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KAPITEL SIEBEN

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Caitlin und Caleb flogen weg von Paris, bei Tagesanbruch über die französische Landschaft; sie klammerte sich fest an seinen Rücken, während er durch die Luft sauste. Sie fühlte sich inzwischen stärker und hatte das Gefühl, wenn sie fliegen wollte, dann könnte sie dies nun. Doch sie wollte ihn nicht loslassen. Sie liebte es, wie sein Körper sich anfühlte. Sie wollte ihn einfach nur festhalten, spüren, wie es war, wieder zusammenzusein. Sie wusste, es war verrückt, aber nachdem sie so lange getrennt gewesen waren, hatte sie Angst, dass er für immer davonfliegen würde, wenn sie ihn nun losließ.

Unter ihnen änderte sich die Landschaft ständig. Recht bald verschwand die Stadt, und die Landschaft wurde zu dichten Wäldern und sanften Hügeln. Näher an der Stadt lagen gelegentlich Häuser, Bauernhöfe. Doch je weiter sie sich entfernten, umso offener wurde das Land. Sie kamen an einem Feld nach dem anderen vorbei, weitläufigen Wiesen, gelegentlichen Bauernhöfen, grasenden Schafen. Aus Schornsteinen stieg Rauch auf, und sie nahm an, dass Leute am Kochen waren. Wäscheleinen spannten sich über Rasen, und Laken hingen von ihnen herunter. Es war ein idyllischer Anblick, und die Juli-Temperaturen waren gerade genug gesunken, dass die kühlere Luft, besonders so hoch hier oben, erfrischend war.

Nach stundenlangem Fliegen machten sie eine Kurve, und der neue Ausblick raubte Caitlin den Atem: da am Horizont lag ein schimmerndes Meer, leuchtend blau, dessen Wellen gegen eine endlose, unberührte Küste rauschten. Als sie näherkamen, stieg das Land höher an, und die sanften Hügel kamen direkt ans die Küste heran.

Eingebettet in die Hügel, inmitten des hohen Grases, sah sie ein vereinzeltes Gebäude am Horizont stehen. Es war eine prächtige mittelalterliche Burg, aus antikem Kalkstein gestaltet, übersät mit kunstvollen Skulpturen und Wasserspeiern. Sie lag hoch auf einem Hügel eingebettet, überblickte das Meer und war umringt von Feldern von Wildblumen, soweit das Auge reichte. Es war atemberaubend schön, und Caitlin fühlte sich, als wäre sie in einer Postkarte gelandet.

Caitlins Herz schlug vor Aufregung hoch, als sie sich fragte, ob dies, wie sie zu träumen wagte, Calebs Heim sein konnte. Irgendwie spürte sie, dass es das war.

„Ja“, rief er ihr durch den Wind zu, wie immer ihre Gedanken lesend. „Hier ist es.“

Caitlins Herz pochte vor Entzücken. Sie war so aufgeregt, und fühlte sich so stark, dass sie bereit war, selbst zu fliegen.

Sie sprang plötzlich von Calebs Rücken herunter und schwang sich durch die Luft. Einen Moment lang war sie entsetzt, unsicher, ob ihre Flügel hervortreten würden. Doch einen Moment später taten sie es und trugen sie durch die Luft.

Sie liebte das Gefühl, wie die Luft durch sie floss. Es fühlte sich toll an, sie wiederzuhaben, unabhängig zu sein. Sie stieg und fiel, schoss in die Höhe neben Caleb, der ihr Lächeln erwiderte. Sie stürzten sich gemeinsam in die Tiefe, dann hoch, schwangen sich hin und her durch die Luftlinie des anderen, und manchmal berührten sich ihre Flügelspitzen.

Gemeinsam schwangen sie sich hinunter, auf die Burg zu. Sie sah uralt aus; sie wirkte abgenutzt, aber nicht auf schlechte Art. Für Caitlin fühlte sie sich jetzt schon an wie ein Zuhause.

Während sie alles in sich aufnahm, die Landschaft betrachtete, die sanften Hügel, den fernen Ozean, verspürte sie das erste Mal seit sie sich erinnern konnte eine Art Frieden. Sie fühlte sich, als wäre sie endlich zuhause. Sie konnte ihr gemeinsames Leben mit Caleb hier sehen, zusammenleben, vielleicht sogar noch einmal eine Familie gründen, wenn das möglich war. Sie würde glücklich den Rest ihrer Tage hier mit ihm verbringen—und endlich, endlich, konnte sie nichts sehen, dass ihnen dazu im Weg stand.

