Читать книгу Perry Rhodan 3096: Das Meisterstück - Michelle Stern - Страница 8

Оглавление

3.

Erstumlauf

im Orbit um Aithuriad

Farye Sepheroa-Rhodan ließ es sich nicht nehmen, Perry Rhodan und Gucky zum Planeten zu fliegen. Die Welt ähnelte Terra und erinnerte Rhodan vom All aus daran, wie zerbrechlich die momentane Waffenruhe war. Würde das Sternenrad entfesselt, waren unzählige Welten wie diese in Gefahr. An Tschirmayn hatten die Cairaner ein furchtbares Exempel statuiert und gezeigt, wozu sie in der Lage waren.

Rhodan stand in der Zentrale neben Gucky. Augenraumer mit glosenden, roten Mittelteilen umgaben die BJO BREISKOLL, lauerten, lagen in Stellung. Jede Bewegung des Schlachtkreuzers der MARS-Klasse wurde peinlich genau überwacht. Auch die Bedrohung durch die Galaktiker war ungebrochen.

Rhodan hätte sich angespannt fühlen sollen, nervös, doch das Gegenteil war der Fall. Er vertraute seiner Intuition.

Ataidse Sturu wollte verhandeln. Der Cairaner suchte zum ersten Mal seit vielen Jahren wirklich nach einer friedlichen Einigung zwischen sich und den Galaktikern, ohne Hintergedanken. Die Cairaner hatten Pläne in Plänen in Plänen verborgen – und dennoch war mehr schiefgegangen, als ihnen derzeit recht sein konnte. Nun war einer von ihnen mutig genug, gemeinsam nach vorne zu blicken.

Cairaner und Galaktiker – was könnten sie erreichen, wenn sie sich wirklich aufeinander einließen? Dieses Treffen konnte der Beginn von etwas Neuem sein.

»Ich weiß, was du denkst, Großer«, sagte Gucky. »Dafür muss ich nicht mal deine Gedanken lesen. Aber mach dir mal klar, dass die Cairaner kein Block sind. Selbst wenn Sturu es ernst meint – es gibt jede Menge selbst ernannte Friedensbringer da unten, die deinen Tod bejubeln würden.«

»Vielleicht.« Rhodan ließ sich davon nicht beeindrucken.

Was zählte, war Ataidse Sturu. Der eine Konsul, der Verhandlungen suchte. Er konnte derjenige sein, mit dem Rhodan einen Weg fand und mit dem es einen Anfang gab. Allein, dass er mit der BJO BREISKOLL auf dem Planeten landen durfte, war ein Zugeständnis, dessen Symbolkraft nicht hoch genug eingeschätzt werden konnte. Der Kreuzer hätte in einem Selbstmordkommando enorme Vernichtung anrichten können.

Das Basisschiff diente üblicherweise den Raumlandebataillonen als mobiler Stützpunkt. Neben 945 Soldaten waren beinahe ebenso viele Kampfroboter an Bord. Die BJO verfügte über 16 Transformkanonen mit einer Kernschussweite von 900.000 Kilometern, 20 Überlicht-MVH-Geschütze, sowie Sublichtgeschütze, Impulsstrahler, einen Paratronwerfer, Raumtorpedos und Raumminen.

Darüber hinaus hatte sie die übliche Defensivausstattung aufzuweisen: Prall-, Paratron- und HÜ-Schirme.

Auf dem Holo erschien ein kugelförmiges Beiboot der TARTS, das ebenfalls auf dem Raumhafen zur Landung ansetzte, ähnlich eskortiert wie die BJO. Der De-Keon'athor Markul agh Fermi kam an. Er würde für die Arkoniden einstehen; den Thantur-Baron und dessen Interessen vertreten. Die Bleisphäre war nach wie vor in M 13 auf arkonidischem Gebiet zu finden, und die Arkoniden spielten eine maßgebliche Rolle in diesen Verhandlungen. Nachdem die Naats eine Einigung mit den Halutern erzielt hatten, kam es besonders darauf an, dass die Lage zwischen Arkoniden und Cairanern nach der Deportierung Tschirmayns nicht weiter eskalierte.

