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3.

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An Bord der ZHOL-BANNAD

Karynars Hand zitterte. Wollte sie die Sektion wirklich in einen Glutball verwandeln?

»Karynar!« Fartir-Jenaks Griff um ihr Fußgelenk verstärkte sich. Er versuchte, sich an ihr nach oben zu ziehen. Sein ausgestreckter Arm näherte sich ihren Fingern und dem orange glühenden Punkt, den einer von ihnen nur berühren musste, um allem ein Ende zu machen.

»Tritt zurück!«, rief ein bewaffneter Onryone im Schutzanzug. Die Mündung des Strahlers wies auf Karynars Kopf.

Sie konnte die Explosion auslösen und sterben. Ob durch den Schuss des Onryonen oder die Explosion machte keinen Unterschied. Der Schmerz würde kurz sein. Es würde schnell gehen. Aber was wäre damit gewonnen?

Sie dachte an die Kugeln der Zerstörung – diese gewaltigen, runden Gebilde, die sie mit Kälte erfüllten, wenn sie an sie dachte – und an das, was sie antrieb, warum sie unter Proto-Hetosten lebte, obwohl sie keine von ihnen war. Niemals hatte sie ein Leben nehmen wollen. Sie wollte es auch in diesem Augenblick nicht.

Das Leben war das höchste Gut. Wenn sie das verriet, hätte sie sich den Proto-Hetosten von Anfang an offenbaren können. Dann verriet sie ihre Moral und alles, für das sie sich Zeit ihres Lebens eingesetzt hatte.

Langsam sank Karynars Arm ab. Sie fing den Blick Fartir-Jenaks auf – eine hasserfüllte Anklage.

Irgendwo im Schiff wummerte es dumpf. Entweder hatten andere Proto-Hetosten weniger Bedenken als sie, oder die Onryonen griffen ihrerseits mit Sprengsätzen und schweren Geschützen an.

»Da rüber!« Der Onryone wedelte in die Richtung des paralysierten Gerdul.

Karynar wollte sich von Fartir-Jenak entfernen, doch der hielt ihr Gelenk schmerzhaft fest.

»Warum?«

Sie wollte ihm sagen, dass es etwas zu tun gab. Dass sie eine Aufgabe hatte. Aber das würde er nicht verstehen. Wie auch. Für ihn war sie eine Proto-Hetostin.

Die Waffe des Onryonen zuckte zu Fartir-Jenak. »Lass sie los!«

Einen Moment glaubte Karynar, Fartir-Jenak würde es darauf anlegen, erschossen zu werden, doch er musste wissen, dass dieser Plan zum Scheitern verurteilt war. Der Onryone würde ihn lediglich paralysieren.

Als gingen Fartir-Jenak ähnliche Gedanken durch den Kopf, öffnete er die Finger. Seine Haut war schweißbedeckt, die Stirn von gräulichen Flecken überzogen. Er musste große Schmerzen haben. Mit einem letzten, anklagenden Blick zog er den Arm zurück.

Karynar ging mit gehobenen Händen zu Gerdul.

Weitere Onryonen in Raumanzügen schwärmten herein. Sie umringten sie, Gerdul und Fartir-Jenak. Schmale, kräftige Finger tasteten sie nach Waffen ab. Ein Onryone, der besonders groß war, etwa einen halben Kopf größer als die anderen, richtete ein Analysegerät auf sie.

Karynar hielt den Atem an. War es vorbei? Was genau konnte der Feind damit messen?

Der große Onryone senkte das Messgerät. »Schafft sie rüber zu den anderen.«

Die graue Wandung verschwamm leicht, als Karynar ausatmete. Offensichtlich hatten die Onryonen nur nach Waffen gesucht.

Ein Raumsoldat trieb sie voran. Auch Fartir-Jenak stießen die Onryonen vor sich her. Gerdul dagegen trugen zwei von ihnen, bis ein Roboter mit Traktorstrahl übernahm.

