Читать книгу Star-Liner - Michael Schenk - Страница 8

Kapitel 6 Zwischenlandung

Оглавление

An den Feuerfällen von Vulkan, Temeros-System

Eine Planetenlandung galt inzwischen als so sicher, dass man den Gästen an Bord gestattete, sie vom mittleren Promenadendeck aus mitzuerleben.

Joana war die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen an Bord von Militärschiffen gewohnt und fand es merkwürdig dekadent, mit einem Drink in der Hand gemütlich in einer der Sitzgruppen zu ruhen und durch die einseitig durchsichtige Außenhülle der Star-Liner zuzusehen, wie der große Kreuzer in die obersten Schichten der Lufthülle des Planeten Vulkan eintrat.

Im Gegensatz zu vielen anderen Touristen kannte sie die Vorgänge des Abbremsens innerhalb einer Atmosphäre und so lächelte sie ein wenig schadenfroh, als sie entsetzte Schreie entlang des Decks vernahm. Das Schiff flog schnell, Luft staute sich vor seinem Bug und erhitzte sich, und schon nach wenigen Augenblicken glich die Star-Liner einem glühenden Stück Metall, welches von Flammen und Rauch umwabert wurde und eine lange Schleppe hinter sich herzog.

Die ruhige und sachliche Stimme von Yoko Sakakura übte einen beruhigenden Einfluss aus. Die berühmte Moderatorin und Reporterin der Galactic News nutzte die Gelegenheit, die Vorgänge der Landung zu kommentieren, während ihr Team eifrig filmte.

„Was auf uns gefährlich wirkt, ist inzwischen längst Routine“, kommentierte Yoko. Sie trug einen figurbetonten golden und silbern schimmernden Einteiler und manche der männlichen Passagiere wussten nicht recht, ob sie sich auf die feurige Lohe oder die hübsche Asiatin konzentrieren sollten. Yoko zeigte ihr professionelles Lächeln, doch jeder, der sie nicht kannte, war fest davon überzeugt, dass es aus tiefstem Herzen kam. „Die Lower Area Control von Vulkan, das ist die Überwachungsstelle für alle Bewegungen innerhalb der Lufthülle, hat uns einen so genannten Lande-Korridor übermittelt. Sie können sich das so vorstellen, dass auf dem großen Hauptschirm der Brücke eine Art Schlauch zu sehen ist, der aus zahlreichen viereckigen Rahmen besteht. Der Rudergänger muss nur darauf achten, innerhalb dieser Rahmen zu fliegen. Solange das der Fall ist, leuchten diese Rahmen in kräftigem Grün. Dann sind wir auf ungefährlichem Kurs und werden genau zu unserem Ziel geleitet. Verlässt die Star-Liner den Korridor, so blinken die Rahmen in warnendem Rot. Doch keine Sorge, liebe Mitreisenden, diese Besatzung gehört zu den besten der Galaxis. Zudem steht Captain van Bekker auf der Brücke und hält beständigen Kontakt zur Area Control.“

Erneut waren einige wenige schockierte Schreie zu vernehmen, als Flammen gierig nach dem Rumpf zu greifen schienen.

Yoko fuhr ungerührt fort. „Unser Schiff wurde für planetare Landungen konstruiert. Aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit beim Eintritt in die Atmosphäre muss es den Planeten dreimal umrunden, bis die Fahrt weit genug abgesunken ist, dass … Ah, ich glaube, Sie können es nun selber hören. Das laute Pfeifen stammt von den starken Atmosphäretriebwerken, die nun die Luft ansaugen und komprimiert ausstoßen. Das bremst unser Schiff ab und hält es zugleich in der Luft. In den tieferen Luftschichten wird der Ton dumpf und erheblich lauter.“

„Und wenn so ein Lärmtriebwerk ausfällt?“, kam es von der besorgten Denise.

William Southron, der neben Joana saß, konnte sich eine spöttische Bemerkung nicht verkneifen. „Dann schmieren wir ab, junge Lady. Aber keine Sorge, das geht schnell.“

„Grundgütiger.“ Denise schlug die Hände vor die vollen Lippen.