Rhodan dachte an die Welt, die weit fort von ihnen im Leerraum starb. Er würde dafür sorgen, dass der Planet an seinen angestammten Platz zurückkehrte.

Die BJO BREISKOLL landete. Rhodan und seine Begleiter nahmen den Antigravschacht zum unteren Pol, erreichten eine Spiegelplattform und traten – flankiert von einer Garde aus Soldaten und Robotern – über eine Schräge aus dem Schatten des Kreuzers heraus. Wenige Minuten später trafen sie auf dem Raumhafen mit Markul agh Fermi zusammen.

Rhodan blickte zur BJO zurück. Farye würde nicht lange bleiben, sondern bald wieder in den Orbit gehen, zurück zur RAS TSCHUBAI. Sie waren auf sich gestellt. Ein Zugeständnis, das sie den Cairanern gemacht hatten, um mit dem Kreuzer landen zu dürfen.

Ihre Garde blieb ein Stück zurück. Der Bereich des Raumhafens war nahezu verlassen. Erst in 500 Metern Abstand parkten einige Korvetten. Große Schiffe standen noch viel weiter entfernt, bildeten eine beeindruckende Kulisse im hellen Mittagslicht. Rhodan sah mindestens 20 cairanische Schiffe, die auf weißen, erhobenen Modulsäulen ruhten. Die Säulen passten sich perfekt an die Schiffe an, die sie trugen. Der Boden lag gut zwei Meter tiefer und war komplett verspiegelt. Er zeigte die rötlichen Wolken über ihnen, die sich zu Türmen ballten. Die Größe und Weite des Szenarios kam Rhodan vor wie eine sorgfältig gestaltete Bühne. Die Cairaner hatten genau überlegt, wo sie das galaktische Schiff landen ließen.

»Jetzt wird sich zeigen, ob sie's ehrlich meinen«, sagte Gucky.

»Kannst du etwas espern?«

»Keinen Hinterhalt oder etwas Derartiges.« Die Barthaare des Ilts zuckten. »Aber vielleicht warten sie, bis Farye abgezogen ist.«

»Wir müssen Vertrauen haben.«

Agh Fermi verzog bei diesen Worten das Gesicht, als hätte er unverhofft auf einen Muurtwurm gebissen. Er trug eine arkonidische Galauniform mit Dagorschwert und wirkte wie ein Imperator aus alten Tagen. Rhodan kannte diese Art von traditionellem arkonidischem Gewand. In dem breiten Ziergürtel, der kunstfertigen Waffenscheide sowie den goldenen Aufsätzen verbargen sich Schutzschirmprojektoren. Der hohe Kragen konnte einen dünnen Helm ausbilden, der sich über den Kopf faltete. Im Verhältnis zu agh Fermi kamen er und Gucky wie Bittsteller daher. Als Vertreter der Lemurischen Allianz hatte Rhodan bewusst eine schlichte Kombination gewählt, ebenso Gucky. Sie trugen beide waffenlose SERUNS-Slender, die wie gewöhnliche Kleidung wirkten und den Uniformen an Bord der RAS TSCHUBAI glichen.

Ein verspiegelter Luxusgleiter der Cairaner wartete auf sie, vor dem eine cairanische Frau stand. Der Geruch von Sandelholz umwehte die hochgewachsene Gestalt. Ihr Kleid schien farblich auf das von agh Fermi abgestimmt zu sein: Rot und Gold, in einem dunkleren Ton als der ihrer Haut. In der Kleidung gab es zahlreiche Falten, die Waffen verbergen konnten, doch Gucky gab sich entspannt. Offensichtlich konnte er keine Bedrohung espern.

Es waren weder Wachen noch Roboter zu sehen, trotzdem war Rhodan überzeugt, dass sie da waren, verborgen hinter Deflektoren oder anderweitig getarnt.

In der leicht niedrigeren Schwerkraft ging Rhodan dem Gleiter entgegen.

