Читать книгу Star-Liner - Michael Schenk - Страница 7

Kapitel 5 Auf Kreuzfahrt

Оглавление

An Bord der I.T.T. Star-Liner

Joana war froh, nicht in der Haut von Captain Piet van Bekker zu stecken. Dem sympathischen Mann mussten Hand und Arm schmerzen, von dem endlosen Händeschütteln mit den dreihundertsechsundzwanzig Passagieren. Für jeden Gast gab es dann noch ein Erinnerungshologramm mit dem lächelnden „Seebären“, den Joana insgeheim bereits als „Raumbären“ bezeichnete.

Am ersten Abend waren alle Passagiere und die Offiziere des Schiffes im großen Speisesaal „Marco Polo“ zusammengetroffen. Van Bekker hatte sich und seine Begleitung vorgestellt und ein paar humorvolle Anekdoten aus seinem Raumfahrerleben zum Besten gegeben. Die Stimmung war entsprechend gut und Joana nahm die Gelegenheit wahr, ihre Mitreisenden näher in Augenschein zu nehmen.

Es war ein buntes Gemisch von verschiedenen Welten. Einige waren aus großer Entfernung mit Langstrecken-Shuttles angereist, um an der Kreuzfahrt teilzunehmen. Die Menschen stammten von unterschiedlichen Planeten und aus unterschiedlichen Kulturkreisen. So verschieden wie die Herkunft, waren auch Kleidung und Mundarten, denn die gemeinsame Sprache wurde durch individuelle Dialekte beeinflusst. Bei einigen Passagieren so deutlich, dass es Joana nicht leichtfiel, sie alle zu verstehen. Da die Einheitssprache Terran jedoch von ihnen allen beherrscht wurde, waren keine Verständigungsprobleme zu befürchten.

Ab dem zweiten Tag speisten die Passagiere in jenen Restaurants, die ihren Vorstellungen entsprachen. So verteilten sich ihre Gruppen rasch über das Schiff. Captain van Bekker hatte allerdings die „Nachbarschaften“ festgelegt. Wer am ersten Abend eine Tischgemeinschaft bildete, würde dies auch bis zum Ende der Kreuzfahrt tun.

Diese Vorschrift machte durchaus Sinn, denn die Nachbarschaften bildeten für sich auch die jeweiligen Rettungsgemeinschaften. Schon am ersten Abend war eine Notfallübung durchgeführt worden, bei der das Schiff „evakuiert“ wurde. Alle Passagiere und Mannschaftsmitglieder mussten sich zum Hangardeck, direkt unterhalb des mittleren Promenadendecks, begeben und waren dort in die Rettungsboote gestiegen. Als alle ihren Platz eingenommen hatten und die Vollzähligkeit festgestellt worden war, beendete van Bekker die Übung.

Joana war ein wenig irritiert, da die Besatzung über die Bordoveralls verfügte, die man als leichte Raumanzüge verwenden konnte, doch für die Passagiere schienen keine vorgesehen zu sein. Sie empfand das als Sicherheitsmangel und sprach Harriet Beacher, die erste Offizierin, nach der Übung darauf an.

Beacher nickte verständnisvoll und schüttelte dann den Kopf. „Misses Redfeather, haben Sie eine ungefähre Vorstellung davon, wie kompliziert das Anlegen eines leichten Raumanzuges für Menschen ist, die der Panik nahe sind? Zudem würde wertvolle Zeit verloren gehen. Zeit, die wir lieber in das Erreichen der Beiboote investieren.“

Joana musste das akzeptieren und verdrängte den Gedanken an einen Meteoriteneinschlag und spontanen Druckverlust.