Yoko sah William ein wenig verärgert an. „Seien Sie ganz beruhigt, Miss, die überstarken Triebwerke sind auf Sicherheit ausgelegt. Es besteht genug Schubreserve, um uns selbst bei Ausfall von zwei Aggregaten sicher auf den Boden zu bringen.“

„Aha.“ Denise bedachte Southron mit einem ausgesprochen giftigen Blick und zeigte ihm einen Finger, dessen unfeine Bedeutung nun schon seit vielen Generationen bekannt war.

Die Monitore schalteten von den Außenkameras zur Brücke um. Van Bekker wurde sichtbar, der die Passagiere anlächelte. „Verehrte Gäste, die Star-Liner wird in zwanzig Minuten auf dem Raumhafen von Vulkan aufsetzen. Haben Sie bitte Verständnis, dass wir die Außenschotts erst nach einer halben Stunde öffnen können, da der Rumpf erst ausreichend abkühlen muss. Nutzen Sie die Zeit bitte, um sich endgültig zu entschieden, an welcher unserer Touren Sie teilhaben wollen.“

Das Bild schaltete wieder zurück. Das Lodern am Rumpf war inzwischen zu einem schwachen Flackern geworden und erlosch schließlich ganz. Nur wenn man genauer hinsah, bemerkte man das unmerkliche Glühen der Hitzeschutzbeschichtung, die sich am Unterschiff vom Bug bis zum Heck zog.

„Verehrte Mitreisende, wir befinden uns in der letzten Umkreisung und die Geschwindigkeit unserer Star-Liner liegt nun im Bereich von Kilometern per Stunde. Derzeit sind es, wie mir die Brücke gerade mitteilt, noch 870 km/h und die Fahrt sinkt jetzt rapide. Alles ist exakt berechnet und wenn wir über Karrigos, der Hauptstadt von Vulkan stehen, wird unsere Bewegung nahe Null liegen. Wir werden sanft wie die sprichwörtliche Feder aufsetzen. Ah, dort vorne, am Horizont, sehen Sie ein sanftes Glühen. Da wir gerade die Nachtzone durchfliegen, sind das die Lichter der Hauptstadt und des nahen Raumhafens.“

„Fisch oder Feuer?“

Joana wandte sich irritiert William zu. „Wie bitte?“

Er lächelte einnehmend. „Ist Ihnen Fisch lieber oder Feuer? Ich meine die Touren, Miss Redfeather. Die Touren.“

„Ach ja … Lassen Sie mich kurz überlegen, Will.“

Vulkan war der zweite Planet im Temeros-System und bot zwei Sehenswürdigkeiten: einerseits ein Binnenmeer mit großem Fischreichtum, wobei die Wassertiefe kaum zehn Meter betrug. Es gab keine Tide, also keine Ebbe und Flut und die Bewohner von Vulkan boten Touristen eine Fischfangtour auf den schnellen Elektrobooten an. Die andere Sehenswürdigkeit war der Feuerring der Vulkane, den man als Feuerfall bezeichnete.

Joana war Büffelfleisch lieber als Fisch und so entschied sie sich für den Feuerfall.

William nickte. „Habe ich ebenfalls gewählt. Dieser Feuerring soll beeindruckend sein. Noch mehr als die berühmten Feuerfälle von Istwagh bei den Norsun.“

Joana lächelte. „Die bislang kein Mensch zu Gesicht bekam. Da kann man leicht behaupten, die auf Vulkan seien noch beeindruckender.“

Wenn man vom lauten Röhren ihrer Triebwerke absah, wirkte die Star-Liner nahezu elegant, als sie über dem zugewiesenen Landefeld einschwebte. Zwölf Landestützen fuhren aus ihren Schächten und die hydraulischen Stempel vergrößerten die Auflagefläche, um sie der Schwerkraft und der Dichte des Bodens anzupassen.

Mit einem unmerklichen Federn sank das enorme Gewicht der Star-Liner in die Stützen. Ein letztes Grollen der Triebwerke, dann verstummten diese. Die abschirmende Hülle des Rumpfes verbarg das Knistern erhitzten Materials, welches nun abkühlte.

