Читать книгу Hot Caribbean Dreams - Michèle Parsons - Страница 5

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1. Kapitel

Allison betrachtete auf ihrem Computerbildschirm die «Movie Magic»-DVD, die ihre Freundin Julie von St. Lucia geschickt hatte, um Allison einen Hauch karibische Sonne in den kühlen Londoner Februar zu senden. Nun malte sich Allison in Gedanken wehmütig aus, wie sie mit Julie in deren tropischem Garten saß, den Blick über das smaragdgrüne Meer schweifen ließ, zwischendurch an einem bunten Cocktail nippte und sich alte Erinnerungen aus der gemeinsam verbrachten Zeit auf der Londoner Hotelfachschule anhörte, die sie selbst längst vergessen hatte.

Mit einem langen Seufzer fuhr sie den Computer herunter und beschloss, Julie später anzurufen. Natürlich durchschaute sie die Taktik ihrer besten Freundin, die sie mit den bunten Bildern ihrer neuen Heimat endlich zu sich in die Karibik locken wollte. Julie war bemüht, Allison vom Tod ihres Ehemannes abzulenken.

«Bring deine Stieftochter mit, wenn du glaubst, dass du sie nicht allein in London zurücklassen kannst. In meinem Haus ist genug Platz für euch zwei. Schließlich führe ich ein kleines, aber feines Hotel mit zwanzig Zimmern.» Julie versuchte immer wieder, sie aus London herauszulocken. Doch Allison konnte sich nicht entscheiden. Seit ihr Mann gestorben war, erledigte sie im Alltag nur das Nötigste und kümmerte sich um ihre aufbrausende Stieftochter, für die sie nun allein die Verantwortung trug und die nach dem Tod ihres Vaters beschlossen hatte, ihr Studium auf unbestimmte Zeit zu verschieben und stattdessen ihr Leben in vollen Zügen zu genießen. Wenn Allison nur daran dachte, die Koffer zu packen, wurde ihr bereits vor Erschöpfung schwindelig. Aber zeigte nicht genau diese Tatsache deutlich an, dass ein Urlaub dringend nötig war?

Als sie einige Zeit später hörte, wie ihre Stieftochter Pamela sich leise ins Haus schlich — sie wollte nicht dabei ertappt werden, wie sie die verabredete Zeit fürs Nachhausekommen überschritten hatte —, wälzte Allison sich anschließend noch eine nicht enden wollende Stunde im Bett herum, bevor sie plötzlich mit Entschlossenheit aufstand und in das Arbeitszimmer ihres Mannes hinunterging. Sie startete den Computer, um einen Flug in die Karibik zu buchen. Was andere konnten, das konnte sie schon lange. Ihr Leben sollte endlich weitergehen. Die wunderschöne Karibikinsel St. Lucia schien ihr der perfekte Ausgangspunkt für einen Neustart zu sein. Julie hatte Recht: Ein rigoroser Tapetenwechsel war das einzig Richtige.

«Aufstehen und Koffer packen!» Allison rauschte in das Zimmer ihrer Stieftochter und machte sämtliche Lichter an.

Unter der geblümten Bettdecke im Laura-Ashley-Design regte sich Pamela knurrend und brummend. Dann erschien ihr zerstrubbelter dunkler Haarschopf, durch den sich zu Allisons Überraschung feuerrote Strähnen wanden.

«Bist du von allen guten Geistern verlassen?», fauchte Pamela.

«Keineswegs. Ich muss dich enttäuschen.» Allison baute sich neben dem Bett auf und war entschlossen, keinen Zentimeter nachzugeben. Innerlich wappnete sie sich gegen Pamelas Wutausbruch, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit folgen würde. «Es wird dir nicht gelingen, mich wegen geistiger Umnachtung in die Klinik einweisen zu lassen. Denn ich bin so klar im Kopf wie lange nicht mehr. »

Pamela setzte sich im Bett auf und starrte ihre Stiefmutter böse an. «Dann erklär mir, was dieser Mist soll!» Sie warf einen raschen Blick zum Wecker auf ihrem Nachttisch. «Es ist fünf Uhr früh», kreischte sie. «Du bist verrückt. Total verrückt!» Sie ließ sich ins Bett zurückfallen und zog sich die Decke über den Kopf. «Mach das Licht aus und verschwinde.»

