertrauen, schreibt man es sich vielleicht in einem Tagebuch von der Seele. Als Kind hat beinahe jeder von uns ein solches geführt und dabei mehr oder weniger lange durchgehalten. Wenn wir es heute auf dem Dachboden wiederfinden, amüsieren wir uns meistens, welchen Weltschmerz das arme Buch damals aushalten musste oder was für Kleinigkeiten doch in der Kindheit von so enormer Wichtigkeit waren, dass niemand davon erfahren durfte.

Die Tagebücher sind oft mit einem winzigen Schloss gesichert, das ein Kanarienvogel aufbekommen würde. Also … würde ich heute ein Tagebuch führen, dann müsste ich eines kaufen, das man nicht einmal mit Plastiksprengstoff aufkriegen könnte. Da es so eines nicht gibt, lasse ich das mit dem Tagebuchschreiben lieber.

Was ich als Kind hineingeschrieben habe, das betraf eher die ungerechten Dinge des Lebens als die schönen. Immer, wenn ich stinksauer war, schrieb ich es nieder. Wenn meine Mutter dachte, dass ich was angestellt hätte, es aber gar nicht war. Oder wenn ich doch was angestellt hatte, was Mutter nicht erfahren durfte. Na gut, da gäbe es heute auch ein paar Sachen, die ich reinschreiben könnte … aber meine Frau ist stärker als Plastiksprengstoff.

Traut man der Schriftform nicht, kann man sich an den einzigen Menschen wenden, der garantiert die Klappe hält. Denn tut er das nicht, landet er in der Hölle. Sie müssen allerdings katholisch sein, wenn Sie diesen Mann (geht leider nur mit einem Mann) aufsuchen, denn es handelt sich um einen Priester. Sie können also zur Beichte gehen, um das, was Sie getan oder auch nur gedacht haben, aber nicht hätten denken dürfen, bei jemandem loszuwerden. Das geht allerdings nur mit schlechten Taten oder Gedanken, also nach katholischem Denken sündhaften. Wenn Sie also denken, dass Sie Ihre Frau oder Ihren Mann am liebsten umtauschen würden, dann können Sie dies entweder tun oder Sie gehen zu einem Priester, lassen sich die Beichte abnehmen, erhalten Absolution und eine kleine Buße, meinetwegen müssen Sie 10 Ave Maria beten, und dann ist Ihnen die kleine Sünde vergeben. Ja, ich weiß, funktioniert nur so lange, bis Sie nach Hause kommen.

Gott sei Dank habe ich einen Freund, dem ich alles sagen kann. Alles. Wirklich. Und das Beste ist, dass ich keine 10 Ave Maria beten muss. Da ich dieses Buch weder mit einem Schloss noch mit Plastiksprengstoff sichern kann, werde ich den Teufel tun und hier meine geheimen Gedanken offenbaren. Sie können mir ja mal einen anonymen Fragebogen schicken …

Als ich an einem bierseligen Abend mit diesem Freund namens Thomas Dannenberg (lassen Sie mich Danny sagen, denn anders nenne ich ihn nicht) zusammensaß, erklärte er mir die Grundlagen der Psychoanalyse, jedenfalls so wie Sigmund Freud sie sah. Sie und ich, wir bestehen aus drei Typen. Hatte ich ja zu Beginn dieser Vorbemerkungen schon erwähnt. Diese drei Typen nennt Freud das Ich, das Es und das Über-Ich. Von denen haben Sie vermutlich schon einmal gehört. Das Ich ist der vernünftige Kerl, das Es will immer einen draufmachen und Blödsinn veranstalten, und das Über-Ich ist der Spielverderber, der dem Es sagt, halt dich zurück, Alter, sonst kriegt Ich Ärger!

Ein Beispiel? Okay: Sie liegen mit Ihrer Frau am Strand, tun so, als ob Sie dösen, und linsen dabei durch ihre Sonnenbrille den schönen Popos nach, die an Ihrem Handtuch vorbeiwackeln. Das Es denkt: Hey, mit der würde ich gern mal … Sofort meldet sich das Über-Ich und ruft: Alter, du bist verheiratet, halt dich zurück! Und das Ich, also der Vernünftige in Ihnen, wendet sich resigniert dem nächsten Popo zu. Daraufhin meldet sich der vierte Begriff, nämlich der, den Freud in seiner Analyse vergessen hat: Ihre Frau!

