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Lauernde Geschütze
RAS TSCHUBAI
Die Lichtschleusen standen offen, doch es flog weder ein Schiff aus noch ein Schiff ein. Die Invasion der Galaktiker war zum Erliegen gekommen. Jedes weitere Vorstoßen wäre eine unnötige Provokation gewesen. Der Verband um Markul agh Fermi hatte seine Endposition erreicht. Die Schiffe standen in Reichweite des Hyperschub-Doms und der Enzephalotronik auf Ghibona. Beide Einrichtungen waren elementar für das Sternenrad.
Die Bedrohung lag wie giftiges Gas in der Luft. Die Cairaner konnten jederzeit die Nerven verlieren und die Schiffe der Galaktiker angreifen – Schiffe, die im Vergleich zur Größe der cairanischen Flotte hoffnungslos unterlegen waren. Die Cairaner hatten an die 250.000 Augenraumer vor Ort – gute Argumente, sich jede einzelne Fingerbewegung genauestens zu überlegen.
Illustration: Dirk Schulz
Perry Rhodan fühlte die Anspannung körperlich. Es fiel ihm schwer, tief und ruhig zu atmen. Zu viel hing davon ab, was in den nächsten Minuten und Stunden geschah. Galaktiker und Cairaner standen an einem Scheideweg, umgeben von Abgründen und Schwarzen Löchern. Eine falsche Entscheidung, und die Lage würde eskalieren, was Krieg bedeutete: Krieg der Milchstraße gegen die Cairaner und womöglich ein Bürgerkrieg unter den 76 Milliarden Einwohnern des Sternenrads, zu denen auch Galaktiker zählten. Wie viele Leben dabei auf dem Spiel standen, mochte Rhodan sich nicht ausmalen. In dem Fall wäre Tschirmayn nur ein Anfang gewesen. Eine Welt von Hunderttausenden, die in Chaos und Tod stürzen würden.
»Wird schon schiefgehen, Großer«, sagte Gucky neben ihm.
Eigentlich hätte man annehmen sollen, dass sich ein knapp einen Meter großes Wesen in dem breiten Kontursessel verlor, in dem der Ilt in der Zentrale der RAS TSCHUBAI lungerte. Das Gegenteil war der Fall. Gucky wirkte präsenter denn je. Über dem seidigen Pelz in seinem Gesicht lag ein rötlicher Schimmer. Er blickte auf das Holo, als könnte er seine telekinetische Gabe nutzen, um mit den Planeten und den beiden rot-orangefarbenen Sonnen innerhalb des Sternenradsystems wie mit Bällen zu jonglieren.
Es war gut, Gucky an seiner Seite zu wissen. Ebenso Sichu Dorksteiger, die ihm jederzeit Halt gab und ihn nie vergessen ließ, warum er das alles auf sich nahm. Und Zemina Paath, die einerseits eine große Unbekannte geblieben war, sich aber mehrmals bewährt hatte und der Rhodan vertraute. Er dachte daran zurück, wie er die Thesan das erste Mal getroffen hatte, damals auf der RAS. Er war auf den Paau gestoßen, der Koffer und Raumschiff in einem war, und hatte laut gefragt, wessen Koffer das sei.
»Er gehört mir«, war die Antwort gewesen. »Es ist mein Paau.«
Mit diesen Worten war Zemina Paath in sein Leben getreten. Sie sah genauso aus wie damals: groß, grazil, feminin proportioniert. Die helle Haut kontrastierte zu den blauschwarzen Haaren. Damals waren ihre schräg stehenden, fast blendend blauen Augen auf ihn gerichtet gewesen – nun schauten sie auf das Holo, das ihnen das Innere des Sternenrads samt dem Weißen Loch im Zentrum zeigte. Die Iriden der Thesan wirkten wie Schneeflocken, die von innen heraus leuchteten. Die schmalen Brauen, die an dunkle Mondsicheln erinnerten, hatte Paath leicht zusammengezogen.
Nach wie vor trug sie die einteilige Kombination aus rötlich glänzendem Stoff, auf dem sich blaue Bahnen und Linien abzeichneten und der ihre Füße so eng umschloss, dass die Zehen sichtbar waren. Ihre linke Hand, an der zwei Finger fehlten, lag auf der Sessellehne. Außer auf den Daumen saßen Fingerhüte auf allen Fingern, mit denen sie cairanische Geräte bedienen konnte. Um den Hals schlang sich eine handbreite Krause von technischer Beschaffenheit, die zahlreiche Ausbuchtungen und Vertiefungen aufwies.