«Den Teufel werde ich tun.» Allison war jetzt richtig wütend. «Wenn du dich die halbe Nacht herumtreiben kannst, dann kannst du auch jetzt aufstehen und deinen Koffer packen. Tu nicht so, als hättest du bereits tief geschlafen. Und was hat dich getrieben, deine Haare zu ruinieren? » Allisons Stimme überschlug sich vor Erregung, und sie fand nun selbst insgeheim, dass sie hysterisch reagierte.

«Du spinnst.»

«Wir fliegen in die Karibik. Pack deinen Koffer.»

Pamela steckte vorsichtig den Kopf unter der Decke hervor.

Ihre Stiefmutter hatte sich seit dem Tod ihres Vaters merkwürdig verhalten. Entweder kam sie tagelang nicht aus ihrem Schlafzimmer, oder aber sie brach in Hyperaktivität aus. Einmal schien es ihr völlig egal zu sein, was ihre Stieftochter tat, ein anderes Mal führte sie sich auf wie ein hysterischer Kontrollfreak. Pam wusste nicht, wie sie mit ihr umgehen sollte, zumal ihr Allison nie sonderlich sympathisch gewesen war, was sich nach dem Tod des Vaters auch nicht geändert hatte. Sie fasste es als persönliche Kränkung auf, dass sowohl Mutter als auch Vater sie verlassen hatten und die ganze Familie, die ihr nun noch blieb, Allison war. Zu einer anderen Zeit wäre das doch ein grandioser Romanstoff für Jane Austen gewesen, dachte sie immer wieder und tat sich unendlich Leid.

«Wieso willst du in die Karibik? Und warum soll ich mitfliegen? Peter gibt übermorgen eine Riesenfete. Und darum werde ich nirgendwo anders sein als hier.» Wahrscheinlich würde die Party wieder in einem wüsten Gelage enden, aber das wäre das Letzte, was sie ihrer Stiefmutter beichten würde.

«Ich werde meine beste Freundin besuchen, und du wirst mich begleiten. Du kannst nicht ernsthaft glauben, ich würde dich allein in London zurücklassen. Weiß der Himmel, was du nächtelang anstellen würdest.»

«Und wenn schon? Was wäre deiner Meinung nach schlimm daran? Ich werde bald achtzehn», trumpfte Pam auf. Wenn Allison auch nur im Ansatz ahnen würde, was ihre Stieftochter nächtelang trieb, würde sie sie vermutlich in ihrem Zimmer einschließen und den Schlüssel im Garten vergraben.

«Richtig. Und bis es so weit ist, werden wir gemeinsam Urlaub in der Karibik machen. Also pack deinen Koffer und hör auf zu murren. Es nützt nichts.» Leise zog sie die Tür hinter sich zu, ging in das Büro zurück und buchte mit klopfendem Herzen zum ersten Mal auf diese Weise einen Flug.

Dabei schien sie sich die ganze Zeit von außen zu beobachten und wunderte sich über sich selbst. War dies hier die selbstbeherrschte, stets perfekte Allison Grant, die sich auf extravagante Abendeinladungen verstand, die sich mit russischen Diplomaten ebenso charmant unterhielt wie mit amerikanischen Filmstars und norwegischen Popsängern? Allison Grant, die Ehefrau und jetzt die Witwe des erfolgreichen Verlegers Laurel Grant?

Tränen stiegen ihr in die Augen, und der Kloß in ihrem Hals schwoll auf Tennisballgröße an. Verdammt sollte das Schicksal sein, das Laurel von ihrer Seite genommen hatte und sie mit seiner verzogenen Göre allein zurückließ. Es waren ihnen nur knapp sieben Jahre vergönnt gewesen. Danach hatte sie ihn ein halbes Jahr aufopfernd gepflegt und dabei zugesehen, wie aus dem kräftigen, stattlichen Mann ein Bündel Haut und Knochen wurde, das dankbar für ein zartes Streicheln war und doch kaum mehr die Kraft für ein Lächeln aufbrachte.

