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„Wie immer zu spät“, wurden sie an der Tür von irgendeiner Tussi begrüßt, die Larissa noch nie gesehen hatte. Jedenfalls nicht bewusst.

„Zu spät kann man zu einer Studentenparty gar nicht kommen“, konterte Larissa und betrat, die Tussi ignorierend, die Wohnung.

Mareike hob entschuldigend die Schultern und folgte ihrer Freundin.

Die beiden betraten den weitläufigen Garten. Larissa setzte ihre Sonnenbrille auf und blickte sich um. Rechts von ihnen war eine Theke aufgebaut. Dahinter zapfte ein junger Mann Bier. Links von ihnen standen Unmengen von Salaten, und weiter hinten im Garten grillte jemand. Die Stimmung war ausgelassen, die Luft angefüllt von Lachen und Musik, die gerade in der richtigen Lautstärke erschallte.

Felix boxte Nico in die Seite. „Da ist sie“, flüsterte er, obwohl Larissa viel zu weit weg stand, um ihn hören zu können. Nico blickte in Richtung Terrasse. Diese Frau war unmöglich zu übersehen, war sein erster Gedanke. Selten hatte er eine so perfekte Erscheinung gesehen. Ihr langes rotes Haar fiel ihr in lockeren Wellen bis auf den Rücken. Sie trug ein grünes Tank-Top zu hautengen Blue-Jeans. Ihre Füße steckten in schwarzen High-Heels bei denen sich Nico unwillkürlich fragte, wie man darin überhaupt laufen konnte. Er schmunzelte, als er registrierte, wie sie mit perfektem Hüftschwung auf ihn zukam. Das konnte interessant werden.

Larissa rümpfte die Nase. „Warum muss nur auf jeder Party gegrillt werden? Als gäbe es nichts anderes. Ich kenne einen guten Partyservice, der qualitativ hochwertiges Essen liefert, alles gleich aufbaut und auch ausgebildetes Personal stellt.“

„Weil das eine Unmenge an Geld kostet“, holte Mareike sie auf den Boden der Tatsachen zurück. „Studenten haben meistens kein Geld. Aber wenn du mal eine Party schmeißt, kannst du ja auf den Partyservice zurückgreifen.“

„Worauf du dich verlassen kannst. Allerdings wäre meine Gästeliste ein wenig erlesener.“

„Entspann dich. Du wirst auch diese Party genießen und wahrscheinlich den Nachfolger von Felix kennenlernen. Du stehst doch auf die einfachen Jungs“, grinste Mareike.

„Ich habe beschlossen, mich nicht mehr auf Studenten einzulassen“, klärte Larissa ihre Freundin auf. „Ich brauche jemanden, der sich mich auch leisten kann. Jemanden mit dem man interessante Gespräche führen und nicht nur über das neueste Cocktail-Rezept diskutieren kann. Aber ich werde gute Miene zum bösen Spiel machen. Allerdings esse ich nur Salat. Dieses gegrillte Zeugs rühre ich nicht an.“ Larissa verzog angeekelt das Gesicht.

„Ist sowieso besser für die Figur“, stellte Mareike schlicht fest. Sie kannte Larissa mittlerweile so lange, dass ihr ihre Allüren nicht mehr groß auffielen. „Da hinten ist übrigens Felix.“

„Interessiert mich nicht.“

„Felix vielleicht nicht. Aber der Typ neben ihm eventuell schon.“

Gegen ihren Willen blickte Larissa nun doch in die Richtung. Felix war in ein Gespräch mit einem Mann vertieft, den Larissa noch nie gesehen hatte. Er hatte kurzgeschnittene schwarze Haare. Sein markantes Gesicht wurde von einem Drei-Tage-Bart umrahmt. Unter seiner schwarzen Lederjacke trug er ein enganliegendes weißes Shirt, das einen Körper betonte, der keine Wünsche offen ließ.

„Da lohnt es sich auf jeden Fall, etwas näher heranzugehen“, kommentierte Larissa die Bemerkung ihrer Freundin. Auf dem Weg dorthin bemerkte sie, dass er nicht nur ihr aufgefallen war. Ein paar Studentinnen, die in einiger Entfernung von ihm standen, steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Dabei warfen sie immer wieder verstohlene Blicke in seine Richtung. Pech für euch, Mädels, dachte sie. Ich habe ihn auch gesehen. Damit habt ihr keine Chance mehr.