„Verehrte Gäste“, meldete sich erneut der Captain, „wir sind soeben auf Vulkan gelandet. Bitte sammeln Sie sich auf dem unteren Deck in den entsprechenden Gruppen für die einzelnen Sehenswürdigkeiten. Die Tour-Guides für die ‚schwärmenden Wasser‘ tragen Blau, die für den ‚Feuerfall‘ Rot. Schutzanzüge sind bei unseren Ausflügen nicht erforderlich. Sie werden vor dem Schiff von Bussen abgeholt, die Sie zum Ziel bringen. Interstellar Travel Tours wünscht Ihnen einen unvergesslichen Tag.“

Joana, William und die anderen erhoben sich und begaben sich zu den Aufzügen oder Treppenhäusern, um das unterste Deck der Star-Liner aufzusuchen, wo die Bodenschleusen lagen.

Ein halbes Dutzend Tour-Guides erwartete sie, jeweils in den angekündigten Farben gekleidet. Zu Joanas Überraschung gehörten Kreuzfahrtdirektorin Catherine DeVille und das Team von Galactic News zu ihrer Tour.

Beide Gruppen waren mit rund hundertzwanzig Personen etwa gleich stark. Die übrigen Passagiere schienen lieber an Bord bleiben zu wollen.

Jedes Mitglied einer Gruppe bekam ein entsprechend farbiges Plastikband ums Handgelenk, in das ein winziger Peilsender mit geringer Reichweite eingebaut war.

„Wir wollen ja nicht, dass sich jemand verläuft und verloren geht“, erklärte DeVille.

Die Außenschotts öffneten sich und ein Schwall heißer Luft traf die Gruppen.

„Keine Sorge“, meinte einer der Tour-Guides. „Der Rumpf ist schon weit genug abgekühlt. Das ist Vulkan. Die Durchschnittstemperatur beträgt tagsüber sechsunddreißig Grad Celsius bei einer Luftfeuchtigkeit von zweiundsechzig Prozent.“

„Vorhin wurde behauptet, wir benötigten keine Schutzanzüge“, sagte Denise. „Wieso Schutzanzüge?“

„Auf Vulkan sind sie nicht erforderlich“, erklärte die DeVille geduldig. „Diese Welt wurde sehr früh besiedelt und damals machte man sich noch keine Gedanken um das Einschleppen fremder Pflanzen oder Tiere. Leider haben sich die marsianischen Fichten hier enorm ausgebreitet und die einheimischen Bäume in weiten Gebieten verdrängt. Nur ein Beispiel von vielen. Inzwischen gibt es entsprechende Direktiven des Direktorats. Auf anderen Welten achtet man nun sehr darauf, dass man keine invasiven Lebensformen einschleppt.“

„Die Busse sind da!“

Es waren moderne Schwebebusse, die jeweils zwanzig Personen fassten. Zwei Einheimische fuhren das Fahrzeug oder moderierten die Fahrt. Jedem Fahrzeug schien ein Paar zugeteilt zu sein. Während der Mann das Steuer übernahm, gab die Frau den Fahrgästen ein paar allgemeine Informationen über den Planeten und dessen menschliche Bewohner. Beide trugen identische Bekleidung. Weite Pluderhosen, Sandalen und an Stelle eines Oberteils eine reich bestickte Schärpe, die beim Mann von der rechten Schulter zur linken Hüfte führte und bei der Frau in umgekehrter Richtung.

„Die sehen aus wie unsere Sky-Trooper“, flüsterte Denise spöttisch. Offensichtlich spielte sie auf den Umstand an, dass die Einheimischen keinerlei Haupthaar besaßen, wenn man vom Kinnbart des Mannes absah. Selbst die Wimpern und Brauen der Augen fehlten.

„Nun, unsere Trooper sind nicht ganz so, äh, nackt“, wandte William ein. „Außerdem haben unsere Raumkavalleristen so kurze Haare, weil sich in den Kampfhelmen eine Menge Sensoren befinden.“

Denise zuckte mit den Schultern, zog einen Champagner-Riegel aus der Umhängetasche und begann die Flüssigkeit genussvoll zu saugen.

