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I Einleitung 1 Sklaverei als Institution – eine lange Geschichte

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Gewöhnlich wird mit der Sklaverei und dem dazugehörigen Sklavenhandel eine ganze Reihe von Klischees verbunden. Sie reichen von halbnackten Sklaven in der griechischrömischen Antike, die entweder in Steinbrüchen oder auf Galeeren im Schweiße ihres Angesichts schuften und von grimmigen Aufsehern nach Laune ausgepeitscht werden. Oder man »kennt« den muskulösen Afrikaner, der, ebenfalls halbnackt, auf den Zuckerrohrplantagen der Karibik einem gnadenlosen Pflanzerregime unterworfen ist, das seine Sklaven zu Tode schindet. Gelegentlich wird die Sklaverei auch romantisiert, wenn anscheinend glückliche Sklaven unter einem strengen aber wohlwollenden Plantageneigner singend ihr Tagwerk beenden. Filme wie »Spartacus«, »Amistad« und »Vom Winde verweht« trugen und tragen maßgeblich zur Dauerhaftigkeit solcher Stereotypen bei.

Eher selten wird das Schicksal von versklavten Frauen thematisiert und wenn, dann meist in Form von exotisierten Schönheiten in einem orientalischen Harem, ganz gleich ob in Casablanca, Kairo, Bagdad oder Delhi. Hier waren sie angeblich, nicht selten bauchtanzend, der Willkür eines Turban tragenden Despoten ausgeliefert, der auf diese Art seine sexuellen Wünsche ausleben konnte. Sexuelle Triebhaftigkeit wurde besonders »Orientalen« zugeschrieben, Männern wie Frauen gleichermaßen. Derartige Erotisierungen menschlicher Körper, unabhängig von Geschlecht, Ort und Zeit, gehören ebenfalls zum Arsenal der Stereotypen, die die Vorstellung von Sklaverei gerade in der »westlichen Welt« begleiteten und immer noch begleiten. Zugleich bedient es das latente Faszinosum von Gewalt und Sexualität, das offensichtlich in allen gesellschaftlichen Schichten und Klassen und über Kulturgrenzen hinweg existiert.

Wirft man hingegen einen genaueren Blick auf die Sklaverei, so wird schnell deutlich, dass sie seit ihren Anfängen vielfältige Erscheinungsformen besaß. Die akademische Debatte um das Entstehen von Sklaverei dreht sich dabei um die Frage, inwieweit erste Formen der gesellschaftlichen Differenzierung zum Ausschluss einer mehr oder minder großen Zahl der eigenen Bevölkerung bzw. zum hierarchisierten Einschluss fremder Menschen führte. Nach dem antiken römischen Recht, das als eines der ersten Rechtssysteme die Institution der Sklaverei juristisch festlegte, wurden Sklaven als eine rechtlose Sache definiert. Diese sehr reduktionistische Definition hat im Verlauf der Neuzeit im westlichen Europa und den Amerikas bis in die Gegenwart unsere Wahrnehmung einer angeblichen Sklavenrealität ebenso mitbestimmt wie die visuelle und literarische Inszenierung von Sklaverei. Zu keiner Zeit und an keinem Ort der Welt jedoch waren Sklaven ausschließlich rechtlose Subjekte. Ein solcher Ansatz greift viel zu kurz.

Um zu einer brauchbaren Definition von Sklaverei zu gelangen, ist zunächst zu fragen, wie diese gesellschaftlich stets akzeptierte Institution entstand. Die Ursprünge der Sklaverei scheinen im konstanten Mangel an Arbeitskräften gelegen zu haben, der bei bestimmten landwirtschaftlichen und städtischen Produktionsformen die strikte Kontrolle von Arbeitskräften nötig machte, um das ökonomische Aus- und Fortkommen der Gesellschaft zu sichern. Zu bedenken ist nämlich, dass bis weit in das 19. Jahrhundert in den meisten Regionen der Welt »Unterbevölkerung« herrschte, Land und Arbeit hingegen reichlich vorhanden waren, es daher stets an Arbeitskräften mangelte. So konnten unter spezifischen ökonomisch-ökologischen Voraussetzungen – Fragen der Verfügbarkeit und des Zugangs zu natürlichen Ressourcen stehen hier im Mittelpunkt – Menschen meist fremder Gesellschaften versklavt werden, weil sie Garanten für die eigene Prosperität waren.

Frühe städtische Zivilisationen machen den Sachverhalt besonders deutlich. Neben der ländlichen Bevölkerung musste auch die städtische mit Nahrungsmitteln versorgt werden, was eine agrarische Überschussproduktion notwendig machte. Diese konnte nur mittels einer intensiven und/oder expansiven Landwirtschaft erzielt werden, deren Arbeitskräfte, neben Bauern nun auch Sklaven, stärker kontrolliert und mit Hilfe von außerökonomischen Zwangsmitteln gebunden werden mussten. Auch in städtischen Gewerbebetrieben wurden zusätzlich Sklaven zur Produktion eingesetzt. Sofern nicht »attraktive« wirtschaftliche, soziale, familiäre und finanzielle Verhältnisse Arbeitskräfte anzogen, mussten Zwangsmittel zu ihrer Ansiedlung und zum Arbeitseinsatz eingeführt und durchgesetzt werden. In den großen »fürstlichen« Haushalten der Städte wurden ebenfalls zusätzliche Arbeitskräfte, darunter vermehrt Sklaven, benötigt, die die anfallenden Arbeiten erledigten und darüber hinaus auch noch die privilegierte soziale Stellung der Eigentümer anzeigten.

