Читать книгу Sky-Navy 18 - Rettungskommando - Michael Schenk - Страница 5

Kapitel 3 Konsequenzen

Оглавление

Sky-Base Arcturus, Sky-Navy High-Command

Während seiner Abwesenheit hatte Hoch-Admiral John Redfeather das Kommando über das High-Command und die Sky-Base Arcturus in die Hände von Admiral Carl Uddington gelegt. Uddington war ein schlanker, sehnig wirkender Offizier, der die Tradition der Navy über seine persönliche Ahnenreihe bis zur nassen Royal Navy des alten England zurückführen konnte. Er pflegte diese Erinnerungen voller Stolz und das äußere Anzeichen hierfür war der ungewöhnliche Schnauzbart, den er trug. Carl Uddington war durchdrungen von Stolz und Ehre, doch zugleich kein Narr. Er hatte jahrelang das Kommando über ein Patrouillenboot und später einen Kreuzer innegehabt, bevor ihn Redfeather in seinen Kommandostab berief. Die beiden Offiziere schätzten einander und waren befreundet, auch wenn es Uddington nie an einem gewissen „respektvollen Abstand“ fehlen ließ.

Diese Eigenschaften sorgten im Augenblick für erhebliche Missstimmung.

Carl Uddington hielt sich mit seinen Gästen im Amtsraum des Hoch-Admirals auf. Er stand vor der gläsernen Vitrine, deren indirekte Beleuchtung auf die Federhaube eines Sioux-Häuptlings fiel, denn Redfeather war der Chief der vereinigten Ethnie der Indianer. Der Anblick der Haube erinnerte Carl schmerzhaft an seinen Freund und an den Anblick, der sich ihm vor der großen Panoramascheibe des Raumes bot. Von dort konnte man einen Teil der zehn Andock-Pylone erkennen, die den zehn Kilometer durchmessenden Diskus der Raumbasis umgaben.

Arcturus war der Hauptankerplatz der Sky-Navy. Derzeit lagen hier drei der großen Trägerschlachtschiffe, fünfzig moderne APS-Kreuzer und fast einhundert Langstrecken-FLV vor Anker, die für Patrouillen und Sonderaufgaben eingesetzt wurden. An einem der Pylone hatten jedoch zwei Schlachtschiffe der Norsun festgemacht. Sie gehörten der 1200-Meter-Klasse an, was bedeutete, dass die Hantelschiffe eine Gesamtlänge von 3600 Metern besaßen. Es war Carl Uddington eine gewisse Genugtuung, dass das Flaggschiff von Gordon-Gor noch von der Masse des daneben liegenden Trägerschlachtschiffes D.C.S. Agincourt übertroffen wurde.

Mit fünf Kilometern Länge, einer maximalen Breite von eineinhalb und einer maximalen Höhe von einem Kilometer, war die Agincourt ein Zeugnis für die Leistungsfähigkeit und Stärke der Sky-Navy. Dennoch durfte dieser Gigant nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sky-Navy derzeit nur über zwölf Trägerschlachtschiffe verfügte, von denen drei wegen Gefechtsschäden nicht einsatzbereit waren. Der Bestand an Kreuzern betrug aktuell nur zweihundertdreiunddreißig, auch wenn beständig neue Schiffe hinzukamen. So eindrucksvoll diese Zahlen auch klingen mochten, so waren sie nicht mit der Masse von Tausenden von Hantelschiffen aller Klassen zu vergleichen, die das Reich der großen Mutter der Norsun in den Kampf schicken konnte.

Als beide Völker sich erstmals begegneten, war es aufgrund eines Missverständnisses zu Kampfhandlungen gekommen. Inzwischen war man gegen einen gemeinsamen Feind, die menschenähnlichen Negaruyen, verbündet. Doch es war ein unsicheres Bündnis, welches nicht auf Augenhöhe stattfand. Vor allem nicht, wenn es den Oberbefehlshaber der Norsun-Flotte betraf, das Höchst-Wort Gordon-Gor.