*

Caitlin und Caleb landeten zusammen vor seiner Burg, und er nahm ihre Hand und führte sie zum Eingangstor. Die Eichentür war von einer dicken Schicht Staub und Meersalz überzogen und war eindeutig schon jahrelang nicht geöffnet worden. Er probierte den Türknauf. Sie war verschlossen.

„Es ist hunderte Jahre her“, sagte er. „Ich bin freudig überrascht, dass sie überhaupt noch hier ist, nicht von Vandalen zerstört—dass sie sogar immer noch verschlossen ist. Es gab da einen Schlüssel…“

Er streckte die Hand hoch über den Türrahmen hinaus und fühlte die Kerbe hinter dem Steinbogen. Er suchte sie mit den Fingern ab, und schließlich hielt er inne und holte einen langen silbernen Skelettschlüssel hervor.

Er schob ihn ins Schloss, und er passte perfekt. Mit einem Klicken drehte er ihn herum.

Er lächelte ihr zu und trat zur Seite. „Du hast die Ehre“, sagte er.

Caitlin drückte gegen die schwere mittelalterliche Tür, und sie öffnete sich langsam, krächzend, und Brocken von verkrustetem Salz fielen dabei von ihr ab.

Gemeinsam gingen sie hinein. Der Eingangsraum war düster und von Spinnweben überzogen. Die Luft war abgestanden und feucht, und man konnte spüren, dass sie seit Jahrhunderten nicht mehr betreten worden war. Sie blickte an den hohen, gewölbten Steinmauern hoch, an den steinernen Fußböden entlang. Alles war von mehreren Schichten Staub überzogen, auch die Glasfenster, und das blockierte das Licht und ließ es finsterer erschienen, als es war.

„Hier entlang“, sagte Caleb.

Er nahm ihre Hand und führte sie einen engen Korridor hinunter, der am Ende in eine Festhalle führte, mit hohen, gewölbten Fenstern zu beiden Seiten. Hier drin war es wesentlich heller, selbst mit dem Staub. Hier drin standen auch noch einige übrig gebliebene Möbel: eine lange, mittelalterliche Eichentafel, umringt von reich verzierten Holzstühlen. Im Zentrum der Halle stand ein riesiger Marmorkamin, einer der größten Kamine, die Caitlin je gesehen hatte. Es war unglaublich. Caitlin fühlte sich, als wäre sie geradewegs wieder in die Cloisters marschiert.

„Ich habe es im 12. Jahrhundert bauen lassen“, sagte er, während er sich umblickte. „Damals war das der gängige Stil.“

„Du hast hier gelebt?“, fragte Caitlin.

Er nickte.

„Wie lange?“

Er dachte nach. „Nicht länger als ein Jahrhundert“, sagte er. „Zwei vielleicht.“

Caitlin war wieder einmal erstaunt über die riesigen Zeitschritte in der Welt der Vampire.

Plötzlich wurde sie jedoch besorgt, als ihr etwas anderes einfiel: hatte er hier mit einer anderen Frau gelebt?

Sie hatte Angst, zu fragen.

Plötzlich wandte er sich zu ihr herum und sah sie an.

„Nein, das habe ich nicht“, sagte er. „Ich habe hier allein gelebt. Das versichere ich dir. Du bist die erste Frau, die ich je hierher gebracht habe.“

Caitlin fühlte sich erleichtert, aber auch beschämt darüber, was er in ihren Gedanken gelesen hatte.

„Komm mit“, sagte er. „Hier entlang.“

Er führte sie eine steinerne Wendeltreppe hoch, die sie in den zweiten Stock führte. Dieser Stock war viel heller, mit großen gewölbten Fenstern in alle Richtungen, durch die das Sonnenlicht hereinfiel, das sich am fernen Meer spiegelte. Die Zimmer hier waren kleiner, intimer. Es gab weitere Marmorkamine, und als Caitlin von Zimmer zu Zimmer wanderte, sah sie ein riesiges Himmelbett, das eines von ihnen dominierte. Chaiselongues und dick gepolsterte Samtstühle waren in den anderen Zimmern verteilt. Es gab keine Teppiche, nur den nackten Steinboden. Das wirkte sehr karg. Aber schön.

