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König Alkohol

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Der Begriff Alkohol stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem arabischen Raum und leitet sich von dem Wort „al khol” ab, was übersetzt soviel wie „Etwas Feines” bedeutet. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist damit zumeist der berauschende Speisealkohol oder auch Ethanol mit der chemischen Formel C2H5OH gemeint und er gilt gemeinhin als die älteste Droge der Menschheitsgeschichte. Aus rein chemischer Sicht gesehen ist Alkohol ein simples Stoffwechselprodukt von Mikroorganismen, das bei einem Prozess entsteht, den man alkoholische Gärung nennt. Damit es zu solch einer Gärung kommt, benötigt man Hefen, Zucker und eine Prise Sauerstoffmangel. Durch die Hefe wird der Zucker gespalten, sodass im Wesentlichen zwei Dinge entstehen, nämlich das Gas Kohlendioxid und der Alkohol.

Wie viele Dinge des Lebens, so wurde auch der Alkohol eher zufällig als Genussmittel entdeckt, wahrscheinlich schon in der Mittelsteinzeit vor etwa 10.000 v. Chr. als die ersten Menschen den Geschmack und die berauschende Wirkung von gegorenen Beeren und Früchten für sich entdeckten. Um 3.000 v. Chr. herum finden sich in ägyptischen Aufzeichnungen Belege dafür, dass Wein gekeltert und Bier gebraut wurde. Entsprechende Keilschriften aus Mesopotamien sind sogar noch älteren Datums und beschreiben ebenfalls den Prozess des Bierbrauens. Auch im alten Testament, genauer im 1. Buch Mose, legt Noah, nach dem Ende der Sintflut nicht etwa einen Getreide- oder Gemüseacker an, sondern einen Weinberg, während umherziehende Nomaden ihren Alkohol aus der Milch trächtiger Stuten gewannen. Die Römer kelterten Wein aus vergorenen Trauben und unsere Urväter, die alten Germanen, stellten alkoholhaltigen Honigmet aus vergorenem Honig her, den es in den dichten Wäldern Germaniens zu Hauff gab. Mit Kirschen vergoren oder mit Kirschsaft vermischt wird er häufig als „Wikingerblut” oder „Odinsblut” bezeichnet. Gibt man zusätzlich noch einige scharfe Gewürze hinzu, erhält man das sogenannte „Drachenblut.”

Der Alkohol war überaus beliebt gewesen und wahre Trinkgelage waren daher daher auch nicht ausgeblieben. Für den römischen Schriftsteller Lucius Annaeus Seneca (4 v. Chr. - 65 n. Chr.) war die Trunkenheit seiner Landsleute nichts anderes als ein „freiwilliger Wahnsinn” gewesen, der von der Seele Besitz ergreift, wenn der Wein reichlich fließt. Allerdings hatten die Römer auf derlei Trinkgelage kein Monopol gehabt, denn derartige Alkoholexzesse gab es auch bei den Kelten, den Thrakern und bei anderen antiken Völkern.

Zur Zeit des dunklen Mittelalters konnte sich nur der Adel und der kirchliche Klerus den Alkohol leisten. Dabei galt eine Festlichkeit erst dann als wirklich gelungen, wenn alle Gäste am Ende sprichwörtlich „Hacke voll” unter den Tischen lagen. Für das gemeine Volk blieb der verdünnte Alkohol auf (kirchliche) Fest- und Feiertage beschränkt, ansonsten konsumierte man Wasser aus einem Brunnen oder nahegelegenen Bach oder Fluss, welches nicht selten mit krankheitserregenden Keimen belastet gewesen war.

Bis hin zum 16. Jahrhundert wurde überwiegend Traubenwein, Met, Obstwein (Most) und Bier getrunken, während der Branntwein noch keine größere Verwendung gefunden hatte. Er diente im 13. und 14. Jahrhundert überwiegend noch als Heil- und Arzneimittel, das in Klöstern hergestellt und an diejenigen Kunden verkauft wurde, die das nötige Kleingeld dafür in der Tasche gehabt hatten. Erst im 15. Jahrhundert setzte langsam der Siegeszug des Branntweins ein, dessen Genuss bedingt durch den höheren Alkoholgehalt zu einer schnelleren Rauschwirkung führte. Der Branntwein war somit aus den Kinderschuhen eines rein medizinischen Arzneimittels herausgewachsen und von da an entstanden auch die ersten gewerblichen Brennereien, die Branntwein aus Getreide herstellten. Trotzdem blieb dieser „Schnaps” ein Genussmittel, das nahezu ausschließlich den oberen Schichten vorbehalten geblieben war. Dieses begann sich ab dem 17. Jahrhundert langsam zu verändern, als auch das niedere Volk in den Genuss von Branntwein kam. Zunächst bei den städtischen Handwerkern, dann auch bei den Seeleuten, Soldaten und denjenigen Menschen, die bei Wind und Wetter im Freien arbeiteten und sich hin und wieder einen Schluck gegen die Kälte gönnten. Da der Branntwein wegen der schwankenden Kornernten noch nicht in großen Mengen hergestellt werden konnte, blieb die Produktion und der Genuss weitestgehend auf den städtischen Raum beschränkt.

