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Kapitel 3 – Ein gefährlicher Deal

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Ich war ein Nervenbündel, als ich mich am Montag auf den Weg zu Volkers Büro machte. Seine Assistentin hatte gesagt, dass ich am besten sofort vorbeikommen sollte, als ich sie nach einem Termin gefragt hatte. Das war ein sicheres Zeichen dafür, dass Volker meinen Gang nach Canossa erwartete.

Ich klopfte zaghaft an seiner Tür und setzte mich mit einem kleinen »Hallo« auf den Stuhl, der seinem Schreibtisch gegenüber stand.

Volker musterte mich, dann hielt er mir eine Haribo-Tüte hin. »Gummibärchen?«, fragte er und sah nicht so aus, als ob er mich feuern wollte. Ich griff dankbar in die Tüte und sah ihn abwartend an. »Ich glaube nicht, dass wir über Freitag groß reden müssen«, eröffnete er ohne Umschweife das Gespräch. »Das ist ziemlich schief gelaufen, würde ich sagen.«

»Es tut mir leid«, sagte ich und meinte es auch wirklich ehrlich. »Ich war einfach schockiert.«

»Marc Feldmann ist ein guter Moderator.«

»Für Quiz-Sendungen«, entfuhr es mir heftiger, als ich es plante. Dabei hatte Nina mir am Wochenende immer wieder eingebläut, dass ich bei diesem Gespräch erst Nachdenken und dann Reden sollte.

Auf Volkers Stirn bildete sich eine steile Falte und ich duckte mich instinktiv in meinem Stuhl. Aber dann musste er lachen und ich wusste wieder, warum er trotz allem mein Lieblingschef war. Volker war fast fünfzig, hatte ein paar Jahre bei CBS in den Vereinigten Staaten gearbeitet und kannte sich in der Nachrichtenbranche aus wie keine Zweiter. Auch wenn er jetzt hier als Geschäftsführer arbeitete und vor allem die Interessen des Senders vertrat, wusste ich doch ganz genau, dass er meinen journalistischen Ehrgeiz zu schätzen wusste.

Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.

»Ich habe da eine gute Idee, die dir ganz bestimmt nicht gefallen wird«, sagte er schließlich.

»Ich bin ganz Ohr«, erwiderte ich misstrauisch.

»Du stehst du so auf diesen Mystery-Kram, oder?«

»Blödsinn, die Tribute von Panem haben nichts mit Mystery zu tun«, protestierte ich.

Er lachte wieder. »Egal, egal.« Dann verstellte er seine Stimme. »Becca Martens, ich binde dein Schicksal an das von Marc Feldmann.«

Na, toll. Sofort sah ich einen halbnackten Marc Feldmann vor meinem inneren Auge auftauchen, der mit Seilen an mich gefesselt war und seinen Körper an meinen presste. Ich räusperte mich und schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich denke mal, das wirst du mir noch genauer erklären, oder?«

»Pass auf.« Volker war jetzt wieder Ernst. »Natürlich ist es ein Risiko, das ich mit Feldmann als Nachrichtenmoderator eingehe. Ich kann deinen Einwand bis zu einem gewissen Grad verstehen. Aber Tatsache ist, dass ein Moderator nur so gut ist wie sein leitender Redakteur.« Er zeigte auf mich. »Schritt eins: Du bringst Feldmann durch seine ersten Sendungen und beweist mir damit deine Loyalität. Schritt zwei: Ich mache dich zur Leiterin der Abendnachrichten.«

Ich hatte nach meinem Wutanfall am Freitagabend mit Schlimmerem gerechnet. Volker gab mir also noch eine Chance – das war das Wichtigste. Ich nickte. »Okay.«

»Das heißt aber auch, dass du keine blöden Bemerkungen mehr über Feldmanns mangelnde Ausbildung machst, ihm weiterhilfst, wenn er Probleme hat und aufhörst, mit den anderen über ihn zu lästern.«

»Das habe ich doch gar nicht gemacht!«, sagte ich und spürte, wie ich bei meiner Lüge rot wurde. Natürlich hatte ich am Wochenende gleich ein paar Kollegen angerufen, um ihnen brühwarm von dem Marc-Debakel und seinem frevelhaften Verhalten mir gegenüber zu erzählen.

Ich seufzte. »Okay«, sagte ich nochmal, diesmal deutlich weniger forsch.

