Читать книгу Arbeitsrecht für Handwerksbetriebe in Frage und Antwort - Mina Bettinghausen - Страница 6

A. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses I. Der Arbeitsvertrag 1. Abschluss des Arbeitsvertrages

Оглавление

a.) Ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag erforderlich?

Formfreiheit

Nicht selten kommt es vor, dass Arbeitsverträge lediglich mündlich abgeschlossen werden und erst bei Unstimmigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Frage aufgeworfen wird, ob der mündlich geschlossene Arbeitsvertrag überhaupt wirksam zustande gekommen ist.

Arbeitsverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich nicht der Schriftform. Es gilt hierbei der Grundsatz der Formfreiheit (Ausnahme: befristete Arbeitsverträge, siehe Seite 19 ff.). Ein Arbeitsvertrag kann daher auch bereits durch eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer zustande kommen. Auch ein mündlich abgeschlossener Arbeitsvertrag ist von Anfang an wirksam und bildet die rechtliche Grundlage für die daraus resultierenden Rechte und Pflichten der Parteien (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 30. April 2008 – 18 Sa 1500/07).

[!]

Hinweis

Wird ein Arbeitsvertrag lediglich mündlich abgeschlossen, ohne dass der Vertragsinhalt von den Parteien abschließend geklärt wurde, z. B. die Höhe des Urlaubsanspruchs, dann gelten insoweit (sofern kein Tarifvertrag Anwendung findet) die gesetzlichen Regelungen.

b.) Welche Anforderungen bestehen nach dem Nachweisgesetz?

Nachweisgesetz

Auch wenn ein Arbeitsvertrag grundsätzlich mündlich abgeschlossen werden kann, so obliegt dem Arbeitgeber dennoch eine Nachweispflicht. Der Arbeitgeber hat gemäß dem Nachweisgesetz (§ 2 Abs. 1 NachwG)

• spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses,

• die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen,

• die Niederschrift zu unterzeichnen und

• dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

Das Nachweisgesetz gilt dabei für alle Arbeitnehmer, es sei denn, dass sie nur zur vorübergehenden Aushilfe von höchstens einem Monat eingestellt werden, § 1 NachwG.

c.) Welche Vertragsbedingungen sind festzuhalten?

Vertragsbedingungen

In die Niederschrift hat der Arbeitgeber mindestens folgende Punkte aufzunehmen:

1.den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien,

2.den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,

3.bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,

4.den Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, einen Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann,

5.eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,

6.die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,

7.die vereinbarte Arbeitszeit,

8.die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,

9.die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,

10.ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

[!]

Hinweis

Ist dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden, so entfällt die Verpflichtung nach dem Nachweisgesetz, soweit der schriftliche Arbeitsvertrag die nach dem Nachweisgesetz wesentlichen Vertragsbedingungen enthält, § 2 Abs. 4 NachwG.

d.) Welche Rechtsfolgen hat ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz?

Rechtsfolgen bei Verstoß gegen NachwG

Dem Arbeitnehmer kann ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Arbeitgeber mit der Erfüllung seiner Verpflichtung nach dem Nachweisgesetz in Verzug kommt. Entsteht dem Arbeitnehmer hierdurch ein Schaden, ist dieser durch den Arbeitgeber zu ersetzen. Ein solcher Schaden kann etwa dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer durch den fehlenden schriftlichen Hinweis auf einen geltenden Tarifvertrag Ausschlussfristen verpasst und dies zum Erlöschen seiner Vergütungsansprüche führt. In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als sei sein Vergütungsanspruch nicht untergegangen (vgl. BAG, Urteil vom 17. April 2002 – 5 AZR 89/01).

[B]

Beispiel

Arbeitnehmer A wird zum 01.03.2017 im Betrieb des B als Maler und Lackierer eingestellt. Im Maler- und Lackiererhandwerk gilt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, wo unter anderem geregelt ist, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten seit Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Es wird weder ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, noch händigt B dem A die wesentlichen Informationen nach dem Nachweisgesetz aus. A weiß somit nicht, dass für ihn der Tarifvertrag gilt und dieser die Ausschlussfrist enthält.

A kündigt das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2017. Seinen Lohn für den Monat August erhält A nicht. Erst drei Monate später, im November 2017, macht A seine Lohnrückstände gegenüber B geltend. Aufgrund des für A geltenden Tarifvertrags kann er seinen Lohn für August aufgrund der Ausschlussfrist, welches zwei Monate nach Fälligkeit vorsieht, nicht mehr geltend machen. Sein Vergütungsanspruch ist somit erloschen. Da es B jedoch in diesem Fall versäumt hat, A auf den für ihn geltenden Tarifvertrag schriftlich hinzuweisen und damit auch auf die Ausschlussfrist, kann A seinen erloschenen Vergütungsanspruch für August als Schaden von B ersetzt verlangen.

[!]

Hinweis

Nach dem BAG ist grundsätzlich zugunsten des Arbeitnehmers davon auszugehen, dass er die Ausschlussfrist auch beachtet hätte, wenn er auf die Geltung des Tarifvertrages ordnungsgemäß hingewiesen worden wäre. Der Arbeitnehmer könne, so das BAG, im Regelfall kaum nachweisen, dass er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitgebers die Ausschlussfrist beachtet hätte. Dem Arbeitgeber bleibt jedoch die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen (vgl. BAG, Urteil vom 17. April 2002 – 5 AZR 89/01; BAG, Urteil vom 05. November 2003 – 5 AZR 676/02).

Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz kann zudem im Streitfall vor Gericht zu Beweiserleichterungen zugunsten des Arbeitnehmers führen.

[B]

Fallbeispiel aus der Rechtsprechung(vgl. Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 18. Januar 2010 – 5 SaGa 23/09)

Arbeitnehmer A wurde im Garten- und Landschaftsbaubetrieb des Arbeitgebers B als Fahrer eingestellt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gab es nicht. Die schriftliche Niederlegung der Vertragsbedingungen gemäß dem Nachweisgesetz erfolgte ebenfalls nicht. Nachdem B das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, stritten die Parten über die Höhe der Vergütung und A klagte vor dem Arbeitsgericht.

A führte vor Gericht aus, dass er mit B einen Nettolohn von 10,– Euro pro Stunde vereinbart habe, B hingegen gab an, dass ein Bruttolohn von 10,– Euro pro Stunde vereinbart gewesen sei.

Nachdem B vor dem Arbeitsgericht unterlag, wies letztlich auch das LAG Köln seine Berufung als unbegründet zurück. Der Rechtsverstoß gegen das Nachweisgesetz und die daraus resultierenden Verpflichtungen, dem Arbeitnehmer einen schriftlichen Arbeitsnachweis u. a. über die Höhe des vereinbarten Entgelts auszuhändigen, führe, so das LAG, zu Nachteilen, die der Arbeitgeber als derjenige, der gegen das Nachweisgesetz verstoßen hat, zu tragen habe. Eine Nettolohnvereinbarung, so die weitere Begründung, sei zwar im Arbeits- und Wirtschaftsleben nicht die Regel, sondern die Ausnahme, dennoch sei sie nicht unzulässig. Aus den Beweiserleichterungen, die zugunsten des Arbeitnehmers (A) aus dem Verstoß gegen das Nachweisgesetz folge, sei daher von einer Nettolohnvereinbarung von 10,– Euro pro Stunde auszugehen.

Arbeitsrecht für Handwerksbetriebe in Frage und Antwort

Подняться наверх