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Ein Plüschtier ist ein Gegenstand, eine Eule ist ein Tier, ein Mensch ist ein Mensch.
Ich bin alles.

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Ich will mich nicht über meine Menschin beklagen. Mir geht es sehr gut bei ihr. Sie behandelt mich immer sehr freundlich und erfüllt viele meiner Wünsche. Ich gehöre nicht zu den bedauernswerten Plüschtier-Geschöpfen, die auf einem Schrank hocken und ihr ganzes Leben nur zum Fenster herausschauen. Manche dürfen nicht mal das. Andere liegen in einer Kiste und sehen gar nichts von ihrer Umwelt. Ich hatte meine Menschin dazu erzogen, dass sie mich an ihrem Leben teilnehmen lässt und sie mir die Welt zeigt.

Ich bin ein wichtiger Bestandteil dieser Welt. Meine berufliche Tätigkeit ist sehr vielfältig. Ich bin Therapeut, Schauspieler, Sänger, Tänzer, Sportler, Komiker, Philosoph, Wissenschaftler und noch vieles mehr. Wer bin ich eigentlich? Ein Gegenstand, ein Tier oder gar ein Mensch? Mein Mensch lässt mich oft fern sehen. Sie nimmt mich mit in den Garten und ich kann in die Ferne sehen oder ich sitze vor einem technischen Kasten im Haus und schaue dort auf die sich bewegenden Bilder und lausche den Tönen, die aus dem Ding kommen – das nennt sich auch fern sehen.

Mein Mensch erklärte mir, dass ich gar nicht lebendig wäre, sondern nur so ein toter Gegenstand wie ein Schrank, obwohl der auch lebendig sein kann, falls ein Holzwurm darin wohnt. Oder bin ich doch ein Lebewesen und mein Mensch hat mich wieder mal mit „schwarzem Humor“ hereingelegt? Das Wort „hereingelegt“ ist für mich ein Rätsel. Entweder bedeutet es, dass mir meine Menschin eine Lüge erzählt oder sie gebraucht das Wort, wenn sie irgendetwas in ein Gefäß hinein tut oder wenn jemand ausrutscht und in den Schlamm fällt, dann heißt es: „Wo hast du dich denn herein gelegt?“ Oder ein anderes Beispiel: Ich schaue mir im Garten manchmal einen Baum an mit Nadeln. Die sehen grün aus. Ich kannte bisher nur andere Nadeln. Die schmalen blanken Dinger mit Loch, durch das die Menschen einen Faden ziehen, um etwas zu nähen, zum Beispiel meinen Rücken.

Tatsache! Ich hatte schon eine Rücken-Operation. Ohne Narkose! Ich bin zum Glück nur ein Plüschtier und spüre keine Schmerzen. Mein Rücken war offen, weil der Mensch zu sehr auf mir herumgedrückt hatte, damit ich mich bewegen kann. Ich hatte das gut überstanden und brauchte in kein Krankenhaus. Was fehlt eigentlich einem kranken Haus? Da muss eben ein Handwerker kommen und das Haus reparieren. Nun bin ich vom Thema abgekommen. Ich war bei dem Baum mit den Nadeln. Der nennt sich Kiefer. Das ganze Teil, wo bei den Menschen die Zähne drin sind, heißt auch Kiefer. Wenn wir schon bei Körperteilen sind: Ich kenne „Augen“. Hab ja selbst welche im Gesicht. Schaut der Mensch auf die Suppe und sagt:

„Hier schwimmen viele Augen darauf.“

Wozu braucht eine Suppe Augen? Was hat sie davon ein Menschengesicht zu sehen mit dem gewaltigen Kiefer bevor sie im Menschen verschwindet? Besser die Suppe legt sich etwas auf die Augen, damit sie das nicht sehen muss. Wenn ich mich bewegen könnte, würde ich der Suppe helfen und ein Kräutlein auf die Augen legen. Über den Augen sind die „Brauen“. In großen Fabriken brauen die Menschen Bier? Haben die Bierflaschen einen halbrunden Bogen über ihrem Verschluss? Die Bier-Brauen? Wenn die Menschen zu viel Bier trinken sind sie „blau“. Ich finde, sie sehen dann nicht blau aus, sondern rot. Sind sie betrunken, reden sie komisches Zeug. Sie sagen zu einem anderen Menschen. „Du Hund!“ Ich kenne nur Hunde, die Tiere sind und bellen. Der Mensch benutzt das Wort als Schimpfwort. Ich habe Flügel. Ein Klavier wird auch Flügel genannt. Das ist doch viel zu schwer zum Fliegen. Wenn ich nicht fliegen kann, kann ein Klavier das erst recht nicht. Haben die Menschen Schnupfen sagen sie: „Mir läuft die Nase.“ Sie meinen damit, dass ständig eine schleimige Flüssigkeit aus der Nase heraus kommt. Da hat die Nase viel zu tun. Wenn ich Nase wäre, würde ich auch fort laufen. Der Nase geht es wie mir. Sie kann sich nicht selbst bewegen. Ist ja nur eine Nase. Die ist mit dem Gesicht fest verwachsen und kann sich nicht einfach so aus dem Staub machen, wenn der Schnupfen sie belästigt. „Aus dem Staub machen.“ Was wird aus dem Staub gemacht. Kleine Figuren, die so aussehen wie ich, eben nur aus Staub? Die fliegen dann davon, wenn Wind weht.

Ich bin ja nur ein Plüschtier

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