Als die Busse anfuhren, bildeten sie zwei Kolonnen und nahmen verschiedene Richtungen.

William war neugierig. Er und Joana saßen direkt hinter dem Fahrerbereich und so beugte er sich vor und tippte dem Mann auf die Schulter. „Gehört die Stadt nicht zu den Sehenswürdigkeiten?“

Der Fahrer schwieg, aber seine Begleiterin übernahm die Beantwortung. „Wir Vulkaner schätzen unsere Ruhe. Sehen Sie, der Tourismus ist für uns eine angenehme Einnahmequelle, doch wir wollen uns in unserem Leben so wenig wie möglich von außen stören lassen. Sie werden bei unserer Rückkehr zum Schiff aber einigen so genannten fliegenden Händlern begegnen, die Souvenirs und regionale Kunst anbieten.“

„Hm, danke“, brummte William und sah Joana an. „Ich habe gelesen, dass so etwas gar nicht selten ist. Manche aufstrebende Kolonie versucht, ihre Sehenswürdigkeiten zu Geld zu machen, obwohl die Menschen eigentlich nichts mit Touristen zu tun haben wollen.“

Catherine DeVille hatte die Bemerkung gehört und beugte sich zu den beiden. „Im Grunde ist das verständlich. Wir kennen einige traurige Fälle von der alten Erde, in denen der Tourismus seine hässliche Fratze zeigte. Städte wie Rom, Venedig, Berlin und andere litten unter Massentourismus. Das nahm gravierende Formen an, denn Spekulanten erwarben privaten Wohnraum und wandelten diesen in Ferienwohnungen für Urlauber um. Die eigentlich heimischen Bewohner mussten immer höhere Mieten zahlen und fanden immer weniger geeignete Wohnungen. In einer Stadt, sie hieß, glaube ich, Venedig, gab es nur wenige befestigte Straßen, da die Stadt auf unzähligen Pfählen ins Meer hinein gebaut worden war. So fuhren Schiffe der ‚nassen‘ Kreuzfahrt einfach direkt in die Stadt hinein und verursachten Wellen, welche die Fundamente immer mehr beschädigten.“ DeVille lächelte. „Heutzutage ist das anders. Da nehmen wir Rücksicht auf die Befindlichkeiten der planetaren Bewohner, verhindern das Einschleppen oder Mitnehmen invasiver Lebensformen und achten strikt auf den Erhalt der jeweiligen Umwelt.“

„Und das zu vernünftigen Preisen“, fügte William hinzu.

Catherine nickte. „Wir müssen allerdings hart kalkulieren. Kreuzfahrten werden wieder zu einem lohnenden Geschäft, dank des Hiromata-Nullzeit-Antriebs. Zu Zeiten des Cherkov-Überlicht-Antriebs wäre das undenkbar gewesen. Selbst mit dreißigfacher Lichtgeschwindigkeit liegen die Sterne einfach zu weit auseinander.“

Die „Schwebefahrt“ führte durch eine urtümlich wirkende Landschaft. Rings um die Stadt gab es große Anbauflächen, doch der Rest des Planeten schien aus Wald, Wasserflächen und Bergen zu bestehen. Viele Pflanzen und Tiere erschienen den Passagieren bekannt und das nicht von ungefähr, denn die von Menschen mitgebrachten Lebensformen begannen die einheimischen zu dominieren. Eine verhängnisvolle Entwicklung, der man inzwischen bei Neubesiedlungen entgegenzuwirken suchte. Der Mensch sollte sich seine Welten nicht mehr untertan machen, sondern als ihr Bestandteil leben.

Nach gut einer Stunde Fahrt tauchten am Horizont dunkle Wolken auf, die gelegentlich von einem rötlichen Schein erhellt wurden.