„Hallo, Felix“, begrüßte Larissa ihren Exfreund lächelnd als sie vor ihm stand.

„Hallo“, murmelte Felix und drehte ihr demonstrativ den Rücken zu. Doch Larissa störte das nicht.

„Willst du mir nicht deinen Freund vorstellen?“, forderte sie ihn heraus.

„Nein! Eigentlich möchte ich, dass du verschwindest.“

Larissa ignorierte ihn, drängte sich zwischen die beiden und hielt dem Unbekannten ihre Hand hin. „Hallo. Mein Name ist Larissa Natalia von Aragon“, sagte sie mit verführerischer Stimme und einem koketten Augenaufschlag.

Der Mann, der sie bis jetzt anscheinend noch gar nicht bemerkt hatte, blickte hoch. Ihr Blick traf auf stahlblaue Augen, die sie unter langen dunklen Wimpern amüsiert musterten.

„Ich bin mir nicht sicher, ob Felix eine Unterhaltung zwischen uns beiden wünscht“, entgegnete er mit dunkler, sanfter Stimme und schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln.

Larissa war einen kurzen Moment von seinen vollen Lippen abgelenkt, fing sich aber schnell wieder.

„Ich bin sicher, dass du niemanden um Erlaubnis fragen musst, wenn du dich mit einer Frau unterhalten möchtest“, antwortete sie.

„Das ist Nico“, mischte Felix sich ein, um weitere Peinlichkeiten zu vermeiden. „Tobias` Cousin. Und jetzt verschwinde!“

„Wie kommt es, dass ich dich noch nie gesehen habe?“, ignorierte Larissa Felix weiterhin und zog ihre ausgestreckte Hand zurück.

„Ich studiere nicht mehr“, entgegnete er, als würde das alles erklären. Sein Blick fiel auf Mareike. „Und wer bist du?“

„Ich?“ Erstaunt blickte Mareike ihn an. Sie war es nicht gewohnt, neben Larissa überhaupt aufzufallen. „Ich bin Mareike, Larissas Freundin.“

Nico reichte ihr die Hand und sagte: „Freut mich, euch beide kennenzulernen.“

Larissa schnaubte. „Meine Hand wolltest du nicht.“

Nico wandte sich wieder Larissa zu. „Mareike hat Felix nicht abserviert, soweit ich weiß.“

„Ich verstehe“, entgegnete Larissa und seufzte. „Männerloyalität. Felix hat nicht zu mir gepasst“, erklärte sie. „Er war wie ein Hund, der alles getan hat, was ich von ihm wollte. So etwas langweilt eine Frau schnell.“

„Ganz zufällig bin ich anwesend“, empörte sich Felix.

„Ein Mann muss mich fordern“, redete sie weiter, als hätte Felix nichts gesagt. „Schließlich bekommt er auch was dafür.“

„Was bekommt er denn dafür?“, fragte Nico nach.

Verständnislos sah Larissa ihn an. „Ist das nicht offensichtlich? Mich natürlich.“

„Ach so.“ Nicos Augen funkelten sie amüsiert an. „Und das ist die ganze Mühe wert?“

Wieder warf sie ihm einen verständnislosen Blick zu. „Selbstverständlich. Oder bist du blind?“

„Im Moment bin ich hungrig. Kommst du mit, Felix?“

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht ging Felix an Larissa vorbei und folgte Nico.

Larissa starrte ihnen sprachlos hinterher. „Was war das denn?“ Sie blickte Mareike fragend an.

„Das war ein umwerfender junger Mann, der dich für ein Stück gegrilltes Fleisch hat stehen lassen.“

Larissa warf ihrer Freundin einen ärgerlichen Seitenblick zu. „So zusammengefasst klingt das schrecklich. Aber er wird schon wiederkommen. Das tun sie schließlich alle.“

„Dein Ego möchte ich haben“, seufzte Mareike.

„Und?“, hakte Felix neugierig nach. „Wie findest du sie?“

Nico lud sich ein Steak auf den Teller und schlenderte zu den Salaten. „Sie ist bildhübsch.“

Als sie vor ihm gestanden hatte, waren ihm als erstes ihre Augen aufgefallen. Meergrün. Ihr Lächeln war umwerfend. Ihr gesamtes Auftreten strahlte Selbstsicherheit aus. Und die pure Arroganz.

