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Kapitel 3 Im Nebel

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Absturzstelle Exploration Ship E.S. James Cook, im Nebel

„Sie wollen… was?“ Captain Billings sah Professor Jen-Do fassungslos an. „Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst, oder?“

„Aber warum denn nicht?“, verteidigte der Wissenschaftler sein Vorhaben. „Dafür sind wir doch hierher gekommen. Warum sollen alle die Opfer umsonst gewesen sein? Wenn wir schon sechzehn Stunden auf ein Schiff warten müssen, dann können wir diese Zeit auch sinnvoll nutzen.“

„Sie wollen jetzt wirklich da raus und Bodenproben nehmen?“

„Hören Sie, Captain, dieser Nebel ist ein bislang einzigartiges Phänomen und Sie sagen ja selbst, wie gefährlich er ist. Gerade deshalb ist seine Erforschung doch so wichtig. Auch andere Schiffe könnten einmal mit einer solchen, äh, Besonderheit konfrontiert werden. Da wäre es äußerst hilfreich, wahrscheinlich sogar Lebensrettend, wenn wir schon mit ein paar Forschungsergebnissen aufwarten könnten.“

„Dann warten Sie damit, bis das Rettungsschiff eingetroffen ist.“

„Um unseren Aufenthalt hier noch zu verlängern? Ich dachte, Captain, Sie hätten es eilig, von hier zu verschwinden?“

Billings sah sich in ihren eigenen Argumenten gefangen. Widerstrebend gab sie nach. „Also gut, Sie bekommen Ihren Willen, Professor. Vorausgesetzt, die Bodenschleuse ist noch benutzbar. Wenn nicht, dann bleiben Sie an Bord und werden nicht durch irgendein Loch im Rumpf nach Draußen kriechen, ist das klar?“

„Klar wie Klarstahl“, scherzte Jen-Do erleichtert.

Billings traute ihm nicht wirklich. „Da ich hier auch nicht nur herumsitzen will, werde ich Sie und Ihre muntere Schar begleiten.“

„Schön, schön, fühlen Sie sich von Herzen eingeladen, Captain.“

„Wir werden direkt an der Schleuse bleiben, Professor. Keine gefährlichen Ausflüge in den Nebel. Ich habe keine Lust, Ihnen hinterher zu laufen und mich dann noch selber zu verirren.“ Sie überlegte kurz. „Wir werden die Sicherungsleinen der Raumanzüge benutzen. Keiner geht ohne Sicherungsleine hinaus.“

Jen-Do seufzte. „Es wäre besser, wenn wir Proben von verschiedenen Stellen nehmen. Es ist ja nicht unbedingt gesagt, dass wir genau auf dem Meteoriten parken. Sofern es wirklich ein Meteorit war, der diesen Krater verursacht hat.“

„Keine Ausflüge, Professor. Ich verspreche Ihnen, ich sorge dafür, dass das Rettungsschiff jeden hier zurücklässt, der da Draußen ohne Sicherung herumspaziert oder sich nicht strikt an meine Anweisungen hält.“

Jen-Do gab nach. Wichtig war für ihn, dass er nun doch die Gelegenheit erhielt, den Boden dieses merkwürdigen Kraters zu untersuchen oder doch zumindest Proben zu entnehmen, die dies im Labor ermöglichten.

Doktor Carlssen war nicht besonders begeistert von einem Ausflug auf den Boden des Kraters, doch der Geologe in ihm ließ ihm gar keine andere Wahl, als sich an der „Expedition“ zu beteiligen.

Die rothaarige Larissa empfand hingegen deutliche Furcht. Sie deutete zu einer der Klarstahlscheiben der Messe und ihre Hand zitterte unmerklich. „Da hinaus? Wo wir überhaupt nichts erkennen können? Was ist, wenn es dort draußen gefährliche Tiere gibt?“

Leroy verdrehte die Augen. „Was schon? Dann werden wir gefressen.“

„Leroy!“ Der scharfe Zuruf des Professors ließ den Studenten mit den Schultern zucken. „Sie brauchen sich nicht zu ängstigen, Larissa. Wir verlassen nur kurz die Rampe der Schleuse. Nur ein paar Schritte, damit wir die Proben entnehmen können.“

„Ich hoffe nur, der Bohrer ist noch in Ordnung“, seufzte Doktor Carlssen. „Oder hat ihn jemand überprüft? Ich meine, nach der, äh, Landung?“

Alle schüttelten den Kopf. Der Geologe seufzte erneut. „Nun, es ist ein robustes Gerät. Wird es wohl noch tun.“

Vor der Messe wurden sie bereits von Captain Billings erwartet. Die Fünf schlossen die Folienhelme der Bordanzüge, die sich sofort selbstständig aufblähten, als die interne Luftversorgung aktiviert wurde. Eigentlich handelte es sich eher um Rettungsanzüge, die ein Überleben bei spontanem Druckabfall ermöglichen sollten. Sie waren Weltraumtauglich, erfüllten diese Funktion allerdings nur für kurze Zeit, da ihr Luftvorrat begrenzt war und die Thermoelemente nur für dreißig Minuten Energie besaßen. Die Anzüge sollten das Leben ermöglichen, bis ihre Träger zu richtigen Raumanzügen wechseln konnten. In der spärlichen Ausstattung der Anzüge waren keine Funkgeräte enthalten. Innerhalb einer Lufthülle erfüllten die Folienhelme jedoch auch die Funktion einer Sprechmembrane, so dass Billings davon ausging, dass sich die Gruppe würde verständigen können, da sie ja ohnehin dicht zusammenbleiben sollte.