„Verehrte Gäste, wir nähern uns nun allmählich dem Feuerring. Er besteht aus zwölf sehr dicht beieinander liegenden Vulkanen. Ursprünglich voneinander getrennt, gab es vor einigen 10.000 Jahren eine Supereruption, die letztlich dazu führte, dass die meisten Calderas, das sind die Krater, in sich zusammenfielen und zu einem gemeinsamen verschmolzen. Gleichzeitig hoben sich die einzelnen Vulkane an. Heute bilden sie den großen Krater, der aus zehn Magmaquellen gespeist wird, die alle gemeinsam nach Westen strömen. Dort ergießt sich die Magma dann über den niedrigsten Punkt des Kraterrandes. Sie werden feststellen, dass das ein unvergesslicher Anblick ist. Mehr will ich nicht verraten“, sagte die Einheimische. „Lassen Sie sich einfach überraschen.“

Die Frau hatte nicht zu viel versprochen. Eine weitere Stunde später hielten die Busse der roten Gruppe auf der Kuppe eines großen Hügels, der über die Baumkronen des Waldes aufragte und freien Blick auf den Feuerring der Vulkane bot.

Viele der Touristen blieben auf ihren Sitzplätzen, denn schon der Anblick durch die Panoramascheiben der Fahrzeuge war atemberaubend.

Der zusammengewachsene Vulkankegel ragte rund viertausend Meter in die Höhe und dort, wo die Magma über den Rand floss, gab es einen Vorsprung, so dass die zähe und glühende Masse wenigstens zweitausend Meter im freien Fall zurücklegte, bevor sie auf die Schräge des Hangs traf und von dort in breitem Strom nach Westen floss. Einige hundert Meter vom Fuß des Vulkans entfernt schob sie sich in einen großen See, von dessen Ufer dichte Dampfschwaden aufstiegen.

Joana und William stiegen mit den Tour-Guides und Catherine DeVille aus. Dann folgten immer mehr der anderen. Holo-Vid-Kameras wurden gezückt, andere machten Stereoaufnahmen mit ihren Fotoapparaten.

Direkt neben Joana und Will baute sich das Team von Galactic News auf und Yoko Sakakura schien regelrecht verzückt, als sie ihre Eindrücke ins Mikrofon sprach. „Hier ist Yoko Sakakura für den Passenger´s Observer. Ich stehe hier einige Kilometer vom so genannten Feuerfall entfernt und ich muss sagen, der Anblick übertrifft alle Beschreibungen, die ich bislang von diesem herrlichen Wunder erhalten habe. Wie Sie sehen können, verehrte Zuschauer, hat man tatsächlich den Eindruck, das Feuer falle aus dem Himmel. Dazu ein unbeschreibliches fernes Donnern und ein ungeheuerliches Zischen, wenn die feurige Glut auf die nasse Flut trifft.“ Yoko wandte sich der Einheimischen zu, die ebenfalls ausgestiegen war. „Eine Frage an unsere charmante Begleiterin … Die Magma erkaltet doch sicherlich in diesem See. Wird da das Ufer nicht immer breiter und die Wasserfläche schrumpfen?“

„Normalerweise wäre das der Fall, doch dieser See ist eigentlich kein See, sondern die Verbreiterung des Noabatsa-River. Seine Strömung ist unglaublich stark und packt die abkühlende Glut und reißt sie mit sich. Natürlich lagert sich viel davon ab, doch der Noabatsa fräst sich förmlich sein neues Flussbett hindurch. Um Ihnen eine Zahl zu nennen … In den vergangenen dreißig Jahren ist das östliche Ufer um keine zehn Meter breiter geworden.“

„Ich danke Ihnen für diese Information“, sagte Yoko artig und wandte sich wieder der Kamera zu. „Liebe Zuschauer, der Feuerfall von Vulkan gehört ganz sicher zu den Wundern der Galaxis und wir können gespannt sein, welche Sehenswürdigkeiten uns auf dieser Kreuzfahrt noch erwarten. Sie hörten Yoko Sakakura von Galactic News mit einer Sendung für den Passenger´s Observer von Interstellar Travel Tours.“

Yoko ließ das Mikrofon sinken und führte mit der freien Hand eine Geste quer über ihre Kehle durch, die seit Jahrhunderten keinen Zweifel an ihrer Bedeutung ließ.