Was glotzt du der hinterher?“

Schon zieht sich das Es stinksauer zurück, das Über-Ich grinst selbstzufrieden, und das Ich bleibt vernünftig. Wenn auch nicht ganz. Denn die geheimen Gedanken sind noch immer in Ihnen drin, und der nächste Hintern fordert die drei Typen und Ihre Frau aufs Neue heraus. Ich empfehle das Tragen einer verspiegelten Brille. Und bewegen Sie nur die Augen, nicht den Kopf.

Wenn wir unsere verborgene Innenwelt ernsthaft betrachten, dann müssen wir sie als eine Art Schutzfunktion verstehen. Etwas nicht auszusprechen, kann uns vor Ärger, Scheidung, Missverständnissen, Ohrfeigen, Kündigungen, Familienzerwürfnissen, peinlichen Auftritten und vielem mehr schützen.

Sie haben Recht, wenn Sie jetzt denken, dass manches, was man wiederum hätte sagen sollen, all das oben Genannte auch hätte vermeiden können. Aber wann Sie nun etwas sagen und wann nicht, das muss ich leider Ihnen überlassen.

Carl Gustav Jung, der Begründer der analytischen Psychologie, hat einmal gesagt: Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens eine Art Schatten-Ich, ein Geheimnis, das ihn umgibt und das aus allen von uns negierten Eigenschaften und Taten besteht. Das wäre so eine Art Ergänzung der drei Typen von Freud. Und das Schatten-Ich könnte sehr gut durch unsere geheimen Gedanken geformt und bestimmt werden, ja, es sogar durch sie sein.

Ich zitiere mal aus einem Onlineforum aus Österreich (www.parents.at, User: Twix): Ich war immer der ehrlichste und gesprächigste Typ in einer Beziehung, den es gibt. Bis mir meine Mama gesagt hat: Tanja, ein Mann muss nicht alles wissen!

Recht hatte die Mama! Und eine Frau muss auch nicht alles wissen. Doch wieviel sollte man in einer Beziehung teilen?

Noch ein Zitat aus demselben Forum (User: Aitsch): … sie schmollt seit 5 Tagen. Er weiß nicht, warum. Aber beide sind glücklich …“

Da überlegt man sich: Warum sind beide glücklich, wenn sie doch schmollt? Vielleicht, weil sie nicht sagen will, warum sie schmollt, vielleicht, weil er nicht das sagen will, was ihr dann tatsächlich Grund zum Schmollen gäbe, vielleicht, weil er etwas gesagt hat, was er besser nicht hätte sagen sollen oder vielleicht, weil er etwas nicht gesagt hat, was er hätte sagen sollen? Nun wissen wir ja, dass nichts so schlecht zusammenpasst wie Mann und Frau. Aber wir wissen auch, dass Gesagtes zur Trennung ebenso führen kann wie Ungesagtes.

Nicht leicht, das Leben, stimmt’s?

Aber es könnte noch weit schwieriger werden, nämlich dann, wenn das, was ich auf www.sueddeutsche.de gelesen habe, eines Tages Wahrheit werden würde. Dort wurde über einen Versuch berichtet, bei dem einem Menschen eine Gummikappe mit 64 Elektroden auf den Kopf gesetzt wurde. Diese Elektroden messen Signale ähnlich einem EEG. Doch hierbei ging es nicht um vitale Funktionen, sondern um das Messen von Gedanken! Während einer nur eine Viertelstunde dauernden Lernphase lernte der angeschlossene Computer, wie die Signale des Gehirns aussehen, wenn die Versuchsperson an gelbe Dreiecke oder an blaue Balken denkt. Nicht nur der Autor der Süddeutschen fragt sich da, was man künftig noch alles lesen kann. Was, wenn geheime Gedanken plötzlich wie ein Youtube-Video auf dem Bildschirm auftauchen? Was, wenn man später so einen Gedankenleser im Media-Markt kaufen kann und seiner Liebsten zu Weihnachten schenkt? Gibt es dann überhaupt noch eine einzige funktionierende Ehe?