Vor diesem Hintergrund bietet sich folgende Definition der Sklaverei an, die zugleich den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt. Rechtlich betrachtet ist ein Sklave ein Mensch, der in das persönliche Eigentum eines anderen Menschen übergeht und jederzeit veräußerbar ist. Sklave und Sklavin gelten vielfach als »Sache«, sie können aber auch, je nach sozialem und kulturellem Kontext, juristisch als eine »Person« verstanden werden. Sozial gesehen stehen Sklaven am unteren Ende einer Gesellschaftshierarchie. Arbeitsleistungen von Sklaven sind obligatorisch und werden nötigenfalls mittels physischer Gewalt erzwungen.1 Von einer so definierten Sklaverei unterscheidet sich die Schuldknechtschaft ebenso wie die Leibeigenschaft, denn bei allem Arbeitszwang konnten Personen in diesen Abhängigkeitsverhältnissen nicht verkauft werden. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel: So, wenn in Süd- und Südostasien die Schuldknechtschaft in die Sklaverei führte, und so im Russland des 18. Jahrhunderts, wo ein Leibeigener, der streng genommen nur über den Boden, den er bearbeitete, verkauft werden konnte, bisweilen auch ohne diesen veräußerbar war.2

Von einer solch engen Definition ging zunächst auch der Völkerbund in seiner »Slavery Convention« im Jahr 1926 aus. Allerdings öffnete er schon damals das Definitionstor in Richtung »Sklaverei in all ihren Formen« und »der Macht, die eine Person ganz oder zu Teilen über eine andere ausübt«. Weder die »Formen« noch die »Macht« wurde erläutert. Seitdem gab es verschiedene Versuche, Sklaverei zu definieren. Die Vereinten Nationen, Nachfolgeorganisation des 1946 aufgelösten Völkerbundes, legten in »The Supplementary Convention on the Abolition of Slavery, the Slave Trade and Institutions and Practices Similar to Slavery« 1956 fest, auch bei Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft handele es sich um Formen der Sklaverei. Da solche Formen abhängiger und abgepresster Arbeiten oftmals von Frauen geleistet wurden, galt ihnen erstmals besondere Beachtung.3 Instrumentarien zur Verfolgung und Ahndung der Sklaverei in all ihren Formen wurden jedoch nicht eingerichtet.4

Der »Rome Final Act« vom 17. Juli 1998, den der Internationale Gerichtshof von Den Haag verabschiedete, betrachtet Sklaverei als einen Akt gegen die Menschlichkeit, weshalb Sklaverei unter des Gerichtshofs Rechtsprechungsgewalt fällt. Sklaverei wird nach seiner Auffassung definiert als »the exercise of any or all of the powers attached to the right of ownership over a person and includes the exercise of such power in the course of trafficking in persons, in particular women and children.« Diese Definition ist nahezu identisch mit derjenigen des Völkerbundes von 1926, nur dass hier besonderes Gewicht auf den Menschenhandel gelegt wird. Betrachtet man die Reihe von Erlassen, Beschlüssen und Gesetzen zur bzw. gegen die Sklaverei, so fällt auf, dass stets eine Erweiterung in Bezug auf die Formen vorgenommen wurde, ohne Sklaverei in ihrem Kern zu definieren. Das Konzept des Eigentums über eine Person und das damit verbundene Recht zu Veräußerung trat zunehmend in den Hintergrund. Als Folge daraus werden mittlerweile alle nur denkbaren Arten der erzwungenen Arbeit als Sklaverei bezeichnet, was zur Inflationierung des Begriffs und einer gewissen Konfusion beigetragen hat.5

Eine ähnliche Ausweitung der Begrifflichkeit hat inzwischen auch in den sozialwissenschaftlichen Forschungen stattgefunden, mit der Folge, dass eine praktikable und sinnvolle Verwendung des Begriffs zur Beschreibung eines gesellschaftlichen und ökonomischen Phänomens aus historischer Perspektive kaum mehr möglich scheint. Zudem waren und sind sich die Forscher und Forscherinnen uneins darüber, ob beispielsweise Sklaverei in Afrika und Asien eher einen Prozess und Übergang von Besitz zur Integration in die Gesellschaft, oder ob Sklaverei, wie in den neuzeitlichen Amerikas zu beobachten, eher einen dauerhaften Status beschreibt.6 Bei einer solchen Verwirrung und Voreingenommenheit wundert es wenig, dass inzwischen der Ruf nach einer griffigen Definition von Sklaverei, vor allem für die historische Forschung, laut geworden ist.7 Die oben vorgenommene Definition soll hier Abhilfe schaffen. Doch neben der juristisch-legalistischen Definition stellt sich die Frage, welche Idee hinter der Sklaverei steckt, so dass sie gesellschaftlich akzeptiert werden konnte.