»Willkommen in Rheol«, sagte die Cairanerin. Sie trug goldene Handschuhe an allen vier Händen. Der Rest des Körpers ertrank nahezu in den Stofffalten, die nur das gefleckte Gesicht frei ließen. Selbst der Hinterkopf war damit überzogen. »Mein Name ist Goldomir Direi. Ich bin Quari. Seid ihr mit der cairanischen Triumviratsverhandlung vertraut?«

»Ja«, sagte Rhodan. »Ich bin Quintus Magnus.« Er zeigte erst auf Gucky, dann auf Markul agh Fermi. »Dies sind Quari und Tavali unserer Verhandlungsseite.«

Direi blickte auf Gucky, und für einen Moment wurden ihre verhornten Lippen so blass, dass sie im hellgoldenen Gesicht zu verschwinden drohten. Die Nase zuckte. »Ich bin überrascht, dass ihr diese Form gewählt habt. Aber es ist keine unangenehme Überraschung. Die Außenhände sollten die Innenhände kennen. Steigt bitte ein. Der Konsul wartet bereits.«

Agh Fermi sah zur angespannten Garde im Hintergrund. »Du garantierst für unsere Sicherheit?«

»Wir fliegen allein. Ich, ihr und die Pilotin.« Direi schaute Gucky direkt an. »Soweit ich das beurteilen kann, begebe ich mich dabei in weit größere Gefahr als ihr.«

Der Ilt zeigte seinen einen Zahn. »Möglich. Immerhin konnte mich nicht einmal ein Suspensionsalkoven halten.«

Rhodan wusste, was es Gucky abverlangt hatte, aus dem Alkoven zu fliehen, und er fragte sich, warum der Freund genau diese Antwort gegeben hatte. Wollte er die Cairanerin verunsichern? Was las er in ihren Gedanken?

»Nach dir«, sagte er zu Direi, die verblüfft über die Aufforderung wirkte, ihr jedoch nachkam.

Unter den düsteren Blicken agh Fermis betraten sie den geräumigen, hohen Innenraum. Der Arkonide ließ Direi keine Sekunde aus den Augen, als sie sich einander gegenübersetzten. Seine Hand lag auf dem Griff des Schwerts.

Der Gleiter stieg über dem Landefeld auf und brachte sie auf einem Zugangskorridor in den regen Flugbetrieb der Stadt. Rhodan war im Gegensatz zu Gucky noch nicht in der Milliardenmetropole Rheol gewesen. Er betrachtete nachdenklich die hohen Wohntürme mit den Kugelsegmenten und den zahlreichen Gärten, die sich unter ihnen wie Blütenkelche öffneten.

Rheol war geprägt von riesigen Spiegelflächen, die an urwüchsiges, wildes Gelände grenzten. Dann wieder gab es die Ordnung der Gärten. Es war ein Aufeinanderprallen verschiedener Kräfte, von denen jede ihre Berechtigung zu haben schien. In isolierten Gruppen ragten die hohen weißen Türme auf, als würde sich das Leben der Cairaner dort zentrieren. Hin und wieder schwebten mehrstöckige Plantagenbarken in der Luft, stets der Sonne zugewendet. Vieles war anders, doch nichts derart fremdartig, dass es Rhodan abgestoßen oder verwirrt hätte.

Cairaner und Galaktiker waren einander sowohl von Körper und Wahrnehmung als auch in der Kultur ähnlich. Eigentlich hätten sie gute Freunde sein können, wenn die Angst der Cairaner nicht gewesen wäre; ihr Trauma, das sie wie eine Nemesis verfolgte. Ohne die Kandidatin Phaatom und die Graue Materie wären Cairaner und Galaktiker wohl nie aufeinandergetroffen. Doch nun brauchten die Cairaner die Bleisphäre als Tor, das sie in den zweiten Zweig des Dyoversums führen sollte.

Sie steuerten auf einen hohen, komplett verspiegelten Turm zu, der wie eine Nadel allein auf einem weiten Spiegelplatz stand und die Gebäude im weiten Umkreis überragte. Eine breite Plattform umlief die Außenseite der gewaltigen Kugel, die auf dem schlanken Körper saß.

Dicht am schwindelerregenden Abgrund stand Ataidse Sturu, begleitet von einem weiteren Cairaner. Dies musste Tavali sein, das Ohr.

