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AD(H)S – was ist das eigentlich?

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AD(H)S ist eins der am häufigsten beschriebenen Krankheitsbilder im Kindes- und Jugendalter. Es besteht bis ins Erwachsenenalter fort und wächst sich nicht – wie oft irrtümlich angenommen – aus. Bedingt durch eine Reizoffenheit, Unruhe und Konzentrationsproblematik leiden Menschen mit AD(H)S an einer Störung der Selbstkontrolle und Selbstregulation. Für sich angemessen zu sorgen, selbstverantwortlich zu handeln, nicht zu viel oder zu wenig zu sagen, ist oft schwierig und führt zu echten Beeinträchtigungen im Leben. Wie viele Menschen genau darunter leiden, ist nicht zu sagen, da die zugrunde gelegten Diagnosekriterien international sehr verschieden sind. Laut des Robert-Koch-Instituts sind in Deutschland knapp fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen von AD(H)S betroffen. Bei Jungen wird häufiger AD(H)S festgestellt als bei Mädchen, bei denen oftmals das Symptom der Hyperaktivität (H) fehlt.

Die Suche nach der Ursache für AD(H)S hat bislang keine klaren Erkenntnisse geliefert. Fachleute gehen aber davon aus, dass neurobiologische und psychosoziale Faktoren zusammenwirken müssen, damit die Erkrankung auftritt. Neueste Forschungen sprechen davon, dass ein Zusammenspiel von mehr als 15 Genen AD(H)S verursacht.

Die körperlichen Faktoren knapp erklärt: Zahlreiche Untersuchungen lassen darauf schließen, dass bei AD(H)S-Patienten die Wirkung wichtiger Botenstoffe in vielen Teilen des Gehirns beeinträchtigt ist. Neurotransmitter wie Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin werden häufig nur unzureichend ausgeschüttet oder viel zu schnell wieder abgebaut. Diese Hirnbotenstoffe sind somit ständig auf Sparflamme und regulieren das Fließen von Signalen zwischen den Nervenzellen nur unzureichend. Einströmende Reize werden nicht normal verarbeitet und gefiltert. So passiert es, dass Noradrenalin störende Signale in Bereiche überträgt, die für die zielgerichtete Aufmerksamkeit und Aktivität zuständig sind.

Das Hormon Serotonin ist in Gehirnzentren für die Impulskontrolle aktiv und bei AD(H)Slern ebenfalls in zu geringen Mengen vorhanden. Ebenso Dopamin, das bei der Steuerung der Aufmerksamkeit, Motivation und Konzentration eine wichtige Rolle spielt.

Eine fehlerhafte Regulierung dieses Hirnstoffwechsels äußert sich in einem schlecht funktionierenden Reizfilter, wodurch die für die Betroffenen typischen Symptome entstehen wie leichte Ablenkbarkeit, mangelnde Konzentration oder Impulsivität. Es wird hierbei von einer verminderten Fähigkeit zur Selbststeuerung gesprochen.

Ich bekam meine Diagnose erst mit Mitte zwanzig und fragte mich bis dahin so oft, warum ich nicht zu assimilieren war und meinen Platz in der Gesellschaft nicht fand. Einige von euch kennen meine Geschichte vielleicht aus dem Buch Neben der Spur, aber auf dem Weg, in dem ich erzähle, wie es sich anfühlt, anders zu sein und nicht zu wissen, warum. Ich hopste einen ziemlich steinigen Pfad entlang und wurde immer wieder aus der Bahn geworfen, weil ich mit den ganzen Reizen der Umwelt und den Anforderungen, die an mich gestellt wurden, nicht klarkam. ADS-bedingt gleicht mein Gemüt manchmal einem Pulverfass.

Und gerade, wenn die Hormone ins Spiel kommen, wird es verrückt, da man nicht in der Lage ist sich zu kontrollieren. Das kann so manch einen Partner überfordern, denn sich von einem AD(H)Sler zum Beispiel zu wünschen, er solle doch bitte nicht so vergesslich, zerstreut oder emotional sein, ist schlicht unfair und in etwa so sinnvoll, als würde man einen Diabetiker bitten, doch endlich seine Broteinheiten essen zu können, ohne sich dafür spritzen zu müssen. Damit Angehörige und Partner die Möglichkeit haben, umdenken und umwerten zu können, habe ich mich auf Nachfrage von Lesern entschieden, einen Einblick in meine eigene laute Gefühlswelt und chaotische Liebeskrisen zu gewähren. Ich hoffe, ihr habt alle einen Fallschirm dabei, denn manchmal geht es erst im freien Fall abwärts, bevor man fliegen lernt.

Bruchlandung auf Wolke 7

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