Читать книгу Pferdesoldaten 07 - Unter zwei Flaggen - Michael Schenk - Страница 6
Kapitel 4 Auf dem Marsch
ОглавлениеDie Kolonne erstreckte sich über viele Meilen und je weiter hinten man eingereiht war, desto mehr Staub musste man schlucken. Halstücher gehörten nicht zur normalen Ausstattung eines Soldaten, obwohl einige der erfahrenen Männer sich eines besorgt hatten. Die Offiziere achteten darauf, dass die Marschordnung immer wieder variiert wurde, damit sich die Truppen am Beginn und Ende der Kolonne ablösen konnten. Die Fahrer der Versorgungswagen und der Artilleriegespanne gehörten jedoch zu jenen, welche kaum in den Genuss dieser Erleichterung kamen. Bespannte Artillerie und die schweren Planwagen mussten besonders geschützt werden und so waren sie dazu verurteilt, sich in der Mitte zu bewegen.
Zwar hatte man die Fahrzeuge ohnehin nicht bis zur Maximalmöglichkeit beladen und einige der Vorräte waren auf dem bisherigen Marsch bereits verbraucht worden, dennoch quälten sich Wagen, Gespanne und Fahrer an jeder Steigung oder steilen Abfahrt. Obwohl die Scouts nach Wegen suchten, welche von den Fahrzeugen ohne große Probleme bewältigt werden konnten, kam es immer wieder zu Verzögerungen, wenn eines der Gespanne steckenblieb oder den Bruch eines Speichenrades oder gar einer Achse erlitt.
Im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten, General Farling, war der texanische General Randall durch und durch Kavallerist und konnte sich nicht mit dem langsamen Vorankommen anfreunden, welches durch die Gespanne und die marschierende Infanterie bedingt wurde.
Missmutig hatte er dem Wechsel eines Rades beigewohnt und trabte nun wieder nach vorne, wo Farling derzeit mit der Louisiana Cavalry trabte. Ein gutes Stück voraus erkundete eine Schar berittener Choctaws den weiteren Weg.
Randall erkannte die Position von Farling an dem „Southern Cross“, welches vom Standartenträger des Generals geführt wurde. Randall schätzte diese Fahne nicht besonders. Nach seiner Meinung hätte der Süden die „Bonnie Blue Flagg“ beibehalten sollen. Ein einzelner weißer Stern auf einem blauen Feld. Ein einzelner Stern, wie ihn auch die texanische Fahne trug. Texas… Was wäre die Konföderation ohne ihre Texaner? Aber alle Augen waren auf Lee, auf Stuart und auf deren virginische Truppen gerichtet.
Der frustrierte Texaner erreichte das Louisiana-Regiment, trabte an seiner Flanke entlang und ordnete sich an Farlings Seite ein.
„Probleme mit den Wagen, Ronald?“, erkundigte sich der Vorgesetzte.
„Wie üblich“, knurrte Randall. „Nur gut, dass wir so viele Ersatzräder mitführen, sonst müssten wir die Wagen wohl längst zurücklassen. Verdammt, General, dieser Vorstoß mit Infanterie und Wagen ist ein Fehler. Wir hätten es wie Jeb Stuart machen sollen… Ein Corps aus Kavallerie, schneller Vorstoß ins Hinterland der Yanks und schon geraten die in Panik.“
„Das mag so sein, Ronald, aber unsere Aufgabe ist kein einfacher Raid. Sicher, Stuart hat Erfolg darin, Unruhe unter die Yankees zu bringen und er bringt eine Menge Beute und oft Gefangene mit sich, wenn er zurückkehrt, aber wir sollen nicht nur Unruhe unter die Unionisten bringen, sondern Unruhe unter die Indianer. Indem wir ihnen zeigen, dass man die Unionstruppen schlagen kann und das ihnen ein Aufstand die Freiheit bringen kann.“
Randall beugte sich im Sattel zur Seite und spuckte aus. „Den Indsmen ist nicht zu trauen, General. Sobald die Oberwasser haben, da machen sie alles nieder, was eine weiße Haut hat. Glauben Sie mir, General, das haben wir in Texas oft genug erlebt.“
„Choctaws und Cherokees begleiten uns als unsere Verbündeten. Und nicht nur das, sie sind reguläre Soldaten der konföderierten Staaten von Nordamerika.“
„Bah, nicht alle Cherokees sind für uns. Viele von ihnen haben sich der Union angeschlossen.“ Randall lachte. „Vielleicht ganz interessant. Grau uniformierte Rote kämpfen gegen blau uniformierte Rote. Ein roter Bruderkrieg, will ich meinen.“ Der Texaner lachte erneut.
Farling sah ihn missbilligend an. „Wohl nichts anderes, als ein Bruderkrieg unter uns Weißen, nicht wahr? Thomas, wir haben zwei Aufgaben. Die Yankees in ihrem Hinterland anzugreifen und die indianischen Stämme zum Aufstand zu motivieren. Viele der indianischen Stämme sind untereinander verfeindet und bekriegen sich gegenseitig, doch der Hass gegen uns Weiße kann sie vereinen.“
„Wie ich schon sagte, die werden keinen Unterschied zwischen Nordstaatlern und Südstaatlern machen.“
„Wenn wir die Stämme im Norden aufwiegeln, dann beschäftigen sie sich mit den Yankees und nicht mit uns im Süden. Das kann den Druck auf unsere Truppen ganz erheblich reduzieren, denn es bedroht die hinteren Nachschublinien der Union und sie muss dann eine Menge Soldaten aufbieten, um der Situation Herr zu werden.“ Farling seufzte leise. „Was mir daran nicht gefällt, das ist der Umstand, dass dann natürlich auch die zivilen Siedlungen bedroht sind.“
„Yankeesiedlungen.“
„Männer, Frauen und Kinder, Ronald.“
„Der Norden nimmt darauf auch keine Rücksicht, wenn er in unser Gebiet einfällt.“
„In einigen Fällen mag das so sein“, räumte Farling widerstrebend ein. „Im Krieg gerät so Vieles so schnell außer Kontrolle. Doch ich erachte es als unsere heilige Christenpflicht, die Zivilbevölkerung, wo immer es geht, zu verschonen. Glauben Sie mir, Ronald, ich kenne viele Offiziere der Union, aus der gemeinsamen Dienstzeit, die ebenso denken.“
Ronald Randall verzichtete auf eine Erwiderung. Für ihn waren Yankees nicht besser als die Roten… Heiden, die man mit Feuer und Schwert ausrotten musste. Zumindest so lange, bis sie klein beigaben. Selbst Stuart machte ja nur Gefangene, weil Lee darauf bestand und ihm das Ehrenwort abverlangt hatte. Verdammt, Lee und Farling begriffen einfach nicht, dass es im Krieg keine Zeit für falsche Humanität gab.
Randall blickte in Richtung der Vorhut. Früher oder später würden sie ins Gefecht mit den Yanks gehen. Dann würde man sehen, was in der harten Realität von Farlings Gefühlsduselei übrig blieb.
Was Randall hierbei völlig außer Acht ließ war der Umstand, dass der alte Farling schon weit mehr Gefechte erlebt hatte, als der stolze Texaner.