Das Betreten des unteren Decks war problemlos möglich, doch die Schäden am Schiff wurden bereits am Ende des Korridors ersichtlich, der hier durch das Schiff führte und von dem rechts und links verschiedene Räume abzweigten. Die Anzeigen über fast allen Sicherheitstüren waren erloschen oder zeigten ein warnendes Rot, dass sich hinter ihnen eine lebensfeindliche Umgebung befand. Die Hauptbeleuchtung blieb Dunkel. Es gab nur alle paar Meter ein Notlicht, doch es reichte, um sich zu orientieren und die Schäden zu erkennen.

Billings deutete zum Ende des kurzen Gangs. „Da ist die Bodenschleuse. Die Anzeige scheint noch zu funktionieren. Sieht intakt aus.“

Leroy grinste breit. „Prima, in all den Räumen ringsum klaffen wahrscheinlich Löcher, durch die wir bequem nach Draußen spazieren könnten, aber ausgerechnet die Schleuse ist noch intakt.“

„Die Schleuse ist im verstärkten unteren Pol. Der ist massiv gebaut. Sicher wurde er nach oben gedrückt, als das Schiff aufschlug, aber er hat besser standgehalten, als die die anderen Räume, die nur durch die normale Rumpfwand geschützt sind“, vermutete Billings. „Leichtbauweise“, fügte sie mit den Schultern zuckend hinzu.

Der Korridor war an verschiedenen Stellen verformt. An allen Seiten gab es deutliche Anzeichen für ein Stauchen des Materials, aber die Mischung aus Verbundkunststoffen und Tri-Stahl hatte überraschend gut standgehalten.

„Da ist das Lager.“ Carlssen deutete auf die Tür neben der Schleuse.

Billings nickte. „Die Anzeige ist Rot, Doktor. Lassen Sie das Schott lieber geschlossen. Sie können mit Ihrem Hämmerchen doch sicher auch so ein paar Proben nehmen.“

Carlssen blickte auf den Geologenhammer und die Aufbewahrungsbehälter, die er und Leroy am Gürtel mit sich führten. „Nur oberflächlich, Captain. Es wäre besser, wenn wir etwas in die Tiefe gehen könnten.“ Er sah ihren Blick. „Nun ja, Oberflächenproben sind besser, als gar keine Proben.“

Die Schleuse ließ sich einwandfrei benutzen und bot allen Platz.

Sie warteten, bis Atmosphäreaustausch und Druckausgleich vollzogen waren und die Außenanzeige auf Grün wechselte. Die elektrische Öffnung funktionierte nicht und so verwendeten sie die simple Mechanik, um das Außenschott aufzukurbeln.

„Grundgütiger, was für ein Anblick“, entfuhr es Leroy unwillkürlich. „Das ist wirklich so, als würde man auf eine grauweiße Wand starren, die direkt jenseits des Schotts aufgebaut ist.“

Carlssen leckte sich über die Lippen, löste einen Probenbehälter vom Gürtel und ließ ihn über die kurze Rampe auf die Oberfläche des Planeten rollen. Er blieb wenige Meter entfernt liegen.

„Interessant“, stellte Jen-Do fest. „Ein paar Meter kann man also durchaus sehen. Dürften fünf oder sechs Meter sein, nicht wahr?“

Billings ahnte wieder einmal die Absicht des Forschers. „Vergessen Sie es, Professor. Keine Ausflüge.“

Jen-Do erwiderte nichts. Er schritt einfach die Rampe hinunter. Carlssen und Leroy folgten, während Larissa zögernd oben stehen blieb.

Billings hatte Verständnis für ihr Zaudern. „Wir bleiben direkt am Schiff, Larissa. Aber wenn es Ihnen lieber ist, können Sie auch hier oben warten, bis…“

Die Augen der Studentin weiteten sich und ihr Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei. „Da…“

Der Gesichtsausdruck von Larissa war eine einzige Warnung und Captain Billings fuhr auf den Absätzen herum.

Gerade rechtzeitig genug, um zuzusehen, wie die anderen starben.

Gestalt und Größe des Wesens ähnelten der eines Menschen. Zwei Arme, zwei Beine und ein Kopf. Ein Hals war nicht erkennbar, ebenso wenig wie ein Gesicht, Augen oder Mund. Die Kreatur war von Kopf bis Fuß von einem graugrünen zotteligen Fell bedeckt, welches aussah, als hänge es in Fetzen von seinem Leib. Die Hände endeten in langen gekrümmten Krallen.

All dies prägte sich Captain Billings in jenen wenigen entsetzlichen Augenblicken ein, welche das Geschöpf benötigte, um Jen-Do mit seinen Krallen zu zerfetzen. Schon wandte es sich Carlssen und Leroy zu.

Erst jetzt löste sich ein lauter Schrei schierer Panik aus Larissas Kehle, doch durch den Helm drang nur ein dumpfer Laut.

„Ins Schiff“, keuchte Billings.

Für eine Sekunde war sie unentschlossen, ob sie sich der Kreatur entgegen stellen sollte. Dann tauchten weitere Schemen aus dem Nebel auf. Drei, vier… Ein Fünftes.

Billings wandte sich zur Flucht, stieß Larissa in die Schleuse zurück, die wie gelähmt schien. Die Angst verlieh dem Captain Kraft, als sie in Windeseile die Kurbel drehte. Der Spalt schloss sich in jenem Moment, in dem eines der Wesen das Außenschott erreichte.

Schwer atmend öffnete Billings das Innenschott und zerrte Larissa mit sich. Während sie die schwere Sicherheitstür wieder schloss, hörte sie die wütenden Schläge, die gegen das Außenschott hämmerten.

Sky-Navy 09 - Im Nebel

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