»Weißt du, wenn du Chefin vom Dienst der Abendnachrichten wirst, dann muss ich dir blind vertrauen können«, sagte Volker ernst. »Das ist kein Kindergarten. Es geht dabei um viel Geld und letztlich auch um meinen Kopf. Wenn du die Feldmann-Sache verbockst, dann kannst du das vergessen.«

»Soll das heißen, du schmeißt mich dann raus?«, fragte ich ungläubig und gleichzeitig verwundert über meinen Mut, diese Frage so offen zu stellen.

Volker nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen. »Nein, Becca. Dann bekommst du immer noch jede Sondersendung, wenn irgendwo ein Irrer ein Bombe zündet oder die Bundestagswahlen anstehen. Aber du wirst in diesem Sender keine Verantwortung für die Sendegestaltung übernehmen. Alles klar?« Er setzte die Brille wieder auf und wandte sich seinem Computerbildschirm zu. Das hieß dann wohl, dass das Gespräch beendet war.

Ich erhob mich. Es war um so vieles besser gelaufen, als ich befürchtet hatte. »Gut, dann werde ich mal an die Arbeit gehen«, sagte ich erleichtert.

Er sah noch einmal hoch. »Feldmann fängt heute an. Er kommt in einer halben Stunde. Du hast sicher Zeit, ihn ein bisschen herumzuführen.«

Die Wut stieg mir schon wieder die Kehle hoch, aber ich schluckte sie mit aller Kraft hinunter. »Für so was haben wir doch eigentlich Assistenten«, sagte ich und zwang meine Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben.

Volker rollte mit den Augen. »Ja, aber Marc Feldmann ist ja nicht irgendjemand. Er ist das neue Aushängeschild unseres Senders.« Volker lehnte sich noch einmal in seinem Stuhl zurück. »Wir drehen bald die Teaser, neue Plakate sind im Druck, Internetwerbung wird ab morgen geschaltet. Denkst du, ich mache das alles nur, um dich zu ärgern?« Wieder stahl sich ein Lächeln in sein Gesicht und er sah gleich Jahre jünger aus. »Okay, ein bisschen mache ich es schon deshalb.«

Ich musste auch grinsen. Nein, ich wollte mir meine Zukunft beim Sender nicht verbauen. Ich konnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu arbeiten. »Freut mich, wenn ich dich erheitern kann«, erwiderte ich trocken.

Er nickte. »Ja, das kannst du. Aber ich mache das Ganze nicht nur zum Spaß. Wenn du hier weiterkommen willst, musst du erwachsen werden. Da geht kein Weg dran vorbei.«

***

Ich dachte über Volkers Worte nach, als ich durch den langen Flur zu meinem Schreibtisch zurückging. Vermutlich hatte mein Chef Recht. Wie schlimm konnte es schon sein, mit einem ungeübten Moderator zusammen zu arbeiten? Schließlich kam es bei einer Nachrichtensendung nicht darauf an, wer die Meldungen vom Teleprompter ablas. Es ging um die Themenauswahl, die Zielrichtung der Berichterstattung, die Gespräche mit den Reportern, die Interviewpartner.

Schwieriger würde es da schon werden, meine Hormone in den Griff zu kriegen. Ich musste die Sache ganz nüchtern angehen. Ich hatte eine nachvollziehbare, körperliche Reaktion auf Marc Feldmanns physische Schönheit. Das war weder pervers noch verwerflich. Der Punkt war nur, dass ich mich davon nicht irritieren lassen durfte. Ein nüchternes, professionelles Verhältnis – das war es, was ich jetzt möglichst schnell zu Marc Feldmann herstellen musste.

Ich brauchte jetzt erst mal einen Kaffee und dann war ich bereit, diesen aufgeblasenen Kerl hier herumzuführen. Ich würde ihm nie wieder das Vergnügen machen, mich von ihm provozieren lassen. Und ich würde sogar versuchen, ihn mit etwas mehr Respekt zu behandeln.

Entschlossen machte ich mich auf den Weg zur neuen Kaffeemaschine im Gemeinschaftsraum. Alles war noch mal gut gegangen, alle Probleme waren beseitigt. Ich würde diesen furchtbaren Freitagabend einfach aus meinem Gedächtnis streichen und nach vorne blicken. Ich war kurz vor dem Gemeinschaftsraum, als ich aufgeregtes Geschnatter aus der offenen Tür dringen hörte. Komisch, heute war doch ein ganz normaler Arbeitstag. Was war denn da los?

Als ich den Raum betrat, war mir sofort klar, was hier los war. Die übliche Marc-Feldmann-Hysterie war ausgebrochen. Marcs dunkler Schopf überragte eine Gruppe von weiblichen Kolleginnen, die sich um ihn drängten, als wäre er ein verdammter Heiliger.