Aus dem Schiffsinneren kamen neue Schläge, weitere Erschütterungen. Die Luft hingegen wurde besser. Den Onryonen musste daran liegen, die Sauerstoffversorgung und andere Grundsysteme der Lebenserhaltung zu verteidigen. Die Proto-Hetosten wehrten sich mit Sicherheit immer erbitterter. Sie kämpften, weil sie miterlebt hatten, wie die anderen beiden Raumer zerstört worden waren. Sie hatten die flehenden Notrufe empfangen, die ängstlichen Stimmen gehört, die mit einem Schlag zusammen mit der Explosion für immer geschwiegen hatten. Viele hatten Familienangehörige verloren, denen sie lieber nachfolgten, als allein zurückzubleiben. Karynar vermutete, dass sie Fallen legten und Selbstmordattentate verübten, ähnlich wie Geldis-Tara.

Die Onryonen ermahnten zur Eile. Sie brachten sie in einen nahezu leeren Frachtraum. Zwei der Goldäugigen waren dabei, die letzten Metallcontainer in andere Räume zu bringen.

Auf dem kargen Boden hockten zwanzig Gefangene in Fesselfeldern zwischen Projektoren. Sie trugen schlichte graue Anzüge mit Helmen. Drei Onryonen in patronitroten Anzügen bewachten sie.

»Ausziehen!«, befahl eine Onryonin in fahlorangefarbenem Schutzanzug. Sie trug einen Helm, das Visier war geschlossen. Dahinter erkannte Karynar das rötliche Emot im lackschwarzen Gesicht über den Goldaugen. Dieses Emot war anders. Es sah steif aus und veränderte sich weder in der Farbe noch in der Form. Die Wellen darauf waren festgefroren. Eine Behinderung?

Zögernd legte Karynar den Anzug ab, gedrängt von zwei Wachen, die ihren Bewegungen mit Strahlergesten Nachdruck verliehen. Ein weiteres Mal durchsuchten die Onryonin sie nach Waffen und Sprengstoff. Dann warfen sie ihr einen schlichten grauen Anzug mit Falthelm hin.

Fartir-Jenak legte das Kleidungsstück mit sichtlichem Widerwillen an. Auf seiner Stirn pulsierte eine schwarze Ader.

Auch Karynar überwand sich.

Die Onryonin trat näher. »Runter mit euch!«

Karynar setzte sich. Ein Fesselfeld legte sich bis zum Hals um sie und raubte ihre jede Kraft. Sie konnte keinen Muskel mehr rühre.

»Bist du jetzt glücklich?«, fragte Fartir-Jenak. »Gefangene der Onryonen! Was hast du dir dabei gedacht?«

Die Onryonen ignorierten ihr Gespräch. Es herrschte hektische Betriebsamkeit. Die Onryonin mit dem gefrorenen Emot zog sich ein Stück und zurück und sprach schnell in ihrer singenden Sprache in ein Armbandgerät.

»Wozu wäre unser Tod gut gewesen?«

»Um sie von Avestry-Pasik fernzuhalten! Seine Flucht zu schützen!«

»Pasik ist entweder schon längst fort oder verloren!«

»Du warst feige! Du hast nicht den Schneid, jemanden zu töten oder den vollen Einsatz zu geben. Dein Leben ist dir zu kostbar.«

Womöglich stimmte das. Jedes Leben war unendlich wertvoll. Auch ihres. Aber war sie deswegen feige? Der Anblick der Onryonen im Raum schleuderte sie in der Zeit zurück. Längst vergangene Erinnerungen wurden wach. Ehe sie sich den Proto-Hetosten angeschlossen hatte, war Karynar Historikerin gewesen. Wie viele Jahre war das her?

Die Wachen führten zwei neue Gefangene in den Raum. Einer der beiden stolperte und stürzte. Als er sich aufrichtete, hielt er einen Strahler in der Hand.