Gordon-Gor war es auch, der im Augenblick den Unmut von Carl Uddington hervorrief. Der Insektoide hatte zu der Delegation der Norsun gehört, die auf der Outer-Rim-Station 47 mit den Menschen verhandelt hatte. Er war als einziger Überlebender von der Sky-Navy gerettet worden, während alle anderen in die Hände der Negaruyen gefallen waren. Man hatte das Höchst-Wort sofort zur Sky-Base Arcturus gebracht, von wo aus es sich mit der großen Mutter in Verbindung setzte. Vor einer Stunde war ein Geschwader der Norsun eingetroffen, von dem nun drei Schiffe an der Station lagen.

Gordon-Gor hatte den bisherigen Kommandanten der Schiffe zu sich befohlen und dann etwas getan, was Uddington nur als Provokation auffassen konnte: Das Höchst-Wort forderte, obwohl es sich im Schutz der mächtigen Sky-Base befand, eine Leibwache aus Bions an. Nun standen vier der künstlichen Kampfwesen rechts und links der geschlossenen Tür und das Flimmern vor den Mündungen ihrer Kampflanzen verriet, dass die Waffen aktiviert waren.

Uddington wusste, dass Gordon-Gor, im Gegensatz zu manchen anderen Norsun, ein Gegner der Menschen war und vermutete daher, dass das Höchst-Wort alles ihm mögliche unternahm, um das Bündnis beider Völker wieder zu zerschlagen. Dabei konnte Gordon-Gor allerdings nicht zu offen vorgehen, denn die Menschen besaßen durchaus mächtige Verbündete. Leider waren diese nun die Gefangenen des Feindes, darunter zwei der von den Insektoiden verehrten kleinen Mütter. So versuchte Gordon-Gor, die Menschen zu provozieren und zu erniedrigen, wo immer ihm dies möglich war, ohne den Unmut der großen Mutter zu erregen.

Uddington war in keiner glücklichen Lage. Zum einen war da die Tatsache, dass die gefangenen Delegationen gefunden und befreit werden mussten, zum anderen ein rechtskräftiges Dokument, welches das Höchst-Wort von der Station mitgebracht hatte. In diesem besiegelten die Delegationen nicht nur das Bündnis, sondern auch einen Technologie-Transfer. Im Gegenzug zu Konstruktionsunterlagen für einen neuartigen Wabenschutzschirm der Norsun, der auf der formbaren goldenen Energie basierte, wurden den Insektoiden zwei der wertvollen Hiromata-Nullzeit-Scanner zugesprochen, einer mit einer Reichweite von fünfzig, der andere mit einer von einhundert Lichtjahren.

Gordon-Gor hatte darauf bestanden, dass der Vertrag erfüllt werde. Im Augenblick begannen Techniker der Sky-Navy damit, den Fünfzig-Lichtjahr-Scanner auf dem Flaggschiff von Gordon-Gor zu installieren, während man den Hunderter verlud, um ihn zur Welt der großen Mutter zu bringen. Die ersehnten Unterlagen für den neuen Schutzschirm befanden sich hingegen bei der vermissten Delegation des Direktorats.

Dieser einseitige Transfer, vor allem jedoch die Anwesenheit der Bions, verärgerte Carl Uddington zutiefst, zumal Gordon-Gor kein Hehl daraus machte, den Menschen die Schuld an der gelungenen Entführung anzulasten. Der Stolz von Uddington ließ jedoch nicht zu, dies unwidersprochen hinzunehmen.