Er führte sie durch das Zimmer zu einem Paar riesiger Flügeltüren. Sie waren mit so viel Staub bedeckt, dass sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie da waren. Er trat auf sie zu und zerrte kräftig an den Schlössern und Schnallen, und endlich, mit einem Krachen und einer Staubwolke, öffneten sie sich.

Er trat hinaus, und Caitlin folgte ihm.

Sie traten auf eine riesige Steinterrasse hinaus, die von einer reich verzierten Brüstung aus Kalksteinsäulen umsäumt war. Gemeinsam traten sie bis an die Kante und blickten hinaus.

Von hier hatten sie eine eindrucksvolle Aussicht über die gesamte Gegend, über das Meer. Caitlin konnte die Wellen rauschen hören und das Meer in der sanften Brise riechen. Sie fühlte sich wie im Himmel.

Wenn Caitlin sich je ein Traumhaus ausgemalt hatte, dann wäre es mit Sicherheit dieses. Es war staubig und brauchte einen weiblichen Touch, aber Caitlin wusste, dass sie es herrichten und in den Zustand zurückversetzen konnten, in dem es einmal gewesen war. Sie fühlte, dass dies wahrhaft ein Ort sein könnte, den sie gemeinsam Zuhause nennen konnten.

„Ich habe darüber nachgedacht, was du gesagt hast“, sagte er, „den ganzen Flug hierher über. Darüber, ein Leben gemeinsam aufzubauen. Das würde mir sehr gefallen.“

Er legte einen Arm um sie.

„Ich hätte gerne, dass du hier mit mir lebst. Dass wir unser Leben von Neuem beginnen. Genau hier. Es ist hier ruhig, und sicher, und geschützt. Niemand kennt diesen Ort. Niemand wird uns hier je finden. Ich sehe keinen Grund, warum wir unser Leben hier nicht als gewöhnliche Leute zu Ende leben können sollten“, sagte er. „Natürlich wird es viel Arbeit sein, es zu renovieren. Aber ich bin dabei, wenn du es bist.“

Er lächelte sie an.

Sie lächelte zurück. Sie war noch nie zuvor in ihrem Leben mehr dabei gewesen.

Mehr als das, fühlte sie sich zutiefst gerührt davon, dass er sie eingeladen hatte, mit ihm zu leben. Nichts hatte ihr je mehr bedeutet. In Wahrheit hätte sie egal wo mit ihm gelebt, und wenn es eine Hütte im Wald gewesen wäre.

„Sehr gerne“, antwortete sie. „Ich will einfach nur mit dir zusammen sein.“

Ihr Herz pochte, als sie zu einem Kuss zusammentrafen, mit dem Wellenrauschen im Hintergrund, der Meeresbrise über ihnen.

Endlich war alles in ihrer Welt wieder perfekt.

*

Caitlin war noch nie so glücklich gewesen wie jetzt, als sie durch das Haus schlenderte, von Zimmer zu Zimmer, mit einem Putzlappen bewaffnet. Caleb war jagen gegangen, aufgeregt darüber, ihnen beiden das Abendessen nach Hause zu bringen. Sie war begeistert, weil ihr das etwas Zeit gab, alleine durch das Haus zu streifen, alles in Ruhe in sich aufzunehmen, es mit den Augen einer Frau anzusehen, um festzustellen, wie sie es herrichten und in ein Zuhause für sie beide verwandeln konnte.

Sie ging durch die Zimmer, öffnete Fenster, ließ die Meeresluft herein. Sie hatte einen Eimer und Lappen gefunden und war zum Fluss hinuntergegangen, den sie durch den Hinterhof fließen gesehen hatte, und mit einem übervollen Eimer Wasser zurückgekehrt. Sie hatte den Lappen im Fluss ausgespült, bis er so sauber wie möglich war. Sie hatte eine große Kiste gefunden, auf der sie stehen konnte, und während sie eines nach dem anderen der riesigen, mittelalterlichen Fenster öffnete, stellte sie sich auf die Kiste und wischte jede Scheibe. Ein paar Fenster gab es, die einfach zu hoch für sie waren, um sie zu erreichen, und für diese aktivierte sie ihre Flügel, flatterte hoch in der Luft und schwebte vor den Fenstern, um sie zu reinigen.