Konzeptionell basiert die Institution der Sklaverei auf dem Ersatz für einen nicht erlittenen Tod. Meist galt dies im Kriegsfall, wenn die Kämpfer, sofern sie nicht getötet wurden, in die Sklaverei abgeführt oder verkauft wurden. Teilweise wandelten Herrscher und Richter Todesstrafen in Sklaverei um, womit auch hier das nicht vollstreckte Urteil in der Sklaverei mündete. In diesen Fällen ging es auch, wenn nicht zuerst, um den Erhalt der Arbeitskraft. Humanitäre Beweggründe, wie etwa ein Leben zu bewahren, spielten hingegen keine Rolle. Auch den Erhalt von Leib und Leben bei Hungersnöten bot die Möglichkeit der Sklaverei, wenn verelendete Menschen sich selbst verkauften, um dem drohenden Tod zu entgehen.8 Da Sklaven, wie Arbeitskräfte generell, bis in das 20. Jahrhundert hinein keinesfalls im Überfluss vorhanden und deshalb teuer waren, dürfte ein Sklavenbesitzer in den meisten Fällen ein Interesse daran gezeigt haben, seine Arbeitskräfte den Zeitumständen entsprechend »schonend« zu behandeln.

Brutale Exzesse, wie sie vor allem von den insularen Plantagen der Karibik und auf den Maskarenen in der Neuzeit bekannt sind, scheinen eher die Ausnahme von der Regel gewesen zu sein. Schiffseigner und Sklavenhändler im Atlantik und im Indik legten ein großes Interesse an den Tag, ihre Ware mit so geringen Verlusten wie möglich ankommen zu lassen, denn nur jeder verkaufte Sklave brachte Gewinn. Zu keiner Zeit waren Sklaven »Massenwaren«, sondern stets »Luxusgüter«, ganz gleich, in welchen Mengen sie »gemacht« und verkauft wurden. Dem ungeachtet waren Sklaventransporte zu Lande stets zehrend und verliefen nicht selten tödlich. Dass das Regime an Bord eines Schiffes bis weit in das 19. Jahrhundert generell rau war, davon wussten schon die Matrosen allenthalben zu berichten, und dass es Sklaven nicht unbedingt besser als der Mannschaft erging, verstand sich unter solchen Umständen von selbst.

Das Los von Sklaven war nicht nur das »Regime der Peitsche«, wie es klischeehafte Darstellungen zur transatlantischen Sklaverei glauben machen wollen. Gerade in den Anrainerregionen des Indik zeigt sich, dass Sklaven, sobald sie zu Besitz oder Eigentum geworden waren, mehrere Möglichkeiten zur Verbesserung ihres Status’ offen standen. Zum einen konnten sie innerhalb eines Haushaltes aufsteigen und privilegierte Positionen einnehmen, die sich kaum von denen der »Freien« unterschieden; man spricht dann in soziologischen Kategorien von »in and up«. Zum anderen besaß ein Haushaltsvorstand jederzeit die Möglichkeit, Sklaven freizulassen und sie in die Gesellschaft zu entlassen. In diesem Fall wird von »in and out« gesprochen. Die dritte Möglichkeit bestand in der Kombination der beiden Prinzipien, die vor allem in Südasien anzutreffen war: es handelt sich um »in and up and out«. Neben diesen Mobilitätskriterien unterscheidet die Forschung auch noch die »offene« von der »geschlossenen« Sklaverei. Die »offene« Sklaverei trifft eher auf die afro-asiatische (und urbane) Haus- und Hof-Sklaverei zu, während die »geschlossene« Sklaverei den Typus der (agrarischen) Plantagen-Sklaverei beschreibt.9

»Offene« Sklavereisysteme beziehen sich auf die nahezu charakteristische Praxis, »fremde«, das heißt nicht zum eigenen Kultur- und Gesellschaftskreis gehörende Sklaven und Sklavinnen nach kurzer Zeit durch Freilassung oder Heirat in die eigene Gesellschaft zu integrieren. Man könnte von der Absorption von Externen sprechen, die sich nun intern, oft innerhalb der Familie des Sklavenhalters, reproduzieren. Solche Formen der Sklaverei sind in weiten Teilen des östlichen Afrika, Arabiens und in weiten Teilen Asiens anzutreffen. »Geschlossene« Sklaverei markiert stärker die regionalen, kulturellen und »ethnischen« Differenzen und den daraus resultierenden Unwillen der Sklavenhalter, die »fremden Wilden« in den eigenen Kultur- und Gesellschaftskreis zu integrieren. Daher muss diese Form der Sklaverei den kontinuierlichen Zufluss externer Arbeitskräfte sichern. »Geschlossene Sklaverei« ist in der Neuzeit überwiegend ein Merkmal der europäischen Sklavengesellschaften in der Karibik, den beiden Amerikas, auf den Maskarenen und dem Malayisch-Indonesischen Archipel.10 Wie alle soziologischen Kategorisierungen vereinfachen sicherlich auch diese Modelle, sie bieten aber einen Orientierungspunkt.