»Tochter Zem ...«, flüsterte Paath abwesend. »Wenn ich nur wüsste, was genau er damit gemeint hat ...«
Immerhin wussten sie nun, dass Zemina eine Vertex-Schwester von Jasmyne da Ariga war. Ihre fehlenden Hirnfragmente waren Jasmyne da Ariga eingesetzt worden. Zemina Paath hatte eigentlich eine Vertex-Kundschafterin werden sollen. Ein Werkzeug der Cairaner, das sie für ihr Trajekt benutzt hätten, wenn es möglich gewesen wäre. Doch Paath war geflohen und auf die RAS TSCHUBAI geraten. Ebendort hatte Rhodan sie getroffen.
In das Holo vor ihnen kam Bewegung. Ein Kugelraumer, der Markul agh Fermi und seinem Kommando auf der TARTS unterstand, löste sich vom Verband. Er bewegte sich in Richtung Ghibona.
Rhodan reagierte, ehe ein anderer auch nur den Mund aufgemacht hatte. »ANANSI! Verbindung zu agh Fermi! Er soll dieses Schiff zurückrufen! Sofort!«
Auch in die cairanische Flotte kam Bewegung, ja, nahezu Unruhe. 50 Augenschiffe fächerten auf, schossen auf den silbrigen Kugelraumer zu. Die roten Elemente in ihrer Mitte glosten unheilverkündend. Rhodan konnte sich vorstellen, was in Konsulin Tainatin vorging, der Oberbefehlshaberin der Flotte. Sie wartete nur auf einen Vorwand, endlich angreifen zu können. Dieser musste ihr unter allen Umständen versagt bleiben. Offensichtlich hatte agh Fermi reagiert. Das arkonidische Schiff glitt träge zurück, als hätte es sämtliche Zeit des Universums.
Gucky schüttelte den Kopf. »Die Arkoniden können es nicht lassen.«
Rhodan wandte sich an ANANSI. »Wir müssen weiterverhandeln, ehe die Konsulin die Nerven verliert. Funk Ataidse Sturu an und bitte um ein Gespräch.«
»Bitten?«, hakte Sichu Dorksteiger nach.
»Ja, bitten.« Rhodan lächelte. »Wir haben keinen Grund zur Unhöflichkeit.«
Cascard Holonder, der ertrusische, glatzköpfige Kommandant, hob den Kopf und hielt den Folienstift in seiner Hand still, mit dem er gerade eben noch eine Zeichnung gekritzelt hatte. Er schien etwas sagen zu wollen, hielt sich dann jedoch zurück und kritzelte stattdessen weiter.
Es dauerte keine zwei Minuten, bis Konsul Ataidse Sturu sich meldete. Seine Statur war beeindruckend, er war selbst für einen Cairaner groß. Die Haut war faltig, der Blick wirkte gelassen, die Innenhände regten sich nicht. »Ich habe mit dieser Kontaktaufnahme gerechnet.«
»Dann danke ich, dass du ihr nicht im Weg stehst. Du weißt, was ich dir vorschlagen möchte?«
»Das Einzige, was derzeit angemessen ist: Du möchtest weiterverhandeln.«
»Richtig. Diese Angelegenheit darf man nicht den Arbeitshänden überlassen.«
Der Konsul weitete leicht die Augen, als Rhodan dieses cairanische Sprichwort benutzte.
»Wege entstehen dadurch, dass man sie geht«, zitierte er seinerseits einen Satz, den Rhodan lange Zeit nicht gehört hatte.
»Franz Kafka, wenn ich mich nicht täusche«, sagte Rhodan »Welchen Weg wollen wir gehen?«
»Ich schlage vor, du lässt dich von cairanischen Schiffen nach Aithuriad eskortieren. Die Welt sollte dir bekannt sein.«
Der letzte – sehr freundlich gesprochene – Satz auf Interkosmo enthielt eine deutliche Spitze. Auf Aithuriad lag das Panarchiv, in das Gucky mit einem Einsatzteam eingedrungen war. Ebenda hatten sie die Lichtschleusen manipuliert, dadurch letztlich vorübergehend geöffnet und die Schiffe einfliegen lassen, die nun die beiden Einrichtungen auf Ghibona bedrohten.