Sie erschrak über den unmittelbaren Unterschied, den das machte. Das Zimmer verwandelte sich von dunkel zu völlig von Licht überflutet. Es mussten hunderte Jahre Staub und Salz gewesen sein, die die Scheibe auf beiden Seiten überkrustet hatten. Tatsächlich war es eine Errungenschaft für sich, jedes Fenster überhaupt zu öffnen, und sie musste sie mit aller Kraft von Rost und Schutt freizerren.

Caitlin sah sie sich sorgfältig an und war beeindruckt von der Handwerkskunst in jedem einzelnen Fenster. Jede Fensterscheibe war mehrere Finger breit und wunderschön gestaltet. Manche der Scheiben waren gefärbt, manche waren klar, und manche hatten den zartesten Hauch von Farbe. Als sie eine nach der anderen abwischte, fühlte sie nahezu die Dankbarkeit des Hauses, das langsam, Zentimeter für Zentimeter, wieder zum Leben erwachte.

Schließlich war Caitlin fertig und begutachtete es erneut. Sie war schockiert. Was zuvor eine dunkle, wenig einladende Kammer gewesen war, war nun ein unglaubliches, sonnenüberflutetes Zimmer mit Meeresblick.

Caitlin wandte sich als Nächstes dem Fußboden zu, ging auf alle Viere und schrubbte einen Meter nach dem anderen. Sie sah zufrieden zu, wie fingerdick der Dreck herunterkam und die wunderschönen riesigen Steinplatten zum Vorschein kamen.

Danach machte sie sich an die enorme Umfassung des Marmorkamins und wusch den Staub der Jahre herunter. Dann kam der riesige, reich verzierte Spiegel darüber an die Reihe, den sie abwischte, bis er strahlte. Sie fand es schade, dass sie ihr Spiegelbild immer noch nicht sehen konnte—aber sie wusste, dass es nicht viel gab, was sie dagegen tun konnte.

Sie machte sich als Nächstes an den Kronleuchter, jeden seiner kristallbesetzten Kerzenhalter einzeln abwischend. Danach fasste sie das Himmelbett ins Auge. Sie wischte jeden Bettpfosten ab, dann den Rahmen, und brachte das uralte Holz langsam wieder zum Leben. Sie packte die alternden Decken und brachte sie zur Terrasse, um sie kräftig auszuschütteln. Der Staub flog in Wolken in alle Richtungen.

Caitlin kam zurück ins Zimmer, ihr künftiges Schlafzimmer, und begutachtete es: es war nun prachtvoll. Es strahlte so hell wie andere Zimmer in anderen Burgen. Es war immer noch mittelalterlich, doch zumindest war es nun frisch und einladend. Ihr Herz stieg höher bei dem Gedanken, hier zu leben.

Sie blickte hinunter und sah, dass das Wasser im Eimer komplett schwarz geworden war, und sprang die Treppen hinunter und zur Tür hinaus, um ihn im Fluss neu anzufüllen.

Caitlin lächelte beim Gedanken an Calebs Reaktion, wenn er zurückkommen würde. Er würde so überrascht sein, dachte sie. Sie würde das Speisezimmer als Nächstes putzen. Sie würde versuchen, einen vertraulichen Rahmen für ihre erste Mahlzeit zusammen in ihrem neuen Zuhause zu schaffen—die erste, hoffte sie, von vielen.

Als Caitlin am Flussufer ankam, im weichen Gras auf die Knie sank, den Eimer leerte und wieder auffüllte, spürte sie, wie ihre Sinne plötzlich in höchster Alarmbereitschaft waren. Sie hörte ein Rascheln in der Nähe und spürte ein Tier, das auf sie zukam.

Sie wirbelte herum und war davon überrascht, was sie vor sich sah.

Langsam auf sie zukommend, nur wenige Schritte entfernt, war ein Wolfsjunges. Sein Fell war weiß, bis auf einen einzelnen grauen Streifen, der ihm über Stirn und Rücken lief. Was Caitlin am meisten traf, waren die Augen: sie starrten Caitlin an, als würden sie sie kennen. Mehr noch: es waren dieselben Augen wie Rose.

Caitlin spürte ihr Herz pochen. Sie fühlte sich, als wäre Rose von den Toten zurückgekehrt, wäre in einem anderen Tier wiedergeboren worden. Dieser Ausdruck, dieses Gesicht. Die Farbe des Fells war anders, aber ansonsten hätte dies genauso gut eine wiedergeborene Rose sein können.