Karynar hielt den Atem an.

Die Onryonin im orangefarbenen Schutzanzug schlug ihm mit solcher Wucht ins Gesicht, dass seine Nase knirschte. Der Anzug musste ihre Kraft verstärken, denn der Proto-Hetoste schwankte und stürzte erneut. Die Waffe glitt ihm aus der Hand.

Langsam atmete Karynar aus.

»Wenn du drankommen könntest«, flüsterte Fartir-Jenak, »würdest du sie dann nehmen und mich erschießen? Würdest du mir diesen Gefallen tun? Wenigstens das?«

Kaum merklich bewegte Karynar den Kopf. Sie wollte mit der Hand eine verneinende Geste machen – erfolglos. Ihn erschießen? Das war undenkbar.

»Nein«, stellte Fartir-Jenak fest, »du nicht. Du bist ein Feigling. Und so was wie dich habe ich geliebt.«

Karynar schwieg. Obwohl sie ihn nie gewollt hatte und es für sie beide so oder so keine gemeinsame Zukunft gegeben hätte, taten seine Worte weh. Wollte man nicht immer anderen gefallen? Besonders Ranghöheren und Ausbildern?

Fartir-Jenak war schon bei den Rebellen gewesen, als sie den Weg zu ihnen gefunden hatte. Er war einer der Ersten gewesen, die sie begrüßt und sich um sie gekümmert hatten. Er hatte ihr das erste Quartier gezeigt. Eine kleine Kabine, in der selbst sie sich winzig gefühlt hatte.

Was für sonderbare Gedanken ihr kamen, seit dem Angriff. Es war, als würde alles in ihr durcheinandergewirbelt und als würde sie in der Erinnerung nach allem greifen, das sie von der Möglichkeit der baldigen Entdeckung ablenkte.

Die Onryonin mit dem gefrorenen Emot sprach wieder in das Gerät am Handgelenk, während zwei Raumsoldaten den rebellierenden Gefangenen in ein Fesselfeld hüllten. »Verstanden. Wir überstellen an die SPINYNCA Vier. Im Raumvater soll man sich bereithalten.« Sie gab einem anderen Onryonen einen Wink.

Ein Traktorstrahl hob Karynar in die Höhe. Panik kam in ihr auf. Sie spannte jeden Muskel, versuchte um sich zu schlagen, sich zu befreien. Kleine Schweißperlen traten auf ihre Stirn. Die Arme und Beine schmerzten vor Anstrengung. Sie roch eine scharfe Nuance – ihre eigene Angst.

Nein! Das sollte aufhören! Sie öffnete den Mund, um die Raumsoldaten anzuschreien, doch der hämische Blick von Fartir-Jenak hielt sie zurück. Langsam flaute die Angst ab und mit ihr der verräterische Geruch, der an Schweiß und Gewürze erinnerte.

Sie schwebte dem Schiffsrumpf entgegen. Über einem hineingeschnittenen Loch im Metall lag ein zylindrischer Schutzschirm mit Schleuse. Durch eine Strukturlücke kam sie in die Zwischenkammer.

Der Schirm glühte fahlrot und verwehrte die Sicht auf den maroden Raumer und die Schiffe der Onryonen, die ihn einkreisten. Hinter der Schleuse wartete eine biegsame Röhre, in die Karynar eintauchte. Sie landete in einer weiteren Schleuse, die in ein onryonisches Beiboot führte.

Erst dort erhaschte sie einen Blick auf die ZHOL-BANNAD. Wie ein zerrissenes Beutetier hing der Raumer zwischen den Schiffen des onryonischen Raumrudels. Er sah noch geschändeter aus als auf dem Holo Gerduls.

Bei dem Anblick verkrampfte sich alles in Karynar. Ihre Brust fühlte sich hohl und leer an. Da draußen lagen die Überreste ihrer Heimat.