Während Sturu – wie Rhodan und Gucky – schlicht gekleidet war, trug der Cairaner neben ihm ein ähnliches Gewand wie das der Quari. Es war in einem dunklen Grün gehalten und bot durch die Falten jede Menge Raum rund um den schlanken, hochgewachsenen Leib. Sicherlich waren darunter Schutzschirmgeneratoren verborgen, wenn nicht sogar Waffen.

Sturu wich einen Schritt zurück, als er die Galaktiker aussteigen sah. Seine Augen waren zusammengekniffen.

»Ich hörte davon«, sagte er statt einer Begrüßung und wies auf Gucky. »Doch ich wollte es selbst sehen und nicht sofort eine Forderung stellen.« Die Miene des Cairaners wirkte düster, doch noch deutlicher als das Gesicht zeigten die Innenhände Ablehnung. »Du hast einen Parabegabten an deiner Seite.«

»Ja«, sagte Rhodan. »Er gehört zu meinen ältesten und besten Freunden.«

»Wir verhandeln über die Geschicke der Milchstraße. Freundschaft sollte dabei keine Rolle spielen.«

Gucky zeigte seinen einzelnen Nagezahn. »Hallo erst mal! Ich kann dir versichern, dass ich meine Paragaben nicht einsetzen werde. Ich fühle ohnehin, dass ihr euch gewappnet habt. In meinem Kopf ist ein latenter Dauerdruck, seit wir den Turm angesteuert haben. Er beeinträchtigt meine Gabe.«

Der Konsul legte die Innenhände ineinander, als müsste er sich sammeln. »Die Lage ist nach wie vor explosiv. Wir haben keine Zeit zu verlieren, also begleitet mich auf einen Umlauf. Danach werden wir entscheiden.«

Rhodan spürte, wie angespannt der Konsul wegen Guckys Auftauchen war. Vielleicht war es wirklich ein Fehler gewesen, den Freund mitzunehmen. Er beschloss aber, zunächst nichts zu sagen oder zu fragen, obwohl er unzählige Fragen hatte. So nah Cairaner und Galaktiker einander in der äußeren Kultur sein mochten – der Raum zwischen ihnen glich dem Abgrund am Plattformrand, von dem Sturu nun zurücktrat.

»Folgt mir!«, sagte der Konsul.

Markul agh Fermi warf Rhodan einen langen Blick zu. Dem De-Keon'athor passte seine Rolle offensichtlich wenig. Als Tavali war es an ihm zuzuhören, nicht zu reden. Doch Rhodan wusste, er konnte sich auf agh Fermi verlassen. Der Arkonide war ein scharfer Beobachter, dem nichts entgehen würde.

Sie gelangten über einen schmalen Zugang auf eine kreisrunde Bahn, die schwindelerregend hoch über einem Garten mit silbrig-weißen Pflanzen lag. Die Verästelungen der Pflanzenarme erinnerten Rhodan an Korallen. Aus jedem Arm wuchs ein weiterer, der sich wieder teilte und wieder. Wie oft, konnte Rhodan nicht genau sagen. 13 Mal? 15? Der komplette Innenbereich war auf diese Art überwuchert. Nur in der Mitte lag ein großes, schwarzes Becken, über dem eine verspiegelte Kugel schwebte, aus der sich Wasser ergoss. Auch der Boden unter ihren Füßen war verspiegelt und zeigte die kleine Gruppe aus Cairanern und Galaktikern auf dem Kopf. Obwohl es Mittag war und heiß sein musste, herrschte eine angenehme Temperatur.

Sturu ging weiter, flankiert von den beiden Cairanern, deren Haltung sich veränderte. Sie wirkten ernster, als hätte sich etwas getan, das Rhodan nicht verstand. War dies ein Ritual, das nun eingeleitet worden war?

