Читать книгу Die Naturgesetze sind Gottes Kleiderständer - Michael Gauss - Страница 27
ОглавлениеIn seinem Buch „Muttersöhne“ weist Volker Elis Pilgrim darauf hin, dass in der heutigen Zeit die Gefühllosigkeit von Männern häufig dadurch entsteht, dass Jungen fast ausschließlich von den Müttern aufgezogen werden, weil die Väter durch das Arbeitsleben nur wenig Zeit und Kraft dafür aufwenden können. Dadurch fehlen weitgehend die Identifikationsvorbilder für den stimmigen Aufbau einer männlichen Persönlichkeit.
Als direkte Folge davon besitzen sie als junge Männer oft weiblich geprägte Charaktermerkmale und merken schnell, dass sie im Berufsleben damit nicht klarkommen, weil etwas ganz anderes von ihnen erwartet wird. Deshalb bauen sie diese Charaktermerkmale wieder ab, jedoch ohne etwas dafür einzusetzen, weil der Aufbau der Persönlichkeit bereits abgeschlossen ist. So entsteht ein Loch in ihrer Persönlichkeit, das sich genau im Bereich der Gefühle befindet.1
Ich habe einmal einen Vortrag des ehemaligen Marines und späteren Zen-Mönchs Gregory Campbell besucht.2 Während seiner Jahre in einem Zen-Kloster versuchte er zu ergründen, warum die männlichen Charakterzüge so häufig in eine Ausformung von Gewalt und eine Vernichtung des Lebendigen münden.
Es ist ihm dabei aufgefallen, dass in bestimmten Bevölkerungsgruppen, bei denen Männer solche charakterlichen Verformungen nicht aufweisen, im Alter von fünfzehn Jahren ein Ritual für den Übergang in das Mannsein abgehalten wird, in dem ein Willkommensgruß enthalten ist. Er schloss daraus, dass gesunde, männliche Ausdrucksformen in großen Teilen der männlichen Bevölkerung deshalb nicht vorhanden sind, weil der Übergang vom Jugendlichen zum Mann keine besondere Würdigung erfährt, durch die ein männliches Identitätsempfinden weitervermittelt wird. Er begann daraufhin für Männer Schwitzhüttenrituale zu organisieren, bei denen sie diesen Übergang und den damit verbundenen Willkommensgruß in das männliche Leben für sich nachholen konnten.
Dass unsere Zivilisation, die überwiegend von Männern errichtet wurde, so massive Probleme mit angemessener Wertigkeit von Lebendigkeit hat liegt daran, dass in der männlichen Welt kein klares Bild über die Wesensarten und Eigenschaften einer gesunden, männlichen Identität vorhanden ist.