Das Wolfsjunge schien ebenso erschrocken darüber, Caitlin zu sehen. Es blieb stehen, starrte sie an und machte dann langsam, vorsichtig ein paar zögerliche Schritte auf sie zu. Caitlin durchsuchte den Wald, um festzustellen, ob noch andere Welpen in der Nähe waren, oder seine Mutter. Sie wollte nicht in einen Kampf verwickelt werden.

Doch es war kein anderes Tier weit und breit zu sehen.

Als Caitlin das Junge näher untersuchte, konnte sie sehen, warum. Es hinkte stark, und seine Pfote blutete. Es sah verwundet aus. Es war wohl von seiner Mutter verlassen worden, erkannte Caitlin, um zu sterben.

Das Wolfsjunge senkte den Kopf und ging langsam direkt auf Caitlin zu. Dann, zu Caitlins Überraschung, legte es ihr den Kopf in den Schoß und winselte leise, während es die Augen schloss.

Caitlins Herz machte einen Sprung. Sie hatte Rose so sehr vermisst, und nun fühlte es sich an, als wäre sie zu ihr zurückgekehrt.

Caitlin setzte den Eimer ab und nahm das Junge in die Arme. Sie drückte es sich fest an die Brust, weinend, und erinnerte sich an all die Zeit, die sie mit Rose verbracht hatte. Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, die ihr über die Wangen liefen. Als könnte es das spüren, blickte das Junge plötzlich hoch und leckte ihr die Tränen vom Gesicht.

Caitlin beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Sie hielt es fest und kuschelte es an ihre Brust. Es war ihr unmöglich, es loszulassen. Sie würde alles tun, was nötig war, um ihm zu helfen, zu heilen und zum Leben zurückzukehren. Und, wenn der Wolf das wollte, würde sie ihn als Haustier behalten.

„Wie soll ich dich nennen?“, fragte Caitlin. „Wir können nicht wieder Rose nehmen…wie wär‘s mit…Ruth?“

Das Junge leckte Caitlin plötzlich über die Wange, als würde es auf den Namen hören. Die Antwort war so deutlich, wie Caitlin es nur erwarten konnte.

Und so blieb es bei Ruth.

*

Caitlin, Ruth neben ihr, war gerade damit fertig geworden, das Speisezimmer zu putzen, als sie etwas Interessantes an der Wand entdeckte. Neben dem Kamin standen zwei lange silberne Schwerter. Sie nahm eines davon hoch, staubte es ab und bewunderte den Griff, der mit Juwelen besetzt war. Es war eine wunderschöne Waffe. Sie setzte den Eimer und Putzlappen ab und konnte nicht widerstehen, es auszuprobieren. Sie schwang das Schwert wild hin und her, ließ es links und rechts kreisen, wechselte die Hände, quer durch das große Zimmer. Es fühlte sich großartig an.

Sie fragte sich, wie viele Waffen Caleb hier hatte. Sie würde viel Spaß daran haben, mit ihnen zu trainieren.

„Ich sehe, du hast die Waffen gefunden“, sagte Caleb, der plötzlich zur Tür hereinkam. Caitlin setzte sofort das Schwert ab, verlegen.

„Tut mir leid, ich wollte nicht in deinen Sachen stöbern.“

Caleb lachte. „Mein Haus gehört dir?“, sagte er, während er mit zwei riesigen Rehen über seiner Schulter ins Zimmer kam. „Was immer ich besitze, kannst du gerne verwenden. Außerdem mag ich genau das an dir. Ich hätte mich auch direkt auf die Schwerter gestürzt“, sagte er mit einem Zwinkern.

Er trug die Rehe weiter durch den Raum, dann hielt er plötzlich an und drehte sich um, und schaute zweimal.

„Wow“, sagte er geschockt. „Sieht ja aus wie neu hier!“

Er stand da und starrte mit weiten Augen. Caitlin konnte sehen, wie beeindruckt er war, und sie fühlte sich glücklich. Sie blickte sich selbst im Zimmer um und stellte fest, dass es wirklich wie verwandelt war. Sie hatten nun ein prächtiges Speisezimmer, komplett mit Tafel und Stühlen, für ihr erstes Mahl.

Plötzlich winselte Ruth, und Caleb blickte hinunter und sah sie zum ersten Mal. Er schaute sogar noch überraschter drein.

Caitlin hatte plötzlich Sorge, dass es ihm etwas ausmachen würde, sie hier zu haben.