Allison saß auf der Kante ihres viel zu großen Ehebettes. Sie betrachtete ihr Spiegelbild, das in der offen stehenden Schranktür zu sehen war. Doch von der lebenslustigen und attraktiven rothaarigen jungen Frau, in die Laurel sich verliebt hatte, war nur noch wenig zu sehen. Sie hatte abgenommen, und dadurch war ihr ohnehin kleiner Busen noch kleiner geworden. Lediglich ihre runden Hüften hatten sich dem widersetzt und ließen einen Rest ihrer fraulichen Figur ahnen. Allisons Haut war blass, und ihr Gesicht wirkte immer angespannt. Die sorgenvollen Gedanken hatten wenig schmeichelhafte Linien im Gesicht hinterlassen, und ihre dunkelbraunen Augen erinnerten an matte Glasmurmeln. «Ich sehe aus wie ein Zombie», dachte Allison. Entschlossen richtete sie sich auf und verbannte die Erinnerung an die zurückliegende schwere Zeit. Sie wollte nach vorne sehen. Wenn sie erst einmal ein paar Wochen bei Julie auf St. Lucia gewesen war, würde ihr London nicht mehr so trübe vorkommen. Was sie brauchte, waren neue freundliche Eindrücke und lange Gespräche mit der Freundin, waren erfrischende Bäder im türkisblauen Meer, Ganzkörpermassagen, fruchtige Cocktails und der Rhythmus der Steelbands. Nach ihrer Rückkehr wäre sie dann wie neugeboren. Allison hoffte, dass ein solcher Urlaub auf Pamela dieselbe Wirkung ausüben würde und das Zusammenleben mit ihr in Zukunft einfacher machte.

«Hallo, Woody. Die Chefin ist auf der Terrasse.» Gracia, das Zimmermädchen, griente anzüglich. Es war ein offenes Geheimnis, dass ihre Chefin Julie eine Affäre mit Maurice Massart hatte, den hier auf St. Lucia alle nur Woody nannten.

«Weil er einem knorrigen alten Baum ähnelt», meinten die einen. «Weil er sich ständig mit Touristen im Regenwald herumtreibt, um ihnen das Liebesleben der Ameisen zu erklären», meinten die anderen. Gracia war jedenfalls der Meinung, dass ihre Chefin in Bezug auf Männer einen guten Geschmack hatte. Sie selbst würde den blonden, attraktiven, kräftig gebauten Maurice auch nicht von der Bettkante stoßen. Bei so einem Mann fühlte sich jede Frau geborgen. Einer wie er sprach weibliche Urinstinkte an, ob er nun wollte oder nicht. Doch Gracia musste sich mit Antony begnügen, der statt vollem blondem Haar kurze schwarze Stoppel trug und im Ganzen nicht halb so männlich wirkte wie Maurice. Antony verschwand jedoch nicht für Tage im Wald, sondern war ein fürsorglicher Vater, der seine Familie als Busfahrer ernährte und mit zusätzlichen Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Gracia konnte mit ihrem Dasein zufrieden sein. Sie nickte nachdrücklich, griff den Stapel Bettwäsche, den sie auf dem Terrassengeländer des Gästebungalows abgestellt hatte, und machte sich wieder an ihre Arbeit.

«Ich habe das Gefühl, dass dein Personal über uns tuschelt. » Maurice trat leise von hinten an Julie heran und hauchte einen väterlichen Kuss auf ihren Scheitel. Julie saß völlig verspannt an ihrem Notebook und fluchte leise vor sich hin. Maurice umfasste sanft ihre nackten Schultern und begann eine zarte Nackenmassage. Fast war er darauf gefasst, dass sie seine Hände abschütteln würde, doch wider Erwarten ließ sie ihn gewähren. Ein klares Zeichen dafür, dass sie müde und erschöpft war.

«Soll ich etwa einen Anschlag am schwarzen Brett machen mit einem Text wie: Hiermit geben wir allen bekannt, dass wir uns im besten Einvernehmen getrennt haben. Wir haben geschworen, immer gute Freunde zu bleiben. Gezeichnet Julie und Woody?»

«Warum nicht? Du könntest es ja etwas anders formulieren. Nicht so aggressiv.»

«Was ist denn daran aggressiv?» Jetzt erst sah Julie auf und bemerkte, dass Maurice scherzte. «Ach, du immer», winkte sie müde ab.