Ich achtete auf meinen Magen, aber er verhielt sich ruhig. Hah! War doch alles nur der Blutzuckerspiegel. Gott sei Dank hatte Volker mir Gummibärchen gegeben.

Dann hatte Marc mich entdeckt und er sah mich an. Verdammt. Zucker! Ich brauchte sofort mehr Zucker. Oder besser Kohlenhydrate. Oder eine Tüte, weil ich gleich wahlweise hyperventilieren oder mich übergeben würde.

Wie konnte man denn am frühen Morgen schon so gut aussehen wie dieser Kerl? Mein Magen hüpfte, mein Herz klopfte und ein sehnsüchtiges Ziehen ging durch meinen Körper. Es war fast Hochsommer, hier drinnen waren sicher über fünfundzwanzig Grad, aber ich fröstelte und zog meine dünne Baumwolljacke enger um mich.

Marc zuckte ein wenig hilflos die Schultern, wühlte sich aus dem kleinen Gedränge und kam mit einem schiefen Grinsen auf mich zu.

»Hallo.« Er streckte mir seine Hand entgegen. Da war ich wohl nicht die Einzige, die mit guten Vorsätzen in die neue Woche startete.

Ich ergriff seine Hand und hielt sie ein wenig länger fest als nötig. »Hallo, Marc.« Wir duzten uns im Sender alle und ich wollte das lästige Du/Sie-Gestammel gleich im Keim ersticken.

Gott, wie er mich ansah! Guckte der immer so oder hatte das etwas zu bedeuten? Stopp! Ich atmete tief durch. »Ich soll dir den Sender zeigen.«

Marc nickte. »Ja, ich weiß. Volker hat mich gerade angerufen. Das ist nett von dir.«

Gott, war der abgebrüht. Ich suchte in Marcs Gesicht nach Spuren von Sarkasmus. Es musste ihm doch merkwürdig vorkommen, dass ausgerechnet ich ihn herumführen sollte. Wenn er kein defektes Kurzzeitgedächtnis hatte, musste er sich doch auch noch daran erinnern, wie unser erstes Kennenlernen am Freitagabend gelaufen war?

»Ja«, nickte ich. »Ich soll dir die Redaktionsräume und deinen Arbeitsplatz zeigen.« Schließlich hatte Volker nicht gesagt, dass ich ihm das ganze Haus zeigen musste. »Ich wollte mir noch einen Kaffee holen.« Ich sah ihn wieder an. »Möchtest du auch einen?«

»Nein, danke«, sagte er höflich und wartete neben der Tür, bis ich mir meinen Becher gefüllt hatte.

Marc warf einen kurzen Blick auf den Aufdruck. Ein gelbes Küken hüpfe darauf herum und daneben stand der Spruch: 'Kann Karate!' Ich fühlte mich seltsam durchschaut und versteckte den Aufdruck unter meiner Hand.

Er sah mich an und lächelte. »Was meinst du, Rebecca«, sagte er dann irritierend sanft. »Können wir unseren Start am Freitag vergessen und noch mal von vorne anfangen?«

Ich bekam doch tatsächlich schon wieder weiche Knie, buchstäblich! Das war doch wirklich erbärmlich. Schnell wandte ich den Blick ab.

»Becca«, korrigierte ich statt einer Antwort. »Ich mag es nicht, wenn man mich Rebecca nennt.«

Sofort hätte ich mir am liebsten die Zunge abgebissen. War ich denn komplett wahnsinnig geworden, ihm so eine Munition zu liefern? Hatte ich vergessen, was er mir am Freitag an den Kopf geworfen hatte? Ich hatte mich schon wieder von seinen schönen Augen einlullen lassen. Jetzt würde er mich doch erst Recht nur noch Rebecca nennen.

Aber Marc überraschte mich. »Okay, dann eben Becca«, sagte er. »Fangen wir von vorne an. Du hast dich vermutlich unwohl gefühlt, weil ich aus einer anderen Sparte des Fernsehens komme.«

Na, das war mal eine nette Untertreibung. Ich wollte antworten, aber Marc redete weiter. »Ich weiß, dass es manchen Leuten schwerfällt, mit meiner Bekanntheit umzugehen.«

Hallo? Ging es noch? Was sollte das denn heißen? Dachte er, sein Superstar-Status hätte mich eingeschüchtert? Wie konnte man nur so eingebildet sein. Aber er war immer noch nicht fertig.