Er entschied, es zu riskieren, das Schweigen zu brechen. »Du sagst, wir haben keine Zeit zu verlieren.«

»So ist es«, stimmte Sturu zu. »Konsulin Tainatin fordert Klarheit. Sie droht mit einem Angriff. Verhandeln wir. Ihr habt im Sternenrad eine gefährliche Position eingenommen. Wir wünschen, dass ihr sie verlasst.«

»Wenn wir sie verlassen, wer sagt uns, dass ihr unsere Schiffe nicht umgehend angreift? Offen gestanden gefällt es mir selbst wenig, dass wir ein Drohszenario aufbauen mussten. Doch bisher kam zu wenig Entgegenkommen von eurer Seite.«

Rhodan sah an Guckys Gesichtsausdruck, dass der Freund einen Kommentar dazu machen wollte und schüttelte kaum merklich den Kopf. Gucky hob die Schultern und sagte nichts. Wahrscheinlich war für ihn Rhodans Satz die Untertreibung des Jahrtausends.

»Welches Entgegenkommen wünscht ihr euch?«, fragte Sturu.

»Das haben wir bereits besprochen. Wir wollen Tschirmayn wieder an seinem angestammten Platz sehen. Dort, wohin dieser Planet gehört. Und wir wollen die Koordinaten aller Ausweglosen Straßen. Diese Art der Bestrafung muss enden. Das wäre eine Basis, damit Galaktiker und Cairaner wirklich zusammenarbeiten könnten. Das und ...«

»Der Verbleib Atlans!«, fiel Gucky ihm ins Wort. »Des echten Atlans! Atlan ist ein Freund. Wo ist er?«

Der Konsul schaute auf die schwebende, verspiegelte Kugel in der Mitte des Gartens. »Wirst du mich mit deinen Kräften angreifen, falls ich es dir nicht sage, Ilt?«

Guckys Nase bewegte sich, dass die Barthaare zitterten. »Willst du mich in Versuchung führen, Cairaner? Wir sind hier, um zu verhandeln. Jeder von uns nimmt ein hohes Risiko auf sich. Deshalb sollten wir ehrlich zueinander sein. Uns ist bereits klar, dass euer Supramentum ein wenig außer Kontrolle geraten ist.«

Sturu wandte sich Rhodan zu. »Dein Quari hat kein Verständnis für cairanische Befindlichkeiten. Er geht auf ein Ziel zu wie ein Fargosrind zur Tränke. Cairaner verhandeln anders. Ich wiederhole: Ich würde es vorziehen, wenn der Ilt nur diesen ersten Umlauf mit uns geht. Hätte er das, was er gerade von sich gegeben hat, zu Konsulin Tainatin gesagt, würde sie die RAS TSCHUBAI bereits angreifen lassen.«

»Dann sind wir froh, dass sie nicht hier ist«, sagte Rhodan und bedeutete Gucky mit einer Geste, sich zurückzuhalten. »Aber auch ich will wissen, wo Atlan ist. Für mich macht ein Fargosrind keinen Fehler, wenn es zur Tränke geht. Es hat Durst, und den haben wir ebenfalls, um in deinem Bild zu bleiben.«

Sturu ging einige Schritte weiter, ehe er antwortete. »Er befindet sich an Bord der THORA. Des echten Supramentums. Inzwischen wisst ihr ja, was genau das ist, nicht wahr?«

»Ja«, sagte Rhodan. Auch wenn er längst nicht genug wusste. Es war bekannt, dass die THORA das echte Supramentum war und damit in direkter Verbindung zur Bleisphäre und dem Übergang in den anderen Teil des Dyoversums stand. Details fehlten ihm jedoch nach wie vor. »Ich werde unter keinen Umständen zulassen, dass ihr Atlan für das Trajekt opfert.«

Der Konsul bedachte ihn mit einem intensiven Blick. »Und wenn die Umstände dazu führen, dass Atlan sich opfern will? Würdest du dann gegen den Willen deines Freundes handeln?«

Rhodan musste es dem Konsul lassen, dass dieser Schachzug geschickt war. »Darüber müssten wir mit Atlan sprechen. Mit ihm. Nicht über ihn.«

»Das ist derzeit nicht möglich.«

Rhodan spürte instinktiv, dass es an dieser Stelle nicht half, nachzubohren. Er hatte gesehen, wie die THORA geflohen war. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Agh Fermi signalisierte Rhodan, dass sie besser still sein sollten. Das war auch Rhodans Eindruck. Er fing von sich aus kein weiteres Thema an, bis sie sich dem Ende des Kreises näherten.

