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Vorwort

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Franz von Assisi (1181/82–1226) ist vieles : Umweltapostel, Tierfreund, Radikaler, Heiliger eines Jahrtausends. Vermutlich begeistert er deshalb so zahlreiche und so unterschiedliche Menschen bis heute. Seine unverstellte Art, mit den Mächtigen seiner Zeit zu sprechen, sie auf Missstände hinzuweisen und Gerechtigkeit einzufordern, lässt aufhorchen. Wie er mit den Tieren kommuniziert, in der Schöpfung mehr sieht als nur ein Territorium, das vom Menschen ausgebeutet werden darf, das bewegt gerade heute angesichts der Herausforderungen, die sich durch den Klimawandel stellen. Wer Franziskus aber nur darauf festlegt, ein Freund der Umwelt zu sein, greift zu kurz. Ihn selbst und das, was er wollte, kann man nur verstehen, wenn man etwas näher herantritt und den Grund in den Blick nimmt, der ihn bewegte ; denn arm zu leben wie die Ärmsten selbst, Sonne, Mond und Sterne als Geschwister anzusprechen und selbst den Tod als Schwester und Bruder anzunehmen, entspringt nicht einer nostalgischen Träumerei oder naiven Weltsicht. Franziskus ist zum Mahner von Gerechtigkeit und Visionär einer menschenfreundlichen Welt geworden, weil er sich auf Gott einließ und sich nicht darauf beschränkte, ihn nur in vorgeformten, damals üblichen Denkschablonen zu suchen. Franziskus ist einer, der sich von Gott ansprechen ließ und einen Gott erfahren hat, der den Menschen – jeden einzelnen – sucht und nicht müde wird, ihm gerade dort zu begegnen, wo er nicht erwartet wird. Insofern ist es richtig, wenn Biographen aller Zeiten von Franziskus als dem Abenteurer Gottes sprechen ; denn sich für Gott aufzutun, hat etwas mit Risikobereitschaft und mit Mut zu tun.

Vor diesem Hintergrund rückt dieser erste Band der Reihe „Franziskanische Akzente“ die Gottesfrage bei Franziskus in den Mittelpunkt. Gott ist für Franziskus der, an dem sich alles entscheidet : das Leben, der Sinn, was den Menschen ausmacht und die Welt. Das allein schon mutet ungewöhnlich an. Das Wort „Gott“ ist eher fremd geworden. Dennoch ist es nicht aus dem Horizont unserer Wirklichkeit verschwunden. Menschen ringen mit Gott – nach wie vor. Sie suchen ihn, fragen nach ihm, wollen ihn ergründen, ihn ahnen in der Tiefe ihres Herzens, in den Wunden des Lebens und dem Staunenswerten der Schöpfung. Menschen erleben ihn einmal als Verborgenen, einmal als Nahen, als einen, der sie erfüllt, und als den, der fern gerückt ist.

Die Wege zu Gott sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Von daher existieren ganz unterschiedliche Weisen, ihn zu vernehmen oder aber auch, sich von ihm zu verabschieden. Ein erstes Kapitel beleuchtet diese Wege des (Nicht-)Fragens nach Gott und bringt sie in einem zweiten Kapitel ins Gespräch mit dem, was Franziskus von Gott erahnt und verstanden hat. Das mag angesichts des zeitlichen Abstands von rund 800 Jahren erstaunen. Was kann uns ein mittelalterlicher Mensch, der in ganz anderen gesellschaftlichen Systemen lebte und sich in uns fremden Denkmustern äußerte, heute sagen ? Es ist wahr : Mit Franz von Assisi ins Gespräch zu kommen, ist nicht einfach ungebrochen möglich, sozusagen über den Sprung des zeitlichen Abstands hinweg. Dazu bedarf es mehr als nur der „Übersetzung“. Die Wege, auf denen Gott sich Franziskus zeigte, können nicht einfach „nachgegangen“ werden. Sie sind vielmehr Marker, die ins Nachdenken bringen wollen, welche Wege sich heute auftun, um Gott zu begegnen, wo Gott heute gesucht werden will und Menschen heute von Gott gefunden werden. Denn so beredt Zeug/-innen vergangener Zeiten von Gott sprechen mögen, so leer bleiben deren Zeugnisse, wenn sie nicht je neu vom Menschen ausgelotet, durchbuchstabiert, in der eigenen Lebensgeschichte lebendig werden.

Dieses Buch versteht sich als ein Versuch, diese alten Texte der franziskanischen Tradition und die in ihnen eingewobenen Gotteserfahrungen zum Sprechen zu bringen, Akzente franziskanischer Spiritualität zu markieren, das eigene Leben mit seinen Fragen in sie hineinzuhalten, um dadurch manches bislang Ungesehene zu entdecken oder vielleicht sogar Hoffnungen gelten zu lassen, die noch gar nicht existierten.

Nach Gott fragen zwischen Dunkel und Licht

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