Rhodan lehnte sich zurück, gab sich entspannt. »Und dort wirst du mit mir verhandeln? Persönlich? Wer sagt mir, dass das kein Hinterhalt ist?«
Ataidse Sturu blähte die flache Nase. »Wer sagt mir, dass du keinen Anschlag auf mich planst? Ich will offen sein. Zu diesen Verhandlungen werden weder Konsulin Satim Tainatin noch Legat Kaio Shevisbari erscheinen. Aber ich bin dazu bereit. Du solltest es ebenfalls sein.«
»Das bin ich.«
»Gut. Ich erwarte dich auf Aithuriad.« Der Konsul unterbrach die Verbindung.
»Wir fliegen Aithuriad an«, sagte Rhodan.
»Echt jetzt?«, ätzte Gucky. »Du gehst dahin? Einfach so? Dir ist schon klar, dass ich da mitmuss. Einer muss ja auf dich aufpassen.«
»Ich habe nichts anderes erwartet.«
Sichu presste die Lippen zusammen. Als sie sprach, schimmerten ihre goldenen Zähne heller denn je. »Ist es nicht blauäugig, wenn ihr Aithuriad aufsucht? Was sollte Konsul Sturu davon abhalten, euch gefangen zu nehmen und als Trumpf gegen die Galaktiker einzusetzen? Schon auf dem Weg dahin könnte Konsulin Tainatin die Nerven verlieren und uns pulverisieren. Es ist bekannt, wie locker die Finger ihrer Gespürhände an den Geschützkonsolen sind.«
»Sie wird die RAS nicht anrühren«, behauptete Rhodan. »Wir haben Aipu an Bord.« Aipu war wertvoll für die Cairaner. Er stellte eine Art Versicherung dar.
»Oder«, sagte Sichu, »sie wird die RAS gerade deswegen angreifen. Aipu könnte für die Cairaner ein Schatz sein, den zu heben sich lohnt. Soweit wir wissen, gehen ihnen die Lotsen aus.«
»Am Bedrohungsszenario hat sich nichts geändert«, stellte Rhodan fest. Es gefiel ihm nicht, dass er diesen Druck aufbauen und aufrechterhalten musste, aber es war notwendig. »Sie werden nicht riskieren, ihr Trajekt zu gefährden.«
»Ich stimme Rhodan zu«, sagte ANANSI. Der Avatar der Bordsemitronik zeigte sich als junge Frau mit blassblauer, durchscheinender Haut, die vor dem Kommandantensessel auf dem COMMAND-Podest stand. Dabei ging ihr Rücken nahtlos in den Hologlobus über, als wäre sie eine Erweiterung der aktuellen Darstellung.
»Die Cairaner könnten mit dem Sternenrad und dessen Waffen sowie ihrer gigantischen Flotte weite Teile der Milchstraße in Schutt und Asche legen – aber wozu? Es würde ihr Trajekt nicht befördern. Wenn es ihnen darauf ankäme, hätten sie es längst tun können.
Ataidse Sturu hat bereits zuvor Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Wir wissen, dass den Cairanern das Supramentum zu entgleiten droht. Und wir wissen auch, dass sie Rhodan in ihre Hände bekommen wollten, damit er Terra nicht zurückholt und dadurch nach einer Vorhersage der Thesanit ihre Pläne durchkreuzt.
Doch Terra ist heimgekehrt. Die Lage hat sich geändert, was die Cairaner verunsichern muss. Aufgrund ihrer nahezu paranoiden Angst müssen wir davon ausgehen, dass es sich bei ihnen oder besser ihrer Führung um Wesen handelt, die zutiefst verunsichert sind. Sie müssen neue Pläne machen, und sie haben dafür vermutlich kaum mehr Zeit.
Zudem scheint ihre Suche nach dem nächsten Volk, das ihnen dauerhaft als Lotsen dient, nur mäßig erfolgreich zu verlaufen. Sie sind an Aipu interessiert und an möglichst wenigen weiteren Komplikationen. Vor allem wollen sie das Herz ihres Reiches schützen: das Sternenrad. Ich schätze das Treffen auf Aithuriad von daher als echte Chance ein.«
»Eine Chance, zum Ziel eines Attentats zu werden?«, unkte Gucky.
