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Wenn´s schneiet rote Rosen
ОглавлениеAus einem in der DDR "verordneten" Briefwechsel der Oberschülerin Anne (17) mit Jean (18), dem Jungen aus Marseille, war bald mehr als Freundschaft geworden. Bei seinem ersten Besuch in der DDR macht er Anne sogar einen Heiratsantrag. Doch jenes Land hatte Ausreisen "ins kapitalistische Wirtschaftsgebiet" für seine Bürger nicht vorgesehen …
War es schon früher Abend oder noch später Nachmittag? Anne wusste es nicht. Es war lange nicht vorgekommen, dass sie so in Gedanken versunken war, dass sie alles um sich herum vergaß. Sie schaute auf den See und nahm trotzdem kaum die glitzernden Silbermuster wahr, die Wind und Sonne unermüdlich darauf malten. Die Wasseroberfläche zeigte nur winzige Wellen.
Einige Leute, die sich etwa hundert Meter entfernt niedergelassen hatten, waren mit sich selbst beschäftigt. Ihr leises Stimmengemurmel klang friedlich, manchmal wurde es von einem hellen Kinderlachen unterbrochen.
Anne mochte es, wenn Kinder so wie diese lachten. Dann spürte sie, dass deren Welt noch in Ordnung war.
Sie hatte sich ein Plätzchen weit hinten bei einer kleinen Gruppe von Zwergkiefern und trotzdem dicht am Wasser gesucht, wo sie schon seit Stunden halb lag, halb saß.
Niemand achtete auf sie. Das konnte Anne nur recht sein, denn sie hatte die Zeiten, als sie alle Blicke auf sich zog, schon lange hinter sich gelassen. Sie war nicht mehr das junge ranke und schlanke Mädchen, das sich eng an ihren französischen Brieffreund schmiegte. Diese glückliche und viel zu kurze Zeit lag Jahre, nein, Jahrzehnte, zurück. Das war unschwer zu erkennen: an den Pölsterchen, die inzwischen zu ihrem Körper gehörten und mit denen sie sich längst angefreundet hatte, an den Fältchen um die Augen oder an ihrem Haar, das zwar noch immer haselnussbraun leuchtete, aber schon lange nicht mehr so lang und voll war wie in ihrer Jugend.
Aber waren das nicht alles Nebensächlichkeiten?