Doch sie stellte erleichtert fest, dass seine Augen sich vor Entzücken weiteten.

„Ich kann’s nicht glauben“, sagte Caleb und starrte, „diese Augen…sie sieht genau wie Rose aus.“

„Können wir sie behalten?“, fragte Caitlin zögerlich.

„Sehr gerne sogar“, antwortete er. „Ich würde dich ja umarmen, aber meine Hände sind voll.“

Caleb ging mit den Rehen weiter, durch das Zimmer und auf den Korridor hinaus. Caitlin und Ruth folgten ihm und sahen ihm zu, wie er das Wild in einem kleinen Nebenraum auf eine riesige Steinplatte legte.

„Da wir nicht wirklich kochen“, sagte er, „dachte ich, ich würde das Blut für uns ablassen. Dann können wir zum Abendessen gemeinsam trinken. Ich dachte mir, ich sollte die Sauerei hier drin anrichten, damit wir einfach vor dem Kamin sitzen und stilvoll trinken können.“

„Das hört sich gut an“, sagte Caitlin.

Ruth saß zu Calebs Fersen und blickte hoch und winselte, als er aufschnitt. Er lachte, schnitt ein kleines Stück für sie ab und streckte es ihr nach unten, um es ihr zu füttern. Sie schnappte es auf und winselte nach mehr.

Caitlin machte sich zurück in den Essbereich und begann, die Kelche sauberzuwischen, die sie dort gesehen hatte. Vor dem Kamin lag ein Haufen Felle, und sie sammelte sie zusammen und brachte sie auf die Terrasse hinaus, um sie für später auszuschütteln.

Während Caitlin darauf wartete, dass Caleb fertig wurde, blickte sie auf den Sonnenuntergang hinaus, der sich über den Horizont breitete. Sie konnte die Wellen hören, atmete die salzige Luft und hatte sich noch nie so entspannt gefühlt. Sie stand da und schloss die Augen, und sie wusste nicht einmal, wie viel Zeit vergangen war.

Als Caitlin die Augen wieder öffnete, war es fast dunkel.

„Caitlin?“, ertönte die Stimme, die nach ihr rief.

Sie beeilte sich wieder nach drinnen. Caleb war bereits im Zimmer, zwei riesige Silberkelche mit dem Wildblut in den Händen. Er war gerade dabei, Kerzen anzuzünden, überall im düsteren Zimmer verteilt. Sie gesellte sich zu ihm, die Felle wieder ablegend.

In wenigen Momenten war das Zimmer komplett erleuchtet, in allen Richtungen mit Kerzenlicht erfüllt. Die beiden setzten sich zusammen auf die Felle vor dem Kamin, und Ruth kam gelaufen und setzte sich neben sie. Die Fenster standen offen und eine Brise wehte herein, und langsam wurde es recht kühl hier drin.

Die beiden saßen nebeneinander und blickten einander in die Augen, als sie anstießen.

Der Trunk fühlte sich so gut an. Sie trank und trank, wie er, und hatte sich noch nie so lebendig gefühlt. Es war ein unglaublicher Rausch.

Auch Caleb wirkte verjüngt, seine Augen und seine Haut strahlten. Sie blickten einander an.

Er streckte die Hand aus und berührte langsam ihre Wange mit seinem Handrücken.

Caitlins Herz fing zu pochen an, und sie erkannte, dass sie nervös war. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, seit sie zuletzt mit ihm zusammen gewesen war. Sie hatte sich einen Moment wie diesen so lange ausgemalt, doch nun, da er gekommen war, fühlte es sich an, als wäre es wieder das erste Mal mit ihm. Sie konnte sehen, dass seine Hand zitterte, und erkannte, dass auch er nervös war.

Es gab noch so viele Dinge, die sie sagen wollte, so viele Fragen, die sie an ihn hatte, und sie konnte sehen, dass auch er vor Fragen fast überlief. Doch in diesem Moment traute sie sich nicht zu, zu sprechen. Und er anscheinend auch nicht.

Die beiden küssten sich leidenschaftlich. Als seine Lippen auf ihre trafen, fühlte sie sich von Gefühlen für ihn übermannt.

Sie schloss die Augen, als er näherkam und sie einander leidenschaftlich in die Arme fielen. Sie rollten sich auf die Felle, und sie spürte ihr Herz vor Emotionen wogen.

Endlich gehörte er ihr.

Begehrt

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