Vielleicht war es Zufall, aber in jedem Fall war es William Southron gelungen, zu ihrer Nachbarschaft zu gehören. Weiter teilte sie ihren Tisch mit Denise Harder und Ken Miller. Denise war jung, schön und sichtlich selbstverliebt. Das Kind einer reichen Familie, die ihr Glück in den Kolonien gemacht hatte. Ken Miller war hager, das Gesicht von Wind und Wetter gegerbt und sein Haar hatte sich weiß gefärbt. Er war einer jener Farmer, auf denen das Schicksal ihrer Siedlung aufbaute. Er war erfolgreich, verfügte über ein bescheidenes Vermögen und hatte einen Teil davon in den ersten Urlaub seit zwanzig Jahren investiert.

Naturgemäß erzählte man in der kleinen Gemeinschaft voneinander.

Denise konnte kaum etwas Interessantes beitragen, doch Ken steuerte Erlebnisse bei, die Joanas künftigen Blickwinkel auf das Leben in den Kolonien beeinflussen würden.

William Southron wiederum erzählte Anekdoten aus seinem Leben, die den Eindruck vermittelten, dass er kein sesshafter Mensch, sondern wohl eher ein Abenteurer war. Joana war sich nicht sicher, wie weit man seinen Schilderungen glauben konnte, doch es machte Spaß, ihm zuzuhören.

Sie selbst blieb ihrer Legende als Schauspielerin mit Gelegenheitsjobs in der Werbebranche treu. Sie erzählte von kleinen Rollen als Statistin, damit niemand misstrauisch wurde, da man sie nicht aus den großen Holo-Vid-Produktionen kannte.

Schon am zweiten Tag der Reise trat die Star-Liner in den Orbit um „Jackson´s Hole“ ein. Eine kleine und menschenfeindliche Welt, auf der man nur in Raumanzügen und in Druckkuppeln überleben konnte. United Mining unterhielt hier eine Abbauanlage, die sicher nicht zu den Sehenswürdigkeiten der Kreuzfahrt zählte. Dass das Schiff hier dennoch kurz in einen geostationären Orbit ging, hatte seinen Grund in der Aufnahme weiterer Passagiere. Es waren keine typischen Reisenden, sondern das angekündigte Team der Galactic News, welches mit einem FLV an der Star-Liner andockte.

Die meisten Passagiere suchten das untere Promenadendeck auf, um das Anlegemanöver zu beobachten. Dank der großartigen Aussicht war jede Einzelheit zu verfolgen und als der Verbindungsgang zwischen beiden Raumfahrzeugen unter Druck stand, warteten alle gespannt auf das Erscheinen des Reporterteams.

Als Erste betrat eine asiatische Schönheit den Gang. Selbst Joana, die sich selten Zeit für die Betrachtung von Medienreportagen nahm, kannte diese Frau. Yoko Sakakura war, neben Zoineman, sicher die bekannteste Reporterin in den Medien. Sie war schön und intelligent und Joana wusste, dass Yoko über drei Doktortitel verfügte.

In ihrem Gefolge waren zwei Männer und eine weitere Frau. Als Yoko die Star-Liner betrat und sich und ihre Gruppe kurz vorstellte, erfuhr Joana auch deren Identitäten. Ted Johnson war der Kameramann, Horst Remmers Tontechniker und die hübsche Patty Morrow für das technische Equipment zuständig. Abgesehen von der schlanken Yoko waren die anderen drei gut trainiert. Ted Johnson hantierte mit der schweren Multiflex-Holo-Vid-Kamera, als besäße sie kein Eigengewicht.

