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4.Morgendämmerung

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Morgendämmerung. Das Handy klingelte. Es war Mike. Er stand vor der Tür. Seine Fäuste trommelten gegen die Tür. Er war unerbittlich und erwartete Disziplin. Jep öffnete. Mike sah ihn finster an: „Bist du versackt?“

„Nein, hatte Albträume.“

„Was?“

„Ich träumte vom Teufel.“

Ein Hahn war zu hören und das Bellen eines Hundes.

Jep warf die Kapuzenjacke über, zog schlabbrige Trainingshose und Laufschuhe an. Er ging kurz ins Bad, um sein Gesicht zu waschen. Es war eine Katzenwäsche. Mike war ungeduldig: „Komm beeil dich!“

Zuerst kam es zu Dehnungen und etwas Gymnastik. Dann setzte sich Mike auf seine Vespa. Der Boxer rannte vorneweg.

Mike war ein Sklaventreiber. Er schrie:“ Lass es krachen. Mann, hast du die Nacht durchgemacht. Du musst nachts pennen. Gut durchschlafen. Brauchst du was zum Schlafen? Ich besorge es dir.“

„Gut, Mike. Gibt es hier Fasanen?“ , fragte Jep, außer Atem.

„Glaub ich nicht, weiter oben vielleicht. Und eins sag ich dir, wenn du wieder Champ werden willst, lass die Finger von den Weibern und dem Alkohol.“

„Natürlich, Mike. Hab immer ‘ne Vaterfigur gesucht. Schön wird der Tag. Wunderbar. Blauer Himmel. Nach dem Training geh ich auf die Berge.“

„ Ein Teufel tust du, Amigo. Du ruhst dich aus. Zieh dir Rocky 18 rein.“

„Rocky? Was für ein Hollywood-Schinken. B Picture. Der Zwerg gewinnt gegen Goliath. Scheiß drauf.“

„Du musst gewinnen. Okay?“

„Du kannst nicht immer gewinnen. Was ist, wenn ich verliere?“

„An so was darfst du nicht denken.“

Er rannte wie er es gewohnt war. Trab. Er begann zu schwitzen, als er das Tempo verschärfte.

Fußgänger winkten ihm zu.

„Hallo Champ“, riefen sie.

Sogar einem Verlierer winkten sie zu, dachte er. Was die Leute an ihm fanden?

„Freu dich“, warf Mike ein. „Du bist ‘ne lebende Legende.“

„Fuck. Kann mir was dafür kaufen“, maulte Jep.

„Komm, leg ‘ne Schippe drauf. Ein Sieger muss beißen.“

Sie waren zurück im Camp. Jep war ausgepowert.

In der Halle gingen sie in den Umkleideraum. Willy massierte ihn: „In Brooklyn ging es ab.“

„Echt?“

Ja, echt.“

„Und du hast dich oft geprügelt?“

„Ja! Ich war in einer Straßenbande. Einer Gang. Schlimme Kerle.“

„Hab Bock auf einen Kaffee und Eier. Und Erdnussbutter Sandwich.“

„Kommt. Heute wirst du den Schwarzen vermöbeln.“

„Wird Zeit, dass ich in Form komme.“

„Hab bei dir geklopft letzte Nacht. Wo warst du?“

„Ich schlaf wie ein Wolf.“

Mike kam. Er brachte das Frühstück. Stellte alles auf den Tisch. Er gab seinem Schützling eine Dose Valium Pillen. Der Manager war eine lebende Apotheke. Er hatte immer Mittelchen zur Hand. Wenn es sein musste kaufte er diese auf dem Schwarzmarkt.

Jep setzte sich. Er trank einen Schluck Kaffee.

Willy nahm den Trainer zu Seite. Er sah Mike mit blitzenden bösen Augen an:

„Mensch, was soll das?“

„Halt die Klappe. Er muss ausgeschlafen zum Training kommen.“

„Was gibst du ihm sonst noch?“

„Das ist das Geheimnis eines jeden Trainers.“

„Mein Gott. Dieses Zeug hat Nebenwirkungen.“

„Soll er gewinnen oder nicht?“

Willy winkte ab.

Jep schmatzte. Er tunkte die Ochsenaugen aus. Mit dem Brot. Das Gelbe floss über den Teller, sodass ein abstraktes Gemälde auf dem Porzellan entstand. Er schaute seine Betreuer an und fragte: „Wo ist mein Erdnussbutter Sandwich?“

„Hatten keins mehr.“

„Mensch, ich esse jeden morgen den Sandwich und ihr seid nicht in der Lage mir den zu besorgen.“

„Der Wirt versprach mir hoch und heilig, dass es morgen klappt.“

„Scheiß Tag“, raunte Jep.

„Komm bereite dich auf das Sparring vor“, rief Mike.

Er strich über seine glänzende Glatze. Er bandagierte Jeps Hände und stülpte die Handschuhe über.

Der Schwarze tauchte auf. Er trug einen goldfarbenen Bademantel. Sein Name war Billy Shoemaker.

Er grinste, als wolle er sagen, dich werde ich fertigmachen. Jep folgte ihm in die Halle. Hinter ihm gingen Mike und Willy, der hatte Wasserflaschen, Eimer und Schwamm mit dabei. Der Stick zum Stillen von Blutungen durfte nicht fehlen. Vaseline. Handtücher.

Federnd stiegen die Kämpfer in den Ring. In der Ringmitte begrüßen sie sich, indem sie sich mit ihren Händen kurz berührten. Sie begannen zu tanzen.

„Los, meine Herren“, bellte der Trainer.

Der schwarze Sugar-Imitator versuchte, Jep auf Distanz zu halten. Er hatte die größere Reichweite. Jep probiert es mit kurzen Schlägen, meist traf er nur die Deckung von Billy. Es war eine Doppeldeckung mit beiden Händen. Er senkte die Fäuste. Auf diese Fehler wartete Jep. Eine Gerade fand das Gesicht von Billy. Er war heute leichtsinnig. Es war ein Wirkungstreffer.

Er tänzelte um den Schwarzen herum. Trieb ihn vor sich her. Sie schnauften wie Pferde. Schweißperlen hafteten auf der Haut. Jep setzte ein paar Schläge, traf nur die Fäuste. Jetzt kam eine kurze Doublette. Bum. Billy senkte die linke Hand. Jep haute einen rechten Haken raus. Bum. Ein Treffer. Mitten auf das Kinn. Sein Gegner stolperte. Er fiel um.

Das war der alte Hammer, den er endlich ausgepackt hatte. Billy versuchte sich aufzurichten, stützte sich mit den Händen ab. Er kippte um.

Mike klatschte.

„Er ist wieder der Alte“, rief er.

Willy stimmte in den Jubel ein: „Great! Großartig!“

Er kümmerte sich um den Schwarzen.

Der Arzt kam. Er untersuchte ihn. Billy brachte eine Pause. Er hatte eine Reizung im Oberschenkel. Er bekam Salbe. Es war keine schlimme Verletzung.

Sie gingen in die Kabine. Er nahm beiden die Handschuhe ab, wickelte die Bandagen auf. Willy massierte Billy und trug die Mobilat-Salbe auf.

„Das war nur ein Zufallstreffer“, sagte Jeps Sparring-Partner.

„Halt die Klappe!“, raunte Jep.

„Wenn ich wieder in Form bin, haue ich dich um!“

„Ich bin ausgerutscht, Mann!“

„Ausreden.“

„Ruhe jetzt! Für heute ist Schluss“, entschied Mike.

Boxer sterben nicht

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