Eine unheimliche Vorstellung.

Bisweilen kommen die geheimen Gedanken unbeabsichtigt zum Vorschein. Man kann nichts dafür. Es passiert einfach. Berühmt dafür ist der Freudsche Versprecher. Der erste von Sigmund Freud selbst zitierte Versprecher erzählt vom einstigen Präsidenten des Österreichischen Abgeordnetenhauses, der eine unangenehme Sitzung mit den Worten eröffnete: „ … Ich erkläre hiermit die Sitzung für geschlossen!“

Das sagt eigentlich alles, oder? Man sagt etwas und denkt gleichzeitig etwas anderes. Etwas, das in jenem Moment geheim bleiben soll, einem aber entschlüpft. Das kann verdammt peinlich werden, zu Trennungen führen oder schlimmstenfalls sogar Kriege auslösen.

Versprecher sind oft aus dem Bewusstsein verdrängte Konflikte, die sich durch ein einziges Wort oder einen halben Satz Luft machen.“ (Zitat aus www.psychosoziale-gesundheit.net von Prof. Dr. Volker Faust)

Hier einige auf derselben Website zusammengetragene köstliche Versprecher:

Sei unberuhigt!“

Der kommt mir nicht unter die Lippen!“

Einen schönen Menschen entstellt alles!“

Vergessen Sie, mich daran zu erinnern.“

Schweinschwangerschaft.“

Der Mensch ist doch sehr hormonisch.“

Angora pectoris.“

Wieder einmal landet der Ball im Bett.“

Die sitzt fett im Sattel!“

Der erste fleischliche Weibergeselle.“

Probleme wie du und ich.“

Der gemeinsamste Kleinsame.“

Damit haben wir schon drei Fallbeile.“

Bei den meisten der Beispiele handelt es sich wohl um echte Versprecher, sieht man mal von den Hormonen, der Fetten im Sattel, der Schweinschwangerschaft und dem du und ich ab. Es gibt aber auch Versprecher, die so deftig sind, dass ihr Ursprung auf der Hand liegt. Da kommen unbeabsichtigt Worte aus dem Mund, die ihr Sprecher oder ihre Sprecherin niemals hätte sagen dürfen.

Eines dieser Beispiele lieferte eine Sprecherin von CNN, die gleich zweimal während einer Livesendung statt des Wortes Peanuts das Wort Penis benutzte. Eigentlich wollte sie sagen, dass die Fluglinie Northwest Airlines den Fluggästen Peanuts serviert … nun bekamen die armen Leute also Penisse. Eher unwahrscheinlich, dass sie diesen Snack bekamen, also wird die gute Moderatorin wohl ganz woanders mit ihren Gedanken gewesen sein …

Altbundeskanzler Helmut Kohl hat zwar keine Penisse serviert, aber auch er hat einen schönen Lapsus hinbekommen: „Wir haben ein gutes Koalitionsklima, wenn wir pfleglich miteinander untergehen.“

Dass so ein Versprecher böse Folgen haben kann, zeigt das Schicksal einer Sportmoderatorin des ZDF. Sie verlor ihren Job, weil sie die Fußballkünste von Schalke 05 rühmte.

In einer Umfrage, bei der man genügend Zeit bekommt, seine Antworten zu formulieren, wird den Befragten kaum ein Versprecher oder besser ein Verschreiber unterlaufen sein. Doch ich habe so eine Ahnung, dass manche der Leute, die einige meiner Fragen doch ziemlich überrascht haben dürften, nicht ganz die Wahrheit gesagt haben. Wir werden sehen.

Ach, eins noch: Lesen Sie ab jetzt allein weiter. Denn ein einziger unbedachter Ausruf von Ihnen könnte zum Problem werden …

Die geheimen Gedanken der Männer

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