«Also, meine Liebste. Sorry: meine Ex-Liebste. Du hast nach mir verlangt? Womit kann ich dir zu Diensten sein?» Er grinste schon wieder.

«Ich wollte dich bitten, meine Freundin Allison vom Flugplatz abzuholen. Ich kann hier nicht weg.» Sie wies genervt auf den Bildschirm, wo die aktuelle Buchungsliste zu sehen war.

«Kreuzfahrttouristen?»

«Genau. Ein paar von denen werden dir auch noch das Leben schwer machen. Zwei buchen ständig die Ausflugarrangements um.»

Regelmäßig trafen Touristen bei Julie ein, die am Ende einer Kreuzfahrt noch ein paar Tage Abenteuerurlaub in Maßen machen wollten und sich unter anderem von Maurice in den Regenwald führen ließen. Den meisten Touristen genügte es nicht, nur ein oder zwei Tage die Insel zu besuchen. Sie wollten mehr, hatten jedoch keine Lust, dafür zwei Wochen Inselurlaub zu buchen. Für genau diese Zielgruppe bot Julie das passende Programm an mit leichten Wanderungen im Regenwald, Turtle Watching am Grande Anse Beach und Geschichtsunterricht auf einer Kakaoplantage.

«Geht klar. Ich muss ohnehin nach Castries. Wie erkenne ich deine Freundin?»

Julie zog wortlos ein Foto aus ihren Unterlagen hervor, auf dem sie mit ihrer Freundin Allison zu sehen war. «Das Foto ist drei Jahre alt. Nach dem Tod ihres Mannes ist sie bestimmt etwas schmaler geworden. Du wirst sie trotzdem erkennen.» Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

Maurice betrachtete die beiden Frauen auf dem Foto eingehend. Sie waren völlig verschieden. Julie mit ihren kurzen blonden Haaren sah in Jeans und weißem T-Shirt wie eine Studentin aus. Neben ihr wirkte Allison in ihrem eleganten Kleid, mit perfektem Make-up und dem hochgesteckten roten Haar wie ein VIP. Er schüttelte ungläubig den Kopf. Das sollte Julies beste Freundin sein? «Wie lange kennt ihr euch?»

«Wir waren zusammen auf der Hotelfachschule. Du kannst mir glauben, wenn man das durchgestanden hat, dann verbindet einen das bis ans Lebensende.»

«War es so schlimm?» Er wunderte sich etwas, weil Julies Freundin auf ihn den Eindruck machte, niemals wirklich gearbeitet zu haben. Sie strahlte so eine altmodische aristokratische Vornehmheit aus, dass man unwillkürlich glaubte, sie habe für alles entsprechendes Personal und müsse keinen Handschlag selbst tun. Kaum zu glauben, dass diese Frau mit Julie auf der Hotelfachschule gewesen war.

«Es war höllisch.» Julie lehnte sich zurück. Ihr Kopf ruhte nun an Maurices Bauch. Er hatte seine Massage beendet und ließ seine Hände auf ihren Schultern ruhen. «Allison bringt allerdings ihre Stieftochter mit, die ihr das Leben in den letzten Monaten nicht gerade leicht macht. Ein echtes Biest.» Sie legte den Kopf in den Nacken, sah zu Maurice auf und gab dabei ihre Kehle preis, wie ein Tier, das sich unterwarf. «Ich bin wild entschlossen, meiner besten Freundin zum tollsten Urlaub ihres Lebens zu verhelfen. Und dabei darfst du mich unterstützen.» Sie drückte den Kopf noch etwas fester an seinen Bauch, schloss die Augen und atmete seinen Duft ein. Ein vertrautes Gefühl rieselte durch ihren Körper und ballte sich zu einem erwartungsvollen Zittern in ihrem Unterleib. Er duftete nach Wald und Kräutern und nach der herben Seife, die die alte Mary eigens für ihn aus feinem Flussschlamm und Baumrinde herstellte. Julies Körper verlangte weiter nach Maurice, doch ihr Verstand gebot dem Einhalt. Ein Zusammenarbeiten war viel leichter, wenn sie beide kein Paar mehr waren. Sie beharrten zu sehr auf ihren eigenen Standpunkten und waren beide nicht besonders kompromissbereit. Das wirkte sich sowohl auf die Arbeit als auch auf ihr Privatleben aus. Es funktionierte einfach nicht.

