Читать книгу Minikirche - Monika Lehmann-Etzelmüller - Страница 25
Geschichte
ОглавлениеIn jener Nacht, in der das Kind geboren wurde, da merkten auch die Tiere, dass etwas Besonderes vor sich ging.
Die Vögel hörten es als erstes. Mit ihren feinen Ohren hörten sie das Wispern und Singen der Engel in der Luft. Eine kleine Nachtigall folgte dem Wispern und Singen und flog über den Feldern hin und her.
Der Bär, der in seiner Höhle lag und schlief, wurde plötzlich wach. Er schaute aus seiner Höhle heraus, die von Schnee ganz zugedeckt war, und sah einen großen und geheimnisvollen Stern, der am Himmel stand und in der Nacht weiterzog. So etwas hatte er noch nie gesehen.
Das kleine Lamm gehörte zu einer Herde von Schafen, die draußen vor der Stadt auf den Feldern den Winter verbrachten. Das kleine Lamm spürte, dass etwas Merkwürdiges geschah. Alle Tiere waren unruhig, und früh am Morgen waren seltsame Männer in bunten und prunkvollen Gewändern an der Herde vorübergezogen. Sie hatten Kamele mit sich geführt, und solch ein Tier hatten das kleine Lamm und auch die älteren Schafe noch nie gesehen.
Nicht weit entfernt von der Schafherde lebte auf einem Hof ein kleiner brauner Esel. Der Esel träumte immer öfter in der Nacht von einem großen Licht voll Wärme und Glanz, und wenn er am Morgen erwachte, dann spürte er in sich die Sehnsucht, diesem Licht ganz nahe zu sein.
In der Nacht sahen die Tiere, die Vögel, der Bär, das kleine Lamm und der Esel, wie der große Stern am Himmel stehen blieb. Gerade über einem armseligen Stall, der verlassen auf dem Feld stand und in dem ein Ochse untergestellt war. Sie hörten ein Singen und Jubilieren in der Luft. Sie hörten die Stimmen der Engel, die riefen: Fürchtet euch nicht; denn siehe, ich verkündige euch eine große Freude. Euch ist heute der Heiland geboren! Die Tiere sahen, wie die Hirten dem Ruf der Engel folgten und sich auf den Weg machten, um das Kind zu sehen. Da machten sich auch die kleine Nachtigall, der Bär, das kleine Lamm und der Esel auf den Weg, um das neugeborene Kind zu bestaunen. Sie blieben in einigem Abstand von dem Stall stehen und sahen, wie die Hirten das wenige brachten, das sie hatten und dem Kind zum Geschenk machten. Sie schauten zu, als tief in der Nacht die drei Männer von der Stadt heranzogen und an der schlichten Krippe wertvolle Geschenke nieder legten: Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Als die Tiere das sahen, da wagten sie es nicht mehr, näher an die Krippe zu gehen. Denn sie hatten kein Geschenk und nichts, was sie dem neugeborenen König hätten geben können.
Der Bär wandte sich als erster ab und ging in die Dunkelheit hinaus. Doch als er schon ein Stück gegangen war, trat ihm ein Engel in den Weg.
Wohin gehst du?, fragte der Engel.
Ich gehe fort, sagte der Bär. Ich habe nichts, was ich dem Kind geben könnte.
Bist du sicher?, fragte der Engel. Glaube mir, das Kind in der Krippe braucht dich.
Da wandte der Bär sich noch einmal um. Er blickte in den Stall und sah, wie schutzlos das Kind war, in der dunklen Kälte der Nacht. Da lief der Bär zurück und wachte am Rande des Stalls, dass weder ein Dieb noch die Soldaten des Königs Herodes noch ein anderer böser Mensch sich dem Kind nähern würden.
Auch das Lamm war in die Dunkelheit gelaufen. Doch als es schon ein Stück gegangen war, trat ihm ein Engel in den Weg.
Wohin gehst du, fragte der Engel.
Ich gehe fort, sagte das Lamm. Ich habe nichts, was ich dem Kind geben könnte.
Bist du sicher?, fragte der Engel. Glaube mir, das Kind in der Krippe braucht dich.
Da wandte das Lamm sich noch einmal um und sah, dass das Kind in der kalten Nacht frieren musste, weil es nur eine Windel hatte und ein wenig Stroh in der Krippe. Da lief das Lamm schnell zur Krippe und legte sich neben das Kind und wärmte es, bis am Morgen die Sonne aufging.
Auch der Esel ging fort vom Stall.
Doch als er schon ein Stück gegangen war, trat ihm ein Engel in den Weg.
Wohin gehst du?, fragte der Engel.
Ich gehe fort, sagte der Esel. Ich habe nichts, was ich dem Kind geben könnte.
Bist du sicher, fragte der Engel. Glaube mir, das Kind in der Krippe braucht dich.
Da wurden dem Esel die Augen geöffnet, und er sah, dass Maria und Josef und das Kind den Stall bald würden verlassen müssen, die Mutter aber noch schwach war und das Kind ja noch so klein, so dass sie einen Esel gut gebrauchen könnten, um auf ihm zu reiten. Da kehrte der Esel um, lief zurück zum Stall und legte sich neben den Ochsen ins Stroh.
Die Nachtigall saß hoch oben im Baum und wagte es nicht, sich dem Stall zu nähern. Traurig breitete sie die Flügel aus und flog davon.
Doch als sie schon ein Stück geflogen war, versperrte ein Engel ihr den Weg.
Wohin fliegst du?, fragte der Engel.
Ich fliege fort, sagte die Nachtigall. Ich habe nichts, was ich dem Kind geben könnte.
Bist du sicher?, fragte der Engel. Glaube mir, das Kind in der Krippe braucht dich, liebe Nachtigall.
Da hörte die Nachtigall, wie das Kind in der Krippe zu weinen begann. Erschrocken beugten die Menschen sich über die Krippe, vermochten aber nicht, das Kind zu trösten. Schnell flog die Nachtigall zur Krippe, setzte sich an den Rand und sang ihr schönstes Lied. Da wurde das Kind leise, und es lächelte dem Bär und dem Lamm, dem Esel und der Nachtigall zu. Da begriffen die Tiere, dass Gott dieses Kind auch für sie geschickt hatte.
Und so kommt es, dass auch die Tiere spüren, dass Weihnachten ist, bis auf den heutigen Tag.