»Eine Chance auf echten Frieden.«
Rhodan nickte. »Wir schwenken in den Orbit um Aithuriad ein!«
*
Zemina Paath hörte den Gesprächen in der Zentrale zu. Die angespannte Stimmung hatte sie schon vor Stunden erfasst und ließ sie nicht mehr los. Sie fürchtete sich, traute den Cairanern jedes Übel zu. Dabei hatte sie erfahren, dass die Cairaner ihre Gehirnfragmente gar nicht geraubt hatten.
Zemina starrte auf die cairanischen Augenraumer im Orbit, die der RAS TSCHUBAI und ihren Begleitschiffen einen Korridor zum Planeten öffneten. Die Waffengeschütze könnten jederzeit feuern. Dann wäre es vorbei mit der RAS TSCHUBAI und den vielen Fragen, die Zemina bewegten. Sie wünschte sich, Monkey wäre da. Seine ruhige, unerschütterliche Art wäre der Fels gewesen, nach dem Zemina sich sehnte.
Sie selbst hatte also ihre Gehirnfragmente hergegeben. Freiwillig. Dieses Wissen erschütterte sie, und sie war wütend, weil sie nicht mehr wusste, weshalb sie das getan hatte. Ja, sie verstand zwar mittlerweile, wie sie damals auf die RAS TSCHUBAI gekommen war. Aber sich selbst verstand sie immer weniger. Wie hatte sie das tun können? Warum? Gab es in ihr einen Selbsthass, den sie verdrängt hatte? Verloren, wie so viele Erinnerungen? Hatte sie sich bestrafen wollen? Jemand, der sich selbst liebte, konnte sich das nicht antun. Es musste einen Grund gegeben haben, weshalb sie sich verstümmelt und zum mentalen Krüppel gemacht hatte.
ANANSIS Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Im Grunde ist es eine besondere Ehre, von Ataidse Sturu persönlich eingeladen zu werden. Durch Daten, die wir aus dem Panarchiv und aus dem System haben, kenne ich die Gebräuche der Cairaner inzwischen besser.« Die Semitronik verstummte, und Sichu Dorksteiger übernahm.
»Was wir bisher erlebt haben, war eine Art Vorgeplänkel«, sagte die Ator. »Die Cairaner bewerten persönliche Gespräche anders als Holoverhandlungen. Auf der Konsulatswelt gibt es einen ganz besonderen Ort: den Konsulatsgarten. Dort zu verhandeln bedeutet eine große Ehre, aber auch bestimmte Regeln. Wobei wir berücksichtigen müssen, dass weder die Konsulin noch der Legat teilnehmen werden. Du wirst es neben Ataidse Sturu mit völlig neuen Verhandlungspartnern zu tun bekommen, Perry, auf die du nicht eingestellt bist. Es werden hochrangige Cairaner dieser Welt sein, die bisher im Hintergrund geblieben sind.«
»Das ist korrekt«, bestätigte ANANSI. Sie lächelte so liebenswürdig, dass Zemina beinahe vergessen hätte, dass sie es mit einer Semitronik zu tun hatte und nicht mit einer echten Frau. »Aithuriad ist die maßgebliche Welt der Cairaner. Wir steuern das Herz des cairanischen Imperiums innerhalb der Milchstraße an. Der Tradition zufolge wirst du auf eine Art Triumvirat treffen. Da Ataidse Sturu der Einzige aus dem eigentlichen Triumvirat ist, wird er zwei Begleiter als Delegation wählen. Einer erfüllt die Funktion Tavali, der andere ist Quari. Sturu selbst wird Mero Kezaz sein, die Fünfte Hand.«
»Die fünfte Hand am Sternenrad oder die fünfte Hand am Wagen?«, ulkte Gucky.