Da ein permanenter Mangel an Arbeitskräften und an Sklaven herrschte, produzierte Sklaverei auch den Handel mit Sklaven. Vor allem der hohe Arbeitskräftebedarf der Plantagenökonomie mit ihrer unzureichenden inneren Reproduktion: sprich natürlichen Vermehrung der Sklaven, löste die zahlreichen Transporte über den Atlantik und teilweise auch im Indik mit aus. Gefangennahme, Transport in Afrika und auf den Schiffen in die Amerikas oder über den Indik waren traumatische Erlebnisse, die die Sklaven ein Leben lang begleiteten. Abgesehen davon waren Krankheit und Tod sowohl auf den Schiffen als auch auf den Plantagen allgegenwärtig, wie überhaupt in den damaligen Gesellschaften.

Wenn die Ressource Arbeitskraft innerhalb einer Gesellschaft nur begrenzt zur Verfügung stand, ihre Nachfrage aber groß war, dann musste ihr zusätzlicher Bedarf extern gedeckt werden. Seit der euro-asiatischen Antike wurden Kriege daher nicht allein um die territoriale Erweiterung des eigenen Landes, sondern auch um die Leute des feindlichen Landes geführt. Kriegsgefangene führten schon Assyrer und Babylonier in die Sklaverei ab. Aus deren Gesetzessammlungen kann entnommen werden, dass bereits zu Zeiten Hammurabis (um 1810–1750 v. Chr.) die Sklaverei als Institution etabliert war. Auch konnten damals in wirtschaftliche Not geratene Eltern ihre Kinder in die Sklaverei verkaufen. Obwohl Besitz seines Herrn, konnte ein Sklave jedoch Handel treiben, Geld leihen und gegen seinen Verkauf vor Gericht Einspruch erheben. Zudem war es ihm möglich, sich seine Freiheit zu erkaufen. Die frühe Rechtsüberlieferung belegt demnach, dass Sklaven nicht in jedem Fall rechtlose Personen waren und dass sie nicht stets wie Stückgut behandelt wurden.11

Auch im Alten Testament ist die Sklaverei erwähnt. Juden durften Juden nicht länger als sechs Jahre als Sklaven halten, im siebten Jahr waren sie freizulassen. Uneingeschränkt konnten indes Sklaven von den Nachbarvölkern gekauft werden.12 Folglich ging es um die dauerhafte Einbindung externer Arbeitskräfte. Im benachbarten Ägypten waren bereits unter Tutmosis III. (1504–1450) die ersten Sklaven aus Somalia ins Nildelta verschleppt worden. In Südasien war die Sklaverei laut textlicher Überlieferung wohl seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. bekannt. Im Arthashāstra des Kautilya hieß es, Sklave könne man entweder durch Geburt, Krieg, durch Gerichtsurteil oder Selbstverkauf werden. Offenkundig versuchten diese frühen Textüberlieferungen, die Institution der Sklaverei in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext zu stellen, ohne sie zugleich juristischen Regeln zu unterwerfen.

In der griechisch-römischen Antike entstand eine Form von »offener« Sklaverei, die in der heutigen Wahrnehmung westlicher Weltbetrachter nur selten mit ihr verbunden wird. Oftmals gehörten Sklaven zu einem Hausverband. Unterschiedliche Bezeichnungen lassen darauf schließen, dass innerhalb der Sklavenschicht auch unterschiedlicher Status und Position existierten. Generell hatten Sklaven im Haushalt zu leben, wodurch sie der unmittelbaren physischen Kontrolle durch ihren Eigentümer unterworfen waren. Sklaven durften kein Eigentum erwerben, konnten aber für ihre Arbeit entlohnt werden. Ersparnisse durften nur mit dem Einverständnis des Eigentümers verwendet werden. Mit der Institution der Sklaverei scheint auch eine Art der Lohnarbeit einhergegangen zu sein, denn bar jeglicher Produktionsmittel musste ein Sklave mit seinem Lohn die Kosten der Reproduktion bestreiten. Lohnarbeit und Sklaverei scheinen folglich eng zusammenzuhängen und sich entgegen gängiger Meinung nicht auszuschließen.