Einen weiteren wichtigen Schub zur Verbreitung erhielt der Branntwein durch die Napoleonischen Kriege und der Niederlage der Preußen im Jahre 1806, der den Weg für eine liberal-bürgerliche und kapitalistisch geprägte Gesellschaft freimachte. Ein System, was nach dem Wiener Kongress fortgesetzt wurde und so den Branntwein deutlich billiger werden ließ. Dazu gehörten u. a. die Aufhebung der Monopole zur Branntweinherstellung sowie dessen Verkauf und Ausschank, was die Konkurrenz belebte und dafür sorgte, dass die Preise weiter fielen. Der Alkohol feierte also seinen Siegeszug und als die ersten Europäer in der neuen Welt landeten, zögerten sie nicht allzu lange, selbst mit der Herstellung alkoholischer Getränke zu beginnen, gleichwohl die Puritaner unter ihnen von Zeit zu Zeit versucht hatten, den Einfluss des Alkohols so weit wie möglich einzuschränken, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Bereits 1607 wurde in der Kolonie Jamestown eine erste Schankstätte errichtet und Tausende sollten ihr in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nachfolgen.

So verschieden diese sogenannten Saloons oder Tanzhallen auch gewesen waren, so verschieden war auch ihr Angebot gewesen. Vom feinsten, prickelnden, französischen Champagner bis hin zum hochprozentigen „Blindmacher” konnte man alles erhalten, was der Magen auszuhalten imstande gewesen war. Ein Reinheitsgebot für selbstgebrannten Schnaps gab es nicht und die Rezeptur blieb der Fantasie des jeweiligen Brennmeisters überlassen. Da gab es den „Totenerwecker”,„Tarantelsaft”, „Mondschein” oder den „Beinverknoter.” Für den sogenannten „Indian-Whiskey”, der auch tatsächlich an die Indianer verhökert worden war, liest sich das Rezept wie aus dem Zauberbuch eines Hexenmeisters aus dem Mittelalter:

Nimm ein Fass Missouriwasser und zwei Gallonen Alkohol. Füge zwei Unzen Strychnin hinzu, um sie verrückt zu machen (…) und zwei Tafeln Presstabak, damit ihnen schlecht wird (…) weiterhin fünf Stück Seife, um es zum Schäumen zu bringen und ein halbes Pfund rote Pfefferschoten. Schließlich einige Salbeisträucher und koche das Ganze, bis es braun ist. In ein Fass durchseihen und fertig ist der Indian-Whiskey.”

Kiecksee, Jens: WESTERN SALOONS, S 25

Wie fertig derjenige Indianer war, der dieses Gesöff zu sich nahm, kann man dabei nur unschwer erahnen.

Neben diesen „Höllengetränken” gab es aber auch die feineren Sorten, allen voran der weltberühmte Bourbon-Whiskey aus Kentucky, der 1789 wohl eher durch Zufall entdeckt worden war, als Elijah Craig das Innere von Fässern mit glühenden Kohlen ausflammte, um sie so zu reinigen. Danach ließ er sie wie üblich mit selbstgebrannten Alkohol auffüllen, der dann nach und nach verkonsumiert wurde. Einige Fässer jedoch vergaß er in einer dunklen Ecke seiner Destillerie und fand sie erst vier Jahre später wieder. Der Bourbon war geboren worden, der durch die Holzkohle eine wunderbare rotbraune Farbe angenommen und über einen rauchigen, weichen, körperreichen Geschmack verfügt hatte. Bekannte Sorten wie Old Pepper, Old Gideon, Jim Beam, Jack Daniels, Wild Turkey und Maker´s Mark zählen noch heute zu den berühmten Vertretern dieses alkoholischen Getränkes. Zu diesen Whiskeys kamen noch der mexikanische Tequila und Pulque, französischer Cognac, als auch die schottischen Whiskys und irischen Whiskeysorten hinzu.

Der Favorit unter der nach Alkohol dürstenden Bevölkerung blieb allerdings das Bier. Ob nun aus der Flasche oder frisch vom Fass spielte dabei keine Rolle. Das erste trinkbare Bier wurde 1837 in Kalifornien gebraut und um 1850 herum war es die Brauerei von William Bull, der die durstigen Goldgräber mit dem kühlen Nass versorgte. Es dauerte nicht lange und das Brauwesen befand sich fest in deutscher Hand, was sich auch in dem Konsum des Bieres widerspiegelte. In den 1880er Jahren wurde hauptsächlich in Milwaukee, St. Louis und Cincinnati Bier gebraut, wobei z. B. „Anhäuser & Busch” das Budweiser Pils herstellte.

Allerdings diente der Alkohol nicht nur dazu, sich in der geselligen Atmosphäre eines Saloons oder einer Tanzhalle zu berauschen, sondern auch oft dazu, seine insgeheimen Aggressionen zu verstärken und schließlich auch auszuleben. So wurde aus einem besonnenen, friedliebenden Mann unter Umständen ein revolverschwingender Draufgänger, der Dinge tat, die er im nüchternen Zustand womöglich unterlassen hätte. Viele dieser sogenannten Saloonschießereien fanden unter dem Einfluss „geistiger Getränke” statt und nicht wenige von ihnen endeten tödlich und am Ende gesehen auch völlig sinnlos. Städte wie Dodge City, Tombstone, Abilene, Caldwell, Wichita u. v. a. m. zeugen von derlei Gewaltausbrüchen, die ohne den Genuss von Alkohol womöglich erst gar nicht stattgefunden hätten.

Al Capone und die Prohibition

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