Der Konsul ging langsamer. »Der erste Umlauf ist beendet. Lasst uns ein erstes Ergebnis vorweisen.«

»Wie viele Umläufe sind vorgesehen?«

»So viele, wie nötig sind.«

»Was könnte ein erstes Ergebnis sein?«

Sturu bewegte die Innenhände. »Mach einen Vorschlag, Mero Kezaz der Lemurischen Allianz.«

»Für den Anfang wären die Koordinaten aller Ausweglosen Straßen ein Zeichen.«

»Diese Koordinaten sind mehr als ein Zeichen. Aber ich bin bereit, sie dir zu geben. Wenn du im Gegenzug dazu deine Stimme wieder auf die RAS TSCHUBAI zurückschickst und den Quari neu wählst. Du erhältst eine Stunde deiner Zeit, darüber nachzudenken. Es wird eine Stunde sein, in der wir sehr genau beobachten, ob ihr diesen Garten per Teleportation verlasst oder nicht. Im Garten werdet ihr ungestört sein und könnt frei reden.«

Rhodan fiel eine Unruhe an Sturu auf, die er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Der Konsul hatte etwas vor. »Einverstanden. Wir werden uns beraten.«

Sturu wies auf einen Spiegelroboter, der durch die Luft auf sie zusteuerte. »Servut wird euch begleiten und darauf achten, dass ihr nur in den Teil des Gartens geht, der dafür vorgesehen ist. Verlasst auf keinen Fall die Wege. Solltet ihr etwas brauchen, wendet euch an den Roboter. Und nun entschuldigt mich.«

Der Konsul machte eine Geste mit den Innenhänden, die aussah, als wollte er Fliegen vertreiben. Er ging die ersten Schritte rückwärts – womöglich ein Zeichen des Respekts. Seine Quari und sein Tavali begleiteten ihn.

Servuts Hülle leuchtete auf. »Folgt mir! Ich zeige euch, wo alle Hände zur Ruhe kommen können.«

Der Roboter führte sie auf ein Umlaufsegment in der Nähe, das nach unten absank. Sie erreichten gemeinsam einen Gartenabschnitt, in dem die weißen, schneeflockenartigen Pflanzen beinahe drei Meter hoch wuchsen. Sie erinnerten Rhodan an Schwarzalgen, die in lebendigem Zustand weiß waren. Schwarz war lediglich das Skelett unter ihrer zarten Hülle.

»Sicher irgendwelche biomechanischen Vorrichtungen«, sagte agh Fermi. »Ich fühle mich zwischen ihnen so wohl wie nackt unter Kristallgetreuen.«

»Euch kann nichts geschehen«, versicherte der Roboter. »Ihr steht unter dem Schutz von ...«

Gucky winkte ab. »Halt den Rand, Blechkumpel.« Er sah zu ihnen auf. »Wollt ihr mich wirklich austauschen?«

Rhodan wusste, dass es nichts brachte, Gucky etwas vorzumachen. »Ich fürchte, das müssen wir.«

»Hast du das vorausgesehen?«, fragte Gucky misstrauisch. »Benutzt du es, um dem Konsul ein erstes Entgegenkommen zu demonstrieren?«

»Ich habe es nicht ausgeschlossen«, gab Rhodan zu. »Aber eine andere Reaktion wäre mir lieber gewesen.«

Agh Fermi kniff die Augen zusammen. Rhodan entging die Regung ebenso wenig wie Guckys hochgezogenen Lippen. Beide hatten etwas bemerkt.

»Tschuldige, Blechkumpel«, sagte Gucky, und sämtliche Lichter auf dem Roboter erloschen. Die Kugel sank zu Boden, blieb dort reglos liegen.

Agh Fermi sprang vor. Die sternartigen Ausläufer der Pflanzen zogen sich vor ihm zurück, gaben den Weg frei und zeigten eine schlangenartige, gut zwei Meter lange, zusammengerollte Gestalt in einem Tarnanzug, die mit einem überraschten Quieken auf einen Fingerzeig Guckys hin in die Höhe glitt. Auf dem Kopf trug sie eine Lingumaske in strahlendem Weiß. Ihr Greifschwanz peitsche in die Luft.