Eine erneute spöttische Bemerkung des Höchst-Wortes veranlasste ihn daher, sich wieder von der Vitrine abzuwenden und sein Gegenüber direkt anzusehen. „Ich muss mit allem Nachdruck darauf hinweisen, Höchst-Wort Gordon-Gor, dass die Beschränkungen der Sicherheitsmaßnahmen auf Station 47 ausschließlich der ausdrücklichen Forderung Ihrer großen Mutter zu verdanken sind. Unser Vorschlag, die Verhandlungen an einem anonymen Ort an Bord eines Trägerschlachtschiffes durchzuführen, wurde von Ihrer Seite kategorisch abgelehnt. Wenn jemand Schuld an mangelnden Sicherungsmaßnahmen trifft, so ist das sicherlich nicht unsere Seite.“

Gordon-Gor war nur ein untergeordneter Teilnehmer der Norsun-Delegation gewesen und hatte im Wesentlichen als Kommandeur ihrer Eskorte fungiert. Er war somit, auf Seite der Norsun, für die Sicherheit verantwortlich gewesen und Uddington hegte zunehmend einen beklemmenden Verdacht, den er nun aussprach.

„Es wird zu überprüfen sein, ob es tatsächlich der direkte Wunsch der großen Mutter war, auf höhere Sicherheitsstandards zu verzichten“, fügte er mit eisiger Stimme hinzu. „Immerhin nahmen drei der verehrten kleinen Mütter an den Verhandlungen teil, von denen eine in der Station getötet wurde.“

Die Fühler des Höchst-Wortes zitterten unmerklich und verrieten dessen Erregung. „Die kleine Mutter Lanar wurde tödlich getötet, weil die schützenden Hände der menschlichen Lanzen beklagenswert kläglich versagten“, stieß der Norsun hervor. „Ich begehe diesen fehlerhaften Fehler nicht und verlasse mich nicht verlässlich auf die schützenden Hände der schwachen Menschenwesen. Von sofortiger Zeit an wird jeder Norsun, der das schwächliche Reich der Menschen aufsucht, sich auf den verlässlichen Schutz unserer Bions und unserer eigenen Lanzen verlassen können. Die große Mutter ist in erbostem Maße erzürnt über das leidende leidvolle Schicksal ihrer kleinen Mütter und verlangt verlangend, dass die Menschenwesen alles in ihren schwächlichen Kräften stehende tatvoll unternehmen, um die kleinen Mütter aus den todbringenden Krallen der Flachschlitznasen rettend zu erretten.“

„Die große Mutter kann sich sicher sein, dass die Streitkräfte des Direktorats alles tun werden, um die Entführten zu finden und sicher wieder nach Hause zu bringen“, entgegnete Uddington kühl. „Und ich bekräftige, dass wir ebenso alles tun werden, um aufzuklären, wie es zu dieser Situation kommen konnte.“

Gordon-Gor stieß einen Laut aus, der seine Verachtung ausdrückte.

Uddington warf einen forschenden Blick auf das Hoch-Wort, welches Gordon-Gor begleitete. Terem-Bas war der Kommandant des Flaggschiffes Kennedar-Lanar, welches gerade den neuen Langstrecken-Scanner erhielt. Uddington bedauerte, die Mimik der Norsun nicht ausreichend deuten zu können. Es schien ihm aber so, als übe der andere Norsun Zurückhaltung und stimme nicht allem voll zu, was Gordon-Gor da von sich gab.

„Schon jetzt sind zahlreiche stechende Stachel der großen Mutter unterwegs und auf der suchenden Suche nach den kleinen Müttern“, versicherte Gordon-Gor mühsam beherrscht. „Sobald das neue zeitlose Langauge auf meinem Schiff installiert ist, werde ich mich mit meiner Klaue an der suchenden Suche beteiligen. Ich werde die kleinen Mütter eifrig finden und den tödlichen Tod der kleinen Mutter Lanar qualvoll rächen.“

„Ich brauche das Höchst-Wort sicher nicht daran zu erinnern, dass es nicht nur um die beiden kleinen Mütter geht“, drang der Admiral auf seinen Widersacher ein. „Auf jeden Fall wünsche ich dem Höchst-Wort und seinen Stacheln das Glück des Kriegers, damit die Vermissten glücklich befreit werden können.“

Uddington beobachtete, das Terem-Bas instinktiv die drei Kopffühler in einer zustimmenden Geste nach vorne knickte. Er schien tatsächlich keine feindseligen Gefühle gegenüber den Menschen zu hegen.