Gesellschaftlich waren Sklaven in der griechischen Antike keinesfalls ausgegrenzt, gehörten sie doch über den Haushalt zur kultischen Gemeinschaft. Grundlose Züchtigungen verboten sich deshalb von selbst, was freilich harte körperliche Strafen nach gescheiterten Fluchtversuchen und anderem Fehlverhalten nicht ausschloss. Haussklaverei scheint im antiken Griechenland die häufigste Form der Sklaverei gewesen zu sein. Sofern Athener Bürger große Ländereien besaßen, erledigten dort vielfach Sklaven die Feldarbeit. Die Vermietung von Sklaven war ebenfalls möglich. Meist geschah das bei »öffentlichen Aufträgen« und Baumaßnahmen innerhalb der Polis, aber auch zu privaten Anlässen wurden Sklaven vermietet, als Musiker, Tänzerinnen und als Dienstpersonal.13

Im antiken Rom wurden Sklaven dann überwiegend in der Landwirtschaft eingesetzt. Auf den Latifundien, den agrarischen Großbetrieben Süditaliens und Siziliens, erledigten sie die Feldarbeiten. Und natürlich arbeiteten Sklaven in Steinbrüchen und im Straßenbau des kontinuierlich expandierenden Imperiums. Auch ruderten sie, angekettet, auf den Galeeren. Sklaven waren aber auch als servi privati im Haushalt tätig, als Diener/innen, Hauslehrer, Buchhalter und Ärzte. Im »öffentlichen Bereich« arbeiteten servi publici in Stellungen wie Aufseher und Wächter und im Verwaltungsbereich. Wie bedeutend die ökonomische Rolle der Sklaverei im Imperium Romanum war, belegen die Sklavenaufstände der Jahre 136–134 und 104–100 v. Chr. in Sizilien sowie der berühmte Aufstand unter der Führung von Spartacus im Jahr 73 v. Chr. in Süditalien. Zu ihrer Niederschlagung bot Rom alle Mittel auf, doch konnte es nicht verhindern, dass der akute Mangel an Arbeitskräften eine längerfristige Nahrungsmittelkrise auslöste und im Falle Siziliens zu einem Rückgang in der Agrarproduktion führte, der bis in das darauf folgende Jahrhundert anhielt.14

Obgleich im römisch-katholisch geprägten West-Europa die Leibeigenschaft zur Kontrolle und der Frondienst zur Erzwingung von Arbeitsleistungen im Rahmen der Feudalwirtschaft eingeführt worden waren, bestand auch die Sklaverei fort, wenngleich in regional unterschiedlicher Intensität. Sklaven arbeiteten nicht selten auf den großen Landgütern von namhaften Klöstern, und auch die Päpste ließen die bei Rom gelegenen Ländereien von Sklaven bewirtschaften. Bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert kamen die meisten dieser Sklaven aus dem östlichen Europa, worauf der mittellateinische Terminus »sclavus« (= Slawen, vgl. engl.: slave – bei unterschiedlicher Aussprache – für beides) verweist. Im Verlauf von Jahrhunderten ersetzte er den altlateinischen Begriff »servus«, der vermutlich aus dem Bessischen, einer Vorform des Albanischen, stammt.15 Im Zuge des transatlantischen Sklavenhandels ersetzte er auch den berberischen Ausdruck »aguinaou« für »Ort der Schwarzen«, vgl. »Guinea«.16 Verbunden mit diesem Begriffswandel war auch eine sich wandelnde Wahrnehmung des Sklaven in Europa, nämlich dem eines inferioren Außenseiters, der Heide und damit »wild« und »unzivilisiert« war – Attribute, die die Menschen der Antike mit einem Sklaven nicht assoziierten.

Aus dem 10. Jahrhundert existieren diverse Überlieferungen, die über den Ursprung des Begriffs »Sklave« Auskunft geben, wonach man den Namen Slawen auf die Gefangenen anwendete, welche die Germanen in ihrem Kampf gegen die slawischen Stämme machten, die sie den spanischen Sarazenen verkauften. Bald fasste man unter dem Namen Slawen eine Menge Völker zusammen, die eigentlich anderen Völkerschaften angehörten, weshalb man alle Fremden, die im Harem oder in der Armee dienten, gleich ihrer Herkunft, so bezeichnete. Seit Karl dem Großen (768–814 n. Chr.) wurden während des gesamten Mittelalters Sklaven in großer Zahl aus den östlichen, slawischen Grenzregionen des Franken-Reiches – die damit langfristig auch zu einer Zivilisationsgrenze wurden – über Verdun, den großen Umschlagplatz für Sklaven nördlich der Alpen, und Marseille in die Anrainerregionen und auf die Inseln des Mittelmeers verschifft. Den mediterranen Raum versorgten an dessen südlicher Küste die berberischen Korsaren. Algier war im 16. und 17. Jahrhundert der größte Umschlagplatz für Sklaven afrikanischer und europäischer Herkunft.17

In Italien und auf der iberischen Halbinsel war die Zahl der Sklaven im 14. und 15. Jahrhundert höher als in den vorausgegangenen Jahrhunderten. Neben Lissabon, Valencia, Sevilla und Marseille entstanden auch in Venedig, Genua und Barcelona sowie Neapel und Palermo bedeutende Sklavenmärkte, die die stetig wachsende Nachfrage an osteuropäischen Sklaven in Sizilien, auf Kreta, das zu Venedig gehörte, und Zypern sowie in der Levante bedienten, wo seit dem 11. Jahrhundert eine Plantagenökonomie mit Sklavenbewirtschaftung entstand. Seit dem 13. Jahrhundert tauchten hier auch Sklaven aus West- und Zentralafrika auf, die über die trans-saharischen Karawanenrouten und den Nil an die nordafrikanische Mittelmeerküste transportiert und in den Hafenstädten des Maghreb verkauft wurden. Mit der iberischen Expansion entlang der westafrikanischen Küste begann schließlich der direkte Handel von Europäern mit Sklaven aus Afrika.18

