Читать книгу Lektorat, Programmplanung und Projektmanagement im Buchverlag - Michael Schickerling - Страница 12
Programmportfolio
ОглавлениеDer Produktlebenszyklus zeigt zwar, wie sich ein einzelner Titel entwickelt, er gibt jedoch wenig Aufschluss über die Positionierung des Gesamtprogramms. Mithilfe einer einfachen Matrix, die von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group entwickelt wurde, lassen sich Marktanteile und Wachstumschancen anschaulich darstellen:13
BCG-MATRIXDieses Modell beruht auf der Portfoliotheorie der Finanzwirtschaft aus den 1950er Jahren, bei der es um eine Zusammenstellung unterschiedlicher Anlagemöglichkeiten zur Risikominimierung geht. 1968 wurde sie vom Gründer der Boston Consulting Group Bruce Henderson vorgestellt und ist noch immer ein wichtiges Werkzeug der Strategieentwicklung. Das Modell berücksichtigt nicht das Potenzial schrumpfender Märkte, wie sie für Teile des Verlagsgeschäfts typisch sind.
•Fragezeichen(›Question Marks‹) befinden sich oft in der Einführungsphase und besitzen einen geringen Marktanteil in wachsenden Märkten. Wie sie sich entwickeln werden, lässt sich schwer abschätzen. Um den Marktanteil auszubauen, sind Investitionen in Marketing und Vertrieb notwendig.
•Stars(›Stars‹) weisen hohe Wachstumsraten und einen hohen Marktanteil auf. Um Marktanteil und hohes Wachstum zu halten, sind weitere Investitionen in Marketing und Vertrieb nötig. Bei kontinuierlicher Programmpflege entwickeln sie sich oft zu Melkkühen.
•Melkkühe(›Cash Cows‹) sind eingeführte und erfolgreiche Titel. Sie habe geringe Wachstumsraten, verursachen kaum Kosten, bringen aber hohe Umsätze und Gewinne – ein Glücksfall für jeden Verlag.
Boston-Matrix
•Lahme Hunde(›Poor Dogs‹) sind Problemtitel ohne Zukunftsperspektive: Der Markt ist gesättigt, der Verkauf rückläufig, im besten Fall spielen sie ihre Kosten ein. Der Verlag sollte sie aufgeben – es sei denn, sie dienen der Autorenbindung oder leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu Image und Profil des Verlags.
Eine optimale Programmstruktur weist möglichst keine lahmen Hunde auf, dafür sollten Stars und Melkkühe etwa 80 Prozent des Umsatzes ausmachen. Für jeden Programmbereich eines Verlags stellt sich also regelmäßig die Frage nach der eigenen Position: Wie hoch ist der Marktanteil? Gibt es ein Wachstum? Welche Investitionen in Marketing und Vertrieb oder in Aktualisierungen und Neuauflagen sind notwendig?
Neuerscheinungen sind teuer, denn neben der Produktion verschlingen vor allem die Werbemaßnahmen zur Markteinführung viel Geld. Eine erfolgreiche Verlagspolitik richtet deshalb das Augenmerk nicht allein auf die Novitäten, also die Frontlist, sondern auch auf die Pflege der Backlist. Gerade Wissenschaftsund Fachverlage, die selten schnell verkäufliche Bestseller im Programm haben, sind auf die Langlebigkeit ihrer meist hochpreisigen Bücher angewiesen. Als problematisch erweist sich die sogenannte Midlist: inhaltlich solide, aber mit geringem Aufwand produzierte Werke, vor allem Reihentitel, von (noch) wenig bekannten Autoren mit mittelmäßigem Absatzpotenzial und geringem Marketingbudget. Der Handel listet solche Titel nur zögerlich, und so rechnen sie sich oft erst, wenn sie sich doch besser als erwartet verkaufen oder wenn sie durch Sponsorings, Druckkostenzuschüsse, Sonderverkäufe oder Eigenvermarktung seitens der Autoren gestützt werden.
BESTSELLERBücher, die sich überdurchschnittlich verkaufen, was sich in einem hohen Ranking in den einschlägigen Bestsellerlisten niederschlägt. Im Handel werden sie prominent platziert und oft durch intensive Marketingmaßnahme unterstützt.
Programmpflege bedeutet nicht bloß, ein Buch lieferbar zu halten, sondern ihm regelmäßig neuen Schub zu geben: mit einem neuen Cover, einer aktualisierten Neuauflage, einer besonders günstigen oder einer besonders hochwertig ausgestatteten Sonderausgabe oder einer Werbeaktion. Das hält die Melkkühe lange bei Laune. Programmpflege heißt aber auch, schlecht verkäufliche Titel aus dem Programm zu nehmen oder Reihen einzustellen.