Читать книгу Flache Erde - Michael Wittenberg - Страница 5

Das, was ich in der Bibel bezüglich der Gestalt der Erde fand, sollten selbsternannte Experten der Bibel doch längst gefunden haben. So dachte ich jedenfalls. Und weil mich das Thema Religionen schon immer beschäftigte, war ich eigentlich erfreut, als eines Tages die Zeugen Jehovas an meiner Tür klingelten.

Nicht, dass ich mich von ihrer Religion überzeugen lassen wollte, denn das konnten diese Leute nicht. Sie waren jung, hätten fast meine Enkel sein können, und hatten noch keine wirkliche Lebenserfahrung. Was wollten sie mir vom Leben erzählen? Nein, ich wollte sie einfach überzeugen, dass die Welt nicht so funktioniert, wie sie sich das vorstellen. Gott wird nicht kommen, auf der Erde ein Blutbad anrichten, wie es die Welt noch nicht erlebt hat, und dann zu den Überlebenden sagen, dass sie sich jetzt ein großartiges und sorgenfreies Leben einrichten können.

Mal ehrlich, wer wollte nach so einem Gemetzel das Paradies noch?

Zum Zeitpunkt der ersten Besuche – es gab derer mehrere, so schnell gaben sie bei mir nicht auf – war von meiner Seite aus an das Thema flache Erde noch nicht zu denken. Das kam erst bei etwa dem dritten Treffen.

Zuerst glaubten die beiden Zeugen Jehovas, ich wolle sie auf den Arm nehmen, doch ich trug Argumente vor, die die Kugelerde zumindest infrage stellten. Und da wir uns in meiner Wohnung trafen, hatte ich mich mit Internetseiten und YouTube-Videos ausreichend vorbereitet und konnte loslegen.

Leider stand ich, so sehe ich das heute, mit der ganzen Thematik noch so ziemlich am Anfang. Zwar war ich mittlerweile überzeugt davon, dass die Erde flach ist, aber im Vermitteln der Argumente war ich noch recht unbeholfen. Auch kamen durch späteres Überlegen immer wieder neue Fakten hinzu, die die Kugelerde ad absurdum führten, die ich zum Zeitpunkt der Treffen allerdings noch nicht kannte.

Die »Zeugen« ließen sich, trotz meiner Vorstellungen zur flachen Erde, nicht davon abhalten, mich zu besuchen. Wir standen in E-Mail Kontakt und ich schickte ihnen den einen oder anderen Link, der meine neu gefundene Theorie untermauerte, doch sie fanden Ausflüchte, warum sie es angeblich nicht schafften, sich das anzusehen.

Das heißt nicht, dass sie sich nicht zwischen den Treffen mit diesem Thema beschäftigten. Nur suchten Sie nach Beweisen, dass die Wissenschaftler richtiglagen, und nicht die Anhänger der »flachen Erde«. Und so brachten sie mir eines Tages auch eine Zeitschrift ihrer Organisation mit, wo auf dem Titelblatt groß die Erdkugel zu sehen war.

Beim nächsten Treffen war ich wieder vorbereitet und hatte so viele Stellen wie möglich aus der Bibel herausgesucht *), die eine flache Erde nahelegen.

Hier einige Beispiele:

 Er lässt ihn hinfahren unter allen Himmeln, und sein Blitz scheint auf die Enden der Erde.

 Hast du vernommen, wie breit die Erde sei?

 Und baute sein Heiligtum hoch, wie die Erde, die ewiglich fest stehen soll.

 Herr, dein Wort bleibt ewiglich, soweit der Himmel ist; deine Wahrheit währet für und für. Du hast die Erde zugerichtet, und sie bleibt stehen.

 ... von einem Ende der Erde bis an das andere Ende ...

 ... denn sie kam vom Ende der Erde ...

Doch diese Textstellen sahen sie nicht als Aussagen an, dass die Erde flach ist. Ihnen waren, man höre und staune, die Aussagen der Wissenschaftler, die Gott, ihrer Weltanschauung nach, irgendwann von der Erde fegen wird, glaubwürdiger. Sie machten noch nicht einmal Anstalten, um herauszufinden, ob sie vielleicht falsch lagen.

Ich erklärte ihnen, wenn sie die flache Erde propagieren und sie sich letztendlich als richtig erweist (das Thema findet ungeheures Interesse, man muss sich nur einmal die Google Trends zum Thema anschauen; hinzu kommt, dass es noch keinen gibt, der von einer Überzeugung, dass die Erde flach ist, wieder zurück zur Kugelerde ging), sie aller Welt zeigen können, dass ihre Religion die ganze Zeit richtiglag. Der Ansturm der neuen »Schäfchen« hätte enorm sein können.

Es nützte nichts. Sie suchten lieber nach Mitteln und Wegen, die Bibelstellen, wenn auch indirekt, und ohne sich dessen vielleicht bewusst zu sein, zu widerlegen.

Für Zeugen Jehovas fand ich das schon erstaunlich. Kurz darauf endeten unsere Treffen und ich habe bis heute nichts wieder von ihnen gehört.

*) Da ich nur ein durchschnittlicher Kenner der Bibel bin, war es sehr hilfreich, diese Schrift auf dem Computer als Textdatei zu besitzen. Mittels Stichwortsuche fand ich schnell die entsprechenden Stellen.