Maurice strich sanft mit den Fingerkuppen Julies Hals hinauf und fuhr dann über ihr Kinn und ihre Lippen. Es war eine vertraute, zärtliche Geste, die gleichzeitig lockte und versprach. «Wenn sich dahinter keine Verkupplungsabsichten verbergen, nehme ich deine Freundin gern in Empfang.»

Lag da ein lauernder Unterton in seiner Stimme? Julie fühlte sich ertappt, ließ sich jedoch, wie sie hoffte, nichts anmerken und wies den Vorwurf der Kuppelei weit von sich. Obwohl sie bereits einige Male daran gedacht hatte, dass es keine schlechte Idee sei, Maurice und Allison zu verkuppeln, gefiel ihr der Gedanke in letzter Konsequenz doch nicht. Einen Rest Eifersucht konnte sie nicht leugnen — egal, welche Frau an seiner Seite war. In nächster Zeit würde sie auf jedes weibliche Wesen eifersüchtig sein und all ihr Geschick benötigen, sich dies nicht anmerken zu lassen.

Doch sie hatte sich selbst für diesen Weg entschieden. Die Initiative dazu war nicht etwa von Maurice ausgegangen. Also sollte sie an ihrem Entschluss festhalten und sich nicht von wankelmütigen oder lüsternen Gefühlen leiten lassen. «Ich weiß ja, dass du durchaus in der Lage bist, deine Partnerinnen selbst zu wählen, mein Lieber.» Sie stand auf und stellte sich so dicht vor ihn, dass nicht mehr als ein halber Zentimeter Abstand zwischen ihnen war. Ein halber Zentimeter knisternde Elektrizität, die sie versuchte zu ignorieren. Doch der Teufel ritt sie. Sie stellte sich kurz auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Als habe er nur darauf gewartet, umschlang er sie mit seinen Armen und presste sie fest an sich. Sein hungriger Kuss war fordernd; er teilte ihre Lippen mit der Zunge und begann das vertraute Verführungsspiel, dem sie, wie er nur zu gut wusste, nicht widerstehen würde. Er fuhr mit den Händen ihren Rücken hinunter, öffnete den Reißverschluss des leichten Baumwollrocks ein Stück, gerade so weit, dass seine Hände bequem unter Julies Slip fahren und ihre kleinen, kräftigen Pobacken umfassen konnten. Er hörte, wie sie scharf den Atem einsog und kurz jeden Muskel in ihrem Körper anspannte. Vielleicht kämpft sie ein letztes Mal gegen ihr Verlangen an, dachte er und spürte auch schon, wie sich ihr Körper weich und nachgiebig in seine Umarmung ergab.

«Das ist zu riskant. Jeden Augenblick kann hier jemand auftauchen», wandte Julie halbherzig ein. «Hier kann uns jeder sehen.»

«Dann gehen wir eben in dein Schlafzimmer.» Kurz entschlossen hob er Julie hoch und trug sie ins Haus, über den Flur zu ihrem Zimmer. Er war selbst froh darüber, dass niemand, weder ein Gast noch jemand vom Personal, zu sehen war, gab sich jedoch souveräner, als er sich tatsächlich fühlte.

In ihrem Zimmer ließ er sie sanft auf ihr noch ungemachtes Bett gleiten. Sie räkelte sich wie ein Kätzchen und schnurrte, als er sich neben sie kniete und ihr ohne Umstände den Rock hochschob. Sie kam ihm entgegen und hob ihr Becken, damit er ihren Slip leichter herunterstreifen konnte. Julie spürte ihre eigene Nässe und Bereitschaft, zog die Beine an und gab sich ihm erneut preis wie eine Prostituierte. Offen. Bereit. Willig. Hier bestand keine Gefahr für sie, weil sie jeden Zentimeter seines Körpers genau kannte und um seine sexuellen Vorlieben wusste. Auf diesem Gebiet passten sie perfekt zueinander, und das ließ er sie einmal mehr spüren, als er seinen harten Schwanz mit einem einzigen, zielgenauen Stoß zwischen ihre saftigen Lippen schob. Sofort begann er, sich rhythmisch in ihr zu bewegen, und sein Gewicht lastete schwerer auf ihr, als sie es in Erinnerung hatte. Lag es wirklich erst vier Wochen zurück, dass sie miteinander geschlafen hatten? Sie wollte nicht denken, sondern ihn nur spüren und genießen. Doch ihr Kopf ließ sich nicht ausschalten.