»Nein, keineswegs.« Sichu Dorksteiger runzelte die Stirn, dass sich die goldenen Muster darauf verzogen. »Die Fünfte Hand ist nichts Überflüssiges, sondern in der Vorstellung der Cairaner etwas Erhöhtes. Es heißt, die Fünfte Hand müsste es richten. Sie ist die ideale Hand. Die Wimper an der Waage.«
»Das Zünglein«, verbesserte Gucky und präsentierte seinen Nagezahn. »Glaub mir, du wirst noch Jahrhunderte brauchen, all diese Redewendungen richtig zu lernen.«
Sichu winkte ab. »Ihr wisst, was ich meine. Ataidse Sturu wird ein ausschlaggebender Faktor sein. Der Faktor. Du musst einen Draht zu ihm finden, Perry.« Sie sah Gucky bei dem Wort Draht herausfordernd an, und der Ilt nickte gutmütig.
»Vielleicht muss ich mehr als das tun.« Rhodan klang nachdenklich. »Die Cairaner lieben Spiegel. Wir sollten es spiegeln. Auch ich werde zwei Begleiter mitnehmen. Markul agh Fermi und ...«
»Mich!«, rief Zemina, ehe ein anderer ihr dazwischenfunken konnte. »Ich will wieder auf den Planeten. Es muss mehr Informationen geben. Weitere Hinweise auf meine Vergangenheit.«
»... Gucky«, endete Rhodan. »Ich nehme Gucky mit. Zemina, ich verstehe dein Anliegen, wirklich. Aber diese Verhandlungen sind hochsensibel. Sie dürfen nicht unnötig gestört oder belastet werden. Sobald sich abzeichnet, dass mit den Cairanern eine Einigung erzielt werden kann, können wir uns um deine Vergangenheit kümmern und den Konsul darauf ansprechen. Du hast eine Ewigkeit gewartet. Kommt es nun wirklich auf einen Tag mehr oder weniger an? Oder auf eine Woche?«
Zemina wollte »Ja«, antworten, aber sie schwieg. Wie sollte Perry Rhodan verstehen, wie es in ihr aussah? Jahrelang hatte sie geglaubt, es würde alles gut werden, wenn sie nur herausfand, was geschehen war. Wenn sie wüsste, was die Cairaner ihr angetan hätten. Nun hatte sie es herausgefunden, und es war überhaupt nichts gut. Noch vor wenigen Tagen hatte sie wenigstens einen Feind gehabt. Jemanden, der ihr böse mitgespielt hatte. Nun schien es, als wäre sie selbst ihre größte Feindin.
Sie hatte im Panarchiv auf Aithuriad erfahren, dass sie ihre fehlenden Gehirnfragmente angeblich gespendet hatte. Gespendet. Was für ein absurder Gedanke! Es musste eine Lüge sein. Man hatte ihr die Erinnerung entrissen. Sie manipuliert.
Zemina atmete tief ein. Ja, die Cairaner hatten sie manipuliert, aber das änderte nichts daran, dass sie ihre Gehirnfragmente wohl wirklich freiwillig hergegeben hatte. Warum reichten ihr diese Antworten nicht? Was wollte sie noch wissen? Sie war eine Lasha und hatte die Ankunft der RAS TSCHUBAI vorausgesagt. Deshalb war sie damals auf dem Schiff gewesen. Wieso hatte sie noch immer das Gefühl, etwas im Sternenrad tun zu müssen, eine Aufgabe zu haben?
In ihr schrie etwas stummen Protest: Das konnte nicht alles gewesen sein. Das durfte es nicht.
»Bitte«, sagte sie. »Ich will euch begleiten!«
»Nein.« Rhodan klang freundlich, doch in dieser Freundlichkeit lag eine Härte aus Arkonstahl. »Du bleibst an Bord der RAS TSCHUBAI. Vorerst. Sollten wir etwas erfahren, das dich betrifft, nehme ich mit dir Verbindung auf.«
Zemina schluckte. Sie dachte an Jasmyne da Ariga. Zu gerne hätte sie die andere getroffen, die als Enkelin Atlans angetreten war und die in Wahrheit ihre Schwester sein sollte. Doch ein solcher Kontakt war derzeit nicht möglich. Die kopierte THORA war mitsamt der Bioreplikate an Bord unter dem Befehl des falschen Atlan geflohen. Sie hatte das Holobild Arigas studiert – und dabei nichts gefühlt. Kein Erkennen. Keine Erinnerung.
»Du meldest dich wirklich? Egal, wie unbedeutend es dir vorkommt?«
»Ja«, versprach Rhodan.
Zemina glaubte ihm.