Gordon-Gor bemerkte die Geste ebenfalls und für einen Moment verengten sich die merkwürdigen Schlitzpupillen in seinen Facettenaugen. Seine nächsten Worte klangen für Uddington ungewöhnlich versöhnlich. „Möge das glückhafte Glück allen beistehen, die sich auf die suchende Suche begeben. Gordon-Gor wird nun auf seinen Großstachel zurückkehren und mit ihm auf die suchende Suche fliegen, sobald das zeitlose Langauge funktioniert.“

Das Höchst-Wort wandte sich ohne ein weiteres Wort zur Tür, die vor ihm aufglitt und ihn auf den dahinter liegenden Korridor entließ. Uddington stieß einen leisen Seufzer aus, als sich die Tür hinter Terem-Bas und den Bions wieder schloss.

Nach einigen Augenblicken tippte er an das Implant, im Schädelknochen an seiner Schläfe. „High-Com, Sie können nun die ausgewählte Gruppe zu mir schicken. Ich erwarte sie im Amtsraum des Hoch-Admirals.“

Der Kommunikationsoffizier im High-Command bestätigte. Nur wenige Minuten später meldete die Ehrenwache vor der Tür, dass die Gruppe eingetroffen sei. Uddington öffnete und setzte sich in einen Sessel der gemütlichen Sitzgruppe, in der auch John Redfeather so gerne seine Beratungen abhielt.

An der Spitze trat Sub-Admiral Pjotr Chukov ein, gefolgt von Major Saundra Schwertfeger, die auf der Basis den Nachrichtendienst des Direktorats leitete. Hinter ihnen kamen der Linguist Doktor Lennerson, der Alien-Psychologe Doktor Braunfels und die wissenschaftliche Koordinatorin Tamilak herein. Sie alle waren schon über die Situation informiert und hatten während dem Gespräch zwischen Gordon-Gor und Carl Uddington überlegt, was sie hilfreiches zur Rettung der Vermissten beitragen konnten.

Sie nahmen Platz und Uddington forderte sie auf, sich aus dem Getränkespender zu bedienen, bevor er ihnen sein Anliegen nochmals verdeutlichte. „Sie alle wissen, dass sich bei den Delegationen drei hohe Räte des Mars, unsere beiden Hoch-Offiziere und andere sehr wichtige Personen befinden. Die Bedeutung der entführten Norsun brauche ich wohl ebenso wenig zu erläutern. Es geht darum, die Entführten zu finden und zu retten. Ich bin für jeden Gedanken dankbar und sei die Idee auch noch so ungewöhnlich. Die Hauptsache ist, dass wir die Vermissten finden.“ Er räusperte sich. „Wobei wir uns bei der Suche nicht auf unsere grünhäutigen Freunde verlassen können. Ich befürchte, dass es Gordon-Gor allenfalls um die Rettung der kleinen Mütter geht und er alle anderen Entführten als entbehrlich ansieht.“ Er sah den Psychologen an. „Oder sind Sie diesbezüglich anderer Meinung, Doktor Braunfels?“

Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Auch wenn uns die Psyche der Norsun größtenteils noch ein Rätsel ist, so haben wir in Sker-Lotar und Surus-Galmon doch zwei ihrer Vertreter etwas näher kennengelernt und es lassen sich natürlich auch Rückschlüsse durch unsere sonstigen Begegnungen mit diesem faszinierenden Volk schließen. Natürlich muss ich darauf hinweisen, dass ich größtenteils auf Theorien angewiesen bin, doch ich teile Ihre Einschätzung von Gordon-Gor. Während sich die Norsun im Allgemeinen dem Interesse und Willen der allseits verehrten großen Mutter und auch der kleinen Mütter unterordnen, scheint mir Gordon-Gor ein Sonderfall zu sein. Er macht auf mich den Eindruck, als sei er nicht bereit, uns Menschen als gleichwertige Partner zu akzeptieren. Er ist ehrgeizig und zugleich klug und verschlagen, wenn ich es einmal so schlicht formulieren darf. In der Schlacht um Tensa hat sich gezeigt, dass er bedenkenlos bereit ist, Menschen zu opfern, wenn dies zu seinem Vorteil ist. Er wird keine Priorität auf die Rettung unserer Delegation legen. Im Gegenteil, sein ganzes Streben dürfte darauf ausgerichtet sein, die beiden kleinen Mütter zu retten und sich so zu rehabilitieren.“

Uddington runzelte überrascht die Stirn. „Sich zu rehabilitieren? Wie kommen Sie darauf, Doktor?“

„Zwei Gründe, Admiral. Er hat Surus-Galmon die verlorene und sehr verlustreiche Schlacht im Rylon-System angelastet und bei Tensa die gleichen Fehler wie das alte Höchst-Wort begangen. Er weiß sehr genau, dass der Sieg gegen die Raumwerft der Negaruyen im Grunde der Sky-Navy zu verdanken ist, zumal seine Flotte unverhältnismäßige Verluste erlitt. Eine Angelegenheit, der sich die große Mutter sicherlich bewusst ist. Jetzt hat Gordon-Gor eine kleine Mutter verloren. Gleichgültig, ob er daran Schuld trägt oder auch nicht, in den Augen der Norsun hat er damit versagt und diese Scharte kann er nur auswetzen, wenn es ihm gelingt, die beiden anderen kleinen Mütter aus den Händen der Norsun zu retten. Entsprechend rücksichtslos wird er bei der Suche vorgehen. Das ist zumindest meine Einschätzung.“

„Ich kann nicht behaupten, dass mich Ihre Zustimmung meiner eigenen Einschätzung beruhigt“, meinte Uddington seufzend. „Also werden wir uns auf ein paar Gemeinheiten von Gordon-Gor einstellen müssen. Major Schwertfeger, was haben Sie herausgefunden?“

„Wir haben ein paar Datenspeicher aus Station 47 ausgewertet. Unglücklicherweise sind die Informationen lückenhaft, aber es steht wohl fest, dass es den Negaruyen gelungen ist, einen oder auch mehrere ihrer genetisch Veränderten in die Station zu schleusen. Es ist kaum anzunehmen, dass diese sich bereits zufällig auf der abgelegenen Station aufgehalten haben. Unsere Streitkräfte werden inzwischen einem Tiefen-Scan unterzogen, bei dem diese Infiltratoren entlarvt werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach kamen der oder die Veränderten daher mit einer kommerziellen Wartungsgruppe auf die Station, die von der Lambert Corporation geschickt wurde. Die Dienststelle auf dem Mars stellt inzwischen entsprechende Nachforschungen an. Es steht außerdem fest, dass es den Negaruyen gelang, sich in den Besitz des Freihändlerschiffes Juliette Beecher zu bringen, einem Frachter der Silkroad-Baureihe.“

Sub-Admiral Chukov stieß ein überraschtes Ächzen aus. „Silkroad? Grundgütiger, von denen fliegt noch einer?“

Schwertfeger lächelte. „Sogar zwei, Admiral.“

„Das sind doch die reinsten Museumsstücke“, meinte nun Professor Tamilak geringschätzig. „Warum haben die Negaruyen kein moderneres Schiff gekapert?“