„Liebe Mitreisende, meine verehrten Damen, Herren und sonstigen Geschlechter“, fuhr Yoko in ihrer kurzen Ansprache fort, „lassen Sie sich durch unsere Anwesenheit bitte nicht stören. Die Kreuzfahrtgesellschaft Interstellar Travel Tours hat mit unseren Galactic News vereinbart, dass wir eine Reportage über die wieder erstarkende Kreuzfahrtindustrie fertigen. Sie wird unter dem Titel ‚The Passenger’s Observer‘ als Mehrteiler ausgestrahlt werden. Im gesamten Gebiet des Direktorats, versteht sich. Wir werden den einen oder anderen sicher um ein Interview bitten, doch seien Sie versichert, dass dies ausschließlich auf freiwilliger Basis geschieht. Wir werden Sie um Ihr Einverständnis für Filmaufnahmen bitten und wenn Ihnen das nicht recht ist, so werden wir ihre Identität unkenntlich machen. Ich bin mir jedoch sicher, dass Sie selbst viel Freude an unserer Arbeit haben werden. Wenn Sie uns nun entschuldigen … Wir werden das Verlassen des Orbits aufnehmen und danach zunächst unsere Kabinen aufsuchen.“

Joana wusste, dass Freundlichkeit und das strahlende Lächeln von Yoko einfach zu deren Berufsbild gehörten, dennoch wirkte es überzeugend. Ihr war bewusst, dass mit dem Erscheinen des Galactic-News-Teams eine gewisse Gefahr verbunden war. Yoko würde sich sicherlich nicht so leicht von Joanas Tarnidentität überzeugen lassen. Es war besser, ihr und ihrem Team aus dem Weg zu gehen.

Während sich die meisten Passagiere verstreuten und nur eine Handvoll zurückblieb, um bei den Aufnahmen zuzusehen, entschloss sich Joana eine der Vergnügungen des Schiffes in Anspruch zu nehmen. An Bord gab es eine Anlage für Schwimmen in der Schwerelosigkeit und sie hatte vor, diese nun auszuprobieren.

Inzwischen hatte sie sich die Grundrisse der Decks eingeprägt und war nicht mehr auf die Bordkarte mit ihrem tetronischen Wegweiser angewiesen. Kaum eine halbe Stunde später stand sie vor dem Eingang zum Schwimmbereich. Zwei Pfeile wiesen in die Bereiche „Schwerkraft“ und „Schwerelosigkeit“. Es gab Menschen, denen es in der Schwerelosigkeit übel wurde, doch Joana betrat ohne Zögern den Bereich, der ihr ein vollkommen neuartiges Vergnügen verhieß.

Sie suchte zunächst den Umkleideraum auf und legte ihre Kleidung ab. Bei den Streitkräften war es durchaus normal, unbekleidet gemeinsam zu schwimmen. So dachte sie sich nichts dabei, nackt, wie der Schöpfer aller Dinge sie erschaffen hatte, in den kurzen Verbindungsgang zum Entspannungsraum zu treten. Während der wenigen Schritte wurde sie keimfrei gemacht und betrat blitzsauber den Ruhe- oder Entspannungsraum, in dem sich zwei männliche Passagiere und ein ebenfalls männlicher Barkeeper aufhielten.

Die Blicke der beiden männlichen Passagiere waren, vorsichtig formuliert, durchaus anerkennend, doch der Barkeeper räusperte sich vernehmlich. Als Joana ihn ansah, wirkte sein Blick fast entschuldigend. „Lady, ich muss Sie bitten, Ihre Blößen zu bedecken. Wir haben Gäste an Bord, für die Nacktheit aus religiösen Gründen als anstößig gilt.“

Daran hatte sie nicht gedacht und so machte sie kehrt, um in ihre Unterwäsche zu schlüpfen. Der Einteiler konnte problemlos als Badebekleidung durchgehen.

Als sie erneut in die Cafeteria trat, schienen die männlichen Passagiere sichtlich enttäuscht, während der Barkeeper anerkennend nickte.

Die Seite zum Schwimmbereich war transparent und Joana sah fasziniert die wohl dreißig Meter durchmessende Wasserkugel, die dort in der Luft schwebte.