Sklaven von der Ostküste Afrikas arbeiteten seit dem 8. Jahrhundert auf den Zuckerrohr- und Gemüsefeldern Mesopotamiens. Im Osmanischen Reich stiegen afrikanische Sklaven zwar zum Teil in hohe Ämter auf, so auch in die Verwaltungsspitze von Medina und Mekka. Meist aber waren sie, wie auch die zahlreichen europäischen Sklaven, in den vornehmen Haushalten untergebracht.19 Als Soldaten und bisweilen auch Heerführer machten die Mamluken die wohl erstaunlichsten »Sklavenkarrieren«. Zwischen 1206 und 1290 waren drei Mamluken die Gründer des Delhi Sultanats und etablierten muslimische Dynastien auf dem indisch-südasiatischen Subkontinent.20 In Kairo ergriffen nach 1250 Mamluken die Macht, die sie dort fast ununterbrochen bis zum Beginn des 19. Jahrhundert behielten. Muhammad Ali, ehemaliger Sklave und albanischer Heerführer in der Armee des osmanischen Sultans, sollte in den 1830er Jahren als Gouverneur von Ägypten (Misr) einen unabhängigen großarabischen Staat errichten, der von Ägypten bis Syrien reichte und nur aufgrund der imperialistischen Intervention Großbritanniens verhindert wurde.

Auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara war Sklaverei ebenfalls eine gesellschaftlich akzeptierte und wirtschaftlich notwendige Institution. Bekannt war im 15. Jahrhundert die Plantagenwirtschaft des Songhay Imperiums im Niger-Tal, wo tausende Sklaven auf künstlich bewässerten Böden Nahrungsmittel als kommerzielle »Nutzfrüchte« anbauten, darunter Weizen und Reis. Beides wurde nicht nur für den internen Verbrauch produziert, sondern die Nahrungsmittel dienten als Exportware auch der Logistik des trans-saharischen Sklaven- und Warenhandels. Abgesehen von diesem sehr prominenten Beispiel war auch auf Madagaskar und an der ostafrikanischen Küste in der Höhe Malindis die Sklaverei eine bereits vor der Neuzeit fest etablierte Institution. Dies erklärt auch, warum im Hinterland der west- und ostafrikanischen Küste neben der Sklaverei auch ein Sklavenhandel samt Markt existierte, an dem die Portugiesen dann im 16. Jahrhundert partizipieren sollten.21

Im 15. Jahrhundert gelang es den Iberern, oft mit Hilfe von nordafrikanischen Matrosen, Dolmetschern und Schiffsmannschaften, die ostatlantischen Archipele zu erobern und zu besiedeln, so die Azoren, Kanaren, Kapverden, Madeira und São Tomé. Von dort aus konnten sie den Handel mit den afrikanischen Eliten betreiben oder Transporte, auch von Sklaven, zwischen afrikanischen Anbietern und Abnehmern übernehmen. Afrikanische Eliten erlaubten den Iberern nur punktuell, Faktoreien an den Küsten anzulegen. Diese Insel- und Festlandstrategie prägte die iberische Expansion im atlantischen Raum bis in die 1520er Jahre. Auf den atlantischen Inseln vor den Küsten Afrikas legten die Portugiesen nach dem Muster der Mittelmeerinseln schließlich auch Zuckerrohr-Plantagen an, die mit wenigen iberischen Arbeitsleuten und meist westafrikanischen Sklaven bewirtschaftet wurden. In einer Mischung von lokalen Allianzen, Handelsaustausch, Einmischung in Konflikte zwischen lokalen politischen Mächten, vor allem aber mit stillschweigender Akzeptanz der afrikanischen Oberhoheiten, begannen die Portugiesen, Küsten- oder Inselfestungen zu bauen, wie Arguim oder São Jorge da Mina.22

Auch in den »Amerikas« existierte vor 1492 Sklaverei. Einige der am besten dokumentierten sklavenhaltenden Gesellschaften waren die Klamath und die Pawnee sowie die Fischer-Kulturen und Gemeinschaften von Wildbeutern an den pazifischen Küsten Nordamerikas von Süd-Alaska bis Nord-Kalifornien.23 Die Creeks in Georgia/Carolina, die Komanchen in Texas, die Kulturen der so genannten Kariben, die Seminolen auf der Halbinsel Florida sowie zahlreiche Gesellschaften in Mezoamerika, im heutigen Brasilien und Patagonien, besaßen Sklaven.24 Die größten Sklavengesellschaften in den Amerikas waren jedoch die der Azteken und Mayas mit mehr als 15 % Sklavenanteil an der Gesamtbevölkerung.25 An dem bereits existierenden Sklavenhandel beteiligten sich die frühen europäischen Siedler von Anfang an. Das galt für Ibero-Amerika ebenso wie für das von Franzosen, Holländern und Briten besiedelte Nordamerika. Von hier wurden die indianischen Sklaven bis in die Karibik verkauft.