»Ich habe mich von dir provozieren lassen, das war nicht professionell. Wenn dich mein Verhalten verunsichert hat, tut es mir leid.« Er lächelte so überheblich, dass ich ihm am liebsten die Augen ausgekratzt hätte. Drei Sätze und ich fühlte mich, als wäre er ein Prinz und ich seine ergebene Dienerin. Wie machte er das bloß?

Ich versuchte, ruhig zu atmen. »Ich bin nicht verunsichert. Ich halte nur nichts davon, unausgebildete Leute die Nachrichten ablesen zu lassen«, erklärte ich ihm dann, als wäre er vier Jahre alt. »Live-Interviews mit Politikern über hochkomplexe Themen zu erörtern ist nicht so einfach, wie Kindern Quizfragen über den Regenwald zu stellen.«

Obwohl mir dieses Special der Quizshow für Kids besonders gefiel.

»Das hat nichts mit dir zu tun und es ist auch nichts Persönliches.« Sehr gut, Becca. Überlegen bleiben, atmen. Und jetzt lass es gut sein. Aber mein Mund redete einfach weiter. »Natürlich bin ich andererseits der Meinung, dass man sich nur für Jobs bewerben sollte, für die man auch qualifiziert ist. Und das es für unserem Sender einen riesigen Imageverlust bedeutet, dich als Nachrichtenmoderator einzusetzen.« Ich lächelte süßlich. »Wenn dich meine Meinung verunsichert, dann tut es mir leid«, wiederholte ich seine Worte von eben in leicht abgewandelter Form.

Für einen Moment starrten wir uns gegenseitig an und ich konnte sehen, dass sich an seinem Hals eine kleine Ader gebildet hatte, durch die das Blut pulsierte. Seine Gesichtszüge hatte er dagegen unter Kontrolle. Er zauberte ein herablassendes Lächeln auf sein Gesicht. »Dann einigen wir uns doch einfach darauf, dass wir uns in diesem Punkt nicht einigen können.«

»Wunderbar.« Ich nahm einen Schluck Kaffee und ging in den Flur. Marc folgte mir schweigend.

Während wir in Richtung Redaktionsraum gingen, rasten tausend Gedanken durch den Kopf. »Denk an deinen Job«, war der wichtigste. Dazwischen blitzte immer wieder ein trotziges: »Was bildet der sich eigentlich ein?«, auf. Und dann mischte sich immer wieder ein zartes Stimmchen dazwischen, das die ganze Zeit aufgeregt quiekte: »Ich werde mit Marc Feldmann zusammen arbeiten, ich werde mit Marc Feldmann zusammenarbeiten.«

Ich wischte alle Gedanken beiseite und konzentrierte mich auf meine Aufgabe. »Die Schnitträume«, brummte ich und zeigte auf zwei offene Türen, »Regie«, ich wies auf eine weitere. »Und hier sitzen die Redakteure, die die Magazinsendungen vorbereiten.«

Wir waren fast angekommen. Der Raum, in dem die Nachrichten-Sendungen aufgenommen wurden, lag direkt neben dem Großraum-Redaktionsbüro, in dem rund fünfzehn Arbeitsplätze für die Tagesredakteure zur Verfügung standen. Der Geräuschpegel war enorm. Einige Kollegen hingen am Telefon, andere tippten wie wild auf den Tastaturen. Auf den stummen, riesigen Bildschirmen flackerte unser Programm neben denen von CNN, Al Jazeera, France24 und anderen bedeutenden Nachrichtensendern.

Ich wies auf einen der Schreibtische. »Hier kannst du dich hinsetzen und ein wenig einlesen.« Ich drehte mich um, um Marc sich selbst zu überlassen - immer noch vollkommen aufgewühlt von unserer Unterhaltung.

»Was soll ich denn heute machen?«, erkundigte er mit so entwaffnender Aufrichtigkeit, dass ich mich wieder zu ihm herumdrehte. Er hatte sich auf den Schreibtischstuhl gesetzt und seine Frage erinnerte mich daran, warum er als Quizshow-Moderator so gut war. Er hatte keine Scheu, dumme Fragen zu stellen.