«Hör auf zu grübeln», murmelte Maurice mit geschlossenen Augen. Er umschloss abwechselnd ihre Nippel mit seinen weichen Lippen. Schabte mit seinen kurzen dunkelblonden Bartstoppeln über die empfindliche, gerötete Haut ihrer harten Knospen, während er den Rhythmus seiner Hüftstöße kein bisschen veränderte. «Was fühlst du?», fragte er sie mit heiserer Stimme. «Willst du, dass ich aufhöre? Willst du, dass ich nie wieder mit dir schlafe? Ist es wirklich das, was du willst?»

Julie spürte, wie er sich anspannte, um nicht jetzt schon zum Erguss zu kommen. Und sie fühlte, wie die Lust sich in ihrem Unterleib zu einem kleinen rot glühenden Kometen zusammenballte, der jeden Moment durch ihren Leib schießen und sie vor Lust zittern und zucken lassen würde. Er würde sie mit sich reißen, während sie wimmerte und stöhnte. «Nicht aufhören — nur nicht aufhören», keuchte Julie und krallte sich mit ihren Fingernägeln schmerzhaft in seine Hüften, bis er laut aufstöhnte. Sie wusste nicht, ob es der Schmerz war, den sie ihm zufügte, oder ob es sowieso mit seiner Selbstkontrolle vorbei gewesen wäre — Maurice konnte sich plötzlich nicht länger beherrschen und kam mit wenigen, kräftigen Stößen. Er entlud sich ein paar Sekunden vor ihr, und das schmälerte ihren Orgasmus. Ihr kleiner, flammender Komet verglühte allein im All. Geschieht mir recht, dachte Julie.

Maurice sah sie fragend von der Seite an. «Was war los?»

«Nichts. Gar nichts.» Julie küsste ihn sanft und fügte entschieden hinzu: «Das war nun wirklich das allerletzte Mal.»

«Eben hast du noch etwas ganz anderes gesagt.» Er grinste sie frech an.

«Da war ich nicht ganz zurechnungsfähig. Und jetzt muss ich wieder an meinen Schreibtisch.» Julie gab sich geschäftig — in Wahrheit war ihre Eile reiner Selbstschutz —, rutschte vom Bett, warf ihm einen mädchenhaften Luftkuss zu und verschwand im angrenzenden Badezimmer. Manchmal wirkte er wie ein frecher Junge, der in Nachbars Garten Kirschen stahl und dabei ertappt wurde. Genauso hatte er eben ausgesehen, als er sie angrinste und unschuldig tat. Das waren die kurzen Momente, in denen sie meinte, ihn für immer zu lieben. Aber Liebe allein genügte eben doch nicht. Sie drehte den Wasserhahn weit auf und spritzte sich das kalte Nass ins Gesicht. Einmal mehr schwor sie sich still, nie wieder bei Maurice schwach zu werden. Am besten wäre es wohl, wenn sie Allison und Maurice zusammenbrachte. Denn niemals würde sie ihre beste Freundin betrügen und ihr den Geliebten ausspannen. So wäre allen Beteiligten vortrefflich gedient, und sie würden so etwas wie eine große Familie sein. Sie zwinkerte ihrem Spiegelbild zu und murmelte: «Das nennt man weibliche Logik.»

Maurice wusste, dass es Julie nicht recht sein würde, wenn er noch immer auf ihrem Bett lag, wenn sie aus dem Bad zurückkam. Also ordnete er seine Kleider, strich sich ein imaginäres Staubkorn von der linken Schulter und verließ fröhlich pfeifend ihr Schlafzimmer und kurz darauf das Hotel, das am späten Vormittag wie ausgestorben wirkte. Lediglich aus der Küche waren einige gedämpfte Geräusche und ein paar unverständliche Gesprächsfetzen zu hören. Tagsüber konnte man kaum glauben, dass Touristen in der Lage waren, einem das Leben zur Hölle zu machen. Wenn sie erst einmal auf einem Tagesausflug waren, fand das Hotelpersonal Zeit, die Routinearbeiten zu erledigen. Doch spätestens am Abend war es mit der Ruhe vorbei, und es prasselten unzählige Sonderwünsche auf die Bediensteten nieder.

