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❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf, Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut, Dr. Sigvard ClasenClasen, Sigvard

Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf

Mitarbeiter des BMZ 1963–1998, Persönlicher Referent der Bundesminister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen und Dr. Erhard EpplerEppler, Erhard, Leiter der Abteilung Multilaterale Zusammenarbeit und Sektorpolitik. 1998–2006 Berater der Regierungen in Albanien, Kosovo und Georgien zu Fragen der Annäherung an die EU.

Der Gerechte

Am beeindruckendsten war an Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen sein Sinn für Gerechtigkeit, seine Empathie, sein Sich-Kümmern um den Mitmenschen und seine absolute Loyalität gegenüber seinen Mitarbeitern. In der täglichen engen Zusammenarbeit passieren auch in der engsten Umgebung des Ministers Pannen, die sofort nach außen getragen werden. Diese werden von ihm intern unaufgeregt kritisiert, nach außen stellt sich der Minister immer vor seine Leute. Darauf kann man sich verlassen. Auf längeren Fahrten mit dem Dienstwagen sitzt immer sein Fahrer beim Essen auf Ministerkosten mit am Tisch, auch bei vertraulichen Gesprächen.

Ein Besuch in Teheran, 1968: Das offizielle Tagesprogramm ist abgearbeitet. Für den freien Abend hat WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen die beiden uns ständig begleitenden iranischen Motorrad-Polizisten zum Essen eingeladen. Nach einer wilden Fahrt mit viel Blaulicht und Gehupe auf der linken Fahrspur durch Teheran fehlt beim Restaurant einer der beiden Polizisten. Bei Nachfrage stellt sich heraus, dass dieser einen wegen unserer Fahrweise zu Recht protestierenden Iraner schnurstracks deswegen ins Gefängnis gebracht hat. Dort sollte er erst mal bleiben. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen fordert dessen sofortige Freilassung und verschiebt das Essen solange, bis der Mann in Freiheit und der zweite Polizist wieder aufgetaucht ist.

Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut

Leiter der Planungsgruppe des BMZ in der Zeit von 1966 bis 1969, zuvor längere Tätigkeiten in Mittelamerika und Indien, danach Wechsel in die Privatwirtschaft: Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des DIHT (Deutscher Industrie und Handelstag).

Ausbau der jungen Entwicklungspolitik trotz Wirtschaftsflaute

Nach der Bildung der ersten großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland warteten wir in dem vom liberalen Minister Walter ScheelScheel, Walter geprägten jungen BMZ gespannt auf die neuen Akzente der deutschen Entwicklungspolitik, die Minister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen (SPD) setzten würde. Seine uns bekannten Algerien-Initiativen wie auch seine Stellungnahmen im Bundestag ließen erwarten, dass die Gestaltungswünsche der Entwicklungsländer eine größere Rolle spielen dürften. Während die alten Kolonialmächte eigene Entwicklungsprogramme entworfen hatten, hatten die verschiedenen Fachressorts der Bundesregierung ihre besonderen Stärken in das zunächst nur lose koordinierte Angebot der Bundesrepublik eingebracht. Aufgabe des jungen Entwicklungsministeriums war es, unterstützt von Fachwissenschaftlern, für eine begrenzte Zahl von Ländern Programme zu entwickeln, die das deutsche Angebot zusammenfassten und optimal neben Eigenanstrengungen und Fremdhilfe der Nehmerländer stellten. Zusammen mit den neu gebildeten Länderreferaten lag hier eine wichtige Aufgabe der PlanungsgruppePlanungsgruppe. In dieser Ausbauphase der deutschen Entwicklungspolitik erfolgte ein ernsthafter Konjunkturrückgang, und zugleich mit dem Argument der „goldenen Betten“ in den Entwicklungsländern entstanden Zweifel an der Gestaltung der Entwicklungshilfemaßnahmen. Auf beides reagierte Minister WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen. Ich konnte ihn zu wichtigen Veranstaltungen, z.B. im Düsseldorfer Industrieclub und auch zu führenden Betriebsratsvorsitzenden begleiten. In überzeugender Weise trug er den Wunsch des Ministeriums vor, weitere Zuständigkeiten für die Entwicklungspolitik zu erhalten. Er wies dabei auf die zum Teil schwierigen Abstimmungsprozesse in den interministeriellen Ausschüssen hin, ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Kontrollen im Zusammenwirken mit den Partnerländern weiter ausgebaut werden sollten. Natürlich stellte er die Exportwirksamkeit einzelner Maßnahmen heraus, unterstrich aber auch den Gewinn für die Nehmerländer. Für ihn kam es in dieser Situation darauf an, die Interessenlage beider, der Geber und der Nehmerländer in eine Balance zu bringen. Entscheidend war die Fortentwicklung der deutschen Entwicklungspolitik, die damals gefährdet schien.

Dr. Sigvard ClasenClasen, Sigvard

1965–1968 Projektverantwortlicher der KfW für Investitionen in die Infrastruktur von Entwicklungsländern, anschließend zwei Jahre im Frankfurter BattelleInstitut zuständig für Afrika in Beratung und Projektevaluierung, 1980–1998 Vorstand im Degussa-Konzern, seitdem Aufsichtsrat in Pforzheim.

Entwicklungszusammenarbeit als Schlüsselelement für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperität in Südkorea und Malaysia

In den 1960er-Jahren fühlte ich mich weit über mein wissenschaftliches Interesse hinaus als stark engagierter Mitgestalter am wirtschaftlichen Aufbau der Entwicklungsländer. Der Begriff der „Dritten Welt“ war noch nicht verbreitet. Meine Tätigkeit konzentrierte sich innerhalb der Kreditanstalt für Wiederaufbau auf den Infrastrukturbereich (wie Häfen, Straßen und Fernmeldesysteme) jenseits von einengenden politischen Parametern bzw. Vorgaben. Entwicklungsförderung war sorgfältig evaluierte Beurteilung von Investitionsprojekten, die dem betreffenden Land unter vielversprechenden Perspektiven per Kreditfinanzierung ermöglicht werden konnten. Politische Präferenzen spielten keine nennenswerte Rolle. Zugelassen waren also weder Einschränkungen durch sog. Lieferbindung noch Toleranzen gegenüber wirtschaftlich untauglichen Regierungen. Auch eine Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands im Sinne von Exportförderungspolitik wurde in meiner KfW-Zeit nicht praktiziert. Beispielgebend für erfolgreich aufstrebende Entwicklungsländer sind Südkorea und Malaysia geworden, die die ihnen zugebrachte Hilfestellung mit einer eindrucksvollen Aufwärtsentwicklung und Prosperität beantwortet haben.

Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik

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