„Wir sollten froh sein, dass es die Beecher ist und nicht ein modernes Schiff“, hielt die Nachrichtenoffizierin dagegen. „Die Daten der Silkroad-Reihe sind uns nämlich bestens bekannt und so können wir die Leistungen der Beecher ziemlich genau einschätzen. Das kann uns bei der Suche entscheidend helfen.“

„Womit wir beim vordringlichsten Thema sind“, wandte Uddington ein. „Wie finden wir das verdammte Schiff?“

Chukov meldete sich zu Wort. „Bevor wir das angehen, will ich einen wichtigen Punkt ansprechen. Wir wissen, dass die Negaruyen seit fast tausend Jahren mit den Norsun im Krieg liegen. Sie sind den Insektoiden, von der Technik natürlich abgesehen, in allen Bereichen weit unterlegen, haben sich aber erstaunlicherweise gehalten und konnten einer Entdeckung ihrer verborgenen Welt bislang entgehen.“

„Das ist allgemein bekannt“, knurrte Uddington. „Worauf willst du hinaus, Pjotr?“

„Darauf, dass die Beecher höchstwahrscheinlich nicht direkt zur Heimatwelt der Negaruyen geflogen ist. Das würde der üblichen und praktisch angeborenen Vorsicht dieses Volkes widersprechen. Das Schiff dürfte einen geheimen Punkt im All angeflogen haben, von dem aus es dann den Kurs ändert oder wo es sich mit einem Unterstützungsgeschwader getroffen hat. Ich vermute Letzteres und dass man die Gefangenen inzwischen auf ein modernes Schlachtschiff transferierte. Das ist auf jeden Fall sicherer, als der Verbleib auf einem so alten Kasten wie der Beecher.“

„Je mehr Zwischenstationen das Schiff einlegt, desto mehr Zeit bleibt uns, um es aufzustöbern.“ Uddington nippte an seinem Earl Grey. Es war leider nicht der Originaltee, aber in einer der neuen Kolonien wurde eine recht passable Sorte gezogen, von der sich der Admiral regelmäßig beliefern ließ.

„Und desto schwieriger wird die Suche zugleich“, gab Koordinatorin Tamilak zu bedenken. „Unsere einzige Trumpfkarte, wenn man es so nennen will, ist die Tatsache, dass wir über zwei funktionierende Prototypen der Nullzeit-Scanner mit einer Reichweite von dreihundert Lichtjahren verfügen.“

Die neuen Scanner waren ihr einziger Hoffnungsschimmer, die Juliette Beecher noch rechtzeitig zu entdecken. Die Radar- und Scanner-Technologie von Menschen, Norsun und Negaruyen ähnelte sich ebenso stark wie die Technik ihrer Antriebe. Alle Scanner arbeiteten mit Taststrahlen, die ungefähr die zwanzigfache Lichtgeschwindigkeit erreichten, was auch der Leistung der Cherkov-Überlichtantriebe entsprach. Die Energie der Taststrahlen wurde allmählich schwächer und die maximale Reichweite betrug zwischen dreißig und, bei den stärksten Geräten, einhundert Lichtjahren. Das schränkte die Möglichkeiten der Scanner ein, ein Raumschiff zu erfassen. Entfernte es sich mit Maximalgeschwindigkeit, so konnte es sein, dass ein Scanner es nicht mehr erreichte, flog es auf diesen zu, dass es gleichzeitig mit dem Echo des Taststrahls eintraf. Zudem bestand das Problem, dass Radar und Scanner nicht durch feste Objekte hindurch arbeiteten und sich ein Raumschiff im Ortungsschatten einer Sonne, eines Planeten, Mondes oder Asteroiden verbergen konnte. Je weiter entfernt es war, desto wahrscheinlicher wurde dies, aufgrund der wachsenden Zahl an Objekten.