Sie sank zu Boden. Kurz nach ihr kamen Gerdul und Fartir-Jenak. Letzterer ignorierte sie wie eine Aussätzige mit Larhatonk-Seuche.

Gerdul dagegen drehte ihr unter Mühe den Kopf zu. »Sie haben uns nicht getötet?«

»Das machen sie nie. Gefangene werden am Leben gelassen.«

»Du kennst dich gut mit ihnen aus.«

»Ich war Historikerin. Ich habe sie studiert.«

Gerduls Gesicht war eingefallen. In seinen Augen stand ein Ausdruck von Furcht. »Sie werden uns verhören. Uns Stützpunkte und Geheimnisse entreißen.«

»Es sind genug von uns entkommen, um die anderen rechtzeitig zu warnen.«

Sie schwiegen und dachten mit Sicherheit dasselbe: an Avestry-Pasik. Über ihn zu reden wäre in der Gegenwart der Onryonen sträflich gewesen. Die Feinde wussten nicht, dass er an Bord gewesen war, konnten es schlimmstenfalls ahnen.

Karynar schloss die Augen. Wenn wenigstens er weiterlebte. Dann war das alles nicht umsonst.

*

Onryonenraumer SPINYNCA

Guol Chennyr spürte dem schwachen Glühen in seinem Emot nach. Er dachte an die Kolonien und an das Schicksal.

Wo Darrydh wohl inzwischen war? Hatte er auch Karriere gemacht? Befehligte er ein Schiff wie die SPINYNCA und ebenso wie er einen Verband aus 35 Schiffen?

Unwahrscheinlich.

Chennyr legte seine Hände in die mit Versenkungsflüssigkeit gefüllte Schale vor ihm. Das Gefühl von Glutfunken, die über sein Emot wehten, verstärkte sich. Einen Moment starrte er auf die irisierende, mattblaue Flüssigkeit, dann schloss er die Augen und gab sich ganz dem Augenblick hin.

Was war sein Geheimnis? Warum war er erfolgreicher als andere?

Die Antwort war einfach: Chennyr war nicht nur diszipliniert, er war auch leidenschaftlich.

Die Galaxis Larhatoon befand sich auf einem guten Weg, eine Basis für die Atopische Ordo zu werden. Es galt, diese rückschrittlichen Elemente, die Proto-Hetosten, zu zerschlagen.

»Irregeleitete Kinder«, murmelte er und hörte dem Klang der Silben nach. »Sie verklären eine goldene Zeit, die es nie gegeben hat.«

Dabei war es wichtig, klar zu sehen, was war und was nicht war. Nur wer einen reinen, offenen Geist hatte, konnte das Morgen herbeirufen, den Glanz und die Glorie der Ordo. Daran glaubte er fest.

Manchmal wünschte sich Chennyr, er könne den Proto-Hetosten zeigen, wie es in seinem Kopf aussah. Warum er die Ordo über alles liebte. Er wollte sie wie Werdende an die Hand nehmen und ihnen das Universum im Licht der Anuupi zeigen. Ganz ähnlich wie er Taccea Sperafeco erst vor Kurzem einen Einblick in seine Gedanken gewährt hatte.

Er atmete aus, fokussierte die innere Schwärze, die der des Alls zwischen den Sternen ähnlich war. Doch es war dort warm. Geborgen. Ein Ort der Ruhe und Kraft, an dem Emot, Herz und Gehirn Synchronisation erfuhren, eins wurden.

Langsam öffnete er Augen. Die Versenkungsmasse erkaltete bereits. Wie immer hatte sie ihren Dienst getan und Chennyr dabei geholfen, sich zu fokussieren. Es war ein lieb gewordenes Ritual, das er besonders in schwierigen Zeiten durchführte.

Er nahm die Hände aus der Schüssel und trocknete sie mit einem Weichtuch ab. Dabei atmete er tief ein und betrachtete seine Unterkunft mit Wohlwollen.