Als sie die transparente Tür zur „Schwimmhalle“ öffnen wollte, hielt sie die freundliche Stimme des Barkeepers erneut zurück. „Lady, wenn Sie die Tür öffnen, dann geraten Sie direkt in den Bereich der Schwerelosigkeit. Halten Sie sich bitte an den Haltepunkten fest, damit Sie nicht unabsichtlich abheben. Am besten gehen Sie ein wenig in die Knie, richten sich auf die Kugel aus und stoßen sich dann kräftig ab. Keine Sorge, das Wasser bietet Ihrem Körper Widerstand und wird Sie abbremsen.“

„Danke, Mister, ich kenne mich mit Schwerelosigkeit aus“, entgegnete Joana.

„Äh, Misses, sind Sie auch schon einmal in Schwerelosigkeit geschwommen?“, erkundigte sich einer der Passagiere besorgt. „Lassen Sie sich vom Barkeeper lieber ein Atemgerät geben.“

Joana sah den Mann hinter dem Tresen fragend an.

Der langte lächelnd in ein Fach und hielt ein daumengroßes Gerät mit Mundstück hoch. „Ist nur für den Notfall“, meinte er freundlich. „Im Grunde können Sie auch in Schwerelosigkeit ganz einfach schwimmen. Sie wiegen zwar nichts, aber Ihr Körper behält natürlich seine Masse und das Wasser seinen Widerstand. Eigentlich ist es sogar leichter, als das Schwimmen unter normaler Schwere. Falls Sie sich unsicher sind, können Sie aber dieses Gerät verwenden. Es spaltet den Sauerstoff aus dem Wasser, Sie verstehen? Und keine Sorge, Lady, ich bin ausgebildeter Rettungsschwimmer und hole Sie notfalls da heraus.“

„Ich denke, ich werde zurechtkommen“, erwiderte sie. Dennoch nahm sie das kleine Gerät sicherheitshalber an sich. Auch wenn sie eigentlich keine Probleme sah, so berücksichtigte sie dennoch, dass man rasch durch Selbstüberschätzung und Leichtsinn in tödliche Gefahr geraten konnte.

Erneut ging es durch eine kleine Schleuse und als diese sich öffnete, wurde Joana sofort von einem Schwall feuchtwarmer Luft empfangen, die ihr den Schweiß aus den Poren trieb. Zugleich wurde ihr Körper schwerelos, da hier das Shriever-System deaktiviert war.

Zu einer der wichtigsten Entdeckungen der Raumfahrt gehörte die Erzeugung künstlicher Schwerkraft. Dies gelang durch die so genannten Shriever-Platten, die in Wände, Böden und Decken integriert wurden und, je nach Einstellung, ein Schwerefeld erzeugten, welches der natürlichen Gravitation entsprach. Man konnte die Intensität und Ausrichtung steuern, wodurch es möglich geworden war, die Beharrungskräfte, die beim Beschleunigen, Abbremsen oder Manövrieren eines Raumschiffes auftraten, zu neutralisieren. In einer Notsituation oder im Kampf konnte es geschehen, dass die Shriever-Platten die auftretenden Kräfte nicht vollständig ausglichen, weswegen es auf allen Navy-Schiffen wieder die antiquarisch anmutenden Sicherheitsgurte und Haltebügel gab.

Für einen Sky-Trooper war Schwerelosigkeit nichts Ungewöhnliches. Kämpfen ohne Schwerkraft wurde regelmäßig trainiert und so ging Joana leicht in die Knie, nahm Maß und stieß sich ab. Nur Augenblicke später tauchte sie in die schimmernde Wasserkugel ein.

Innerhalb kurzer Zeit hatte sie sich daran gewöhnt, wie sie die Masse ihres Körpers durch Schwimmen bewegen konnte, und während sie es genoss, durch das erfrischende Nass zu gleiten, sahen die drei Männer in der Cafeteria ihr bewundernd zu. Die junge Indianerin schien einem Delphin gleich und vermittelte den Zuschauern den Eindruck, als befände sie sich in ihrem ureigensten Element.

Star-Liner

Подняться наверх