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Kapitel 2 - Promis sind Idioten

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»Marc Feldmann hat zu dir gesagt, dass er sich auf Jobs vorbereitet, indem er Praktikantinnen flachlegt? Und du behauptest, du hättest ihn nicht provoziert?«

Nina und ich waren wieder in meinem Badezimmer gelandet. Es war gerade mal drei Stunden her, seitdem ich mich hier siegesgewiss vor dem Spiegel gedreht hatte. Jetzt war ich ein Häufchen Elend mit rotgeweinten Augen.

Noch auf dem Weg nach Hause hatte ich Nina verzweifelt angerufen und ihr empört von Marc Feldmanns Unverschämtheiten im Besonderen und der beschissenen Männerwelt im Allgemeinen berichtet. Sie hatte sich bereit erklärt, zu einem Krisentreffen zu mir zu kommen. Dann hatte sie mir mütterlich ein Bad eingelassen und eine halbe Flasche Lavendel-Badeöl hineingekippt, um mich zu beruhigen.

Jetzt saß sie auf dem Badezimmerfußboden und sah mich zweifelnd an. »Das ist wirklich die ganze Wahrheit? Komm schon, Becs. Jetzt erzähl mir mal, was wirklich passiert ist.«

Seufzend rückte ich mit der ganzen Geschichte heraus. Als Nina hörte, dass ich meinem Chef vorgeschlagen hatte, statt Marc Feldmann einen halbnackten Til Schweiger auf Sendung zu schicken, sah sie mich mit einer Mischung aus Staunen und Verzweiflung an. Ich schwieg erschöpft, als ich mir alles von der Seele geredet hatte und sah sie fragend an. »Und? Was sagst du dazu?«

»Ich denke gerade darüber nach, ob ich mein Psychologie-Studium nur deshalb nach zwei Semestern hingeschmissen habe, weil ich wusste, dass ich neben dir keine Kapazitäten für weitere Patienten haben würde«, sagte Nina langsam.

»Ha, ha«, lachte ich lustlos. »Sehr hilfreich.«

Gleichzeitig war ich ihr für diese kleine Aufmunterung unendlich dankbar. Nina schüttelte immer noch unmerklich den Kopf. »Wenn ich gewusst hätte, dass du in Designer-Klamotten zu einer Wahnsinnigen mutierst, hätte ich beim Shoppen besser aufgepasst.«

Ich setzte mich so ruckartig in der Wanne auf, dass das Wasser fast überschwappte. »Sag schon. Meinst du, Volker schmeißt mich raus?«

Nina lächelte milde. »Quatsch. Du beruhigst dich, gehst Montag hin und entschuldigst dich bei ihm für dein Benehmen und dann ist alles wieder gut.«

»Dann muss sich Marc Feldmann aber auch entschuldigen«, fuhr ich auf und musste dann über meinen kindischen Ton selbst lachen. »Ja, ja, schon gut«, fuhr ich fort, als ich Ninas Blick sah. »Ich habe angefangen. Und jetzt wissen wir auch, warum du doch lieber Grundschullehrerin geworden bist.«

»Damit ich besser mit deinen kindischen Launen umgehen kann?«

»Ganz genau«, erwiderte ich und ließ mich wieder in den Schaum sinken.

Es war erstaunlich, wie mich ein paar Worte von Nina so beruhigen konnten. Sie hatte vollkommen Recht. Wegen so einer dummen Sache würde ich doch nicht meine Karriere aufs Spiel setzen. Und vielleicht … vielleicht, würde Volker sich die Sache mit dem Nachrichtensprecher ja doch noch mal überlegen. Ich bemerkte überrascht, dass ich ein wenig enttäuscht wäre, wenn ich Marc Feldmann nicht mehr wiedersehen würde. Mir war wirklich nicht zu helfen.

Nina hatte mein Mienenspiel beobachtet und schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. »Nicht wirklich, oder? Eben wolltest du Feldmann noch verprügeln und jetzt stellst du ihn dir schon nackig vor?«

»Mach ich nicht«, empörte ich mich. So ein Schwachsinn. Ich hatte mir Marc Feldmann noch nie nackt vorgestellt! Oder höchstens zwei, drei Mal, wenn ich mir seine Sendung angeguckt hatte und dabei eine Flasche Wein geleert hatte. Wie waren wir jetzt bei dem Thema nackt gelandet? »Ich stehe überhaupt nicht auf Marc Feldmann.«

»Nee, klar.« Nina nickte übertrieben. »Hatte ich vergessen. Du guckst seine Sendung ja nur wegen deiner Nichte

»Ich streite doch überhaupt nicht ab, dass ich Marc Feldmann hübsch finde. Aber erstens ist er hinter seiner netten Fassade ein absolutes Arschloch und zweitens weißt du ganz genau, dass ich überhaupt nicht auf Promis stehe.« Ich pustete gedankenverloren in den Schaum. »Denn Promis sind Idioten.«

Nina lehnte ihren Kopf gegen die kühlen Kacheln, als würde die Unterhaltung ihr Kopfschmerzen bereiten. »Willst du meine Theorie zu diesem ganzen Debakel hören?«

»Nein«, brummte ich.