Am anderen Tag entdeckte Maurice Allison sofort am Ausgang des Flughafens. Sie wirkte auf ihn angespannt und abwesend zugleich, während das junge Mädchen an ihrer Seite hin und her tänzelte wie eine nervöse Stute und jedes männliche Wesen anflirtete, das auch nur in ihre Richtung sah. «Die wird Ärger machen», dachte Maurice und schob sich durch das bunte Gemisch von Menschen, Koffern und zwei Surfbrettern auf die beiden zu.

«Hi. Ich bin Maurice. Julie schickt mich. Leider muss sie sich mit einigen Touristen herumärgern und kann deswegen nicht selbst hier sein.» Er griff nach den Koffern.

Allison maß ihn mit schnellem Blick von oben bis unten und fand ihn sofort äußerst sympathisch. Sie meinte sich zu erinnern, dass Julie eine Weile mit ihm zusammen gewesen war, doch in einer der letzten E-Mails hatte sie ihr geschrieben, dass sie wieder nur gute Freunde waren, wie schon zuvor. Sie versuchte sich daran zu erinnern, ob Julie einen Grund für die Trennung geschrieben hatte, doch es wollte ihr nicht mehr einfallen. Auf jeden Fall musste ihre Freundin schon sehr gute Gründe gehabt haben, denn so ohne weiteres trennte man sich nicht von einem Prachtexemplar wie diesem hier. Jedenfalls taten es die Frauen ihrer Generation nicht, wenn sie auf einen Mann trafen, der ein wenig an Robert Redford erinnerte und zugleich eine verwegene Ausstrahlung besaß, wie sie wohl Ernest Hemingway zu eigen gewesen war. Ihre Stieftochter schwärmte für die glattgesichtigen und gestylten Typen, Popsänger wie Robbie Williams oder Schauspieler wie Brad Pitt. Der kräftige Mann, der jetzt mit Schwung die Koffer in den offenen Jeep stellte und ihnen beiden galant beim Einsteigen half, schien hingegen aus einer anderen Zeit zu stammen. Sein blondes Haar kringelte sich im Nacken, seine braun gebrannte Gesichtshaut war bereits von einigen Fältchen durchzogen. Er schien sich nicht täglich zu rasieren, denn von seinem Kinn standen ein paar blonde Bartstoppeln ab. Trotzdem wirkte er gepflegt. Allison konnte ihn sich beim besten Willen nicht in einem dunklen Anzug vorstellen. Maurice schien geboren zu sein, um Khakihosen und T-Shirts zu tragen. Es gab kaum einen größeren Kontrast zu ihrem verstorbenen Ehemann, der stets den Eindruck gemacht hatte, bereits im Anzug auf die Welt gekommen zu sein. Allison wischte sich verstohlen unter der Sonnenbrille über ihr Gesicht. Wie konnte sie nur die beiden Männer vergleichen? Es geschah ihr nur recht, dass ihr die Tränen in die Augen schossen.

«Ist das o.k.?» Maurice fragte Allison bereits zum zweiten Mal und wunderte sich über ihre Abwesenheit. Sie hatte ihn zwar angesehen, ihm aber offensichtlich nicht zugehört. Sie wurde rot, und das rührte ihn. Er hatte sich in seiner Einschätzung getäuscht: Sie war gar nicht so selbstsicher, wie sie sich gab.

«Entschuldigung. Ich war ganz in Gedanken. Was haben Sie mich gefragt?» Allison sandte ein Stoßgebet zum Himmel und hoffte sehr, dass er nicht ihre Gedanken lesen konnte und nicht ahnte, was gerade eben in ihr vorgegangen war.