Um die Wende zum 16. Jahrhundert setzte eine erste Globalisierung ein, in deren Folge nicht nur Waren, sondern auch Menschen im Atlantik, aber eben auch im Indik zwangsweise in weit voneinander entfernte Regionen, ja andere Kontinente, verschleppt wurden. Im 18. Jahrhundert steuerte dieser Bestandteil der Globalisierung in Form des massiven Sklavenhandels von Afrika nach Amerika einem ersten Höhepunkt entgegen, um dann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Atlantik wie im Indik den absoluten Zenith zu erreichen, als auf den Maskarenen, in Südafrika und entlang der Swahili-Küste neue Kolonien und Imperien entstanden, deren Wirtschaft auf Sklavenarbeit und anderen Formen abgepresster Arbeit basierte. Ganz zu schweigen von der Sklaverei und den Sklaverei-ähnlichen Verhältnissen, wie sie auf der Arabischen Halbinsel, dem indischen Subkontinent und im Malayisch-Indonesischen Archipel existierten.

Dieser kurze Abriss der Geschichte der Sklaverei bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts mit dem knappen Verweis auf das 19. Jahrhundert verdeutlicht, wie unterschiedlich die Institution der Sklaverei, verstanden als Kontrolle über Arbeitskräfte, schon vor dem Einsetzen des atlantischen Sklavenhandels und der afrikanischen Sklaven in den Amerikas war. In jedem Fall waren Sklaverei und Sklavenhandel ein global zu beobachtendes Phänomen, das in lokaler und regionaler sowie zeitlicher Dimension unterschiedliche Formen und Ausmaße annehmen konnte. Als ein ausschließlich oppressives System zur Zwangsbewirtschaftung von agrarischen Großgütern kann Sklaverei allein aufgrund dieser »Vorgeschichte« nicht charakterisiert werden. Hingegen treten zwei Aspekte deutlich hervor:

Erstens repräsentiert Sklaverei einen diversifizierten Arbeitsmarkt, auf dem Menschen, die in das persönliche Eigentum ihres Käufers übergegangen waren, in unterschiedlichen Positionen und Funktionen eingesetzt werden konnten. Zweitens ist Sklaverei ein universelles Phänomen, das auf eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Differenzierung eines Gemeinwesens, einer Gesellschaft oder eines Staates verweist. Dass Sklavenhandel und Sklaverei ein überwiegend grausames Geschäft zur Kontrolle von Arbeit war, ist ein besonderes Merkmal beim Aufbau der »westindischen«, das heißt karibischen Plantagenwirtschaft mit ihrer großen Zahl an Feldsklaven ab dem 16. Jahrhundert. Die Plantagen der Europäer auf den Inseln im Indik unterschieden sich davon ebenso wenig wie die der Holländer auf den Gewürzinseln im Malayisch-Indonesischen Archipel.

In den Reichen entlang der Küste des Arabischen Meeres und auf dem indischen Subkontinent dominierte zu dieser Zeit jedoch die Form der »Haushaltsklaverei«, wenn Sklaven in starkem Maße in Haushalt und Familie integriert und ein festes Element bei sozialen Bindungen waren. Eine reine Sklavengesellschaft, die auf dem kolonial-kapitalistischen Produktionsprinzip der Plantagenwirtschaft, bei dem Amerika seinen Boden, Europa das Kapital sowie unternehmerische Expertise und Afrika seine Arbeitskräfte in einem »traditionslosen Kombinationsexperiment« zur Verfügung stellte,26 entstand in den Anrainergebieten des Indischen Ozeans nicht bzw. nur in einigen wenigen Fällen. Die politisch-sozial diversifizierten Organisationen und Traditionen der ostafrikanischen, arabischen, indischen und indo-chinesischen Gesellschaften ließen solche »Experimente« nur in Ausnahmefällen zu.

Wann die »kritische Masse« erreicht ist, ab der von einer Sklavengesellschaft gesprochen werden kann, scheint für die Antike mit 20 % Sklavenanteil an der Gesamtbevölkerung wissenschaftlich geklärt zu sein. Mit diesem Anteil, so wird argumentiert, würde ein wesentlicher Teil der wirtschaftlichen Produktion durch Sklaven und Sklavinnen geleistet. Für die griechische wie auch für die römische Antike liegen die Schätzungen zum Anteil der Sklaven an der Gesamtbevölkerung mit 30 bis 40 % weit über dieser veranschlagten »Mindestzahl«.27 In der hier betrachteten neuzeitlichen Periode kam es in zahlreichen Regionen der Welt zur Ausbildung von Sklavengesellschaften. Keinesfalls nur die ausgeprägten kapitalistischen Sklavengesellschaften der Karibik, Brasiliens oder des »Cotton Belt« in den Südstaaten der USA mit Sklavenanteilen von bis zu 70 % an der Gesamtbevölkerung sind als solche zu bezeichnen. So dürften beispielsweise manche Gesellschaften Südasiens ebenfalls als Sklavengesellschaft zu charakterisieren sein.