Diese Einschränkung galt auch für den neuen Nullzeit-Scanner, der auf Hiromata-Basis arbeitete. Seine Taststrahlen verloren ebenfalls an Energie, reichten jedoch bei den kleinen Geräten immerhin fünfzig und bei den größten dreihundert Lichtjahre in den Raum. Ihr enormer Vorteil war, dass sie dank der Eigenschaften des Hiromata-Kristalls ohne Zeitverlust arbeiteten. Zwischen Aussenden und Empfang des eventuell von einem Objekt reflektierten Taststrahls verging keinerlei messbare Zeit. Damit boten die neuen Scanner der Sky-Navy einen ungeheuren Vorteil gegenüber den anderen Völkern, denn sie verhalfen ihr zu einer Echtzeitbeobachtung mit nicht zu unterschätzender Vorwarnzeit.

Uddington nickte und nippte erneut an seinem Tee. „Allerdings hat Gordon-Gor nun ebenfalls einen unserer neuen Scanner.“

Die Koordinatorin zuckte mit den Schultern. „Ich sehe das nicht dramatisch, Admiral. Der Norsun wird in seinem Flaggschiff nur den Fünfzig-Lichtjahr-Scanner verfügbar haben, denn wir wissen, dass die große Mutter ihre Heimatwelt mit dem stärkeren Gerät schützen will. Wir haben hingegen zwei der Dreihundert-Lichtjahr-Scanner und damit zwei Schiffe, die uns einen enormen Vorteil geben.“

„Womit wir erneut bei dem Punkt sind, wie es uns gelingt, unsere Leute zu finden“, erinnerte Chukov.

„Wir bilden eine Reihe von mehreren Suchgruppen“, erläuterte Uddington seinen Plan. „Jede aus wenigstens zwei Kreuzern bestehend. Worauf es jedoch wirklich ankommt, dass sind jene beiden Suchgruppen, die mit den Langstrecken-Scannern ausgerüstet sind. Einer davon ist weiterhin auf der D.S. Blackwing montiert, dem Tarn-Landungskreuzer der Sky-Cav, die das Gerät bereits im Rylon-System und bei Tensa erfolgreich eingesetzt hat. Das zweite Gerät habe ich zwischenzeitlich von der Blackwing entfernen und auf der D.S. Ivory anbringen lassen, einem der normalen APS-Kreuzer.“

„Warum nicht auf einem Trägerschlachtschiff?“, hakte Doktor Braunfels nach. „Dann wäre der Scanner doch wenigstens auch mit enormer Feuerkraft gepaart, falls es zum Feindkontakt kommt.“

„Das ist richtig, Doktor, aber für mich sprechen zwei Gründe dagegen. Ein Träger ist leichter zu orten und wesentlich auffälliger als ein APS und zieht daher rasch die Aufmerksamkeit auf sich. Die APS haben zudem eine kürzere Ladezeit für den Nullzeit-Antrieb, weswegen wir mit ihnen ein größeres Suchgebiet in kürzerer Zeit absuchen können.“

„Du erwähntest Paarungen, Carl“, schaltete sich Chukov ein. „Welche Schiffe sollen die wertvollen Kreuzer begleiten, welche die Langstrecken-Scanner benutzen? Unsere derzeit einzigen Langstrecken-Scanner, wie ich anmerken muss.“

„Wir bemühen uns, möglichst bald weitere Geräte herzustellen“, versicherte Professor Tamilak. „Ich hoffe, der hohe Rat des Direktorats wird einer Sonderzuteilung aus der Hiromata-Notfallreserve zustimmen.“

Uddington nickte. „Unter den gegebenen Umständen gehe ich davon aus, dass diese Sonderzuteilung erfolgt. Immerhin sind auch drei der bekanntesten Ratsmitglieder in Gefahr. Aber zu deiner Frage … Die Blackwing wird von der Orion unter Captain Jellenkova begleitet und die Ivory von der Collingwood.“