»Gut, dann hör zu«, antwortete Nina ungerührt. »Du bist nur deshalb so beleidigend geworden, weil du Angst hast, mit einem Mann wie Marc Feldmann zusammen zu arbeiten. Dann müsstest du dich nämlich damit auseinandersetzen, dass du genauso bist wie wir alle.«

»Wer wir?«

»Wir Frauen. Wir denken an Männer. Sie denken währenddessen an Autos oder Fußball. Das ist eine traurige Realität, aber du wirst ihr nicht entkommen, indem du vor jedem Kerl wegrennst, in den du dich verlieben könntest.«

Ich schnaubte so heftig, dass ein Schaumflöckchen durch die Luft flog. »Das war soviel Unsinn auf einmal, dass ich überhaupt nicht weiß, wo ich anfangen soll. Erstens sind Frauen nicht wirklich so, sondern nur in Hollywoodfilmen.«

»Träum weiter.«

»Und zweitens habe ich mich in den letzten Jahren auf mehr Männer eingelassen als du.«

»Ja, für eine Nacht. Aber du hast dir nur die ausgesucht, bei denen du sicher warst, dass du keine tieferen Gefühle für sie entwickeln würdest.«

»Blödsinn!«

»Und jetzt ruinierst du dein Verhältnis zu Marc Feldmann, damit er sich nicht für dich interessierst. Aber du kannst dein zweites X-Chromosom nicht betrügen. Während ihr streitet, stellst du ihn dir nackt vor, stimmt‘s?«

Mist, sie kannte mich einfach viel zu gut. Aber Moment mal, war das nicht eher typisch Mann in ihrem konservativ-verzerrten Geschlechterbild? »Ha«, machte ich triumphierend. »Da müsste ich mir ja wohl eher vorstellen, wie unsere Kinder aussehen und welches Kleid ich zu unserer Hochzeit tragen würde.«

»Das eine schließt das andere nicht aus.«

Manchmal konnte Ninas Art ganz schön nerven. Sie hatte diese blöde Gewissheit, dass sie mich besser kannte als ich mich selbst. Nur, weil wir seit der ersten Klasse beste Freundinnen waren, hieß das ja nicht, dass sie in mich hineinsehen konnte wie in eine Glasflasche.

Gleich würde sie wieder mit der alten Leier anfangen, dass ich keinen Mann an mich heranließ, weil mein Vater uns verlassen hatte und bla, bla, bla.

»Ich muss jetzt aus der Wanne raus, sonst veschrumpel‘ ich noch«, sagte ich so würdevoll wie möglich – aber Nina lächelte nur wissend.

»Klar, Themenwechsel«, nickte sie. »Soll mir Recht sein. Du bist ja doch unbelehrbar. Es ist mittlerweile halb elf. Was hältst du davon, wenn du die Sache ruhen lässt und wir uns noch einen Film ansehen?«

Ich sah sie dankbar an. »Das ist der beste Vorschlag des Tages.«

»Aber schlag jetzt bloß nicht irgend so einen Robert Redford-Mist vor«, warnte sie mich. »Ich will was Unterhaltsames.«

»Keine Angst.« Ich schüttelte den Kopf. »Heute brauche ich auch was Lustiges.«

Nina reichte mir meinen Bademantel. »Mach dich bloß nicht verrückt mit der Sache mit deinem Chef«, sagte sie dann, endlich wieder so mitfühlend wie ich es liebte. »Es ist erst Freitag. Du hast das ganze Wochenende frei und kannst dich in Ruhe von dem Schreck erholen. Es ist nur ein Job. Lass dich davon nicht so einwickeln.«

Ich nickte. Wie hatte ich es nur all die Jahre ohne Nina ausgehalten? Sie hatte in Hamburg studiert, ich in Berlin. Gott sei Dank hatte das Schicksal es gut mit mir gemeint und Nina eine Lehrerstelle an einer Problemschule in Neukölln angeboten. Jetzt war sie in meiner Nähe, um auf ihre Art die Welt zu retten. Und mich auch. Bevor sie hierher gezogen war, hatte ich mich in Berlin verdammt einsam gefühlt. Eine Welle der Dankbarkeit überschwemmte mich.

»Habe ich dir schon mal gesagt, dass ich ohne dich vollkommen aufgeschmissen wäre?«

»Ja«, grinste sie. »Aber ich höre es immer wieder gern.«

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