Chennyr mochte die klare Ordnung, die einfachen Formen und Farben, die seine Kabine beherrschten. Alles war an seinem Platz. Jedes Kleidungsstück, jeder Gebrauchsgegenstand kannte genau einen Ort, an dem er sich zu befinden hatte und wo er sich auch tatsächlich befand.

»Anuupi-Verband, Intensität leicht erhöhen.«

Es wurde eine Nuance heller. Chennyr stand auf, leerte die Schüssel mit rituellen Bewegungen im Abguss, trocknete sie ab und räumte sie an den einen Ort, an den sie gehörte.

An der leeren Schlafmulde blieb er stehen. Er schlief allein, und entgegen den Ratschlägen zahlreicher Freunde und Verwandter, die ihm dringend davon abgeraten hatten, fühlte er sich damit wohl. Auf einen hölzernen Pyzhurg verzichtete er. Er fand die hölzerne Tradition albern. Geschichte respektierte er, doch dass ein Gegenstand andere derart beeinflusste und von ihnen wie ein zweiter Onryone wahrgenommen wurde, missfiel ihm.

Früher hatte er mit dieser Meinung allein gestanden, doch inzwischen war er in einer Position, in der einige an Bord ihm nacheiferten und sich gegen die Tradition stellten. Besonders die junge Geniferin Taccea Sperafeco folgte seinem Vorbild. Wenn sie dann jedoch merkte, dass sie an ihn nicht heranreichte, war die Beziehung von Spannungen geprägt, die sich oft hartnäckig hielten.

Er berührte zaghaft sein Emot. Spannungen, die vielleicht nicht da gewesen wären, wenn er die hübsche Onryonin mit dem wohlgeformten Emot weniger interessant finden würde. Es gab kaum eine Ruhephase, in der er nicht an sie dachte. Wenn sie sich aufregte, wogte ein rosafarbenes Schlieren über ihre Stirnmitte, das von einzigartiger Klarheit war.

Sperafeco hatte versucht, auf ihren hölzernen Pyzhurg zu verzichten. Sie musste allein schlafen, denn niemand ihres Rudels befand sich an Bord, und die Raumaufteilung sah zu einem gewissen Prozentsatz Einzelunterkünfte für Höherrangige vor. Doch Sperafeco war mit dieser einsamen Nachtruhe ohne Pyzhurg nicht zurechtgekommen. Und das trotz ihrer Neugierde und Unerschrockenheit.

Sechs Bordtage hatte sie durchgehalten. Am siebten verlangte sie ihren Pyzhurg zurück.

Vielleicht hatte es sie besonders geärgert, dass Chennyr ihn tatsächlich aufgehoben und nicht vernichtet hatte. Er hatte von Anfang an daran gezweifelt, dass sie ohne das hölzerne Rudelmitglied zurechtkam. Gleichzeitig hatte er sich dem Tagtraum hingegeben, gemeinsam mit ihr ein neues Schlafrudel zu gründen. Absurd und zugleich verlockend.

Chennyr strich sein buntes Gewand glatt, ordnete die Haare und trat hinaus auf den Gang. Er hatte die Zentrale für kurze Zeit verlassen, um sich zu sammeln und Kraft zu schöpfen. Durch den Kampf gegen das Rebellenschiff hatte er seine Schicht überzogen und arbeitete, obwohl er eigentlich ruhen sollte.

Normalerweise vermied Chennyr diese Art von Erschöpfung, wie er hellem Licht aus dem Weg ging. Er wusste, dass sie ihn für Tage unkonzentriert machen konnte, und aufputschende Medikamente verabscheute er.

Doch in diesem Fall stand viel auf dem Spiel: Wenn es ihm gelang, den aktuellen Anführer der Proto-Hetosten zu stellen, würde das ein Glückstag werden, der in die Lobpreisungen der Ordo Einzug hielt. Mit ihrem Kopf würde die Organisation der Rebellen von Larhatoon fallen oder derart in Aufruhr geraten, dass eine endgültige Zerschlagung in greifbare Nähe rückte.