Der Sub-Admiral nickte lächelnd. „Eine ausgezeichnete Wahl. Bewährte Schiffe mit erfahrenen Kommandanten. Abgesehen von den Suchgruppen … Welche Eingreiftruppe schwebt dir vor?“

„Wir haben hier drei einsatzbereite Trägerschlachtschiffe. Ich bilde drei Gruppen mit je einem Träger und acht Kreuzern. Jede der Gruppen wird im Arcturus-System bis knapp unter Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und dabei den Hiromata für einen Nullzeit-Sturz aufladen. Bis an die Sicherheitsreserve. Die Ladung kann man rund vier Stunden halten, bis man definitiv in die Nullzeit gehen oder die Kristalle wieder entladen muss, um sie nicht durch Überlastung zu zerstören. Kurz bevor die erste Eingreiftruppe die kritische Grenze erreicht, beginnt die zweite mit dem gleichen Manöver. Die drei Einheiten werden sich untereinander ablösen, so dass immer eine von ihnen bereit ist, innerhalb spätestens einer Stunde in die Nullzeit zu gehen, an Stelle der acht Stunden, die normalerweise für einen Träger erforderlich sind.“

Die Koordinatorin nickte beifällig. „Wenn Sie gestatten … Ich habe eine Karte entworfen, die das in Frage kommende Suchgebiet betrifft. Zumindest, so weit wir dies für den ersten Nullzeit-Sturz der Juliette Beecher einschätzen können.“

Die Professorin stellte eine Verbindung zwischen ihrem Mini-Comp am Handgelenk und der Steuerung des Tisches her. Über der Tischplatte bildete sich eine holografische Karte des Weltraums, die rasch in jenen Sektor zoomte, in dem Outer-Rim-Station 47 lag.

„Von der Trafalgar kennen wir die Flugdaten, mit denen die Juliette Beecher aus dem System geflohen und in die Nullzeit gegangen ist. Eine Eigenheit des Hiromata-Antriebs und auch der Schwingungsantriebe der Norsun und Negaruyen ist es, dass ein Schiff nur in Flugrichtung in die Nullzeit gehen kann. Die Richtung lässt sich nicht verändern, nur die Distanz, die in der Nullzeit zurückgelegt wird. Die Beecher könnte zwanzig Lichtjahre zurückgelegt haben oder ebenso gut Zweitausend oder mehr. Aber, wie gesagt und das ist das einzige Plus für uns, nur in einer schnurgeraden Linie. Da wir zwei Gruppen mit den Langstrecken-Scannern losschicken können, sollte die erste Gruppe nach dreihundert Lichtjahren aus der Nullzeit gehen und die zweite Gruppe nach sechshundert. Nun, vielleicht sollten wir das aus Sicherheitsgründen auf Zweihundertfünfzig und Fünfhundert reduzieren.“

„Dem stimme ich zu“, sagte Uddington sofort. „Ich will nicht riskieren, dass uns etwas entgeht. Schön, die Schiffe gehen in die Nullzeit, sehen sich um und führen dann die nächste Nullzeit durch. In Siebenhundertfünfzig und Eintausend.“

„Exakt, Admiral.“ Tamilak lächelte.

Pjotr Chukov klatschte in die Hände. „Carl, wir sollten die Captains einweisen und möglichst bald loslegen. Inzwischen ist die Beecher wohl längst in die zweite Nullzeit gegangen und hat wahrscheinlich auch ihren Kurs geändert. Unsere Chancen sind nicht unbedingt groß, sie doch noch zu finden.“

„Wir müssen sie finden, Pjotr“, brummte Carl Uddington. „Diesmal geht es um ein Rettungskommando, mein Freund, und es wird die größte und anstrengendste Such- und Rettungsoperation, welche wir jemals durchgeführt haben. Wir müssen sie sicher nach Hause holen, denn über die Konsequenzen will ich lieber nicht nachdenken.“

Sky-Navy 18 - Rettungskommando

Подняться наверх