In jedem Fall wäre bei der Diskussion um Sklaverei und Sklavenhandel darauf zu achten, in welchem Maße Sklaven nicht nur an den so genannten produktiven Arbeiten beteiligt waren, sondern inwieweit sie in Bereichen wie Fäkalienbeseitigung, Straßenreinigung und den allgemeinen häuslichen Arbeiten eingesetzt wurden, die nach »klassisch« westlich-kapitalistischer Ökonomielehre als nicht-produktiv kategorisiert werden, weil sie nicht unmittelbar zur Erwirtschaftung von Werten und der Erzeugung von Kapital beitragen. Eine solche streng binäre Differenzierung ist spätestens mit der neueren Forschung zur Sklaverei hinfällig geworden. Inzwischen wird diese Unterscheidung wohlweißlich nicht mehr vorgenommen, weil sie ebenso wenig wie die damit zusammenhängende strenge Unterscheidung in rein weibliche und männliche Betätigungsfelder wie inhäusig und aushäusig, Herd und Feld, nachgewiesen werden kann.

So wie dieses Bild durch die neueren Forschungen korrigiert werden konnte, so hat sich mittlerweile auch gezeigt, dass das sub-saharische Afrika nicht nur das Mittelmeer und die Karibik sowie die beiden Amerikas und Nordafrika mit Sklaven »versorgt« hat, sondern in wachsendem Umfang auch die Anrainerregionen des Indik. Dazu trug auch der langsam wachsende Einfluss europäischer Handelsmächte und -gesellschaften bei. Darüber hinaus aber verfestigte die europäische Kolonialherrschaft in Süd- und Südostasien schließlich bestehende Strukturen von Sklaverei wie auch des Sklavenhandels, indem regionale Gepflogenheiten und Gewohnheitsrechte in Gesetze eines vorgeblich rechtsstaatlichen Systems integriert wurden. So soll mit dem vorliegenden Buch auch die antizipierte Differenz zwischen einer westlich-atlantischen und einer östlich-asiatischen Sklaverei hinfällig werden. Vielmehr repräsentieren Sklaverei und Sklavenhandel einen Teil der Geschichte der Globalisierung, bei der Weltregionen auf bislang ungekannte Weise miteinander vernetzt und neben Waren in wachsendem Maße auch Menschen zu Lande und zu Wasser transportiert wurden.

Zu guter Letzt sei der zeitliche Rahmen dieses Buches erläutert. Er beginnt mit dem 16. Jahrhundert und endet im frühen 20. Jahrhundert. Nicht die atlantische Sklaverei setzt den Anfang der Betrachtung, sondern die Entwicklung im Indik. Mit dem Auftauchen der Portugiesen, später dann der Holländer und Briten kann gezeigt werden, dass sie sich zunächst nur an den bestehenden Formen des Handels und damit auch des Sklavenhandels beteiligten. Doch schon früh transportierten die Portugiesen Sklaven aus dem östlichen Afrika in die Karibik und nach »Brasilien«, womit sie den Sklavenhandel Madagaskar-Mosambik zu Teilen in den des Atlantiks integrierten. Seit der Mitte des 17. Jahrhundert forcierten die nordeuropäischen Handelsgesellschaften den Menschenhandel. Der Aufbau von Plantagenregimen unter holländischer, französischer und britischer Ägide ließ dann im frühen 18. Jahrhundert qualitativ und quantitativ neue Strukturen in den Anrainerregionen des Indik entstehen. Sie intensivierten bestehende lokale Handelsstrukturen und führten zu einer aggressiven Ausweitung des Sklavenhandels.

Das 19. Jahrhundert bedeutete nicht, wie man aufgrund der Abolitionismus-Kampagnen und der nominellen Abschaffung des Sklavenhandels 1807/11 und der Sklaverei im Britischen Imperium 1834 annehmen sollte, das rasche Ende von beidem – das Gegenteil trat ein. In bis dahin nicht gekanntem Ausmaß nahm der Sklavenhandel gerade im portugiesischen Mosambik zu, aber auch in Madagaskar und vor allem in Sansibar-Ostafrika, während zur gleichen Zeit in Britisch-Indien die paradoxe Debatte um angeblich nicht-existierende, aber gleichwohl gesellschaftlich institutionalisierte Sklaverei geführt wurde. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde schließlich das Thema Sklaverei und Sklavenhandel vor dem Hintergrund nun allgemein einforderbarer Menschenrechte und dem Recht auf Selbstbestimmung auf international-globaler Ebene debattiert. Freilich bedeutete diese internationale Aufmerksamkeit auch jetzt nicht das Ende der Sklaverei, setzt aber einen markanten Eckpunkt in einer seit über 200 Jahren geführten Diskussion um Menschenhandel und erzwungene Arbeit.

Sahibs, Sklaven und Soldaten

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