Felix verdrehte die Augen. „Erzähl mir was Neues.“

Nico schwieg einen Moment. Dann blickte er Felix an und sagte: „Lass uns etwas essen.“

„Soll das die Antwort auf meine Frage sein?“

„Welche Frage?“

„Wirst du sie verführen oder nicht?“

„Wir werden sehen.“ Nico nahm seinen Teller und ließ Felix stehen.

Larissa war in ein Gespräch mit Jakob, einem Freund ihres Bruders, vertieft, als plötzlich ein Glas Sekt in ihrem Gesichtsfeld erschien.

„Trink etwas mit mir, Lara“, vernahm sie eine dunkle Stimme direkt neben sich. Sie wandte sich um, schob ihre Sonnenbrille ein Stück nach unten und blickte Nico über den Rand hinweg an. „Mein Name ist Larissa. Und ich unterhalte mich gerade.“

Nico zuckte mit den Schultern. „Dann eben nicht.“

Zum zweiten Mal an diesem Tag sah es aus, als würde er sie einfach stehen zu lassen. Bevor sie darüber nachdenken konnte, legte Larissa ihre Hand auf seinen Arm. „Aber ich trinke gerne Sekt.“

Nico wandte sich ihr wieder zu und reichte ihr das Glas erneut, das sie diesmal ergriff. Sie warf ihm einen verführerischen Blick zu, während sie langsam ihre Sonnenbrille wieder nach oben schon. „Ich hatte gehofft, dass du wiederkommst.“

Nico betrachtete sie schweigend. Er war gut einen Kopf größer als sie. Der intensive Blick, mit dem er sie musterte, machte sie unsicher. Und das mochte sie gar nicht.

„Was starrst du mich so an? Habe ich einen Fleck im Gesicht?“

„Du bist wunderschön, Lara.“

Larissa warf den Kopf in den Nacken und lachte, um ihre Unsicherheit zu verbergen. Nico machte sie eindeutig nervöser als andere Männer das je getan hatten.

„Das habe ich schon öfter gehört. Und nochmal, mein Name ist Larissa.“

„Es gibt Dinge, die kann eine Frau nicht oft genug hören“, ignorierte er ihre Bemerkung.

„Das stimmt.“ Ihre Stimme klang wie ein Schnurren.

Nico verzog die Lippen zu einem angedeuteten Lächeln. „Ich hoffe, wir sehen uns wieder.“ Er machte Anstalten, zu gehen.

„Wo willst du denn hin? Die Party hat doch gerade erst angefangen.“

„Das stimmt. Aber ich muss morgen früh aufstehen.“

„Warum das? Es ist Sonntag.“

„Ich muss arbeiten.“

„Was arbeitest du denn?“ Sie runzelte die Stirn. Da lernte sie endlich mal einen Mann kennen, der kein Student mehr war, und dann hatte er einen Job, bei dem er so wenig Geld verdiente, dass er am Wochenende einen weiteren Job ausüben musste. Verdammt! Irgendwie hatte sie einfach kein Glück mit den Männern.

Er schüttelte den Kopf. „Ich möchte dich nicht langweilen. Genieß die Party, Lara!“ Damit ging er endgültig.

„Mein Name ist Larissa!“, rief sie ihm ärgerlich hinterher. „Ignorant“, murmelte sie.

„Wer war das denn?“ Ihr Bruder trat neben sie und blickte Nico hinterher.

„Jemand, der anscheinend nicht versteht, was ich sage!“

„Hört, hört. Ein Mann, der nicht an den Lippen meiner Schwester hängt.“

„Und sie bereits das zweite Mal hat stehen lassen“, mischte sich Mareike ein, die hinter ihr auftauchte.

„Wer hat euch denn gefragt?“ Larissa ließ die zwei stehen.

„Schön, dass du noch gekommen bist“, sagte Mareike an Samuel gewandt.

Er legte den Arm um ihre Schulter und zog sie kameradschaftlich an sich. „Klar. Ich liebe Studentenpartys.“

Mareike, deren Herz so laut schlug, das sie sich sicher war, er würde es hören, gab sich betont gelassen. „Im Gegensatz zu Larissa. Sie wäre lieber auf einer Dinner Party.“

„So kennen wir sie.“

„Wie können Geschwister nur so unterschiedlich sein?“

Samuel lachte auf. „Eigentlich ist Larissa gar nicht so, wie sie sich in der Öffentlichkeit gibt. Da wir beide das genau wissen, kann sie froh sein, uns zu haben.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Und jetzt folge mir zum Buffet, holde Maid. Ich verhungere gerade.“

Brich mein Herz

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