«Ich muss noch rasch etwas im ‹Green Parrot› abgeben. Das ist ein bekanntes Restaurant auf St. Lucia, und man hat von dort einen herrlichen Blick auf die Stadt. Wir könnten dort auch etwas essen, bevor wir zum Hotel aufbrechen. »

Allison nickte zustimmend, warf dann aber Pam einen fragenden Blick zu. «Bist du einverstanden?»

«Mir doch egal», murrte Pam abwesend. Sie beobachtete gerade einen sonnengebräunten Typen, der zwei anderen half, ihre Surfbretter auf dem Wagendach zu befestigen. Als spürte er ihren Blick in seinem Rücken, drehte er sich um und sah in ihre Richtung. «Wow», murmelte Pam so leise, dass Allison und Woody sie nicht hörten. Der dunkle Kerl in Shorts und buntem Hemd sah ja aus wie ihr fleischgewordener Traummann. Sie musste unbedingt wissen, wer er war. Sie tippte Maurice auf die Schulter. «Kennen Sie den Typen dort?», fragte sie und wies Maurice’ Blick mit der Hand die Richtung des Jungen. Dabei versuchte sie angestrengt, möglichst nicht zu interessiert zu wirken.

«Klar. Das ist Daniel. Er besitzt in der Nähe des Hotels eine Surfschule. Belegen Sie doch bei ihm ein paar Stunden. » Sie hatten mittlerweile alle im Auto Platz gefunden, und Maurice betrachtete Pams Gesicht im Rückspiegel. Es war nicht zu übersehen, dass Dan selbst auf diese Entfernung Eindruck auf das junge Mädchen machte. Da Dan absolut kein Kostverächter war und alle Mädchenherzen brach, versprach es eine turbulente Zeit zu werden, denn Allisons Stieftochter war dabei, ihre Flirt- und Verführungskünste zu perfektionieren — das war für Maurice offensichtlich. Allison tat ihm beinahe Leid. Sie würde es mit der Stieftochter nicht leicht haben, so viel war klar. Warum machte er sich aber so viele Gedanken um Allison? Er sollte sie vom Flughafen abholen, und in ein paar Wochen würde sie wieder nach London zurückkehren und aus seinem Leben verschwinden. Er kannte sie doch gar nicht. Das wenige, was er von Julie über sie erfahren hatte, hatte nicht einmal ernsthaft seine Neugier geweckt. Doch jetzt ließ er seinen Blick über ihre schlanken Beine wandern. Wahrscheinlich hatten die beiden Frauen sich im Flugzeug umgezogen. Denn ihre sommerliche Kleidung war für die Temperaturen im Londoner Winter denkbar ungeeignet. Allison saß auf dem Beifahrersitz und hatte ihren weiten bunten Rock über die Knie geschoben. Ihre helle Haut war empfindlich wie die einer echten Rothaarigen, doch ihr Teint hatte einen zarten Goldschimmer. Ihre dunklen Augen hielt sie nach wie vor hinter einer großen Sonnenbrille versteckt. Mit den Händen hielt sie artig eine kleine, bunt geblümte Stofftasche auf ihrem Schoß. Maurice vermutete, dass diese Täschchen in Europa gerade en vogue waren. Mit Mühe riss er sich von Allisons Anblick los. Er hatte das Gefühl, dass sie unter dem kontrollierten und braven Äußeren ihr wahres Temperament verbarg — und das würde er nur zu gern hervorlocken.

Er startete den Jeep. Was war bloß mit ihm los? Gestern trauerte er noch seiner Liebe zu Julie nach und hatte sich mit der kurzen Nummer in ihrem Schlafzimmer beweisen müssen, dass er sie immer noch haben konnte, wenn er nur wollte, und heute faszinierte ihn ihre beste Freundin. Er machte sich in Bezug auf Julie nichts vor. Sie harmonierten im Bett. Aber im Alltag waren sie wie zwei Büffel, die mit der Stirn aufeinander prallten, weil keiner von ihnen auch nur einen Zentimeter nachgeben wollte. Konnte er Niederlagen nicht mehr wegstecken? Spielten seine Hormone verrückt? Waren das die ersten Anzeichen einer Midlifecrisis? Dann war er wohl nicht viel besser als Allisons Stieftochter, die offenbar auch hormongesteuert war und nach geeigneter Beute Ausschau hielt.

Hot Caribbean Dreams

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