Der Arkonide packte den schwebenden Shenpadri an einem metallenen Ausläufer am Hals. »Was bist du? Ein Attentäter?«

Erschrockene Laute kamen aus der Maske. »Nicht! Ich ... ich bin kein Feind! Ich will euch helfen und habe dafür gesorgt, dass uns niemand belauschen kann! Ich muss mit euch reden.«

Rhodan schaute sich um. Der weiße Wald umgab sie vollkommen, der Roboter lag telekinetisch ausgeschaltet am Boden. Sie waren unter sich. »Wer bist du?«

»Ich ... ich bin Shanjar. Ich habe mich hier versteckt, um mit dir zu sprechen, Perry Rhodan.«

Markul agh Fermi ließ den Shenpadri los, und Gucky setzte ihn ab, sodass er wieder auf dem Boden kauerte.

Langsam entrollte sich der schlangenartige Leib zu seiner ganzen Größe. »Sturu darf es nicht wissen. Die Cairaner vertrauen mir. Ich bin der Betreuer des Gartens. Ihr würdet es vielleicht Gärtner nennen.«

Agh Fermis Miene war düster. »Und warum lauert ein Gärtner uns auf?«

Die Augen des Shenpadris weiteten sich. »Weil ihr mir helfen müsst! Ich will wissen, was es ist, und ihr könnt es herausfinden.«

Rhodan hob die Augenbrauen. »Es sieht so aus, als wären wir unverhofft auf einen Verbündeten gestoßen.«

»Es könnte eine Falle sein«, argwöhnte agh Fermi.

»Ist es nicht.« Gucky ging näher an den Shenpadri heran, beugte sich vor. »Seine Gedanken sind fremd, aber er sagt die Wahrheit. Er sucht nach etwas, das er Meisterstück nennt.«

Der Shenpadri zuckte zurück. »Wie hast du ... ach ja. Du bist Dreifach-Mutant, nicht?«

»Bin ich. Und du kannst mir nichts vormachen. Du willst also Informationen über dieses Meisterstück. Was bietest du dafür? Und weshalb sollten wir dir vertrauen?«

Der Greiflappen an Ende des Leibs zuckte über die weiße Erde. »Nun ... ich werde euch sagen, warum Sturu diese Verhandlungspause wirklich gewollt hat. Es gibt noch einen weiteren Verhandlungspartner. Das Gebilde.«

»Das Gebilde?«, echote agh Fermi. »Nie gehört.«

»Weil es geheim ist. Ich kann euch verraten, wo es ist. Euch die Koordinaten geben. Wenn ihr mir versprecht, mir zu helfen. Für euch ist das ganz einfach. Es würde reichen, wenn ihr Ataidse Sturu dazu bringt, hier im Garten oder auf dem Umlauf über das Meisterstück zu reden. Ich werde es hören können.«

Rhodan erkannte eine Chance, wenn sich ihm eine bot. »Einverstanden. Falls Ataidse Sturu mit noch einer Partei verhandelt, will ich wissen, mit welcher.« Er wandte sich an Gucky. »Du solltest den Planeten verlassen und dich auf dem Weg zum Gebilde machen.«

Der Freund patschte zustimmend mit dem Biberschwanz auf den Boden. »Sehe ich auch so.«

Agh Fermi kniff die roten Augen zusammen. »Wir sind mitten in hochsensiblen Verhandlungen. Wäre es nicht töricht, das zu gefährden, indem wir mit der RAS TSCHUBAI oder einem ihrer Beiboote auf eine geheime Mission innerhalb des Systems gehen?«

Rhodan lächelte. »Oh. Du hast mich missverstanden. Die RAS TSCHUBAI geht nirgendwohin. Auch keines der Beiboote. Aber es gibt jemanden, der frei handeln kann. Unautorisiert und unabhängig. Jemand, der seine eigenen Mittel und Interessen hat und den es wirklich interessieren dürfte, was wir gerade erfahren haben.«

Gucky feixte. »Ich verstehe. Du willst Zemina Paath darauf ansetzen. Und ich werde sie begleiten.«

Perry Rhodan 3096: Das Meisterstück

Подняться наверх