Hinzu kam die Vermutung, dass der Rebellenführer Avestry-Pasik sein könnte. Ein Informant hatte ihm übermittelt, dass Avestry-Pasik aus seiner Bußklause geflohen sei und auch die bisherigen Kurzverhöre deuteten darauf hin.

Die Geniferin schaute auf, als er die Zentrale betrat. Außer ihr hielten sich drei weitere Onryonen im Kommandostand auf, darunter auch Jassikhay, der den Angriff auf die inzwischen eingenommene ZHOL-BANNAD geleitet hatte.

»Wie ist der Stand?«

Jassikhays Emot verfärbte sich leicht. Ein nussiger Geruch breitete sich aus. »Die ZHOL-BANNAD ist genommen, aber schwer beschädigt. Wir konnten die Selbstzerstörungsmechanismen einzelner Sektionen neutralisieren.«

Er zögerte, als wäre das nicht allein sein Verdienst oder das seiner Truppen.

»Hervorragend. Was ist mit ihrem derzeitigen Anführer?«

Jassikhay zog den Kopf ein. Seine Ohren waren ein Stück kürzer als üblich, deswegen wirkte es immer, als würde er sich ducken. Je nach seiner Stimmung erweckte er den Eindruck, sich zu verstecken oder Anlauf für einen Angriff zu nehmen. »Flüchtig, Kommandant. Er ist durch einen Transmitter gegangen, der sich direkt nach der Nutzung zerstört hat.«

»Ich verstehe. Nennen die Rebellen der ZHOL-BANNAD seinen Namen?«

»Nein. Sie schweigen verbissen.«

»Wir werden sie bei den Verhören schon zum Reden bringen. Ist die Überstellung der Gefangenen abgeschlossen?«

»Sie läuft. Wir sind dabei, die Gefangenen zu überprüfen und in entsprechende Zellen zu transportieren. Es ist logistisch herausfordernd.«

»Ich bin sicher, dass du anstehende Probleme lösen wirst.«

»Natürlich, Kommandant.« Jassikhay zögerte. Seine Ohrspitzen bewegten sich sacht.

Chennyr genoss es, dass der andere erst überlegte, ehe er sprach. Chennyrs Ruf eilte ihm voraus, und viele der ihm untergebenen Onryonen hatten einen Respekt vor ihm, der an Angst grenzte. Seine scharfe Zunge und sein gnadenloses Urteil waren gefürchtet.

»Kommandant ... Wäre es nicht besser, Kaidhan anzufliegen? Das Haoshall-System?«

Chennyr verstand, worauf Jassikhay hinauswollte. Im Haoshall-System hatten sie andere rechnerische Möglichkeiten. An Bord dagegen gab es weder entsprechende Spielereien noch einen Schuldmeister wie Tontosd.

»Nein. Wir werden zuerst versuchen, was mit Bordmitteln möglich ist. Überstellt einige der Gefangenen und bringt sie zu mir. Ich kümmere mich persönlich darum. Sperafeco, möchtest du als Assistentin an den Verhören teilnehmen?«

Ihr Emot schimmerte schwach. In ihrem Blick lagen Neugierde und eine Herausforderung, die an Provokation grenzte. Sie gehörte zu denen, die ihn nicht fürchteten, denn sie wusste genau, was er für sie empfand. Leider hatte sie bisher mit keiner Geste gezeigt, ob sie ebenfalls Interesse hatte. »Es wäre mir eine Ehre, dich zu unterstützten. Ich bin sicher, wir erfahren, wohin dieser Lare geflohen ist und ob er wirklich Avestry-Pasik ist.«

Oh ja. Das würden sie. Auf die eine oder andere Weise.

Perry Rhodan 2753: Endstation Cestervelder

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