Seufzend stütze ich mich auf dem Tisch ab. »Normalerweise arbeiten bei uns nur Moderatoren, die sich im Nachrichten-Betrieb auskennen.« Ich konnte mir diesen erneuten Seitenhieb einfach nicht verkneifen. »Ich würde in deinem Fall vorschlagen, du läufst heute einfach mal mit Anna mit. Sie macht die Sendungen am Nachmittag.«

Ich drehte mich zu einem der Tische um und gab Anna ein Zeichen, die gerade konzentriert auf ihren Bildschirm starrte und ihre Kopfhörer über ihre dunklen Locken gezogen hatte. »Anna?«

Sie nahm die Kopfhörer ab und sah mich fragend an. »Ja?«

»Hast du was dagegen, wenn Marc Feldmann dir heute über die Schulter guckt?«

»Nein, gar nicht«, sagte sie mit einer so ehrlichen Freundlichkeit, dass ich mir ruhig eine Scheibe davon hätte abschneiden können. Das heißt, wenn ich nicht längst beschlossen hätte, Marc Feldmann für ein arrogantes Arschloch zu halten. Für einen Angeber mit ungebremster Geltungssucht. Für einen Mann, der ein sexy Langarmshirt trug und gerade sein Jackett über die Stuhllehne hängte. Und dessen Brustmuskeln sich unter dem Stoff leicht abzeichneten. Und der absolut großartig roch. Nach einem männlichen Duschgel und irgendwas Fruchtigem. Vielleicht Limone?

Stopp, schrie ich mich innerlich an. Es reicht!

»Super, nett von dir«, sagte ich so herzlich wie möglich zu Anna, damit Marc sehen konnte, dass ich nicht zu allen so biestig war wie zu ihm. Dann wandte ich mich wieder Marc zu. »Ich zeige dir noch kurz Datenbanken und wie du in die Agenturmeldungen kommst.« Ich trat hinter seinen Schreibtisch und griff nach der Computermaus. »Hier siehst du die Sendeplanung für die nächste Nachrichtensendung. Alle Reporter stellen die fertigen Beiträge und Moderationen hier herein. Die Moderatoren passen die Meldungen manchmal noch an.« Ich warf ihm einen herablassenden Blick zu. »Du kannst die Sachen aber auch so ablesen, wie sie hier stehen.« Er reagierte nicht auf meine Gehässigkeit, sondern nickte nur. Ich richtete mich auf. »Also, ich bin da hinten, wenn du noch irgendwelche Fragen hast.« Ich zeigte auf meinen Schreibtisch am anderen Ende des Raumes.

»Danke«, sagte er kühl und vertiefte sich dann in die Sendeplanung. Ich hatte mich schon zwei Schritte entfernt, da hörte ich ihn überrascht die Luft einziehen. »Ich bin nächste Woche Mittwoch zum ersten Mal für eine Sendung eingetragen«, erklärte er dann, ohne mich anzusehen. »Ich hoffe, dass ich bis dahin fit genug bin.«

»Du wirst mit Sicherheit nicht in einer Woche aufholen können, wofür andere Jahre gebraucht haben«, sagte ich knapp.

Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Ich habe mich ziemlich gut auf diesen Job vorbereitet. Vielleicht wirst du überrascht sein.«

»Sicher, was immer du sagst«, sagte ich gleichgültig.

»Gut, ich habe diesen Job bekommen, weil man mein Gesicht schon aus dem Fernsehen kennt.« Seine Coolness war dahin und allein das war schon ein Sieg für mich. »Na und? Du bekommst deine Beförderung doch auch nur, weil du eine Frau und außerdem noch so jung bist. Da kann sich der Sender einen peppigen Anstrich geben.«

Mir blieb fast die Luft weg. Hatte der Kerl noch alle Tassen im Schrank? Er dachte, ich würde die Leitung über die Abendnachrichten bekommen, weil ich eine Frau war? Ich schüttelte empört den Kopf. »Das ist ein so bescheuerter Kommentar, dass ich ihn nicht mit einer Antwort würdigen werde«, presste ich heraus.

»Weil du weißt, dass ich Recht habe?«, setzte er scharf nach.

Das permanente Flattern in meinem Magen war einem Anfall von Übelkeit gewichen. Hatte er am Ende Recht? Wolle Volker etwas damit beweisen, dass er eine junge Frau beförderte? Ein scheußlicher Gedanke.

»Ich wünsche dir einen schönen ersten Arbeitstag«, sagte ich so laut, dass alle um mich herum es hören konnten.

Marc würde es nicht schaffen, dass ich vor versammelter Mannschaft aus der Rolle fiel. Er hatte es einmal geschafft, mich zu provozieren. Aber jetzt war ich auf der Hut. Nur für Marcs Ohren bestimmt setzte ich leise hinzu: »Wenn du irgendwelche Fragen hast, kannst du hier jeden gerne bei der Arbeit stören. Sieh uns einfach weiter als deine willigen Untertanen.«

Er sah mich an und für einen Moment maßen wir uns mit den Blicken. Dann wendete er sich wortlos seinem PC zu und ich ging mit wütenden Schritten zu meinem Platz.

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