Kameramann Ted Johnson ließ die Holo-Vid-Kamera sinken und Tontechniker Horst Remmers schaltete sein Aufnahmegerät ab. Sofort war Patty Morrow heran und verteilte kühle Erfrischungsgeräte an das Team.

„Wir werden nachvertonen müssen“, meinte Remmers. „Mir kommt das Grollen des Vulkans ein wenig … schwach … vor. Etwas bedrohlicher würde besser klingen.“

Yoko nickte. „Kein Problem. Das kannst du in deiner Trickkiste bestimmt entsprechend mixen. Wie war das Bild?“

„Einwandfrei.“ Johnson strich beinahe zärtlich über das Gehäuse seiner Kamera.

Joana hatte schon etliche Aufnahmeteams verschiedener Sender auf der Sky-Base Arcturus gesehen und ihr kam die Kamera von Johnson ungewöhnlich groß vor. „Eine Frage, Mister Johnson, wenn Sie erlauben … Ihre Kamera, sie kommt mir etwas unhandlich vor.“

Der Mann grinste sie an. „Ist sie auch. Ist ein älteres Modell, aber ich ziehe es den modernen vor. Hier werden viele Einstellungen nicht von einer Tetronik durchgeführt, sondern müssen per Hand vorgenommen werden. Sehen Sie, Miss, ich verlasse mich nur ungern auf automatische Einstellungen.“

„Manchmal nimmt Ted bewusst scheinbar falsche Justierungen vor, um bestimmte Effekte zu erzielen“, assistierte Patty Morrow. „Ted gehört noch zur alten Schule, wenn Sie verstehen. Halt ein echter Medien-Traditionalist.“

Ted lachte auf und klatschte die Hand der jungen Frau ab.

Yoko hatte gerade einen Kommentar in ihren tragbaren Mini-Comp am Handgelenk gesprochen. Joana hörte, wie sie sich wieder an ihr Team wandte. „Ein Beitrag für den Observer soll fünfzehn Minuten lang sein. Ein paar fehlen uns noch. Irgendwelche Vorschläge?“

Prompt meldete sich Patty zu Wort. „Genau genommen ist Vulkan der Erde und dem Mars sehr ähnlich. Ein bisschen zu ähnlich, finde ich. Wie wäre es mit ein paar weiteren Landschaftsaufnahmen und der von ursprünglich einheimischen Tieren? Dann könnten Sie einen mahnenden Kommentar zu invasiven Lebensformen einbinden, Yoko.“

„Keine schlechte Idee“, meinte die Moderatorin, „aber ich fürchte, das würde den Einheimischen und auch Interstellar Travel Tours nicht besonders gefallen. Zumal wir diesen Punkt in der Eröffnungssendung der Reihe schon ausführlich ansprechen. Lasst uns lieber noch ein paar Nahaufnahmen vom Feuerfall machen. Aus einem etwas anderen Winkel.“

„Kameradrohne?“, schlug Ted vor.

„Ausgezeichnete Idee. Luftaufnahmen kommen immer gut. Ja, nimm die Drohne und versuche ein paar Aufnahmen aus dem Inneren des Feuerrings zu bekommen.“

Patty Morrow öffnete ihre große Umhängetasche und entnahm ihr eine kleine Kameradrohne. Während das Fluggerät mit schwirrenden Rotoren davonflog, entfernte sich Joana von dem Team und trat an William Southrons Seite.

„Ein toller Anblick, nicht wahr?“, sagte er leise und Joana spürte, wie er die Hand unmerklich um ihre Taille legte.

Im ersten Moment überlegte sie, ob sie sich ihm entziehen solle. Doch sie hatte schließlich Urlaub und ein klein wenig Entspannung stand ihr gut. Vielleicht war dieser William ja doch eine angenehme Begleitung. Immerhin, mit dem Feuerfall fing die Kreuzfahrt recht interessant an und in den folgenden Tagen und Wochen konnte sich ja noch so einiges ergeben …

Star-Liner

Подняться наверх